digitalSTROM vernetzt elektrische Geräte über die vorhandene Stromleitung und ermöglicht die Umsetzung von Steuerungs- und Regelungsaufgaben. Kernstück des Smart Home Systems ist eine in das jeweilige Elektrogerät eingebaute Digitalstrom-Klemme sowie die Steuerungs-Komponente mit eingebautem integrierten Schaltkreis, der sogenannte „digitalSTROM-Chip“. Seit 2011 ist digitalSTROM in Deutschland und der Schweiz erhältlich und kann von geschulten Elektroinstallateuren eingebaut werden.[1] Seit 2012 ist digitalSTROM auch in Österreich, Italien und den Niederlanden erhältlich.

Geschichte Bearbeiten

Die Technik beruht auf einem von Wilfried Beck und Ludger Hovestadt 2005 zum Patent angemeldeten Übertragungsverfahren.[2] Im Jahre 2007 gründete sich an der ETH Zürich die digitalSTROM Allianz, eine Non-Profit-Organisation, die daran arbeitet, dieses Übertragungsverfahren zu einem weltweiten Standard zu entwickeln. Die von den Erfindern gegründete Firma Aizo AG entwickelt und vermarktet die Systemkomponenten basierend auf diesem Übertragungsverfahren.

Technik Bearbeiten

Datenübertragung Bearbeiten

digitalSTROM überträgt die Daten über die Stromleitung, ohne weitere Datenleitungen zu benötigen. Deshalb ist das System besonders interessant für die Nachrüstung bestehender Gebäude. Das zugrunde liegende Funktionsprinzip - insbesondere die Übertragungsverfahren über Hin- und Rückkanal (downstream und upstream) - wurde durch zahlreiche Patente eingetragen.[3] Das Verfahren ist VDE-geprüft.

Der digitalSTROM-Chip in dem Verbraucher hat die Rolle eines Slaves. Die an den Master zu übertragenden Informationen – also das Nutzsignal – moduliert dieser auf die Netzleitung auf, indem bei der sinusförmigen Netzspannung die Wirkleistung des angeschlossenen Verbrauchers für einige Mikrosekunden erhöht oder vermindert wird.

Andere Datenübertragungssysteme für die Stromleitung modulieren ein hochfrequentes Signal auf die Netzspannung auf, ähnlich einer Trägerfrequenzanlage.

Buszugriff Bearbeiten

Jeder Busteilnehmer verfügt von Werk aus über eine weltweit eindeutige ID (dSID), die ähnlich einer MAC-Adresse eines Ethernetgeräts zu sehen ist. Er bekommt vom Master in einem DHCP-ähnlichen Anmeldeverfahren eine lokal gültige Adresse, mit der er dann kommuniziert.

Architektur Bearbeiten

 
Architektur einer typischen Installation

digitalSTROM verwendet eine Master/Slave Architektur. Das System besteht aus folgenden Komponenten:

dSM digitalSTROM-Meter
Busmaster, im Prinzip ein genauer Strommesser. Ein Busmaster ist für jeden Stromkreis erforderlich. Der Busmaster hat eine Bauform zur Hutschienenmontage in der Elektroverteilung mit der Größe einer Teilungseinheit.
Der Busmaster dSM kommuniziert über das proprietäre digitalSTROM-Protokoll über die Netzleitung mit den Slaves im Stromkreis und über dS485, eine Modifikation von EIA-485, mit anderen dSM sowie mit dem dSS.
Jedem dSM wird ein Stromkreis zugeordnet, in dem sich dann die Digitalstrom Devices (dSD) befinden. N wird durchgeschleift, der L-Leiter jedoch über den dSM geführt, damit Kommunikation und Strommessung möglich werden. Pro Phase können ein oder mehrere dSM angeschlossen werden.
dSID digitalSTROM-Identification-Device
Slave, jeder dSID enthält eine eindeutige 96 Bit lange Identifikationsnummer nach dem EPC Standard. In jedem Stromkreis können derzeit bis zu 128 Slaves vorhanden sein. Der Slave ist als Hochvolt-Chip ausgelegt, der bei Netzspannung betrieben wird. Er hat eine Baugröße von ca. 5,3 x 4,7 mm.
Jeder dSID wird mit L und N des Stromkreises verbunden. In der Rolle als Actor verfügt ein dSID-Gerät über einen L-Ausgang, der durch den Chip geschaltet oder gedimmt wird. Des Weiteren verfügt der dSID über eine serielle Schnittstelle.
dSS digitalSTROM-Server
Server, der die einzelnen digitalSTROM-Meter vernetzt und die Verbindung zu anderen Applikationen bereitstellt. Der dSS hat eine Bauform zur Hutschienenmontage mit der Größe einer Teilungseinheit und erfordert ein 24V Netzteil, welches eine weitere Teilungseinheit auf der Hutschiene beansprucht. Der dSS kommuniziert über dS485 mit den angeschlossenen dSM(s) sowie über TCP/IP mit anderen Applikationen.
Der digitalSTROM-Server ist für ein funktionsfähiges digitalSTROM-System nicht zwingend erforderlich; seine Rolle ist eher die eines Gateways bzw. Webservers für Visualisierungen. Des Weiteren werden nachinstallierbare Software-Add-Ons angeboten, sogenannte Server-Apps, womit die Funktionalität des Servers erweitert werden kann (z.B. Zeitschaltuhr, E-Mail-Benachrichtigungen, Mobile Interface usw.). Auch Tools für den Elektriker zur Dokumentation der Installation sind dadurch verfügbar. Der dSS speichert Zeitreihen (primär Energieverbrauch), welche über Netzwerk abrufbar sind.
Die Software für den dSS ist zweifach lizenziert. Neben einer kommerziellen Variante für die Mitglieder von digitalSTROM gibt es auch eine Open Source Variante, die unter der GPL Lizenz verfügbar ist.[4][5]

Kritik Bearbeiten

2008 wurde an Yello Strom ein Big Brother Award[6] vergeben, der primär mit der feinen Auflösung der elektronischen Zählerdaten zu tun hat, aber auch Ängste bezüglich der geplanten digitalSTROM dSID Chips anspricht: Durch die eindeutige Identifizierung seien unnötig genaue Informationen über die angeschlossenen elektrischen Geräte verfügbar.

digitalSTROM legt aus diesem Grund Wert darauf, dass der Kunde die Datenhoheit besitzt und entscheiden kann, welche Daten an den Energieversorger oder andere Dienstleister gelangen. Da der digitalSTROM-Server auch als Datenspeicher dient, war dies nicht zuletzt auch ein Grund für die Entscheidung, die Software als Open Source zu veröffentlichen und damit mehr Transparenz zu schaffen.

Aktuell liegen noch keine Preise für den reinen digitalSTROM-Chip vor. Erste Geräte, in denen der Chip eingebaut ist, wie zum Beispiel der Lampendimmer Klemme M liegen bei rund 70 Euro. Dazu kommen Kosten für Phasenfilter bzw. Digitalstrom-Meter (dSM) pro Schaltkreis und einmalig pro Wohnung einem Digitalstrom-Server (dSS) als IP-Gateway. Damit liegt Digitalstrom hinsichtlich der Komponentenpreise immer noch unter den Preisen für herkömmliche Systeme zur Hausautomatisierung.

Die Digitalstrom-Technologie wird von der Firma Aizo AG derzeit noch exklusiv entwickelt und verkauft. Der Schweizer Verein "digitalSTROM Allianz" bezeichnet sich selbst als Non-Profit-Organisation.

Seit 15. Januar 2010 ist der Quellcode des digitalSTROM Servers über die Entwickler-Seite verfügbar.[7]

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Pressemitteilung: Markteinführung der ersten digitalSTROM-Komponenten
  2. Patent EP1794895: DATA TRANSMISSION METHOD AND DEVICE FOR A/C SYSTEMS. Angemeldet am 29. September 2005, veröffentlicht am 6. April 2006, Anmelder: Wilfried Beck, Erfinder: Ralph Hofmann (Veröffentlichung der Anmeldung als WO2006034866(A1)).
  3. bzw. http://www.europatentbox.com/patent/EP167527481/abstract/275893.html
  4. dSS released as OpenSource
  5. LinuxTag 2009, digitalSTROM: Mit Opensource ins Smart-Home
  6. Big Brother Award 2008, Technik
  7. http://developer.digitalstrom.org/
[[Kategorie:Feldbus]]
[[Kategorie:Gebäudeautomatisierung]]
[[Kategorie:Elektrische Energieverteilung]]
[[Kategorie:Powerline Communication]]

[[nl:DigitalSTROM]]