Politische Karriere Bearbeiten

Die ersten Jahre Bearbeiten

Erfahrungen sammelte Wellstone zum Ende der 1970er Jahre bei den Protesten von Landwirten im Westen von Minnesota. Eine Hochspannungsleitung sollte von North Dakota zu den Twin Cities über deren Land gebaut werden. Diese galt als möglicherweise unsicher und sollte über den Besitz der Kleinbauern führen, während die großen Landbesitzer verschont wurden. Zusammen mit Mike Casper, einem Freund und ebenfalls Professor am Carleton College, reiste er dorthin und organisierte die Protestaktionen der Landwirte. Auch wenn diese letztendlich nicht erfolgreich waren, fand er Anerkennung, konnte Erfahrung im Organisieren sammeln und sich als Redner profilieren. Die Strategien und Erfahrungen veröffentlichte er zusammen mit Casper in dem Buch „Powerline: The First Battle of America's Energy War“.[1] In der Folgezeit publizierte er in Minnesota regelmäßig als Gastkolumnist für Zeitungen und das Radio.

Ermutigt von den gesammelten Erfahrungen entschied er sich im Frühjahr 1982 für das Amt des State Auditor (staatlicher Rechnungsprüfer) zu kandidieren, obwohl dieser Job nicht seinen Qualifikationen und Interessen entsprach. Mit seinem Programm, welches stärker allgemeine Ansichten Wellstones behandelte, anstatt auf das Amt des State Auditor zu zielen, überzeugte er bei seiner Nominierung die Delegierten auf dem Parteitag der DFL, mit einem geringen Budget war er aber im Wahlkampf gegen den erfahrenen Amtsinhaber Arne Carlson chancenlos. Carlson gewann die Wahl mit zehn Prozent Vorsprung.

1988 arbeitete er als Wahlkampfmanager für Präsidentschaftskandidat Jesse Jackson.

Wahl in den US-Senat Bearbeiten

 
Wellstones grüner Wahlkampfbus

Im Frühling 1989 kam Wellstone zu der Überzeugung, zur Wahl zum US-Senat anzutreten. Dies wurde nicht nur positiv gesehen, da eine Niederlage sich negativ auf seine gesamte politische Karriere hätte auswirken können. Amtsinhaber und Gegenkandidat war der Republikaner Rudy Boschwitz. Dieser war 1978 in den Senat gewählt worden und 1984 mit 58 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden. Auch bei der Wahl 1988 hatte der demokratische Kandidat eine deutliche Niederlage gegen den Republikaner erlitten, sodass einem in der Bevölkerung recht unbekannten Kandidaten Wellstone zunächst nur niedrige Erfolgsaussichten eingeräumt wurden. Boschwitz erreichte zu dieser Zeit Zustimmungsraten von über 70 Prozent. Wellstone erklärte dennoch im April 1989 offiziell seine Kandidatur.

Die Zeit bis zu der Vorwahl der DFL ein Jahr später nutze Wellstone, durch den Bundesstaat zu reisen um bei Interessensgruppen und möglichen Wählern Bekanntheit zu erlangen und Freiwillige für seinen Wahlkampf zu mobilisieren. Er versuchte für seinen kommenden Wahlkampf eine Graswurzelbewegung aufzubauen. Bei einer Umfrage Mitte Februar 1990 kam er auf eine Bekanntheit in der Bevölkerung von 17 Prozent.[2] Während des Parteitags im Juni 1990 erhielt er die Unterstützung der DFL. Der letzte Schritt war die Vorwahl der DFL im September 1990. Der wichtigste Gegenkandidat war Jim Nichols. Während Umfragen zunächst Nichols vorn sahen, gelang es Wellstone, die Vorwahl mit 60 Prozent zu gewinnen. Eine wenig später durchgeführte Umfrage sah Wellstone im Senatswahlkampf 18 Prozent hinter Boschwitz.[3]

Der Wahlkampf gegen Rudy Boschwitz gestaltete sich als schwierig. Im Gegensatz zu Boschwitz war er unter den Wählern kaum bekannt und hatte ein deutlich geringeres finanzielles Budget. Auch seine politischen Ansichten, die deutlich weiter links angesiedelt waren, als sie die Durchschnittsbevölkerung vertrat, wurden von manchen als zu radikal angesehen. Wellstone machte seinen grünen Schulbus zu einem Markenzeichen. Mit diesem fuhr er durch Minnesota und absolvierte zahlreiche Wahlkampfveranstaltungen in vielen Orten des Staates. Er gab sich als volksnaher Vertreter und versuchte seine vermeintlichen Schwächen als seine Stärke darzustellen, wonach ihm die Interessen der Bevölkerung wichtiger seien, als Macht und Geld.[4]Boschwitz gab sich dagegen siegessicher und hatte nur wenige Wahlkampfauftritte in Minnesota.

Zu einer weiteren Stärke Wellstones entwickelten sich die TV-Spots. Zwar konnte er sich nur wenig Werbezeit leisten, doch brachten ihn die von Bill Hillsman, einem früheren Studenten am Carleton College und Gründer der Agentur North Woods Advertising, produzierten Spots aufgrund ihrer humoristischen Weise in Gespräch. Ein zweiminütiger Spot („Looking for Rudy“) spielte auf den Dokumentarfilm Roger & Me an. Darin versuchte Wellstone über längere Zeit, Kontakt mit Boschwitz aufzunehmen und einen Termin für eine Wahlkampfdebatte zu vereinbaren. Jedoch misslang dies, da er nie eine Reaktion von Boschwitz erhielt. Dieser TV-Spot unterstrich seinen Eifer, während er die ablehnende Haltung Boschwitz darstellen sollte. Zu spät erkannte Boschwitz, dass seine Wiederwahl in Gefahr geriet und stimmte erst zum Ende hin einem Fernsehduell mit Wellstone zu. Dennoch sahen Umfragen Boschwitz weiterhin vorne.

Einige Tage vor den Wahlen veröffentlichte Boschwitz einen Brief an die jüdische Gemeinde der Twin Cities, in dem er schrieb, dass beide Kandidaten zwar Juden seinen, das Wellstone aber eine Nichtjüdin geheiratet hätte und seine Kinder nicht jüdisch erziehen würde.[5] Mit dieser Vesuch, sich als besseren Juden darzustellen, zog er sich innerhalb der jüdischen Gemeinschaft den Unmut zu. Aber auch in der restlichen Bevölkerung stieß dieser Brief auf Unverständnis. Schien der Ausgang der Wahl zuvor noch klar, wurde von nun an ein enges Rennen erwatet. Dennoch war es am Wahlabend überraschend, dass Wellstone mit 50,5 Prozent der Stimmen die Wahl deutlich für sich entscheiden konnte, während Boschwitz nur 47,9 Prozent erhielt. Wellstone war 1990 innerhalb der Vereinigten Staaten der einzige Kandidat der US-Senatswahlen, dem es gelang, gegen einen Amtsinhaber zu gewinnen. Er hatte mit nur einer Million US-Dollar Spendengelder den Sitz im Senat gewonnen, während Boschwitz auf sieben Millionen US-Dollar für den Wahlkampf ausgegeben hatte.[6]

Erste Amtszeit Bearbeiten

Wiederwahl 1996 Bearbeiten

1996 konnte sich Wellstone bei den Kongresswahlen erneut gegen Boschwitz durchsetzen.

Zweite Amtszeit Bearbeiten

Überlegungen einer Präsidentschaftskandidatur Bearbeiten

Nach der gewonnen Wahl brachte er sich als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen 2000 ins Gespräch. Im Januar 1999 gab er jedoch bekannt, dass er nicht antreten werde. Als Grund nannte er eine alte Verletzung vom Wrestling. Später stellte sich heraus, dass er tatsächlich an einer primär progredienten Multiple Sklerose erkrankt war.[7]

Der letzte Wahlkampf Bearbeiten

Im Januar 2001, kurz bevor George W. Bush zum neuen US-Präsidenten vereidigt wurde, kündigte Wellstone an, für eine dritte Amtszeit im US-Senat zu kandidieren. Er begründete diesen Schritt mit den neuen Verhältnissen in der US-Politik und den knappen Mehrheitsverhältnissen, bei denen seine Stimme den Ausschlag geben könnte. Zwar erzielte er hohe Zustimmungsquoten als Senator, dennoch stieß die Kandidatur aufgrund seines Versprechend zu Beginn seiner Tätigkeit im Senat teilweise auf Ablehnung und ließ Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit aufkommen. Überlegungen als Gouverneur von Minnesota zu kandidieren lehnte er ab, auch weil dieses Amt ihm im Vergleich zu seinem Senatsposten weniger Spielraum in Bezug auf seine Tätigkeitsgebieten gäbe.

Nachdem Rudy Boschwitz zweimal gegen Wellstone verloren hatte, wurde unter Führung der US-Regierung eine neuer Kandidat ausgewählt. Minnesota galt als einer der Schlüsselstaaten für den Wahlkampf der Republikaner, da Wellstone durch seine liberalen Ansichten nur ein begrenztes Spektrum an Wähler ansprach und Bush bei den Präsidentschaftswahlen 2000 nur mit einem Abstand von 2,4 Prozent gegen Al Gore verloren hatte. Nachdem ursprünglich Tim Pawlenty eine Kandidatur für die Republikaner anstrebt hatte, ließ er auf Bitten von Vizepräsident Dick Cheney dem Bürgermeister von Saint Paul, Norm Coleman, den Vortritt. Coleman hatte als DFL-Mitglied noch Wellstone und Präsident Clinton unterstützt, war aber nach den Wahlen Ende 2006 zur Republikanischen Partei gewechselt und kandidierte 1998 als Gouverneur von Minnesota, verlor aber gegen Jesse Ventura. Dennoch galt Coleman durch seine Verdienste als Bürgermeister als aufstrebende Persönlichkeit in der Republikanischen Partei und als geeigneter Kandidat, den Sitz Wellstones im Senat zu gewinnen. Durch seine Arbeit als Wahlkampfmanager im Minnesota für die Präsidentschaftswahl 2000 stand er der Bush-Regierung nahe und ließ er sich davon überzeugen, für den Senat zu kandidieren.[8]

Nach dem Ende Colemans Amtszeit als Bürgermeister Begann er Anfang 2002 den Wahlkampf. Dieser wurde von beiden Seiten offensiv geführt, dennoch war es immer wieder Coleman als Herausforderer, der Wellstone attackierte. Beide Kandidaten langen in den Umfragen lange Zeit etwa gleich auf. Bis Mitte Juli hatte Wellstone etwa 7,5 Millionen US-Dollar Spendengelder gesammelt, Coleman kam auf 5,5 Millionen US-Dollar. Beiden Politikern gelang es jedoch nicht, Wahlkampfthemen zu setzen, welche ihnen bei den Wählern einen Vorteil gegeben hätten. Wellstone reiste mit seinem grünen Bus und per Flugzeug durch Minnesota. Zahlreiche Debatten fanden während dieser Zeit statt. Präsident Bush nutzte mehrmals die Gelegenheit, öffentlichkeitswirksame Auftritte in Minnesota für Colman zu veranstalten.

Einen Wendepunkt stellte im Herbst 2002 die Diskussionen um den drohenden Irakkrieg dar. Im Senat stimmte Wellstone am 11. Oktober 2002 als einer von nur 23 Senatoren gegen die Kriegsvollmacht für Präsident George W. Bush für den Irakkrieg (Authorization for Use of Military Force Against Iraq Resolution of 2002[9]). Obwohl im zuvor geraten wurde, für die Resolution zu stimmen, um seine Wiederwahl nicht zu gefährden, stimmte er gemäß seiner persönlichen Überzeugung dagegen. Statt des befürchteten negativen Effekts stiegen seine Wahlkampfspenden an und auch in Umfragen konnte er zulegen und sich erstmals von Coleman absetzen. Diese sahen Wellstone mit einem Vorsprung von etwa fünf Prozent vor Coleman. Mit dem nahenden Ende des Wahlkampfes zeichnete sich eine Wiederwahl Wellstones ab. Bis zum Ende wurden insgesamt 25,5 Millionen US-Dollar Spenden gesammelt.

Tod Bearbeiten

 
Grabstein auf dem Familiengrab

Wellstone kam wenige Tag vor den Kongresswahlen 2002 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Für den 26. Oktober 2002 war eine Debatte mit Herausforderer Norm Coleman in Duluth geplant gewesen. Wellstone wollte am Tage zuvor in der Iron Range Wahlkampf machen und an der Beerdigung des Vaters von Tom Rukavina, einem Abgeordneten im Repräsentantenhaus Minnesotas und Vertrauten Wellstones, teilnehmen. Am Morgen herrschten nasskalte Wetterverhältnisse mit Warnungen vor gefrierendem Regen und Schneefall. Die anfänglichen Bedenken des Piloten und Wellstones konnten jedoch ausgeräumt werden, sodass gegen 9:30 Uhr die Maschine vom Holman Field (St. Paul Downtown Airport) in St. Paul in Richtung Eveleth abhob.

Gegen 10:22 Uhr des 25. Oktober 2002 stürzte die Beechcraft King Air A100 gut drei Kilometer vor dem Eveleth-Virginia Municipal Airport im Landeanflug in ein Waldgebiet. Neben Wellstone starben seine Ehefrau, seine Tochter, drei Assistenten sowie die beiden Piloten. Als Unfallursache wurden zunächst die schwierigen Wetterverhältnisse vermutet. Beide Piloten wurden negativ auf Drogen und Alkohol getestet. Spätere Untersuchungen des National Transportation Safety Board ergaben, dass ein Pilotenfehler die Ursache für den Absturz war. Die Fluggeschwindigkeit unterhalb der Stallgeschwindigkeit sorgte für einen Strömungsabriss, der von den Piloten nicht aufgefangen werden konnte.[10] Bei den Untersuchungen kamen auch Zweifel über die Flugfähigkeiten des Piloten bzw. Copiloten, welcher das Flugzeug kurz vor dem Absturz steuerte, auf, die unterhalb des Durchschnitts gewesen sein sollen.

Bei der Trauerfeier, welche im nationalen Fernsehen übertragen wurde, nahmen rund 20.000 Menschen teil, darunter viele Spitzenpolitiker der Demokratischen Partei. Wellstone wurde auf dem Lakewood Cemetery in Minneapolis beigesetzt. Der frühere Präsidentschaftskandidat Walter Mondale wurde als Ersatzkandidat nominiert, verlor aber anschließend die Wahl gegen den Republikaner Norm Coleman.

Politische Positionen Bearbeiten

Wellstone galt als liberaler und progressiver Politiker aus dem linken Flügel der DFL. Neben Verbesserungen im Gesundheitssystem und Bildungswesen, setzte er sich auch für die Belange der einkommensschwachen Bevölkerung und Immigranten ein und war als Friedensaktivist tätig.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Mary Losure (Minnesota Public Radio): Wellstone learned to listen, lead during powerline protest (9. Dezember 2002)
  2. Star Tribune-/KSTP-TV-Umfrage vgl. Dennis J. McGrath, Dane Smith: Professor Wellstone goes to Washington; S. 109
  3. Steve Perry (Minneapolis News): Don't Count Him Out, 10. Oktober 1990
  4. Campaign Speech Money and Politics, 1990
  5. Richard L. Berke: The 1990 Elections: Pre-election Polls; The Surveys Were Accurate, With Some Key Exceptions
  6. Dirk Johnson (New York Times): Minnesota Professor's 'Everyman' Appeal Wins a Senate Seat, 11. November 1990
  7. Marisa Helms (Minnesota Public Radio): U.S. Sen. Paul Wellstone diagnosed with multiple sclerosis (24. Februar 2002)
  8. Mark Zdechlik (Minnesota Public Radio): Coleman could get boost from Bush in Senate bid (11. Februar 2002)
  9. Authorization for Use of Military Force Against Iraq Resolution of 2002 als PDF-Dokument
  10. Aircraft Accident Report - Loss of Control and Impact With Terrain Aviation Charter, Inc. - Raytheon (Beechcraft) King Air A100, N41BE - Eveleth, Minnesota - October 25, 2002

Literatur Bearbeiten

  • Bill Lofy: Paul Wellstone: The Life of a Passionate Progressive. University of Michigan Press, 2005, ISBN 0472031198.

Weblinks Bearbeiten