Benutzer:Prof. Dr. Martin Kipp/Arolser Hofbrauhaus

1.    Von der Klosterbrauerei Aroldessen zum Hofbrauhaus Arolsen

Die Fähigkeit, Bier zu brauen, entwickelten Menschen bald nachdem sie sesshaft wurden und Klöster waren bevorzugte Orte, um die Bierbrauerei weiter zu entwickeln und zu verfeinern. Das zeigt sich schon daran, dass noch heute viele Brauereien mit dem Titel „Klosterbräu“ werben, wenn sie ihre Herkunft auf klösterliche Vorläufer zurückführen können. In Arolsen geht die Brautradition auf das Jahr 1131 zurück, als Edelfrau Gepa von Itter und ihre drei Töchter Luthrud, Mechtild und Bertha das Augustinerinnenkloster Aroldessen stifteten – neben Flechtorf das älteste Kloster im Waldecker Land. „Auch das Brauhaus soll bereits in diesem Jahr bestanden haben“ (SCHILLING 2019, S. 124). Dass die Nonnen sich aufs Bierbrauen verstanden, weil das „flüssige Brot“ in der Fastenzeit eine wichtige Rolle spielte und der nahrhafte Gerstensaft feste Speisen entbehrlich machte, ist unstrittig. Allerdings liegen über diese frühe Zeit der Klosterbrauerei nur wenige schriftliche Quellen vor, die erst noch erschlossen werden müssen. Das ist der Grund dafür, dass dieses Einleitungskapitel sehr knapp ausfällt und dass die Vorgeschichte des Arolser Hofbrauhauses noch der gründlichen Aufarbeitung harrt, die an dieser Stelle nicht zu leisten ist.

Abb. 1: Ein Mönch als Bierbrauer (1437) einfügen

Hier genügen wenige Stichworte: Nach etwa 300 Jahren Augustinerinnenkloster war dessen Niedergang offenkundig – infolge häufiger Missernten, Fehden und vor allem der stark wütenden Pest war der Zuzug neuer Nonnen versiegt und die wenigen noch im Kloster tätigen Nonnen konnten die Klostermeierei und auch die Klosterbrauerei nicht mehr selbst bewirtschaften, die Klostergebäude konnten nicht mehr erhalten werden und drohten zu verfallen. Diese kläglichen Zustände veranlassten Graf Otto III. im Jahre 1492 dazu, als Klostereivogt gemeinsam mit den wenigen noch vorhandenen Nonnen bindende Verabredungen mit dem Praeceptor Jacob Ebelson wegen der Übernahme des Klosters Aroldessen durch die Grünberger Antoniter zu führen. Die feierliche Übergabe fand dann am 14. April 1493 statt.

Allerdings sollte die tatkräftige Regeneration des Klosters durch die Antoniter  nur 33 Jahre dauern, denn 1526 wurde das Kloster Aroldessen säkularisiert und durch das Waldecker Grafenhaus eingezogen. Der bei dieser Gelegenheit angefertigte Inventurbericht führt bei den Gebäuden ein „Back- und Brauhaus“ auf und die Zustandsbeschreibung hält fest: „Die Schmiede, die Mühle, das Back- und Brauhaus waren mit allen zum Betriebe nothwendigen Gegenständen wohl ausgerüstet“ (BÖSCH 1901, S. 106). Auch in anderen Chroniken, die Arolsens Entstehungsprozess beschreiben, tauchen die Wirtschaftsgebäude auf, die neben dem neuen Residenzschloss die ältesten Bestandteile der neuen Stadt bildeten, „die Schlosserei, […] Backhaus, Wagenschuppen, Holzmagazin, Kalkhaus, Hühnerhaus, Wagnerhaus, die Hofschreinerei, das alte Branntweinhaus, das Brauhaus, die Stallung und noch andere kleinere Gebäude“ (GABERT 1909, S. 4); „Ferner steht noch das alte Wirtschaftsgebäude nord-westlich vom Schlosse, das die Hofbäckerei und Hofwäscherei beherbergt hatte, ehemals auch die Hofbrauerei, die in jenen Zeiten stillgelegt war“ (NICOLAI 1954, S. 57); „Die Brauerei und die Branntweinbrennerei konnten sich aus der Klosterzeit hinüberretten“ (WETEKAM  1969, S. 18). (Abb. 2: Der Bierbreuwer 1568)

Aus der ursprünglichen Klosterbrauerei war damit ein gräfliches und rund 200 Jahre später – nach Gründung der Stadt Arolsen im Jahre 1719 – ein fürstliche Hofbrauhaus geworden.

Als solches wurde es ab 1729 an Johannes Kneuper verpachtet; auf Kneuper folgten mehrere weitere Pächter, von denen insbesondere die drei letzten Pächter, Karl Hildebrand (1832-1862),  Friedrich Gallenkamp (1862-1892) und Heinrich Brüne (ab 1892)  ausführlicher vorgestellt werden sollen. Der aus Külte stammende Braumeister Heinrich Brüne pachtete 1892 das Arolser Hofbrauhaus, das er dann im Jahre 1910 käuflich erwerben konnte. Mit dem Übergang des Brauhauses mitsamt den dazugehörigen Grundstücken und Gebäuden in das Eigentum der Familie Brüne begann das vorläufig letzte abgeschlossene Kapitel der Geschichte des Arolser Hofbrauhauses, das zum Jahresende 2018 in den Besitz des Hotelkaufmanns Alexander Fitz überging, der in den nächsten Jahren ein neues Kapitel schreiben will.

(Abb. 3: Das Arolser Hofbrauhaus heute (Armin Haß)

Im Nachgang zum 2019 gefeierten Arolser Stadtjubiläum interessiert natürlich die Phase des fürstlichen Hofbrauhauses, über die sich erfreulicherweise auch zahlreiche Dokumente im Hessischen Staatsarchiv Marburg, im Stadtarchiv Bad Arolsen, im Archiv des Waldeckischen Fürstenhauses und im Familienarchiv der Familie Brüne finden, die im folgenden herangezogen werden, um Einblicke die geschichtliche Entwicklung zu gewinnen. Dabei kann es hier nur darum gehen, einige Schlaglichter auf ausgewählte Entwicklungen und Vorgänge zu werfen – dieser historische Aufriss erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Da in der Regel nur Pächterwechsel, Streitigkeiten über Biergelage, größere Reparaturen und Nutzungsänderungen an Gebäuden oder Einrichtungsgegenständen, also solche Vorkommnisse aktenkundig wurden, die eine Intervention der Fürstlichen Domänen-Kammer belegen, sind dies zugleich die Vorgänge, die mehr oder weniger große Wendepunkte oder Sprünge in der geschichtlichen Entwicklung des Hofbrauhauses darstellen. Im Kern geht es darum, die Entwicklung des Hofbrauhauses, das zunächst nur für den Hof arbeitete, zu einem privaten Erwerbsbetrieb nachzuzeichnen, der expandieren und sich am Markt behaupten sollte.

Am Beispiel der Namensgebung „Hofbrauhaus“ anstatt „Hofbräuhaus“ kann dieser Übergang von der Brauerei für den „Hof“  (in den Worten Fürst Friedrich Anton Ulrichs, des „zu unserer Hofstatt erforderlichen Bierbrauens“) zum Erwerbsbetrieb, der für eine gleichsam anonyme Kundschaft braut, illustriert werden: Über den längsten Zeitraum des Betriebs der Brauerei war die Frage ihres Namens gewissermaßen nebensächlich, denn das Bier wurde in Fässern oder Krügen ins Schloss, zur Fürstlichen Jagdgesellschaft und zu den wenigen bezugsberechtigten Kunden transportiert oder von diesen abgeholt. Erst mit dem Vertrieb von Flaschenbier stellte sich die Frage, wie das Brauhaus auf dem Etikett bezeichnet werden sollte. Dieser Zeitpunkt war in Arolsen im Dezember 1884 erreicht – und bei der Klärung dieser Frage griff Fürst Georg Victor sogar selbst zur Feder: Am 29. Dezember 1884 fragte Brauhauspächter Gallenkamp bei der Domainen-Cammer an, „ob beim Verkauf von Bier in Flaschen mit Etiquette aus hiesigem herrschaftlichen Brauhause, auf der Etiquette das Wort Hofbräuhaus geführt werden darf“. Fürst Georg Victor leitete die Anfrage am 30. Dezember 1884 an das Hofmarschallamt. Hofmarschall Plato hatte keine Bedenken, merkte aber an „nur dürfte es richtiger sein Hofbrauhaus statt Hofbräuhaus zu sagen, weil das Haus von Alters her diesen Namen hat“. Fürst Georg Victor erteilte dann am 3. Januar 1885, unter Hinweis auf die Bemerkung des Hofmarschalls, die jederzeit widerrufliche Erlaubnis, die Bezeichnung „Hofbrauhaus“ zu verwenden. Die Erlaubnis ist nie widerrufen worden und so gilt die Bezeichnung „Hofbrauhaus“ bis heute und wird sowohl am Hotel-Gebäude als auch auf Bierflaschen und anderen Werbeträgern verwendet. (Abb. 3a, 3b, 3c, 3d, 3e).

Das Arolser Hofbrauhaus war nicht nur ein Wirtschaftsgebäude zur Bierherstellung, sondern diente lange Zeit zugleich auch als Wohngebäude für den Brauknecht und den Braumeister mit seiner Familie. Zweimal gab es Bestrebungen, das Brauhaus auch als Kaserne zu verwenden[1]. Die erste von Seiten des Landes geplante Umwandlung des Brauhauses in eine Kaserne konnte durch ein Gutachten des Landesbaumeisters Löffel vom 21. März 1832 abgewendet werden. Löffel hatte den zu kleinen verfügbaren Raum als Hauptargument ins Feld geführt, der für Kasernenzwecke nutzbar wäre, wenn die weitere Nutzung des Gebäudes als herrschaftliches Wasch- und Backhaus gewährleistet werden solle. Damit war das Thema für einige Jahre erledigt, sollte aber 35 Jahre später erneut aufflackern, als ein Streit darüber entbrannte, ob das herrschaftliche Brauhaus der Pflicht zur Aufnahme von Einquartierungen unterliege. Der Brauhauspächter  Gallenkamp hat am 20. November 1867 die Hochfürstliche Regierung, Abtheilung für Domänen & Forsten, gebeten „an hiesiges Bürgermeisteramt den Befehl ergehen zu lassen, das Brauhaus von Einquartierungslast zu befreien“[2]. Die vom Brauhauspächter Gallenkamp vorgetragene Bitte war erfolgreich. Aber wie später erläutert wird, ist in der Ära Brüne im Hofbrauhaus ein Gastronomie- und Hotelbetrieb eingerichtet worden.


2.    Das fürstliche Hofbrauhaus und seine Pächter bis zum Beginn der Ära Hildebrand (1832)

Die um das Jahr 1131 begonnene Brautradition verlief nicht kontinuierlich. Nach der Unterbrechung beim Übergang von den Augustinerinnen zu den Antonitern und vor allem beim   Übergang von der gräflichen zur fürstlichen Herrschaft über das Arolser Hofbrauhaus ist dieses einige Jahre brach gelegen[3], so dass Planungen zur Wiederinbetriebnahme erforderlich wurden: Am 23. Juli 1725 wird aus der zu dieser Zeit noch in Mengeringhausen residierenden Landkanzley eine Planung zur Wiederinbetriebnahme der  Arolser Brauerei aktenkundig  (Abb. 4 = 04641 / 42).  Mit der Wiederinbetriebnahme der vormaligen Gräflichen Brauerei sollten die Ämter Arolsen und Landau und die Neustadt Arolsen mit Bier versorgt werden.

Der Planungsprozess zog sich länger hin; wobei die Planungsunterlagen im Januar 1726 einerseits die vorhandenen Infrastruktur beschrieben und andererseits theoretische Berechnungen vornahmen, die voraussagten, dass in einem Jahr 2496 Ohm Bier hergestellt werden könnten; grob gerechnet wären das in heutigen Maßen etwa 3730 Hektoliter, oder wenn man es auf den Tag umrechnet, gut 1000 Liter pro Tag.

Die Projektbeschreibung „wegen der wiederum einzurichtenden Herrschaftlichen Braurey“ (Abb. 1) (4649 ff.)   ist in mehrere Punkte gegliedert, deren erster darlegt, dass neben der Braupfanne und den Maischebütten vor allem ausreichend Malz vorhanden sein müsse; für das Amt Arolsen werden 1038 Mütte (eine Mütte entspricht 220 Liter) und für das Amt Landau 400 Mütte in Anschlag gebracht, zusammen also 1438 Mütte, was gut 3163 Hektolitern entspricht.

Des Weiteren wurde angenommen, dass jede Mütte Malz zu 2 Ohm guten Bieres gebraut werden könne – mithin also 2876 Ohm, was gut 3882 Hektolitern entspricht. Die vorhandene Braupfanne fasste 12 Mütte Malz, woraus 24 Ohm Bier gewonnen werden könnten. Der Brauprozeß sollte siebenmal in der Woche durchgeführt werden – und jedesmal müssten 48 Pfund Hopfen (nämlich 4 Pfund pro Mütte Malz) zugegeben werden.

An Personalkosten zum Betrieb der Brauerei wurden veranschlagt: Lohn und Kost für den Braumeister 120 Thl., desgleichen für einen ordentlichen Brauknecht  66 2/3 Thl., und  für Reparierung der Pfannen und Bütten wurden 30 Thl. eingeplant und für das zum Brauen erforderliche Holz (pro Gebräu 2 gute Fuder, also etwa 2 Festmeter) 140 Thl.

Im Anschluss an diese hier nur stark verkürzt wiedergegebenen Modellrechnungen werden die Argumente erörtert, die das Project als „inpracticabel“ erscheinen lassen:

„1. Ist bekannt, daß die Stadt Mengeringhausen von denen Gottseel. Vorfahren des Hauses Waldeck, gleich auch anderen Deputierten Städten, mit dem Privilegio begnadigt ist, das Ambt Arolsen mit Bier zu verlegen.“ (04652). Zwar sei dieses Privileg nicht außer Acht zu lassen, aber die Mengeringhäuser Brauereien seien wohl kaum in der Lage, die neuerlich erforderlichen Biermengen „im Vorrath“ zu brauen und die „Keller genügsam zu belegen“.

Am 14. Dezember 1725:         „Von Gottes Gnaden Friederich Fürst zu Waldeck, Graf zu Piermont und Rappolstein p.    

Demnach Unsere Intention wegen der wieder einzurichtenden und in stand zu setzenden Brauerey Unserer Rent-Cammer bereits bekanndt ist; es wird derselben danebst nochmals gnädigst hiermit anbefohlen, nicht allein denen Aembtern, Wirthen und denen Wirtschaft treibenden Einwohnern hiesiger Neustadt Arolsen, welche mit Bier verleget werden sollen, kund zu machen, daß ged. Brauerey mit dem bevorstehenden Neuen Jahre den Anfang nehmen, sondern denselben auch dabey anzudeuten, daß sowenig solche Einwohner in der Neustadt Arolsen, als deren Wirthe, Ambts-Unterthanen, noch auch unsere Bediensteten selbst, wie bishero geschehen, bey Vermeidung willkürlicher Straffe führohin weder in die Wirthshäuser noch sonsten Biere einschroden oder verzapfen lassen sollen; weshalber dann Unsere Rent-Cammer zugleich die nöthige Aufsicht zu veranstalten hat, daß darwieder keineswegs gehandelt werde.

Friedrichstein den 14. December 1725“    (StAM 125, Nr. 11515) = (Abb. 5)   (04732-04778)

Auf diese Planungen zur Wiederinbetriebnahme der Brauerei folgte vermutlich eine erste Praxisphase unter herrschaftlicher Regie, bevor im Jahre 1729 die Fürstliche Hofbrauerei an den Bierbrauer Johannes Kneuper verpachtet wurde.

An der Ecke  Kaulbachstraße / Mannelstraße „stand ehedem der alte herrschaftliche Krug, also eine Gastwirtschaft, in der das Bier aus dem Hofbrauhaus ausgeschenkt wurde. Das Brauhaus lag aber still, als die Stadt gegründet wurde.  Nun nahm sich Fürst Friedrich Anton Ulrich 1721 den aus alter Weinhändlerfamilie in Braubach stammenden Philipp Heinrich Kneuper (1688-1756) aus Gießen als Kellermeister und Silberkämmerer in Dienst. Er sollte für die Schänke sorgen, auf das Silber und die Gläser achten und sich auch des `zu unserer Hofstatt erforderlichen Bierbrauens´ annehmen. Dafür wurden ihm, außer seinen Deputaten, jährlich 100 Taler zugesagt. Als er aber fünf Jahre lang nichts erhielt, beklagte er sich bitter, weil er in Not und Schulden geraten sei. Das scheint der Grund gewesen zu sein, weshalb man ihm nun dadurch auf die Beine half, dass er […] die Stelle, wo der alte Krug stand, zum Bauen angewiesen erhielt. Der alte Bau war nicht mehr viel wert und zudem wohl auch nicht sehr nötig, weil der Fürst 1731 der Stadt die Kruggerechtigkeit verliehen hatte“ (NICOLAI 1954, S. 82 f.).

Die Verleihung der Kruggerechtigkeit oder Schankgerechtigkeit an die Stadt war für das Hofbrauhaus ein folgenschwerer Schritt, der im nächsten Jahrhundert – bis zur Aufhebung der Schankgerechtigkeit in Waldeck im Jahre 1840 -  zu mancherlei Konflikten führen sollte. Im Kapitel „Das städtische Eigentum“, in dem Nicolai die städtischen Einnahmequellen beschreibt, wird dieser folgenschwere Schritt erläutert: „Vor allem war der Erwerb der Schankgerechtigkeit durch die Stadt im Jahre 1731 wichtig. Bis dahin hatte der Fürst allein die ´Kruggerechtigkeit´, das heißt die Befugnis, Bier, Wein und Branntwein in der Stadt verschenken zu lassen; […] Jetzt verzichtete der Fürst gegen Zahlung von 1000 Gulden […] und die Stadt hatte nun die Möglichkeit, die Schankgerechtigkeit auszunutzen, wo und wie sie wollte. Sie tat es im eigenen Stadtkeller, später in der ´Goldenen Krone´ oder der Rathauswirtschaft am Kirchplatz, vor allem aber durch das Brauen und Verschenken von Bier in jedem eigenen Bürgerhaus. Wer im Hause selbst den Wirt machte, erhielt einen Pfennig mehr für das Maß Bier, als wer es im Stadtkeller verkaufen ließ. Dieser […] wurde verpachtet und brachte steigend mehr bis jährlich 581 Reichstaler im Jahre 1801 ein“ (NICOLAI 1954, S. 126 f.).

Am 20. März 1731 wurde gegen Erlegung von 1000 Thalern „hiesiger herrschaftl. Krug gänzlich eingestellt, und also fürderhin Bier, Wein und Branntwein nirgend anders, als in hiesiger Neustadt Arolsen Nahmens und zum Besten selbiger Stadt verzapft werden solle.“

Die fürstliche Kellermeisterei kam von Philipp Heinrich Kneuper an dessen „Sohn Johannes Jeremias (1714-1805), dann an Kellermeister Meißner und danach an den Kellerwirt Wilhelm Gleisner (1766-1834) aus Altwildungen“  (NICOLAI 1954, S. 83).

Auf Johannes Kneuper als ersten Pächter des Hofbrauhauses folgte – das Jahr des Pächterwechsels ist in den vorhandenen Archivalien nicht dokumentiert – der Braumeister August Roth, der im Jahre 1764 ausschied und nach Karlshafen zog, um dort eine größere Brauerei zu betreiben.

Am 6. November 1764 wurde anlässlich des Pächterwechsels vom Hofbrauer Roth zum Braumeister Schwencke eine Inventur im Brauhaus durchgeführt – wie auch bei allen nachfolgenden Wechseln der Brauhauspächter. Die nächste Inventur fand im Januar 1780 statt, weil Braumeister Schwencke verstorben war und seine Witwe die Brauerei nicht fortführen konnte. Die Nachfolge als Pächter trat Braumeister J. Engelhard an. Aus dem sehr detaillierten Inventur-Protokoll sei der Blick nur auf die Malzdarre gerichtet, die in späteren Protokollen durch Abnutzungserscheinungen auffällt, hier aber positiv erwähnt ist: „Die Malzdarre ist mit eisernem Blech belegt und noch im recht guten Standt“ (StAM  125, Nr. 3139).

Über den Bier-Ausstoß in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist zu erfahren: Im Jahre 1768  wurde „24 mahl Bier und 8 mahl Eßig gebraut […] Und ist daraus gefallen 392 Ohm, 18 Maaß Bier und 108 Ohm Eßig“ (04844).

Eine entsprechende Einnahmen- und Ausgaben-Rechnung für das Jahr 1769, erstellt am 27. Januar 1770 von Johann Friedrich Heinze, ergab einen Nutzen von 910 Thalern, 3 Silbergroschen und 6 ½ Pfennigen. – Zu den dazugehörigen Mengen wird berichtet:

„In diesem Jahr ist 49 mahl Ordinair Bier […] ein mahl Doppelt Bier und 9 mahl Essig gebrauet. Hierzu sind überhaupt verbraucht  480 Mütte Maltz,  2 Mütte Weitzen und 898 Pfund Hopfen. „ Die Ausbeute:  648 Ohm,  46 Maaß Ordinaires Bier, 14 Ohm, 4 Maaß Doppelt Bier und  117 Ohm,  75 Maaß Eßig“.

Ueberschlag und Berechnung des jährlichen Ertrags der hiesigen Herrschaftlichen Bier- und Essig-Brauerey, und wie solche etwa zu verbessern seyn mögte (StAM 125, Nr. 3144 = Abb. 6)

Angesichts der notorisch klammen Finanzlage des Waldeckischen Fürstenhauses wurden immer wieder Vorschläge gemacht, die auf eine Ertragssteigerung des Hofbrauhauses zielten. Hier soll ein solcher vorgestellt und erörtert werden. Nachdem der Berichterstatter S. Funsdorff am 14. Januar 1768 festgestellt hat, dass der neuerliche Ertragsrückgang ohne Verschulden der Verwaltung zustande gekommen sei, weil im Krieg – gemeint ist hier der Siebenjährige Krieg 1756-1763 - das Bier und noch mehr der Essig viel teurer verkauft worden wären, kommt er zu einer stattlichen Reihe von Verbesserungsvorschlägen:

„Meiner Meinung nach würde es 1. weit vorteilhafter seyn, wenn man alle Gerste so zur Brauung erforderlich in denen Aemtern Wildungen und Waldeck aufkauffen, und das quantum so seithereo vom Herrschaftl. Fruchtboden zur Brauung geliefert worden, an die Deputatisten abgeben ließe, weilen diese Gerste sehr unrein und schlecht, mithin weniger und schlechter Bier giebt. Allein da das Bier größtentheils an hiesige Hofbedienstete wiederum debitiert werden muß, so würden viele Deputatierten, wenn sie die Gerste in natura erhalten, selbst brauen, und alsdann der Debit leiden, dahero nicht dazu rathen will, sondern vielmehr glaube, daß es besser sey, ratione dieses Puncts, es bey der gegenwärtigen Einrichtung zu belassen.

2. Hat es bishero an Gerste gefehlt, sonsten der Debit weit stärker hätte seyn können. Ich rechne also daß man statt 280 Mütte bishero verbrauter Gerste, künftig die Hälfte mehr und jährlich 420 Mütte ganz wohl consumiren könne.

3. Wird man sehen müssen, den Debit des Essigs zu vergrößern. Ich rathe aber nicht die Einfuhren in das Land zu verbieten, weilen vielleicht mehr Eßig von hier außer Landes gefahren, als in das Land gebracht wird, und zu befürchten steht, daß die Nachbarn einen gleichmäßigen Landes-Zuschlag anordnen.

4. Müßten alle Eßig-Brauereyen hier im Land – wenn es anders bey ihren Deputierten-Städten keinen Wiederstand findet – schlechterdings nicht mehr gestattet werden. Einem jeden Privato aber könnte nicht wohl verbothen werden, den zu seiner eigenen Consumtion nötigen Eßig zu brauen.

5. Daß bey der Brauerey eine Mastung von gutem Nutzen seyn werde, daran ist kein Zweifel, man hat bey oeconomischer Erfahrung wahrgenommen, daß die Träber bey einer Brauerey weit geschwinder und besser bey dem Rindvieh mästen als das Branntweins Gepühl.

6. Könnte man 7 Monathe trocken füttern, die übrigen 5 Monathe aber bey denen Träbers denen Ochsen Groß vorgeben; Hierzu könnte man das Stück Wiese unter der Herrschaftl. Bleiche, ingleichen die Gräßerei auf der Herrschaftlichen Bleiche, und aus dem Herrschaftl. Baumgarten nehmen, und ein paar Morgen Klee oder Wickenfutter säen: Hierdurch würden über 50 SG an Heu und Grommet erspahrt. Die Gräßerei auf der Bleiche, und in dem Baumgarten hat sich der Haußhofmeister Schnell und der Hofgärtner bishero bedient, und vor das Stück Wiese unter der Herrschaftl. Bleiche, so Dfl. Regierungs-Rath Hermann so lange untergegeben, bis es von gnädigster Herrschaft selbsten wieder zum Gebrauch nötig, werden nur 5 Rthlr. Jährlich gezahlt.

7. Müßte man ein Capital von wenigstens 1000 SG. Zum Ankauf derer Ochsen, der Gerste und des Hopfens in dem Werk behalten, besonders beruht ein Haupt-Vortheil in Ankaufung des Hopfens, indem selbiger nicht alle Jahr geräth, und dahero öfters sehr im Preise steigt; mithin wenn solcher wohlfeil, auf einige Jahre im Vorrath angekauft und wohl conserviert werden muß.

8. Die Anlegung einer Schrote-Mühle könnte mit Vortheil und wenigen Kosten angelegt werden, und der Brauknecht das Schroten bey seiner Arbeit zugleich mit versehen, dadurch würde das Molter gespart, und die Betrügerey des Müllers evitiret. Serenißimus aber finden solche so nahe bey dem Schloß nicht gar schicklich, ich habe also auch desfalls nichts in Anschlag gebracht.

9. Der Braumeister hat die Träber so der Conductor Jungerich in seiner Pachtung gehabt, vor 35 Rthl. angeschlagen; allein Conductor Jungerich will solche gegen 30 Rthl. jährlich wiederum abstehen, weilen der Braumeister einige Stück Küh und Schweine gehalten, und einen großen Theil derer Träber selbst consumiert hat.

10. Müßte dem Braumeister schlechterdings untersagt seyn profuturo nicht mehr als eine Kuh zu halten. Dieser Abgang aber, und weilen er durch die Vergrößerung des Brauwesens und Aufsicht auf den Maste Stall, mehr Arbeit bekommt, so könnte man zu seinem

   Gehalt von 92 Rthl.

noch zulegen 58 Rthl.

______________________

Summa …    150 Rthl.

Wer bey dergleichen administrationen an Lohn zu sparen sucht, thut sich selbst übel.

11. Die Einrichtung des Maste Stalls zu 8 Ochsen, ingleichen einer Kammer zum Futterschneiden und Heuboden wird über 15 Rthl. nicht kosten.

12. Bey dem Debit des Biers und Eßigs können auch noch allerhand Verbeßerungen statt finden, und da ich in fine durch eine Vergleichung des jetzigen jährlichen Überschußes gegen die künftigen Vortheile – wenn anders meine gethane Vorschläge zur Execution gebracht werden sollen – fast das alterum tantum heraus bringe, so könnte man einwenden, daß dieses Project auf dem Pappier zwar ein ganz gutes Gesicht habe, aber doch vielleicht sich künftig zeigen würde, daß so viel Vortheil jährlich nicht heraus kommen werde. Allein, daß ich davon vollkommen überzeugt und gewiß bin, so nehme an, daß wie die Berechnung des Braumeisters zeigt, die Brauerey jetzo ohngefähr 1000 SG. Jährlich abwirft, ich kein groß Bedenken haben würde 1900 SG. jährlich ehe Pacht zu geben, und können also die Einwendungen so man gegen dieses Project machen wollte, erspart werden. Indessen da man doch auch bey einer Pachtung etwas zu profitieren gedenket, und leicht möglich, daß ein Gebräu verdirbt, so offerire mich statt der bisherigen 700 Rthl. zu jährl. 800 SG. oder 533 SG. 12 SG. weiteren Pacht und also zu 1233 Rthl. 12 SG. in Waldeckischer Landes-Münze, und ich reserviere mir nichts, außer bey einem Viehsterben den Ersatz, und daß von Herrschaftswegen, die Gefahr des Feuers welcher man ausgesetzt ist, übernommen werde, weilen bey einer administration gnädigste Herrschaft dergleichen ebenwohl stehen muß.“

Nach diesen Verbesserungsvorschlägen wird die Einnahme-Ausgabe-Rechnung des Braumeisters erläutert, die einen jährlichen Überschuß von 944 SG. ausweist. Bei einer Vergrößerung der Brauerei um die Hälfte – wie in § 2 vorgeschlagen - könne der Profit ebenfalls um die Hälfte anwachsen.

Kritisch betrachtet lässt der Vorschlag die meisten Lohnkosten – außer beim Braumeister -  konstant, geht also davon aus, dass dem Personal eine Arbeitsverdichtung ohne Lohnausgleich zugemutet werden kann. Das widerspricht der im § 10 gegebenen Empfehlung „Wer bey dergleichen administrationen an Lohn zu sparen sucht, thut sich selbst übel.“

Nicht alle Positionen dieser Modellrechnung sollen aufgelistet und kommentiert werden, denn bereits die nachfolgende Auswahl zeigt, dass hier mit Festpreisen hantiert wird, wo doch die Lebenserfahrung nahelegt, auch Preisschwankungen einzukalkulieren:

Zu dem auf diese Weise ermittelten Überschuss von 1196 SG. wird der Zugewinn aus der Mästung der 8 Ochsen gerechnet, die innerhalb von 15 bis 16 Wochen schlachtbar wären, so dass auf Jahr gerechnet 24 Ochsen gemästet werden könnten, die einen Verkaufserlös von 720 SG. erbringen würden. Deren Einkaufspreis wurde mit 384 SG. veranschlagt und für Lohn und Kostgeld des Ochsenknechts wurden 50 SG. eingesetzt. Der Zukauf von Heu, Grommet und Stroh zur Mästung der Ochsen würde 80 SG. erfordern, so dass am Ende ein jährlicher Überschuss von 1270 Rthl. und 24 SG. bleiben würde.

Ob sich diese Modellrechnung in der Alltagspraxis bestätigt hat, bleibt ungewiss[4] – gleichwohl ist aus diesen und den nachfolgenden Berichten und Vorschlägen ein Eindruck davon zu gewinnen, welche Mengen an Bier und Essig in der Arolser Hofbrauerei in der Mitte des 18. Jahrhunderts hergestellt wurden und welche Mengen an Malz dazu erforderlich waren. Eine Aufstellung des Kammer-Raths W. Pentzel vom 20. September 1771 ergibt folgende Größenordnungen:

In einem Gebräu von 8 Mütten Malz wurden 16 Ohm Ordinair Bier gemacht. Dieser Brauvorgang konnte 84 mal im Jahr durchgeführt werden, so dass 672 Mütten Malz eingesetzt wurden, die zusammen 1092 Ohm Ordinair Bier ergaben.

Desgleichen geben 8 Mütten Malz 13 Ohm Essig, mithin 96 Mütten Malz in 12 Gebräuen 156 Ohm Essig.

Natürlich ist zum Bierbrauen nicht nur Malz, also geröstete Gerste erforderlich, sondern auch Hopfen und Wasser. Und zum Brauen benötigt man Wärme, die in früheren Zeiten durch Holzfeuer erzeugt wurde. Dabei sind beträchtliche Energieaufwendungen entstanden, die nachfolgend für die in den Jahren 1778 bis 1782 durchgeführten Brauvorgänge beispielhaft dargestellt werden:

1778 wurden für 56 Brauvorgänge 154 Malter Holz verbraucht,

1779 wurden für 61 Brauvorgänge 159 Malter Holz verbraucht,

1780 wurden für 65 Brauvorgänge 160 Malter Holz verbraucht,

1781 wurden für 75 Brauvorgänge 170 Malter Holz verbraucht,

1782 wurden für 67 Brauvorgänge 172 Malter Holz verbraucht.


Die in diesen Brauvorgängen erzeugten Mengen an Essig, Doppelt Bier und Ordinair Bier seien beispielhaft aufgeführt:


Jahr der Erzeugung            Essig                   Doppelt-Bier                         Ordinair Bier

                                     Ohm Maaß               Ohm Maaß                            Ohm Maaß


1778                              79       63                    17       4                                636      74

1779                              78      72                    18      61                                617      69

1780                              71      99                    29       64                               679      34

1781                              78      23                    45       23                               782      14

1782                               91     16                    54       14                               801      35


Zur Unterscheidung von „Doppelt-Bier“ und ordinärem Bier findet man in alten Brauereihandbüchern den Hinweis, dass zur Herstellung von Doppelt-Bier auf die Ohm (also auf etwa 150 Liter) 136 bis 140 Pfund Malz sowie ein bis zwei Pfund Hopfen genommen wurden, während die Ohm ordinäres Bier mit 65 bis 70 Pfund Malz und ¾ bis 1 ½ Pfund Hopfen gebraut wurde.

Ausstossmengen im Laufe der Zeit

Im „Verzeichnis des in hiesiger Herrschaftl. Brauerei gebrauten Bieres und Essigs“ sind die jeweils hergestellten Mengen dokumentiert. Für den Monat Dezember 1807 wird der „Vorrath“ zum Jahresende folgendermassen aufgelistet:

Doppelt Bier                              Einfach Bier                                               Essig

11 Ohm 70 Maas                    22 Ohm 17 Maas                                           14 Ohm


Am 12. Januar 1808 wurden 15 Ohm Essig gebraut, am 26. Januar 15 Ohm und 83 Maas Einfach Bier. Am 12. Februar Tabelle aus StAM 125, Nr. 3140 als Faksimile einfügen.

Am Ende der Tabelle steht ein Hinweis, der über die fehlenden Konservierungsmöglichkeiten in früheren Zeiten informiert: „Von dem am 27. April gebrauten Doppelbier sind 5 Ohm 20 Maas sauer geworden und zu Essig gemacht“.

An Doppelt-Bier wurden im Jahre 1808 35 Ohm und 35 Maas gebraut,

an Einfach-Bier 231 Ohm und 13 Maas und an Essig 89 Ohm.

In den Archivalien des Marburger Staatsarchivs finden sich auch Auflistungen der Biermengen, die zu den Fürstlichen Jagden geliefert wurden. Demnach hat am 8. August 1821 eine Jagdgesellschaft  26 Maaß Doppelt Bier und  50 ½ Maaß Einfach Bier nach Adorf geliefert bekommen. Mehr als doppelt so viel Bier wurde am 28. August 1821 zur Fürstlichen Jagd im Netzer Thiergarten geliefert, nämlich 60 ½ Maaß Doppelt Bier und 112 Maaß Einfach Bier. Die nächste Jagdgesellschaft in Adorf am 5. November 1821 bekam schon erheblich mehr Bier geliefert, nämlich 73 Maaß Doppelt Bier und 150 Maaß Einfach Bier. In vergleichbarer Größenordnung war auch die nächste Bierlieferung zur Jagdgesellschaft im Netzer Thiergarten am 10. November 1821, nämlich 61 ½ Maaß Doppelt Bier und 121 Maaß Einfach Bier.

(Die Auflistung geht noch weiter und wird am besten als FAKSIMILE eingefügt= Abb. 7, n7a, und 7b).

Ein häufig zu Diskussionen und Beschwerden führendes Thema, bestand in dem eingeschränkten Recht der herrschaftlichen Brauerei zu Arolsen, Bier verkaufen zu dürfen. Das schräg zum rechtwinkligen Achsensystem der Barockstadt stehende Hofbrauhaus gehörte zum Schloss und nicht zur neuen Stadt Arolsen. Und nachdem der Fürst im Jahre 1731 der neuen Stadt Arolsen die Kruggerechtigkeit verliehen hatte, waren Kollisionen um die Schank- bzw. Kruggerechtigkeit fast unvermeidbar.

Am 28. November 1785 wurde die wiederholte Beschwerde des Accis-Casse-Directoriums bei der Fürstlichen Cammer aktenkundig, „daß der Hofbraumeister Engelhard nicht nur an non exemtos Bier im einzeln verkaufe, sondern zumahlen auch in dem Herrschaftlichen Brauhauß täglich Bier-Gelage halte, ohne jedoch dem Lande accise dieserwegen zu entrichten.“ (StAM, Best. 125, Nr. 3146)

Die Beschwerden in dieser Angelegenheit rissen nicht ab – und sie kamen nicht nur aus Arolsen. Am 29. Oktober 1785 beschwerten sich aus Corbach die Herren Fr. Dalwigk, Buhl, Meysenburg und J.C. Stracke und forderten dazu auf, dem Braumeister „alle Schranken zu setzen“. Die Herren bezogen sich auf eine ihnen zugegangene Zusicherung, wonach der Braumeister fortfahre, „Bier im einzelnen zu verkaufen, so gar deßen dasigen Gastwirthen zugehen zu laßen und was noch mehr ist, auch in seiner Wohnung öffentliche Gelage zu halten. Läßet sich das Bier, wie ein anderer Wirth, der wie er in Pachtung stehet, und doch die accise dem Lande entrichtet, bezahlen, streichet diese also zu Beutel, und verkürzet damit das Land.“

Nicht allein die Bier-Gelage wurden gerügt – es ging auch gegen Branntwein-Import: „Da über das auch, wie weiter versichert wird, auf denen Straßen besonders von Volkmarsen und Badtberge, und gar wohl auch von Höringhausen im einzelnen Branntwein gar oft und vielfältig in die Stadt eingeschleppet wird“ (StAM, Best. 125, Nr. 3146).

Bier-Ausschank-Verbot / Braugerechtigkeit  8. Juni 1793 Bürgermeister F. Neumann

Vor der erneuten Verpachtung der Herrschaftlichen Brauerei machte der Arolser Bürgemeister die Cammer auf  die Braugerechtigkeit aufmerksam und bat darum, „daß nemlich dem etwaigen Pächter der Brauerey aufgegeben werde, während seiner Pachtzeit weder eine Wirthschaft in dem Herrschaftl. Brauhause noch sonst anzulegen, auch nicht Bier in Bouteillen oder Krügen in die Stadt (gegen Geld) verabfolgen zu laßen, sintemal unsere hiesige Braugerechtigkeit und Preise dadurch sehr geschmälert werden würde.“ (StAM, Best. 125,  Nr. 3146)

Streitigkeiten wegen öffentlicher Biergelage im Brauhaus 1797

Die Braugerechtigkeit der Herrschaftlichen Brauerei zu Arolsen musste gelegentlich angemahnt werden; so im September des Jahres 1797: „Ob zwar sowohl bey Verpachtung der Herrschaftlichen Brauerey, als auch bey nachher, Seitens hiesiger Stadt angebrachten Beschwerden, dem Conductori Braumeister Struben die mündliche Unterdeutung geschehen ist, ´die Brauerey-Nützung nicht anders, als wie es die Pachtvorgänger gehabt und so weit es ohne Beeinträchtigung der städtischen Kruggerechtigkeit geschehen kann, auszuüben´, so ist jedoch neuerdings die Anzeige geschehen, daß diesem nicht genau nachgelebt, vielmehr in der Herrschaftl. Brauerey öffentliches Bier-Gelage gehalten werde.

Wie nun aber dieses der Intention Serenissimi nostri Hochfürstl. Durchl. sowohl, als auch dem Pachtkontract selbst, gänzlich zu wider läuft, auch dadurch zu mancherley Beschwerden Veranlassung gegeben wird, so finden Wir unter diesen Umständen Uns bewogen, wiederholt einzuschärfen, ´daß ihm Braumeister das Bier in Viertel und halben Ohmfässern an alle und jede Exempten wie bisher abzusetzen zwar nachgelassen, jedoch in dem Herrschaftl. Brauhause keine Biergelage halten, und Maasweise an Niemand anders, als an Herrschaftl. Dienerschaft Bier abzugeben die Erlaubnis haben solle; so wie dann auch dieser letzteren hergebrachtermaßen nicht versagt werden mag, das eigen Bierbedürfniß durch ihre Domestiquen aus der Herrschaftl. Brauerey Maasweise abholen zu lassen. Und wie nun alle weiteren Anmaßungen ihm Braumeister Struben ein vor allemahl bey willkürlicher Strafe und eigner Last für alle etwa daraus erfolgenden Nachtheile hierdurch untersagt sind, so wird demselben solches zur Nachachtung mittelst diesem nochmals hiermit bekannt gemacht. Arolsen, den 25. Septembris 1797.

Fürstl. Waldeckische zur Cammer verordnete Praesident und Räthe daselbsten“ (StAM Best. 125, Nr. 3147).

Braumeister Strube, der es den Beschwerden zufolge mit der Kruggerechtigkeit nicht zu genau genommen hat, ist mit einer Buakosten-Aufstellung (Abb. 8) aktenkundig geworden.

Das Schankverbot des fürstlichen Brauhauses, auf das die Arolser Bürgermeister immer wieder aufmerksam machten, fiel nach 1840 mit der Aufhebung der Kruggerechtigkeit in Waldeck fort, so dass fortan auch im Hofbrauhaus und im Biergarten davor Bier ausgeschenkt werden durfte. Bei der öffentlichen Bekanntmachung des auf den 27. Februar 1862 anberaumten Termins zur Verpachtung des herrschaftlichen Brauhauses wird die „Berechtigung zum Ausschenken des Biers“ ausdrücklich erwähnt: „Das herrschaftliche Brauhaus soll nebst der Brauereiberechtigung sowie mit der Berechtigung zum Ausschenken des Biers auf 12 Jahre vom 1. September 1862 anfangend aufs Meistgebot verpachtet werden“ (Beylage zum Fürstlich Waldeckischen Regierungs-Blatt. Nro 53. Dinstag, den 31. December 1861, S. …… und danach in  1862…….Faksimile vorsehen: 0448 = Abb. 9).


Später wurde dann eine „Bierhalle“[5] im Brauhaus eingerichtet, die ebenso wie der Restaurationsgarten vor dem Brauhaus von Arolser Bürgern wie von auswärtigen Gästen gut angenommen wurde.( Foto von „Bierhalle“  und Restaurationsgarten und Restaurant einfügen = Abb. 10).

Inventur-Protokolle beim Wechsel der Pächter

Über das Inventar der Herrschaftlichen Brauerei wird regelmäßig beim Pächter-Wechsel berichtet; im Jahre 1808 wurde eine bauliche Neuerung vorgenommen, die Schweinestall, Hühnerstall und Toilette vereint: „Statt der ehemaligen alten Abseite ist eine neue zu Schweineställen gebaut, und darin 5 Ställe mit gehörigen Thüren, darüber auch eine Hünerhord angebracht, und ein Abtritt“.

Zu dieser Zeit war auch ein neues Viehhaus gebaut worden: „Links des Ausgangs aus dem Brauereigebäude liegt das neue Viehhaus, wofür drey einfache Thüren mit gehörigem Beschlag und Schallern, auch die Mittelste mit einem Schloß befindlich sind. Die Mittelste führt auf den Futtergang. Auf beiden Seiten sind Kuhställe, jeder mit zwey steinernen Krippen, auch in jedem zwey kleine schadhafte Fenster.“ (StAM 125, 3140).

Sparsame Reparaturen

Bei der immer wieder notwendigen Ausbesserung von Braugerätschaften wurde versucht, von den schadhaften Stücken so viel als möglich wieder zu verwenden. So wurde bei der Anschaffung eines neuen Kühlschiffes, das auf einem Gerüst mitten in der Brauerei gelagert wurde, „das noch brauchbare Holz von der alten Gerstenbüdde u dem alten runden Kühlschiffe zu Theil benutzt, die übrigen Stäbe u der Boden aber von neuem Holze gemacht worden sind“ (804726).

Diese extrem sparsame Wirtschaftsweise hatte freilich zur Folge, dass manche Reparatur auf die lange Bank geschoben wurde und sich dann Schäden unversehens vergrößerten und schließlich zu großen Reparaturen auswuchsen. Ein Beispiel dafür ist die lange Zeit wenig beachtete Außenwand des Brauhauses, die im Frühjahr 1804 einzustürzen drohte. Landesbaumeister Theodor Escher schrieb am 24. März 1804 einen „Brandbrief“  an die Fürstliche Kammer, in dem die Dringlichkeit der Wandreparatur dargelegt wird:

„Vor 2 Jahren stürzte wie Ewgpp bekannt im Herrschaftlichen Waschhause das untere Stockwerk des Mauerwerks der hinteren Wand bis ins Fundament gänzlich ein, und mußte vom Grunde aus neugemacht werden. – Eben so verhält es sich mit der gemauerten Wand am Brauhause, so Herrn Kammer Rath Schreiber auch bekannt ist, welche seit vorigem Jahr gestützt, und immer mehr ausweicht, so daß einige Stützen schon wieder heruntergefallen, und mehrere Steine ganz lose, und die ganze Mauer in beyden Etagen dem Einsturtz nahe ist, und ohne Gefahr solches geschehen zu laßen nicht länger verschoben werden darf, weil wenn der Einsturz erfolgt, nicht allein die Bodens, sondern auch das Kühlschiff und die neue Büdde dadurch zerschmettert werden können, und der Schaden samt dadurch entstehenden Remission des Braumeisters groß werden könnte.“

Die Zurückgabe der Brauhauspachtung durch die Witwe des Braumeisters Meyer, die versuchte anderweitige Verpachtung des Brauhauses und die dem Braumeister Römer [vom 1. April 1819 bis dahin 1827] übertragene Administration desselben, auch die Aufnahme eines Inventariums durch Cammerregistrator Backhausen 1818-1850  (Best. 125, Nr. 11530) – (Abb. 11 und  11a). Dazu auch mehrere FAKSIMILEs, die den 12 Punkte umfassenden Administrations-Vertrag wiedergeben (Abb. 12) – Friedrich Römer[6] sollte das Brauhaus als Pächter übernehmen, verhandelte aber geschickt, so dass ihm schließlich die Administration für 8 Jahre übertragen wurde, die letztlich sein Geschäftsrisiko gering hielt: Er verpflichtete sich, der Cammer (für gnädigste Herrschaft) jedes Jahr 300 Thaler abzuliefern; sollte er die 300 Thaler nicht aufbringen können, war die Cammer befugt, ihm die Administration zu entziehen.- Einige Rechnungsangelegenheiten des Brauhaus-Administrators Friedrich Römer finden sich in den Abb. 12a, 12b, 12c. und 12d.


Wie erfolgte der Wechsel von Brauhauspächtern?

Am Beispiel des Pachtbeginns von Karl Hildebrand[7] kann das illustriert werden; damit beginnt zugleich

3.   Die Ära Hildebrand (1832-1862)

„Inventarium des Herrschaftlichen Brauhauses zu Arolsen, wie solches am 14ten Junius 1832 von den bisherigen Pächtern: Herrn Kaufmann Baruch, Kaufmann Grunewald sen., Bürgermeister Schwarz und Hofbäcker Schäffer zurückgeliefert und dem neu antretenden Pächter Hildebrand aus Schmillinghausen übergeben worden ist“ - aufgestellt durch den von Fürstlicher Kammer beauftragten Kammersekretär August Dreves. (StAM 125, Nr. 11439)[8] (Abb. 13).

Der antretende Pächter Hildebrand hatte zum Inventurtermin am 14. Juni 1832 seinen Taxator, Richter Viering aus Külte, mitgebracht; von Seiten der Commission war Richter Engelhard, ebenfalls aus Külte, als Taxator bestellt worden und schließlich waren die abziehenden Pächter, nämlich Kaufmann Sal. Baruch, Kaufmann Grünewald sen., Bürgermeister Schwarz und Hofbäcker Schäffer anwesend. Eigentlich hätten die abziehenden Pächter auch einen Taxator hinzuziehen können, verzichteten aber darauf, weil der von ihnen für diese Aufgabe gewählte Bürgermeister Römer durch Krankheit verhindert war.

Der bauliche Zustand des Brauereigebäudes wurde als „gut“ befunden. Der Inventurbericht stellt einige Besonderheiten klar, die in einigen vorliegenden Berichten zur Arolser Geschichte nicht deutlich werden, weil dort der Eindruck erweckt wird, Brauereigebäude, Waschhaus und Hofbäckerei seien jeweils in eigenen Gebäuden untergebracht gewesen. Diese Falschmeldung ist zu korrigieren, wie der Inventurbericht vom 14. Juni 1832 klarstellt:

„Das Brauereigebäude, welches zugleich das Herrschaftliche Waschhaus und die Hofbäckerei enthält, ist 2 Stockwerke hoch, in seinen Wänden massiv von Stein erbauet und hat ein Hohlziegeldach mit Strohdecken. Borst und First sind mit Schiefer eingefaßt.“  (StAM 125, Nr. 11439)

Der Pächterwechsel nach sechs Jahren Pachtzeit gab Anlass, das Brauereigebäude genau zu inspizieren und seinen Zustand möglichst präzise zu beschreiben, damit beim nächsten Pächterwechsel eine Bezugsgrundlage für die neuerliche Inspektion vorlag. Die Taxatoren konnten sich offensichtlich auf eine gemeinsame Einschätzung verständigen, die vom Kammersekretär August Dreves protokolliert wurde. Einige Auszüge mögen genügen:

„Das Braulokal selbst ist nicht geplattet, theils gepflastert u. bedarf dieser Fußboden einer Ausbesserung. Die Decke ist schwarz u. die Wände schmutzig, obgleich getüncht u. mehrmals geweißt. Links neben der Hausthür ein Fenster mit 20 Scheiben, und vollständigem Beschlage, außen davor 8 eiserne Stäbe u 16 Ringe; Rechts neben der Hausthür ein Fenster mit 12 Scheiben u. vollständigem Beschlage, außen davor 8 eiserne Stäbe mit 16 Ringen; 7 Scheiben waren zerbrochen. An der Wand gegenüber u zwar über dem eckigen Kühlschiff sind noch 2 vierflügelige Fenster mit vollständigem Beschlage und je 20 Scheiben, von denen 2 zerbrochen waren. Außen vor diesem Fenster je 8 eiserne Stäbe mit 16 Ringen. Daneben noch ein kleines Fenster mit 6 Scheiben, wovon jedoch eine fehlt. Der Rauch- und Schwadenfang über dem Braukessel ruht an der Hinterseite in der Wand u ist an der Vorderseite mit 2 eisernen Stangen an die Decke gehängt. Hier ein altes Bierlager. Links neben dem vorbeschriebenen Eingange ist ein kleiner Abschlag von Dielen zum Hineinlegen des Brennholzes. Von der schwer gewesenen Thür sind nur noch ein Kranz und 2 Stechklammern vorhanden. Daneben ein mit Bauholzstücken belegter Platz zum Holzhacken. Hier führt eine kurze hölzerne Treppe auf die Gaststube. Sie hat eine mit Oelfarbe angestrichene gute Türe, in deren oberer Hälfte sich eine Glasscheibe findet, 2 Haken, 2 Haspen u Drückerschloß ohne Schlüssel, einen Fußboden von Eichendielen, die sich theilweise gewellt haben …“  (DSC04696 JPG)

„Der Ofen wird von außen mittelst eines Kamins geheizt. Aus dem zweiten gleich daneben befindlichen Kamin wird die Malzdarre geheizt; vor dem Heitzloche eine Thür von Eisenblech mit 2 Kloben, 2 Bändern u 1 Klinke, darüber eine kleinere Thür u mehrere eingemauerte eiserne Stäbe; der Rost von Stabeisen. Die Thür zur Malzdarre-Kammer hat 2 Haken, 2 Bänder, 1 Schloß, wozu der Schlüssel fehlt u ist, wenn auch alt, doch noch brauchbar. Die Wände sind getüncht u geweißt, aber schmutzig u der Fußboden gepflastert. Linker Hand ein Aschenstein, rechts die Malzdarre selbst von doppeltem durchlöcherten Eisenblech mit unterlegten eisernen Stäben, auch einer Ummauerung von Sandstein….“ (04697)

Wird in diesem Inventurbericht noch von einem „Brautroge von Gußeisen“ berichtet, so zeigt eine später (im Jahre 1841) angebrachte Randnotiz, dass der eiserne Kessel verkauft wurde „und an dessen Stelle ein Kupferner Kessel, welcher 2 Ohm enthält“, angeschafft wurde.

Von der Malzkammer konnte das Malz durch eine kleine Öffnung im Fußboden direkt auf die Malzdarre geworfen werden.

Der Hof  hinter der Brauerei, „welcher nicht gepflastert ist u in einem wüsten, unverdeutlichen Zustande ist. Dicht am Haus liegt der Röhrenstrang, der das Wasser in das Brauhaus führt. Die letzte Röhre ist mit einem eisernen Bande versehen. Nach dem Waschhause hin ist der Hof mit einem neuen Lattengeländer u an einem kleinen zur Wäscherei gehörigen Stallgebäude geschlossen. In letzterem ist der zum Brauhaus gehörige Abtritt mit einer Thür, woran 2 Haspen, 2 Haken, Riegel u  Haspel mit Haken. Das zweiflügelige Lattenthor im eben genannten Geländer ist ebenfalls neu u gehört zum Gebrauch des Wäschereipächters.

An der Nordseite des Hofes steht das Viehhaus; es war zur Zeit der Inventur „in einem ziemlich schlechten Zustand“ (04707).

„Der an das eben beschriebene Gebäude vor einigen Jahren angebaute neue Stall gehört nicht zum Brauhause u wird durch mehrere Laquaien benutzt, denen zugleich die Wohnung in dem früher erwähnten großen Anbau verliehen ist“ (04708).

„Die zum Brauhause gehörigen Grundstücke bestehen in zwei Garten. Der kleinere dieser Garten liegt rechter Hand an der Stadtseite des Gebäudes, ist 1 ½ bis 2 Geviertruthen groß und mit einem schadhaften Lattengeländer umgeben … Der größere, etwa 60 bis 70 Geviertruthen haltende Garten liegt gleich hinter dem Stallgebäude. Nach der Hofschlosserei hin umgibt ihn ein verfallener Plankenzaun. Unter der Hofschlosserei, welche in ihrer ganzen Länge übrigens den Garten begränzt, umschließt ihn eine Dielenwand bis zum alten Helser Wege; sodann kommt ein Stück der Ausbesserung sehr brechtiger Hecke bis zum Abfluß des Leitegrabens, u von dem Zaun endlich, der an dem Abfluß des Leitegrabens hinauf bis wieder zum Stallgebäude die Gränze bildete, ist außer den 38 Stück alten u jungen Weiden keine Spur mehr vorhanden, wenn nämlich überhaupt hier jemals ein Zaun gewesen ist.“  (04709).

„An der Seite des Gartens nach dem Leitegraben hin ist eine Kegelbahn angebracht. Das dazu gehörige Haus ist mit Ziegeln gedeckt u an 3 Seiten u dem östlichen Dachgiebel mit Eichendielen zugeschlagen. Von diesen Dielen fehlen in den Seitenwänden 4 Stück u in dem Giebel 2 Stück. Im Häuschen stehen, an der Wand befestigt, zwei schlichte Bänke von Eichenholz. Die Eichenbohlen der Kegelbahn selbst scheinen noch ganz brauchbar, dagegen sind die Seitenbretter theils faul, theils fehlen sie ganz, so wie denn auch die Kugelrenne bis auf einige Stützen ganz verschwunden ist“ – soweit der Bericht zur Inventur am 14. Juni 1832. Das Kegelhäuschen hat dann am 24. April 1833 der neue Pächter Karl Hildebrand käuflich erworben, abgerissen und zu Brennholz verarbeitet. Damit war die Kegelbahn aus dem Inventar des Brauhauses verschwunden.

„Nachdem die Revision und Aufzeichnung des Grundinventariums hiermit beendigt war, kam die Reihe an die Braugeräthschaften, und  wurden  von den abziehenden Pächtern folgende zurückgeliefert:

1.     der eingemauerte, am Rande mit Sandsteinplatten eigefaßte kupferne Braukessel, 24 Ohm haltend, mit einem kupfernen Abflußrohr u einem neueren großen messingnen Krahn, dessen Rücken mit einer kleinen eisernen Kette ans Gemäuer befestigt ist. Vor dem Einheitzloche ein Schieber von Gußeisen mit eisernem Griff, die Oeffnung selbst mit 3 eisernen Platten u 7 eisernen Stäben eingefaßt; der Rost von starkem Gußeisen; 1 Schieber in dem Zuge. Neben dem Einheitzloche rechts eine kleine Treppe ….

2.     Unmittelbar am Kessel steht die Bierpumpe…[sie] ist 1829 neu gemacht u wird vielleicht nur der Untertheil u der Sauger einer Ausbesserung bedürfen…. .

3.     In einem steinernen Troge oder Zapfstein, welcher vom Krahn des Braukessels bis unter die Maischbüdde reicht….

4.     Die Maischbüdde mit 3 starken eisernen Reifen … hat 8 Fuß im Durchmesser u 3 ½ Fuß  Höhe …Das hölzerne Gerüst unter der Büdde scheint der Ausbesserung ebenso wohl bedürftig, wie die Büdde selbst……

9. Die Malzdarre von starkem Eisenblech mit starken Lagerreifen, eisernen Thüren u Gestellen in den Zügen wurde nach dem Gutachten des Hofschlossers taxiert auf 80…

10. Vier steinerne Gärtröge, je 9 Fuß lang und 2 ½ Fuß breit, davon zwei im Bierkeller u 2 in der Brauerei selbst. Einer der letzteren hat ein eingeflicktes Stück in der einen Seite und der andere einen Sprung am Zapfloche. Alle sind oben mit starken eisernen Schienen belegt u dem Ansehen nach in dem Zustand von 1826….

Auch unbrauchbare und schadhafte Fässer und Eimer werden aufgelistet und taxiert.

22. Drei Rührhölzer, wovon 2 unbrauchbar …

28. Ein Sackwagen mit 2 hölzernen Rädern …

31. Ein Schroteseil, nach der Schätzung des Hofseilers Schwabe nur noch werth 2, 18..

Derselbe meinte, es sei am besten, dieses Seil als Balkenseil zum Verkauf auszusetzen. Wenn es jedoch mit beiden Enden zusammengstoßen würde, so könnte es vielleicht noch ein paar Jahre gebraucht werden. Doch könne er dazu nicht rathen, indem es möglicherweise verstockte Stellen haben u beim Gebrauch, Menschen in Erlebensgefahr kommen könnten, wenn es zerreiße.“ (04716).

An der Hinzuziehung von zusätzlichen Gutachtern – dem Hofschlosser und dem Hofseiler -  zeigt sich, dass die Kammer darauf bedacht war, möglichst noch die letzten Ressourcen zu erfassen und den durch jahrelangen Gebrauch der Gerätschaften unvermeidlichen Werteverfall soweit als nur irgend möglich zu begrenzen. Dass früher grundsätzlich sehr viel sparsamer gewirtschaftet wurde als in unserer Zeit des Überflusses, versteht sich von selbst. Gleichwohl wurde mitunter doch auch hier der Bogen überspannt, wie sich an dem folgenden Beispiel zeigt:

„32. Ein 53 Zoll/Fuß langer Hanfschlauch zum Einlassen des Bieres in die Fässer. Schwabe gab an, daß er gar keinen Werth diesem Schlauch beizulegen wisse, da derselbe zu sehr durchlöchert sei, als daß er noch zu irgend einem Zweck sollte benutzt werden können.“ 04716).

Die Inventur von 1832 ergab im Vergleich zu 1826 „eine Werthabnahme von 187,9  für die Periode der letzten Verpachtung“ (04716).

Die Malzdarre, eine Vorrichtung zur Dörrung der zuvor durch Einweichung in Bottichen zum Aufquellen gebrachten Gerste – sogenanntes „geschwelltes Malz“ - , spielte bei der historischen Bierherstellung eine zentrale Rolle. In alten Brauereihandbüchern wird das erläutert: Das Malz für den Herbst wurde im Frühjahr gemacht, das für das Frühjahr im Herbst. Verbraucht werden sollte in beiden Fällen nur „geschwelltes Malz“, das bereits ziemlich lufttrocken auf eine Rauch-Malzdarre kommt, um dort gedörrt zu werden. Das Malz, welches im Herbst bereitet wurde und für das Lager- oder Sommerbier bestimmt war, musste kastanienbraun gedörrt werden, weil dieser Grad der Dörrung das haltbarste Bier ergab. Beim Sommerbier war die Haltbarkeit die nötigste Eigenschaft, der alle anderen Eigenschaften aufgeopfert werden mussten. Demgegenüber konnte das im Frühjahr bereitete und für den Winter bestimmte Malz ganz hell oder „gelinde“ gedörrt werden, weil beim Winterbier schon die Witterung die Haltbarkeit des Bieres sicherte. – Gleichwohl ist es immer mal wieder vorgekommen, dass die Haltbarkeit des Bieres nicht den Erwartungen entsprach und das Bier sauer wurde und bestenfalls  noch zu Essig verarbeitet werden konnte. Doch dazu später mehr.

Die im Arolser Hofbrauhaus installierte Rauch-Malzdarre spielt in mehreren Dokumenten eine Rolle. Das Feuer unter dem Blech, auf dem die Gerste zu Malz geröstet wurde, war beim Darren sorgfältig zu bewachen und der ganze Darrprozess erforderte konzentrierte Aufmerksamkeit und Erfahrung, denn der Grad der Dörrung war, wie eben erläutert, für den weiteren Herstellungsprozess des Bieres und seine Qualität ausschlaggebend. Im Jahre 1607 wurde ein Brandschaden aktenkundig, der durch ein Unglück beim Malzdarren verursacht worden war. – War die Malzdarre, wie eben zitiert, im Jahre 1780 „noch im recht guten Standt“, so war sie 60 Jahre später gänzlich unbrauchbar geworden: Am 19. März 1833 stellte der Brauhauspächter, Bierbrauer Carl Hildebrand, der im Jahre zuvor die Brauerei für 6 Jahre gepachtet hatte, bei der Hochfürstlich Waldeckischen Domanial-Cammer das Gesuch, „die unbrauchbare Malz-Darre wieder in brauchbaren Zustand setzen, u. die gänzlich verfallenen Gärtenzäune reparieren zu lassen“. Nachdem Landesbaumeister Löffel die Notwendigkeit beider Reparaturen in einem ausführlichen Bericht bestätigt hatte, wurden die Reparaturen von der Fürstlich Waldeckischen Domanial-Cammer bewilligt und duchgeführt.

Das war freilich nicht immer so, denn die Domanial-Cammer war stets darauf bedacht, die Ausgaben für das herrschaftliche Back-, Wasch- und Brauhaus so niedrig wie möglich zu halten. So hatte Landesbaumeister Löffel am 5. April 1834 der Fürstlichen Domänenkammer von der Notwendigkeit der vollständigen Herstellung des Daches auf dem herrschaftlichen Back-, Wasch- und Brauhaus berichtet, die er dadurch veranlasst sah, dass das Dach „bei der ersten Anlage viel zu weit gelattet [worden sei]; seitdem haben sich die Latten stellenweise eingeschlagen, und beide Ursachen hatten zur Folge, daß seit mehreren Jahren die Eindeckung nicht mehr gegen Schnee und Regen sichert, auch durch eingeflickte neue Ziegeln und Strohdocken nicht mehr dicht gemacht werden kann. Diesem Uebelstand ist nur durch das gänzliche Umlatten und Umdecken des Daches abzuhelfen“ (StAM, Best. 125, Nr. 11536).

Um die Kosten überschaubar zu halten, hat Landesbaumeister Löffel vorgeschlagen, die erforderliche Instandsetzung des Daches auf zwei Jahre zu verteilen und zunächst mit der Umlattung und Umdeckung der Wetterseite zu beginnen. Seine fachlich gut begründeten Vorschläge wurden indessen drei Tage später von der Fürstlichen Domanial-Cammer mit geradezu arrogant-ignoranten Argumenten abgewiesen: „Das zu weit gelattete Dach hat gleichwohl hundert u mehrere Jahre seine Dienste geleistet und wenn gleich solches nach diesem Bericht stellenweise dermaßen schadhaft ist, und Regen durchläßet; so scheint mir dieses keinen hinlänglichen Grund abzugeben, um das gantze Dach anders und neu zu latten; vielmehr mögten nur die schadhaften Stellen herzustellen seyn. Arolsen, den 8. April 1834“.

Brauhauspächter Hildebrand ließ allerdings nicht locker und forderte die Fürstliche Domanial-Cammer mit Schreiben vom 14. Juli 1834 zum widerholten Male auf, sowohl die unbrauchbare Malz-Darre durch eine neue zu ersetzen als auch das Dach gänzlich umlatten und umdecken zu lassen. Diesmal drohte Hildebrand mit Regressforderungen: „Im entgegengesetzten Falle bin ich leider genöthigt eine Entschädigung für gehabten Verlust, der mir aus diesem jetzigen Zustande des Brauhauses entstehet, von Hochfürstlicher Cammer in Anspruch zu nehmen“ (StAM Best. 125, Nr. 11536).

Verpachtung (vom 1. Sept  1850 bis dahin 1862

Der „Pachtcontrait“ hat folgenden Wortlaut:

„Mit höchster Genehmigung wird dem Herrn Braumeister Hildebrand dahier die hiesige, dem Staate abgetretene Brauerei hierdurch in Zeitpacht gegeben, und zwar unter folgenden näheren Bedingungen: § 1. Die Verpachtung geschieht für die nächsten 12 Jahre, und zwar läuft dieselbe vom 1. Sept. 1850 bis zum 1. Sept. 1862.  § 2. Für die zur Pachtung gehörige Wohnung,  Geräthschaften, Stallungen, Garten etc. gilt das Inventar von 1832 mit dem Nachtrage vom 15. Sept. 1834 sowohl in Beziehung auf den gegenwärtigen Pachtantritt, als für  die einstige Auspacht zur Norm und sollen darin die seit 1834 eingetretenen Aenderungen, sowie die für Herrschaftliche Rechnung gemachten Anschaffungen nachgeführt werden. Rücksichtlich der zum Inventar gehörigen Gebaulichkeiten und Braugeräthschaften wird bestimmt, daß sie in ihrem gegenwärtigen Zustande übernommen und letztere bei der Auspacht nach dem Taxat Sachverständiger, die von beiden Seiten gewählt werden, zurückgeliefert werden müssen. Die Abnutzung durch den Betrieb und die Deterionation  hat Pächter zu ersetzen, während ihm die Melionation vergütet wird, vorausgesetzt, daß sie die zugelieferten Gegenstände angeht. Die außerdem vorhandenen und vom Pächter selbst angeschafften Geräthschaften verbleiben ihm zur freien Verfügung, wenn wegen deren Abtretung keine gütliche Vereinigung zu Stande kommen sollte“  (StAM , Best. 125, Nr. 11473).

Der Braumeister Karl Hildebrand war bei Abschluss dieses Pachtvertrages, der  bereits am 24. August 1849 ausgefertigt wurde, schon einige Jahre als Pächter in der Hofbrauerei – neu war bei der erneuten Verpachtung, dass Hildebrand auch die Räume der ehemals im selben Gebäude untergebrachten Hofbäckerei  (eine Stube, die ehemalige Backstube u. Brodkammer, eine Küche, Holtzräume und etwas Boden) hinzupachten konnte. (04860)

Am 21. Oktober 1832 wurden in einem Nebengebäude des Brauhauses Laquaien - also herrschaftliches Dienstpersonal – einquartiert; Abb. 13a: Hofbrauhaus u. „Laquaienhaus“..

Am 6. Februar 1835 wird gemeldet, dass auf beiden Dachböden auf der Nordseite des Brauereigebäudes Schnee eingedrungen war, der das Malz zu 4 Gebräuen bedeckt hätte: „Der Schnee ist durch das Dach und die Läden, in welchen sehr viele Ritze sich befinden, und durch die breite Öffnung an der Seite der Läden gedrungen.“

Am 27. August 1835 machte Braumeister Hildebrand die Fürstlich Waldeckische Domänen- Kammer darauf aufmerksam, dass  in der Gaststube des Brauhauses dringender Reparaturbedarf bestehen würde: „ In der Gast-Stube ist der Fußboden durch das Ungeziefer welches unter demselben nistet beinah gänzlich zerstört, und muß dieser, wenn nicht ganz neu gemacht – doch wenigstens repariert werden; - ferner sind die Fenster dieser Stube ebenfalls einer Reparatur bedürftig weil sie durch das Wetter gänzlich ruiniert sind; auch sind sie viel zu klein um das nöthige Licht und die frische Luft zu einer solchen großen Stube zu liefern:“

Am 26. Juli 1836 wurden Regenwasserschäden angezeigt: „Die südliche Giebelwand des vor etwa zehn Jahren erbauten Hauses über dem gewölbten Keller am Brauhause bildet mit dem anstoßenden Brauhausdach eine Kandel, welche damals mit gewalztem Blei ausgelegt worden, gegenwärtig aber in so desolatem Zustande ist, daß das Regenwasser in das Brauhaus und in die Laquaien-Wohnungen, die sich in dem eben erwähnten Hinterbau befinden, in großer Menge eindringt und alles Holzwerk ruiniert.“

Brauhauspächter Hildebrand hat am 20. März 1838 gleich mehrere Mängel angezeigt:

1.     Die Quellbütte, in der etwa 12 Mütte Gerste zum Keimen gebracht werden konnten, sei durch Fäulnis komplett unbrauchbar geworden.

2.     „im Brauhause befindet sich kein Keimplatz, weil der hierzu allenfalls brauchbare Raum als Essigkammer nicht zu entbehren ist“.

3.     „Ein großer Theil des Geglättes in der Brauerei ist alt und in so schlechtem Stande, daß das Wasser darauf stehen bleibt, welches für die daselbst vorzunehmenden Geschäfte in mancher Rücksicht hinderlich ist.“

4.     „gegenwärtig ist sowohl der [Brau]Kessel, wie das Gemäuer an demselben, in gefährlichem Zustande“

5.     „Die Schornsteinkasten über dem Brauhausdache sind in gebrechlichem Zustande“


Helmut Nicolai zufolge ist im Jahre 1839 dem Bierbrauer Neumann untersagt worden, Wasser aus dem Leitegraben zu entnehmen[9]. Eine entsprechende Untersagung für das Hofbrauhaus ist nicht aktenkundig geworden.


Am 1. Mai 1845 stellte der Pächter Karl Hildebrand den Antrag, die bisherige Essigkammer zu einer Gärkammer umwandeln zu dürfen: „Während der Dauer meiner bisherigen Pachtung entbehre ich ein verschließbares Lokal für die Gährung des untergährigen Bieres und darf ich Hochfürstlicher Kammer wohl kaum bemerken, daß ich dieserhalb und hauptsächlich darum, weil ich bisher das Bier in dem offenen kalten Brauereilokal gähren lassen mußte, einen gewiß nicht unbeträchtlichen Schaden erlitten habe. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, beabsichtige ich die bisherige rechts am Eingange in das Brauhaus gelegene Essigkammer zu einer Gährkammer einzurichten und die dazu erforderlichen Kosten unter der Bedingung vorzulegen, daß mir demnächst bei der Auspacht deren Betrag wiedererstattet werde. Indem ich Hochfürstliche Kammer um die desfallige hohe Genehmigung unterthänig bitte und nicht daran zweifle, Hochdieselbe werde diesem Gesuche gnädig deferieren, erlaube ich mir weiter unterthänig zu bitten, Hochdieselbe möchte alsdann dem Herrn Landbaumeister Braß auftragen, die fragliche Umänderung anzuordnen und leiten zu laßen“: (04762).

Die Beseitigung mancher Schäden mussten mehrfach angemahnt werden (Abb. 13b)

Aus eine Schadensmeldung vom 14. Juni 1849 geht hervor, dass die Seitenwände des in der Nähe des Hofbrauhauses verlaufenden offenen Kanals dringend neu eingefasst werden sollten: „Die Seitenwände des Kanals, welcher das überflüssige Wasser aus dem Pferdeteiche, so wie das sich in der Kreuzstraße, neuen Theil der Haupt- und Violinenstraße sammelnde Regenwasser abführt, sind eingefallen, so daß das Wasser nicht gehörig abziehen kann; außerdem verunzieren aber auch die ausgerissenen Ufer des Kanals den Platz vor dem Brauhause und erschweren die Passage. Es ist erforderlich, daß diesem sehr unangenehmen Uebelstande durch einen gehörig confirmirten Kanal abgeholfen wird“ (04765).

Dieser Schaden war allerdings ein Jahr später noch nicht behoben worden, so dass sich der Pächter, Karl Hildebrand, erneut an die Fürstliche Kammer wenden und um Abhilfe bitten musste: „Der Abzugskanal aus dem Pferdeteiche ist verfallen und friert jeden Winter zu. Dann tritt das Wasser über die Ufer des Teichs und macht den Weg zum Brauhause fast ungangbar. Mir erwächst aus diesem Uebelstande jeden Winter ein bedeutender Nachtheil, indem meine täglichen Kunden und Gäste sich wegen des gefährlichen Zugangs vom Brauhause entfernt halten oder meinen Concurrenten sich zuwenden. Ich habe schon früher diesen Uebelstand zur Anzeige gebracht und um Abhilfe gebeten, aber bis jetzt habe ich noch keine Resolution dieserhalb erhalten. Nach Versicherung Sachverständiger wäre hierzu neben Reparatur des Kanals die Herstellung eines gepflasterten Wegs vom Pferdeteich bis zum Brauhause erforderlich. Zu dieser Anlage würde ich gerne bereit sein, die erforderlichen (auf Staatskosten gebrochenen) Steine und den Sand auf meine Kosten anfahren zu laßen“ (04771).

Auch diese Bitte und das damit verbundene Entgegenkommen des Brauhauspächters blieb unerhört, denn am 14. März 1851 sah sich Karl Hildebrand erneut genötigt, „darauf aufmerksam zu machen, daß der Platz vor dem Brauhause, besonders der vom Pferdeteiche führende Kanal jetzt in einer so schlechten Verfassung ist, daß es kaum möglich ist mit einem Wagen bis an das Brauhaus zu kommen“ (04776).

Das Dach des Viehhauses war im Sommer 1856 so schadhaft, dass es neu gedeckt werden musste. Bei dieser Gelegenheit wurden die neuen Dachlatten enger gelegt als zuvor: Anstatt 14 Zoll Abstand zwischen den Latten zu lassen, wurden sie diesmal auf 12 Zoll Abstand genagelt – dazu wurden 800 laufende Meter Dachlatten und 600 Holznägel veranschlagt, sowie  2100 Stück Hohlziegel.

Als die Ära Hildebrand schon nahezu drei Jahrzehnte dauerte, bewarb sich der Pächter darum, den Pachtvertrag noch einmal um 12 Jahre zu verlängern – das geht aus einem 4-seitigen Brief seines Rechtsanwalts Schröder hervor, den dieser am 31. August 1861 an die Fürstliche Regierung richtete (HStAM,  Best.  126, Nr. 2066). Dieses Schreiben ist in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich, weil darin auch verschiedene Mängel benannt sind; deshalb wird es hier vollständig transkribiert:

„Mit Herbst 1862 geht die bisherige Brauhauspacht zu Ende und wenn dem Imploranten daran gelegen ist, die Pacht ferner zu behalten, so hat das hauptsächlich darin seinen Grund, weil derselbe schon seit langen Jahren die Pacht gehabt, in die Mängel derselben sich gefunden und einschließlich der Anlage eines Felsenkellers ein nicht unbedeutendes Inventar sich angeschafft hat. – Das Inventar Fürstlicher Regierung ist ausschließlich des zur Brauerei nicht tauglichen, sonst aber noch seinen Werth habenden Braukessels etwa auf 200 Rthl . zu schätzen, während das Inventar, welches Implorant sich angeschafft, auf 1200 Rthl. und der von demselben angelegte Felsenkeller nach den jetzigen Arbeitspreisen auf mindestens 1000 Rthl. zu veranschlagen ist. – Sollte der Bitte des Imploranten deferiert und ihm nochmals das Brauhaus unter den früheren Bedingungen auf 12 Jahre belaßen werden, so müßte er hierüber recht bald Gewißheit haben, weil er mindestens noch für den Werth von 800 Rthl. Verbesserungen am Inventar vornehmen muß. Die bisherige jährliche Pacht betrug circa 238 Rthl.; an Steuer mußte der Implorant jährlich 185 Rthl. bezahlen und nur mit aller Mühe konnte der seitherige Pächter diese nicht unbedeutenden Abgaben erschwingen. – Der Implorant ist mit den Mängeln des Brauhauses vertraut und daran gewöhnt; jeder Andere, welcher dieselben kennt, wird die Pacht nicht leicht übernehmen und hätte er sie übernommen, so würde Fürstliche Regierung mit Beschwerden um deren Abhülfe ständig geplagt werden. – Es sind solche Mängel, welche keiner bei einer solchen Anlage erwartet. – Die Uebelstände sind folgende:

1., der Pächter kann im Hause selbst keine Wirthschaft treiben weil es im Brauhause dazu an einem geeigneten Lokale fehlt. – Die Wirthschaft muß daher in der vom Brauhause entfernt liegenden Schankstube betrieben werden, und der Pächter selbst kann darauf nicht achten. – Der Profit an der Wirthschaft geht dadurch größtentheils verloren, daß der seitherige Pächter eine andere Person mit der Wirthschaft beauftragen mußte. –

2., der Durchgang zur Wohnung geht durch die Brauerei; was in unserer Zeit in fast allen Brauereien abgeschafft ist. –

3., die Nachbarn holen ihr Wasser in der Brauerei; freilich braucht das der Pächter nicht zu leiden; aber dann hat er sich zu gewärtigen, daß er mit den Nachbarn, mit denen er auch den geringen Hofraum theilen muß, allen Plackereien ausgesetzt ist. – Die Leute aus dem Waschhause fahren über seine Mistenstätte, werfen zu diesem Zweck oft den Dünger auf, die Nachbarn drehen die Wagen, mit denen sie Holz und Dünger fahren, auf der Mistenstätte u.s.w. –

4.,In einem sehr kalten Winter kann im Brauhause nicht gemälzt werden, weil der Malzkeller fehlt.- Es fehlt ferner

5., die Gährkammer, die jetzt in allen Brauereien gefordert wird.- Dann ist

6., bei dem Brauhause ein ganz und gar nicht hinreichender Hofraum. – Sehr große Uebelstände sind die, daß

7., zu dem Brauhause wie zu der Schankwirthschaft sehr schlechte Wege führen, welche im Winter oft kaum zu passieren sind, und

8., bei Regenwetter das aus dem Leitegraben in das Brauhaus geführte Wasser sehr trübe ist und der seitherige Pächter dann das Wasser von Helsen oder hier aus der Stadt holen mußte.-

Es kann bei diesen Mängeln nicht ausbleiben, daß Pachtliebhaber, welchen dieselben bekannt werden, nicht soviel Pachtgeld geben werden, wie der Implorant, und daß, wenn wirklich ein anderer Pächter eintritt, das Klagen über diese Mängel, Streit mit den Nachbarn und andere Uebelstände nicht ausbleiben werden. – Die früheren Pächter, welche vor dem Imploranten das Brauhaus inne hatten, haben unter viel günstigeren Bedingungen ihre Rechnung im Brauhause nicht finden können. –

Das der Fürstlichen Regierung zustehende Inventar mit Ausnahme des Braukessels würde der Implorant gegen Taxat übernehmen. – Derselbe will gehorsamst bitten: ´Fürstliche Regierung wolle ihm die Pacht unter den früheren Bedingiungen noch auf 12 Jahre hochgenemigtest belaßen´. –

Arolsen, den 31. August 1861    Für den Imploranten  Schröder“

(FAKSIMILE = Abb. 15).

Offensichtlich hat dieses Schreiben vom 31. August 1861 nicht die erhoffte Wirkung gehabt, denn die Fürstlich Waldeckische Regierung, Abth. Für Domainen und Forste, hat die anstehende Verpachtung des herrschaftlichen Brauhauses zu Arolsen im Dezember 1861 in der Beylage zum Fürstlich Waldeckischen Regierungs-Blatt öffentlich angezeigt und den Termin zur Verpachtung auf den 27. Februar 1862 angesetzt.  (Faksimile  0448  = Abb. 9 – auszugsweise -  einfügen).

Die Ära Hildebrand endete dann mit Ablauf des Monats August und am 1. September 1862 begann die Ära Gallenkamp.


4.   Die Ära Gallenkamp (1862-1892)

Wie schon in der Ära Hildebrand, so sollte auch in der Ära Gallenkamp die schlechte Qualität des in Arolsen verfügbaren Brauwassers zu den notorischen Ärgernissen zählen. Und wenn bis in die Gegenwart manche Brauereien die hohe Qualität ihres Brauwassers zu Werbezwecken herausstellen – Alpirsbacher Klosterbräu: Das Bier mit dem besonderen Brauwasser aus dem Schwarzwald - , dann zeigt sich daran, dass das Brauwasser ein wesentliches Element zur Sicherung der Bierqualität ist. Helmut Nicolai verharmlost das geradezu existenzgefährdende „Enten-Wasser“[10]: „Also wurde 100 Meter weiter unten mit dem Enten-Wasser weiter gebraut und das Bier von Fürst und Volk fröhlich getrunken“ (NICOLAI 1954, S. 255). Demgegenüber hat Brauhauspächter Friedrich Gallenkamp das Enten-Wasser als geschäftsschädigend wahrgenommen und mehrfach um Beseitigung des Übelstandes gebeten: „Am 24. 05. 1875 schreibt der Brauhauspächter Friedrich Gallenkamp eine Eingabe, in der er darstellt, dass das Wasser des Leitegrabens, das zu dem Brauhaus führt und das er zum Brauen des Bieres und zum Reinigen der Fässer benötigt, oft trübe sei. Er habe sich erkundigt und merkt an, dass der Grund die Seifenlauge aus der städtischen Wäsche/Bleiche sei. Er befürchtet, dass Seifenwasser eine der schädlichsten Substanzen für Bier ist. Des weiteren befürchtet er schweren Schaden für das Renommé des Brauhauses, wenn erst einmal das Publikum diese Sache bemerkt. Er bittet darum, die Ursache zu beseitigen und so schnell wie möglich den Leitegraben zu reinigen. Auch der Baukommissar Wagener bestätigt in seiner Stellungnahme zunächst, dass dieses Jahr ein ungewöhnlich großer Umfang übelriechender Schlamm und Seifenlauge zu erkennen sei, stellt aber nach weiterer Untersuchung fest, dass die Ursache nicht die Seifenlauge selbst ist, sondern sich bei der Bleiche das Wasser nicht genügend vermischt, sondern in der Bleiche/Wäsche selbst das Leitegrabenwasser am Boden immer mehr verschlammt (10.07.1875). Brauhauspächter Gallenkamp bittet am 19.071875 ´hohe Domaniumkammer` erneut, den Übelstand zu beseitigen, da eine Abhilfe trotz Reinigung des Leitegrabens nicht erfolgt ist und er trotz guten Bieres eine deutliche Geschäftsschädigung erwartet, wenn der üble Geruch von den Besuchern des Brauhauses bemerkt wird. Es schließt sich weiterer Schriftverkehr zwischen Stadt und Domänen-Kammer an, in dem untersucht wird, was man zum Austausch des Wassers machen kann, warum es dieses Jahr so schlimm ist und wer überhaupt zuständig ist. Fr. Gallenkamp, der Brauhauspächter, vedeutlicht noch einmal seine Sorgen in einem weiteren Schreiben vom 01.08.1875, indem er u.a. ausführt `…Das die Sache im Grunde das Publikum ist, kann ich als Beweis anführen, das vor einiger Zeit in meine hiesige Wirtschaft Gäste gekommen sind gefragt, ob das Bier vom Wasser aus dem Leitegraben gebraut würde und wie ich dies bejahte, als dann gedankt und wieder fortgegangen, ohne Bier zu trinken…` „(KRAFT 2019, S. 72 f.).

Entgegen Nicolais verharmlosender Behauptung, das aus Enten-Wasser gebraute Arolser Bier sei „von Fürst und Volk fröhlich getrunken“ worden, ließ der Fürst schlechtes Bier zurückgehen und der Brauhauspächter Gallenkamp hatte dafür gutes Bier zu liefern; der Lieferkontrakt, der später ausführlich vorgestellt werden wird, war da eindeutig: „Schlechtes Bier kann seitens der Hofhaltung jederzeit Herrn Gallenkamp zurückgegeben werden und hat derselbe dafür gutes Bier zu liefern“.

Kreisbaumeister Curtze legte am 24. Januar 1866 eine Kostenaufstellung über Baureparaturen an den vom Pächter Gallenkamp bewohnten Brauhause zu Arolsen vor, welche auf Rechnung des Fürstlichen Domaniums ausgeführt werden sollten.

Rechnung von Maurermeister Friedr. Schaller vom 25. Juli 1867 als FAKSIMILE? (04785)

FAKSIMILE:  Abschlagszahlung an Zimmermeister Blume   30.4.1868   ? (04811)


Aus einem Schriftstück vom 6. Oktober 1870 geht hervor, dass Brauhauspächter Gallenkamp Bier an die Fürstliche Hofhaltung geliefert hat, die das Bier an die im Schloss untergebrachten verwundeten Soldaten weitergab. (04939).


Bierlieferung von Bierbrauer Gallenkamp an Fürstliche Hofhaltung (1874-1883)

Am 6. Juni 1874 fordert das Hofmarschallamt, Frh. V. Hadeln, vom Hofintendanten Wittleder einen Bericht über die Modalitäten der Belieferung des Fürstlichen Hofes mit Bier vom Hofbrauer Gallenkamp. Der ausführliche „gehorsamste Bericht“, den Wittleder noch am selben Tage anfertigte, hat folgenden Wortlaut:

„Bei meiner Anstellung als Haushofmeister habe ich nicht erfahren, daß der damalige Pächter des Brauhauses contractliche Verpflichtung hatte, Doppelt-Bier zu einem bestimmten Preise an Fürstliche Hofhaltung zu liefern. Ich zahlte für das gelieferte s.g. Weißbier denselben und zwar laufenden Preis, wie es mein Vorgänger gethan. Als der jetzige Pächter das Brauhaus übernahm, wurde mir von Fürstlicher Domänen Kammer der betr. Auszug über Bierlieferung an Fürstliche Hofhaltung mitgetheilt. Ich bestellte nun statt des früher nur bezogenen Weißbieres Doppelbier, welches Herr Gallenkamp aber nur unter der Bedingung liefern wollte, wenn die Hofhaltung ein ganzes Gebräu auf einmal davon nähme. Das Doppelbier war nicht lange aufzubewahren, und konnte deshalb Fürstliche Hofhaltung hierauf nicht eingehen, ein solches Quantum auf einmal zu nehmen. Es wurde darauf zwischen Herrn Gallenkamp und mir eine mündliche, jedoch jederzeit widerrufliche, Verabredung getroffen, wonach Herr Gallenkamp ferner Weißbier zu einem billigeren Preise, als der laufende, und zwar das Maaß zu 2 Sgr. liefern wollte. Diese Verabredung erhielt die Genehmigung Fürstl. Hofmarschallamts und wurde unter diesen Festsetzungen seit September 1862 das Bier bezogen. Braunbier, wenn solches bezogen, wurde mit dem contractlichen Preise a` M. 10 & bezahlt.

Arolsen, 6. Juni 1874.  Wittleder“ (FAKsimile einfügen? Fürstl. Archiv, Mappe 7436)

Wieviel Bier lieferte das Hofbrauhaus an die Fürstliche Hofhaltung?

Im Fürstlichen Archiv (Mappe 7436) findet sich eine am 19. August 1875 erstellte Statistik, die die Bierlieferungen im Zeitraum vom 1. Januar 1875 bis 31. Juli 1875 dokumentiert:

Im Januar 1875 lieferte Gallenkamp 603 Liter, im Februar 702 Liter, im März 543 Liter, im April 280 Liter, im Mai 462 Liter, im Juni 327 Liter und im Juli 304 Liter. Betrug die Lieferung im ersten halben Jahr also zusammen 2917 Liter, so wäre für das gesamte Jahr 1875 der Bierbedarf der Fürstlichen Hofhaltung auf etwa 60 Hektoliter zu veranschlagen.

Am 1. September 1875 wurde ein neuer Lieferkontrakt zwischen der Fürstlichen Hofhaltung und Braumeister Gallenkamp geschlossen. Wortlaut:

„Zwischen Fürstlicher Hofhaltung, vertreten durch Herrn Hofmarschall von Hadeln einerseits und Herrn Bierbrauer Gallenkamp dahier andererseits ist heute folgender Vertrag zustande gekommen.

1)     Herr Gallenkamp liefert das Bier, wie solches seither Fürstlicher Hofhaltung geliefert wurde vom 20. September ab in ½ Liter Flaschen.

2)     Am 20. September kommen zunächst 300 Flaschen zur Ablieferung.

3)     Vom 27. September ab kommen jeden Montag Vormittag 200 Flaschen zur Ablieferung.

4)     Sollte bei Abwesenheit der höchsten Herrschaften kein Bedarf an Bier nothwendig sein, so muß dies Herrn Gallenkamp mindestens 14 Tage vor dem Lieferung sistieren soll, angegeben werden. Auch soll bei letzter Lieferung vor Abreise der höchsten Herrschaften es dem Hofhalt überlassen bleiben, wieviel Flaschen zu liefern sind.

5)     Schlechtes Bier kann seitens der Hofhaltung jederzeit Herrn Gallenkamp zurückgegeben werden und hat derselbe dafür gutes Bier zu liefern.

6)     Herr Gallenkamp stellt die Flaschen, besorgt das Füllen und Korken, er hat das Bier in das Schloß heranfahren zu lassen und werden ihm incl. Kork, Füllen und Leergut bei dieser Gelegenheit die leeren Flaschen zurückgeliefert. Für nicht zurückgelieferte Flasche wird 15 R.Pfennige Entschädigung seitens der Hofhaltung bezahlt.

7)     Für Bruch beim Leergut nach oder vor dem Hofkeller haftet Herr Gallenkamp, für Bruch vor dem Aufladen der leeren Flaschen haftet der Hofhalt.

8)     Der Hofhalt zahlt Herrn Gallenkamp für ½ Literflasche incl. Kork, Füllen und Leergutabh. 12 Reichspfennige.

9)     Dieser Vertrag kann beiderseitig ¼ jährlich gekündigt werden.

Arolsen den 1. September 1875   Fürstliches Hofmarschallamt  Herr v. Hadeln  / F. Gallenkamp“  (Fürstl. Archiv, Mappe 7436)

Die in den Lieferkontrakten festgesetzten Preise für das von der Hofbrauerei zur Fürstlichen Hofhaltung gelieferte Bier basierten auf den Erfahrungswerten der jeweils vorangegangenen Lieferperioden und den in dieser Zeit geltenden Preisen für die zur Bierherstellung benötigten Rohstoffe.  Dass diese Rohstoffpreise gelegentlich erheblich schwankten, zeigt sich an einem Schreiben des Brauhauspächters Gallenkamp an Fürstliches Hofmarschallamt vom 15. Dezember 1876, in welchem Gallenkamp darum bittet, den Bierpreis vom 1. Januar 1877 an erhöhen zu dürfen; Gallenkamps Brief hat folgenden Wortlaut:

„In diesem Jahre ist der Hopfen so enorm theuer, so daß derselbe den fünffachen Preis des vorigen Jahres hat; es ist deshalb wohl nicht unbillig wenn vom 1. Januar 1877 die ½ Liter Flasche Bier wie bis jetzt von Fürstlichem Hofhalt bezogen mit 12 ½ Pfennig Reichwährung berechnet wird. Hohes Fürstliches Hofmarschallamt um gütige Antwort bittend zeichnet hochachtungsvoll und ganz ergebenst Fr. Gallenkamp“  (Fürstl. Archiv, Mappe 7436).

Dass die Qualitätssicherung in der damaligen Zeit bei der Bierherstellung nicht immer gelang, leuchtet ein. Nicht umsonst war im Lieferkontrakt vom 1. September 1875 die Formulierung enthalten: „Schlechtes Bier kann seitens der Hofhaltung jederzeit Herrn Gallenkamp zurückgegeben werden und hat derselbe dafür gutes Bier zu liefern“. Des öfteren scheint dieser Passus in Kraft getreten zu sein und die Klage über die schlechte Bierqualität veranlasste das Hofmarschallamt am 20. November 1883 sogar zu der Drohung, den Lieferkontrakt vom 1. September 1875 zu kündigen, wenn Gallenkamp nicht gründliche Abhilfe schaffe. Der Drohbrief im Wortlaut: „Die schon vielfach laut gewordenen und wohlbegründeten Klagen über die schlechte Qualität des von Ihnen der Hofhaltung gelieferten Biers veranlassen mich, da dasselbe zur Zeit mal wieder ungenießbar und zu frisch ist, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß der Vertrag vom 1. Sept. 1875 gekündigt werden muß, wenn nicht eine gründliche Abhilfe Ihrerseits vorgenommen wird.“ (Fürstl.Archiv, Mappe 7436).


Am 4. Juni 1886 unterbreitete Brauhauspächter F. Gallenkamp der Domanialverwaltung den Vorschlag zum Bau eines neuen Bierlagerkellers, wobei er die benachbarten Brauereien in Westheim und Warburg anführte, die entsprechende Modernisierungen bereits vorgenommen hätten: „Um den Anforderungen des Publikums zu genügen und wenn der Betrieb des  Geschäfts im Brauhause keinen Rückschritt erleiden soll, so ist es notwendig, daß der Lagerkeller nach neuerer Methode in der Nähe des Brauhauses gebaut wird. Wenn mein Lager oder Felsenkeller am Hebberge auch schon gut ist, so ist doch nicht damit zu ermöglichen zu jeder Jahreszeit ein gutes gleichmäßiges Bier zu liefern. Als Beweis hierfür erlaube ich mir größere in der Nähe befindliche Brauereien, die Gräflich Stollbergsche Brauerei (Westheim) und Louis Warburg anzuführen“.

Der Bau eines Bierlagerkellers in unmittelbarer Nähe zum Brauhaus wurde nicht zuletzt aus Gründen der Sicherung der Bierqualität immer dringlicher. So überrascht es nicht, dass Brauhauspächter Gallenkamp am 23. September 1886 erneut an die Fürstlich Waldeckische Domänen-Kammer schrieb: „Wenn ich nicht die mir im Laufe der Jahre sauer erworbene Kundschaft durch auswärtige Koncurrenz verlieren will, so bin ich genöthigt, stets ein gleich gutes Bier wie jene Koncurrenz zu liefern. Ich kann dieses aber nur, wenn ich in der Lage bin, die Brauerei mit den neueren Einrichtungen zu versehen und in unmittelbarer Nähe der Brauerei einen nach neuerer Art eingerichteten Felsenkeller besitze. Fürstliche Domainen-Kammer hat die Anlage eines solchen Felsenkellers abgelehnt und dieses veranlaßt mich gehorsamst anzufragen, ob und unter welchen Bedingungen dieselbe geneigt sein würde, das Brauhaus nebst den der Fürstlichen Domänen Verwaltung zustehenden, zur Fürstlichen Hofwäscherei benutzten Theile und den dazu gehörenden Hofraum und Wiese zu verkaufen. Das mit dem Brauhause verbundene Wohnhaus für Lakaien läßt sich eigentlich nicht gut vom Brauhause trennen, weil sich darunter Räume befinden, welche zum Brauhause gehören. Ich lege indeß einen Werth auf dieses Gebäude nicht. Ich würde bei einer annehmbaren Forderung nicht abgeneigt sein, das Brauhaus zu kaufen und erlaube mir zu bemerken, daß wenn zur Zeit die Fürstliche Hofwäscherei und event. auch die Lakaien aus dem betr. Gebäude nicht anderweitig gut unterzubringen sein möchten, dieselben noch einige Jahre oder gegen Kündigung und gegen eine angemessen zum Kaufpreise im Verhältnis stehende Miethe in den jetzigen Räumen verbleiben könnten. Ich bitte um gütige baldige Antwort. Eurer Fürstl. Domänen-Kammer gehorsamster F. Gallenkamp“  (Fürstl. Archiv, Mappe 7345).

Verhandlungen zum Verkauf des herrschaftlichen Brauhauses an die Pächter

Friedrich Gallenkamp konnte in seiner letzten Brauhaus-Pachtperiode vom 1. September 1880 bis zum 1. September 1892 den Pachtzins auf 1050 Mark drücken, weil sich kein weiterer Pachtinteressent gefunden hatte. In den Pachtperioden davor, von 1862 bis 1874 zahlte er jährlich 1155 Mark und in der Pachtperiode von 1874 bis 1880 jährlich 1200 Mark. Am 23. September 1886 richtete er eine Kaufanfrage an die Fürstlich Waldeckische Domänen-Kammer, um zu erfahren, unter welchen Bedingungen er das Brauhaus käuflich erwerben könne.

Gallenkamps Anfrage wurde am 1. Oktober 1886 von der Wald. Domänen-Kammer (Varnhagen) an das Hofmarschallamt weitergeleitet mit der Anfrage, ob der im diesseitigen Interesse liegende Verkauf nicht getätigt werden könne, nachdem ein solcher bei vorangegangenen Verhandlungen im Jahre 1866 (Abb. 16) von der Fürstlichen Hofverwaltung abgelehnt worden war. Diesmal nahmen verschiedene Regierungsstellen zum Gesuch Gallenkamps Stellung und Baurath Queisner erstattete am 15. Oktober 1886 ein ausführliches Gutachten, das 7 handschriftliche Seiten und zwei Zeichnungen (Grundriß des Brauhauses und Situationsplan vom Brauhause in Arolsen) umfasst.

Queisners Gutachten kommt zu der Einschätzung „Für das Domanium ist das Brauhaus eine Last. Die Pachtsumme, die erzielt wird, wird bei weitem durch die Zinsen des Baukapitals […], durch Brandkassengelder, Reparaturkosten, Abnutzung der Gebäude pp. absorbiert resp. überschritten“ (Gutachten Queisner, S. 1 f. – Fürstl. Archiv, Mappe 7345).

Die von Baurat Queisner vorgeschlagenen Verkaufsbedingungen wurden schließlich vom Kabinettsrat Frh. von Wintzigerode paragraphiert und am 9. Februar 1887 von Fürst Georg Victor genehmigt. Allerdings hat Brauhauspächter Gallenkamp gegenüber der Waldeckischen Domänen-Kammer die „Erklärung abgeben lassen, daß er darauf verzichte, in Unterhandlungen wegen Ankauf des Brauhauses zu treten“ Die Fürstl. Waldeck. Domänen-Kammer (Varnhagen) beehrte sich, dies dem Fürstlichen Hofmarschall-Amt am 17. März 1887 „ergebenst mitzuteilen“ (Fürstl. Archiv Mappe 7345).

Die Anlage einer Wasserleitung aus der städtischen Hauptleitung in das herrschaftliche Brauhaus zu Arolsen 1889

Das Brauhaus an die städtische Wasserleitung anzuschließen, war ein verständliches Anliegen, das manchen Brauhauspächter bewegt haben mag, zumal die Wasserversorgung durch den Leitegraben insbesondere nach Regenwetter unbefriedigend war. Der Anschluß an die städtische Wasserleitung wurde dann vom Bierbrauer Fr. Gallenkamp, beantragt. Um den Vorgang zu beschleunigen, hatte Gallenkamp sich am 5. August 1889 schriftlich verpflichtet, „nicht nur den an die Stadt zu entrichtenden Wasserzins zu zahlen und die Wasserleitung in ordnungsmäßigem guten Stande zu erhalten, sondern auch auf das dem Domanium erwachsende Anlagekapital jährlich ein Zehntel von der Fertigstellung der im Domanial-Eigentum verbleibenden Leitung ab ohne Ersatzanspruch an die Fürstliche Kammerkasse dahier bis zur vollen Amortisation abzutragen“ (StMA Best. 126, Nr. 2073).

Ein handschriftliches „Conto-Buch für die Bier-Halle“[11] dokumentiert im ersten Teil, der die Jahre 1888 bis 1891 umfasst, die Biermengen und die dazugehörigen Preise, die monatlich erfasst wurden. Die Liefermengen und Preise wurden  von Friedrich Gallenkamp quittiert sowie vom Bierhallenbetreiber C. Nüsken, der ein monatliches Gehalt von 33 Mark einbehalten durfte, gegengezeichnet. (Faksimile einfügen: Abb. 17)

In der zweiten Hälfte des „Conto-Buchs“ ist für den Zeitraum von Januar 1892 bis Dezember 1954 der monatliche Bier-Ausstoß erfasst, der zu Beginn der Ära Brüne im Arolser Hofbrauhaus hergestellt wurde.

5.   Die Ära Brüne (1892-2018)

Das vorläufig letzte abgeschlossene Kapitel in der Geschichte des Arolser Hofbrauhauses begann damit, dass im Jahre 1892 der aus Külte stammende Braumeister Heinrich Brüne (1864-1935)[12] das Hofbrauhaus pachtete (Abb. 17b), das er dann im Jahre 1910 käuflich erwerben konnte. Heinrich Brüne hatte seine Ausbildung zum Brauer in Volkmarsen absolviert und auf weiteren beruflichen Stationen im Rheinland und in Belgien Erfahrungen gesammelt, die ihn veranlassten, das Augenmerk auf eine verbesserte Qualitätskontrolle des Produktionsprozesses zu richten und die Ausstoßmenge mit hoher Bierqualität zu erhöhen. Im einzelnen gehörten dazu mehrere Faktoren, wie die Anschaffung einer Kältemaschine von Linde und der Zukauf von Braumalz. Etwa um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wurde die Malzfabrikation in der Arolser Hofbrauerei eingestellt, während die Eisbeschaffung aus brauereieigenen Teichen (in der heutigen Teichstraße und im Luisental) noch bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte.

Bei Beginn der Brauhauspacht durch Heinrich Brüne war das leidige Kapitel Pferdeteich noch virulent, das schon seinen Vorgänger Friedrich Gallenkamp beschäftigt hatte. Deshalb zunächst ein Blick auf das Kapitel Pferdeteich (Abb. 18, 19, 20, 21, 22).  Am 22. Dezember 1869 schrieb der Arolser Bürgermeister F. Krummel an die Fürstliche Domänen-Kammer, um die aus gesundheitspolizeilichen Gründen notwendige Trockenlegung des Pferdeteichs in Erinnerung zu bringen und um zu erfahren, „wann damit begonnen werden kann und in welcher Art die Ausführung geschehen würde, denn die Stadt hat außer dem eben erwähnten auch das Interesse, daß ein Wasser-Reservoir zur Benutzung bei etwaiger Feuerbrunst bestehen bleibe“ (Best. 126 Nr. 2070).

Die erhoffte Antwort auf seinen Brief vom 22. Dezember 1869 ließ auf sich warten, so dass Bürgermeister Krummel am 22. Februar 1870 einen weiteren Brief bezüglich der Trockenlegung des Pferdeteiches schrieb: „Da es von Herrn Hofrath Mannel für unbedingt erforderlich erklärt worden ist, daß der Pferdeteich aus Gesundheits-Rücksichten trocken gelegt werde, so erlaube ich mir Ihnen hierdurch aufzugeben, bei Meidung einer Zwangsstrafe von 5 SG bis zum 1. Mai dieses Jahres die vollständige Austrocknung des Behälters, in welchem das Wasser jetzt sich befindet, bewirken lassen zu wollen“ (Best. 126, Nr. 2070).

Bierbrauer Gallenkamp war daran interessiert, den Pferdeteich käuflich zu erwerben, um ihn für die Anlage eines neuen Bierlagerkellers zu nutzen. Deshalb richtete er am 11. Oktober 1870 eine entsprechende Anfrage an die Fürstl. Waldeckische Domainenkammer. Aus seiner Begründung geht hervor, dass „in den letzten Jahren der Bierconsum sehr zugenommen [habe], dem zu Folge sind große Brauereien entstanden die durch zweckmäßige Anlage zu jeder Zeit ein gutes Bier herstellen können, daher beansprucht auch jetzt das Publikum immer gleichmäßiges gutes Bier. Unter den Verhältnissen wie ich hier im Brauhause arbeiten muß ist es mir nicht möglich, stets ein gleichmäßiges Bier zu liefern. Der Lagerkeller ist ½ Stunde von der Brauerei entfernt und da jetzt im Sommer eben soviel gebraut wird wie im Winter

so ist es nicht zu vermeiden, daß auch bei heißer Witterung das kalt vergohrene Bier zum Einlagern nach dem Keller geschafft werden muß; außerdem bekommt der Lagerkeller am Hebberge trotz zwei Eiskeller durch die Erdwärme im Nachsommer eine höhere Temperatur, wie für ein feines gutes Bier dienlich ist. Um mit der Erneuerung fortzuschreiten bin ich genötigt einen passenden neuen Lagerkeller zu beschaffen. Bei Ankauf des Pferdeteichs würde ich ferner um eine Prolongation meiner Pachtzeit bitten“ (Best. 126 Nr. 2070).

Ganz offensichtlich ist der Ankauf des Pferdeteichs durch den Brauhauspächter Gallenkamp nicht zustande gekommen – und auch die Trockenlegung des Pferdeteichs ließ noch über zwei Jahrzehnte auf sich warten. Das Thema „Zuschütten des Pferdeteichs“ wurde am 1. August 1892 in einem längeren Schriftsatz des Baurats Queisner an die Fürstlich Waldeckische Domänen-Kammer wieder aufgegriffen, der sich zwar gegen einen Verkauf des Pferdeteichs ausgesprochen hatte, hingegen einer Verpachtung desselben an den Brauhauspächter Brüne unter strengen Auflagen zustimmte. Baurath Queisner machte auf einige Besonderheiten aufmerksam, die bei einer Trockenlegung des Pferdeteichs zu berücksichtigen seien: „Das in den Pferdeteich fließende Wasser wird benutzt: Die Hälfte zur Spülung der unter dem Schlosse liegenden Latrinenkanäle und zur Speisung des großen Reservoirs auf dem Schloßhofe. Die [andere] Hälfte zur Speisung des Schloßteiches und zur Bewässerung der Wiesen auf dem nördlichen Wildhange. Zur Regelung dieser Wasserverhältnisse ist bei Zuschütten des Teiches die Anlage der Rohrleitungen mit Wasserreservoir […] notwendig; Wasserreservoir und Leitung müßten im Besitze Fürstl. Hofmarschallamts bleiben“.

Und noch zwei weitere Nutzungen des Pferdeteichs erwähnt Baurat Queisner: „Das Hofmarschallamt gebraucht den Teich zur Beschaffung des Eises für die Hofhaltung. Wenn das Eis anderweitig beschafft werden kann, ist gegen Zuschüttung nichts zu erinnern. Desgleichen würde bei Zuschüttung zum Schwemmen der Marstallpferde ein anderer Teich benutzt werden müssen“.

Die Fürstlich Waldeckische Domänen-Kammer folgte den Vorschlägen des Baurats Queisner, so dass am 1. Dezember 1892 ein Pachtvertrag über einen Teil des Pferdeteiches zur Erbauung eines Eiskellers mit dem damaligen Brauhauspächter Brüne zustande kam, in welchem sich dieser verpflichtete, „die infolge Zuschüttung des Teiches erforderlich werdenden Rohrleitungen nebst 2 Reservoiren nach Vorschrift der Baubehörde auf seine Kosten ausführen zu lassen“ (StAM, 126, Nr. 2070). Der Pachtvertrag regelte auch, dass Pächter Brüne das ihm zugewiesene Grundstück für eine jährliche Pacht in Höhe von 10 Mark nutzen durfte.

FAKSIMILE  Skizze zur Veränderung des Kellergrundrisses (Abb. 23 und 24)

Am 22. Januar 1893 wurden die ausführlichen Planungsunterlagen eingereicht und am 28. Januar 1893 bestätigte Baurat Queisner der Fürtsl. Wald. Domänen-Kammer, dass er die Unterlagen zum Projekt Eiskeller geprüft habe und „in baupolizeilicher Beziehung nichts zu erinnern“ fände. Der Bau wurde schließlich ausgeführt und wie die penible Zusammenstallung der Rechnungen vom 30. Januar 1895 zeigt, beliefen sich die Baukosten auf 40.225 Mark und 19 Pfennige.

Schon bald sollte sich zeigen, dass der Lager- und Eiskeller den Erfordernissen des wachsenden Brauhauses nicht mehr genügte und so stellte Brauhauspächter Heinrich Brüne am 13. April 1896 den Antrag, „diesen Keller um mindestens die Hälfte des gegenwärtigen Umfangs zu vergrößern“ (StAM 126, Nr. 2070).  Und da „in nicht geraumer Zeit die Pachtperiode des Brauhauses endigt“ bat er zugleich darum, „das Pachtverhältnis auf weitere 6 Jahre zu verlängern“.

Der Pachtvertrag wurde dann sogar bis zum 31. August 1910 verlängert und die Erweiterung des Eis- und Bierlagerkellers am 1. Mai 1896 von der Fürstl. Wald. Domänen-Kammer unter der Bedingung genehmigt, dass die Baukosten 15.000 Mark nicht überschreiten.- Die wiederum sehr detaillierte Zusammenstellung der Rechnungen zur Erweiterung ergab, dass die tatsächlichen Baukosten sich auf 14.941 Mark summierten.

Zum Ende des 19. Jahrhunderts informiert ein im Besitz der Familie Brüne (Abb. 25) befindliches „Sud-Manual 1894 – 1903“ (Abb. 26) über die an jedem einzelnen Brautag eingesetzten Mengen an Hopfen, Malz und Hefe, sowie über die jeweilige Herkunft, also die Bezugsadressen derselben. Heinrich Brüne, der in der Nachfolge von Friedrich Gallenkamp das Arolser Hofbrauhaus zunächst pachtete und dann gekauft hat, leitet damit das bislang letzte Kapitel der Brauereigeschichte ein, welches er und seine Nachfahren in rund 130 Jahren geschrieben haben. Das von Heinrich Brüne verfasste „Sud-Manual 1894 – 1903“ gibt nicht nur Auskunft über die eingesetzten Mengen der zum Brauen erforderlichen Zutaten, sondern protokolliert auch Besonderheiten beim Gärprozess (sehr gut durchgefallen; gut durchgefallen; ziemlich durchgefallen; nicht besonders durchgefallen; nicht gut durchgefallen)[13], die dabei erzielte Farbe des Bieres (Farbe etwas dunkler; Goldfarbe; Hellgelb; Farbe fehlt) und nicht zuletzt auch über die jährlich entrichteten Brausteuern (z.B. im Jahre 1896/97 4241,90 Mark; im Jahre 1898/99  4658,55 Mark; 1899/1900  4865,55 Mark; 1900/1901  5227,78 Mark; 1901/1902  5658 Mark; 1902/1903  5258 Mark). Das eingesetzte Malz wurde überwiegend von auswärtigen Lieferanten bezogen, gelegentlich aber auch mit selbst hergestelltem Malz verschnitten; hin und wieder wurde dem Malz auch Reismehl zugesetzt, gelegentlich auch „Farbmalz“. Das Braujahr ging zu dieser Zeit vom 1. April bis zum 31. März des Folgejahres, wobei

im Jahre 1894/1895            185 Brauvorgänge durchgeführt wurden,                  im Jahre 1895/1896            172                                                                                                           im Jahre 1896/1897           211                                                                                   im Jahre 1897/1898           240                                                                                                 im Jahre 1898/1899           219                                                                                                    im Jahre 1899/1900            205                                                                                    im Jahre 1900/1901           195                                                                                                 im Jahre 1901/1902            188                                                                                        im Jahre 1902/1903            166 Brauvorgänge. Aus diesen Produktionsschwankungen erklären sich auch die unterschiedlich entrichteten Brausteuern.                                                                                                                          

Baumaßnahmen an den Brauhaus-Gebäuden zu Arolsen haben im Laufe der Jahre immer wieder stattgefunden. Hier können nur einige wenige davon angesprochen werden.

Die im Hessischen Staatsarchiv Marburg aufbewahrten „Acten der Fürstl. Waldeck. Domänen-Kammer zu Arolsen betr.: Bauereien an den Brauhaus-Gebäuden zu Arolsen“ (Best. 126, Nr. 2072) informieren beispielsweise über „Herrichtung eines zweiten Fensters in dem Zimmer rechts (Wirtschaft)“ (Abb. 27), die der Helser Maurer Herzog am 10. Sept. 1909 in seiner detaillierten Aufstellung mit 89 Mark und 74 Pfennigen berechnet, die von der Domanialverwaltung am 11.9. festgestellt und am 22. September 1909 per Postanweisung ausgezahlt wurde. Diese Baumaßnahme war notwendig, weil die Beleuchtung und Belüftung des etwa 28 Quadratmeter großen Gastzimmers mit nur einem Fenster von 0,84 m x 1,50 m Größe unzureichend war, so dass der Raum muffig roch und von den Gästen als „kelleriger“ Raum gemieden wurde.

Rechnung von Malermeister Friedrich Rühmer vom 15. November 1909 als FAKSIMILE ?

Oder von Schreinermeister J. Ruppel ?

Einen beachtlichen Expansionsschritt stellte die Bierversorgung der Arbeiter beim Bau der Edertalsperre (1908-1914) dar. Der Biervertrieb erfolgte zu dieser Zeit ausschließlich mit Pferdefuhrwerken. Geradezu legendär ist der aus Sachsenhausen stammende Bierkutscher Drübert (Abb. 28), der auf einem Aquarell des Düsseldorfer Malers Hans Seyppel verewigt ist[14].

Dem wirtschaftlichen Erfolg der Vorkriegsjahre folgen Geschäftsrückgänge in den Jahren des Ersten Weltkriegs und während der Inflationszeit. Doch danach ging es wieder aufwärts und der Biervertrieb verlagerte sich von Pferdefuhrwerken auf Lastkraftwagen.

(Abb. 29: LKW-Fuhrpark einfügen).Gleichwohl bleibt bemerkenswert, dass bis in die 1950er Jahre neben der Brauerei eine kleine Landwirtschaft betrieben wurde, um die Bierfahrer und Mitarbeiter in der Brauerei zu versorgen. Der in der Mitte des 19. Jahrhunderts beginnende Konzentrationsprozeß der Brauereien, der dazu führte, dass die meisten Brauereien im Waldecker Land verschwanden, war bereits zu Beginn der 1930er Jahre so weit vorangeschritten, dass das Arolser Hofbrauhaus beinahe eine Monopolstellung erreichte: „Wenn wir heute durch Waldeck schreiten, so werden wir außer der Arolser Bierbrauerei kaum noch eine Stelle finden, wo man ein allgemein bekanntes und gutes Bier braut. Auch das Arolser Bier, so gut es an sich ist, hat außerhalb des Waldeckerlandes keine weite Verbreitung aufzuweisen. Ganz anders war das in früherer Zeit, wo es einmal in Waldeck sehr viele Bierbrauereien gab, dann aber das waldeckische Bier auch weithin bekannt war und bis ins Ausland verschickt wurde“ (BECK 1931, S. 32) (Abb. 30: Hofbrauhaus – einzige Brauerei in Waldeck)

Nach dem Tod von Heinrich Brüne senior führte Heinrich Brüne junior (1900-1955), der eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei Kirchner & Menge und eine Brauerlehre im sächsischen  Löbau absolviert und kurze Zeit an der Versuchs- und Lehranstalt für Brauereien (VLB) in Berlin studiert hatte, das Arolser Hofbrauhaus weiter[15]. Helmut Nicolai zufolge war es Heinrich Brüne junior, der die Modernisierung des Arolser Hofbrauhauses voranbrachte und dessen Monopolstellung begründete: „Heute ist es die einzige Brauerei in ganz Waldeck, die sich trotz der Ausbreitung der modernen Großbrauereien lebenstüchtig erhielt. Das Hofbrauhaus verdankt dies nicht zuletzt der großzügigen Erneuerung seiner technischen Einrichtung durch den jetzigen Inhaber Heinrich Brüne“ (NICOLAI 1954, S. 380).

(Abb. 33: Modernisierungen – automatische Flaschenabfüll- und Korkmaschine)

Während des Zweiten Weltkriegs ging der Braubetrieb zunächst weiter, wenngleich einige Bierfahrer mitsamt ihren Fahrzeugen zum Militärdienst eingezogen worden waren, so dass viele Kunden dazu übergingen, das Bier mit Pferdefuhrwerken aus der Brauerei abzuholen. Gegen Ende des Krieges wurde der Braubetrieb stark zurückgefahren und im Frühsommer 1945 konnte der Braubetrieb mit Genehmigung der amerikanischen Besatzungsmacht (Captain Chatwick) wieder intensiviert werden. Im Mai/Juni 1945 erfolgten die ersten Malz-Bestellungen bei der thüringischen Firma Trenkelbach (Bergmann) in Thamsbrück. In den Nachkriegsjahren 1948-1952 wurde das Sudhaus erneuert und die Gaststätte „Zum Hofbrauhaus“ neu eingerichtet. Angestellte Braumeister waren in dieser Zeit Gustav Peetz (1947-1953) und Max Merz (1953-1956). Nach dem plötzlichen Tod von Heinrich Brüne junior übernahm seine Witwe, Margarete Brüne 1955 zunächst die alleinige Geschäftsleitung (Abb. 34). Aus dieser Zeit stammt der Werbespruch: „Sei Deiner Heimat treu und trinke Margaretenbräu“. Ihr Sohn Heinrich-Otto Brüne war von 1956-1958 noch in der Braumeister-Ausbildung in Freising-Weihenstephan und danach Praktikant bei der Volksbank in Bad Wildungen und trat 1959 als Prokurist in das Geschäft ein. Braumeister waren in dieser Zeit Ernst Handtke (1956-1964) und Günter Greiner-Perth (1965-1993).

Gesundheitliche Probleme veranlassten Margarete Brüne zum Ausscheiden aus der Geschäftsleitung, die ab 1969 von Heinrich-Otto Brüne wahrgenommen wurde[16].

Von 1972-1989 war Paul Brenken aus Arolsen als Prokurist für den Vertrieb zuständig. Diplom Braumeister Heinrich-Otto Brüne (Abb. 35) und Diplom-Braumeister Günter Greiner-Perth (Abb. 36) konzentrierten sich auf die Automatisierung des Brauprozesses, die gemeinsam mit der Firma Elektro-Reinhard aus Külte sukzessive vorangetrieben wurde. 1974 wurden zwei große Gärtanks aus nicht-rostendem Stahl eingebaut, die jeweils 4 Sude fassen. Durch die Erweiterung der Lager- und Maschinengebäude wurden Teile des Hofbrauhauses frei, die in den Jahren 1989-1994 in zwei Stufen zu einem Hotel mit 21 Betten ausgebaut wurden. 1990 konnte das „Brauhaus-Hotel“ unter der Geschäftsführung von Frau Ruth Brüne eröffnet werden und 1994 erfolgte die Übernahme des Gastronomiebetriebes „Zum Hofbrauhaus“ (Abb. 37). Die Geschäftsleitung des Gesamtbetriebes von Hotel und Gaststätte lag von 1994 an bei Frau Ruth Brüne und ihrem Sohn Dirk Brüne (geb. 1971). Mitarbeiter in der Brauerei war der ältere Sohn Andreas Brüne (geb. 1965) und Braumeister war von 1988-1998 der älteste Sohn Heiner Brüne, der nach seinem Ausscheiden aus dem Hofbrauhaus eigene Wege ging. 1998 trat Dirk Brüne als Geschäftsführer und Gesellschafter in die Brauerei und den Vertrieb ein und ab 2008 teilten sich Andreas und Dirk Brüne die Geschäftsleitung, nachdem sich Heinrich-Otto und Ruth Brüne aus der Geschäftsleitung zurückgezogen hatten (Abb. 38: Familie Brüne 2010; Abb. 39: Bierbrauer Andreas Brüne). Von 1998-2014 waren im Hofbrauhaus wechselnde Braumeister beschäftigt: Gunther Herrmann (Abb. 40), Robert Hix und Konstantin Göbel.

Zu Beginn der Ära Brüne, in den 1890er Jahren, wurde ein Bierausstoß von etwas über 2.000 Hektolitern im Jahr erreicht, der sich in Hochphasen wie den 1960er Jahren auf etwa 20.000 Hektoliter im Jahr steigern ließ, allerdings in der Mitte der 1990er Jahre auf etwa 15.000 Hektoliter im Jahr (inklusive alkoholfreie Getränke aus eigener Produktion) zurückging.

In der Hochphase des Arolser Hofbrauhauses in den 1960er Jahren waren darin 28 Mitarbeiter beschäftigt, die zeitweise sogar eine eigene Fußballmannschaft bildeten (Abb. 41: Hofbrauhaus-Fußballmannschaft), die gelegentlich gegen die Betriebs-Fußballmannschaft der Dortmunder Ritter-Brauerei spielte und dabei regelmäßig gewonnen hat.

Das Arolser Hofbrauhaus veranstaltete beim Arolser Viehmarkt regelmässig sogenannte „Bierbrunnen“  (Abb. 42), die als Publikums-Magneten wirkten und auch die Politische Prominenz anlockten (Abb. 43).

Im Jahre 2014 wurde der Braubetrieb im Arolser Hofbrauhaus eingestellt; das Arolser Bier wird seither im Lohnverfahren durch die in Holzminden ansässige Brauerei Allersheim hergestellt – in Zusammenarbeit mit dem früheren Arolser Braumeister Robert Hix. Im März 2018 hat die Allersheimer Brauerei auch den Getränkevertrieb übernommen.

Im Dezember 2018 endete die Ära Brüne, denn das Arolser Hofbrauhaus wurde an die von Alexander Fitz geführte H-Hotel-Gruppe in Bad Arolsen verkauft und vorübergehend stillgelegt (Abb. 44 und 45). Alexander Fitz will das Hofbrauhaus-Areal neu gestalten, 25 moderne Hotelzimmer einrichten und hinter dem historischen Brauhaus eine gekapselte neue Brauerei errichten, die an die lange Arolser Brautradition anknüpfen soll; durch den Rückbau des Gebäudekomplexes mit der Abfüllanlage soll Platz für einen Biergarten gewonnen werden, in dem auch Teile des ehemaligen Pferdeteiches wieder hergestellt werden können.

Einem Bericht der Waldeckischen Landeszeitung vom 30. Januar 2019 zufolge (Elmar Schulten: „20 Millionen für Brautradition“), rechnet Alexander Fitz mittelfristig „mit einem Bierausstoß von 30 000 Hektolitern pro Jahr“ (WLZ, S. 1). – In einem anderen Bericht in lokalo 24.de vom 2. Februar 2019 (Marcus Althaus: „Bier aus Arolsen“) ist vermerkt: „Angedacht sind anfangs 15.000 Hektoliter jährlich (Arolser Pils nach neuem Rezept und ein Altwaldecker Dunkel) zu produzieren und 25 bis 30 Vollzeitarbeitsplätze zu schaffen“ (www.lokalo.de, S. 6).


Hier könnten Fotos von Alexander Fitz und dem Arolser Bürgermeister angeschlossen werden, die mehrfach im Arolser Bürgerhaus über die Planungen informierten, Modelle des neuen Gebäude- und Geländekomplexes zeigten und die neuen Werbeträger erläuterten; dazu gibt es in der Regionalpresse (Waldeckische Landeszeitung) mehrere ausführliche Bildberichte, die hier ggf. zitiert werden können.


Literatur


BECK, Max: Waldeckische Bierbrauereien und ihre berühmten Biere in vergangenen Zeiten, in: Mein Waldeck 1931, Nr. 8, S. 32.

BÖSCH, Karl: Geschichte des Klosters Arolsen, in: Geschichtsblätter für Waldeck und Pyrmont 1, 1901, S. 1-114.

GABERT, Adolf: Arolsen, eine fürstliche Residenz des 18. Jahrhunderts. Mengeringhausen 1909.

KIPP, Martin: Der herrschaftliche Hof verlangt nach Bier. SERIE AROLSEN - Das Fürstliche Hofbrauhaus - Erster Teil, in: Mein Waldeck Nr. 25, 6. Dezember 2019.

KIPP, Martin: Streit mit der Stadt um den Bierausschank. Das Fürstliche Hofbrauhaus zu Arolsen - Fortsetzung, in: Mein Waldeck Nr. 25, 6. Dezember 2019.

KIPP, Martin: "Domanial-Cammer" gibt sich knauserig. SERIE AROLSEN - Das Fürstliche Hofbrauhaus - Zweiter Teil: Die Ära Hildbrand, in: Mein Waldeck Nr. 26, 20. Dezember 2019.

KIPP, Martin: Pächter beschwert sich über viele Baumängel. Das Fürstliche Hofbrauhaus zu Arolsen - Die Ära Hildbrand - Fortsetzung, in: Mein Waldeck Nr. 26, 20. Dezember 2019.

KIPP, Martin: "Enten-Wasser" aus dem Leitegraben verärgert. SERIE AROLSEN - Das Fürstliche Hofbrauhaus - Dritter Teil: Die Ära Gallenkamp, in: Mein Waldeck Nr. 1, 3. Januar 2020.

KIPP, Martin: Erste Pläne zum Verkauf zerschlagen sich. Das Fürstliche Hofbrauhaus zu Arolsen - Die Ära Gallenkamp - Fortsetzung, in: Mein Waldeck Nr. 1, 3. Januar 2020.

KIPP, Martin: Langer Kampf um einen Eiskeller fürs Bier. SERIE AROLSEN - Das Fürstliche Hofbrauhaus - Vierter Teil: Die Ära Brüne, in: Mein Waldeck Nr. 2, 17. Januar 2020.

KIPP, Martin: Ausstoß auf 20 000 Hektoliter im Jahr gesteigert. Das Fürstliche Hofbrauhaus zu Arolsen - die Ära Brüne - Schlussteil, in: Mein Waldeck Nr. 2, 17. Januar 2020.

KRAFT, Erhard: Der „Herrschaftliche“ Leitegraben. Hintergrundmaterial im Rahmen der „Wanderung in die Geschichte 1/2019 am 28.04.2019“ des Waldeckischen Geschichtsvereins, Bezirksgruppe Bad Arolsen, zum Jubiläum „300 Jahre Arolsen“. Arolsen 2019.

NICOLAI, Helmut: Arolsen, Lebensbild einer deutschen Residenzstadt. Glücksburg 1954.

SCHILLING, Karl: Des Fürsten Pracht zum Ruhme Waldecks. Ein Streifzug durch die Geschichte der 300 Jahre alten Residenzstadt Arolsen, in: Waldeckischer Landeskalender 2019, S. 123-151.

WETEKAM, Robert: Die Residenz, in: 250 Jahre Stadt Arolsen 1719-1969. Jubiläumsschrift o.O., o.J., S. 16-20.


[1] Im Hessischen Staatsarchiv Marburg findet sich ein Aktenbündel (Best. 125, Nr. 11536) mit Dokumenten über „die vorgehabte Verwendung des herrschaftlichen Brauhauses zu einer Kaserne“.

[2] StAM 126, Nr. 2068.

[3] Die Dauer der Betriebsstillegung ist einstweilen nur hilfsweise zu ermitteln: Im Hessischen Staatsarchiv Marburg findet sich eine – allerdings sehr schlecht erhaltene – Aufstellung über Kosten und Erträge in den Jahren 1685 und 1686, die belegen,  dass zu dieser Zeit die Brauerei noch in Betrieb war.

[4] Immerhin wurden im Februar 1770 im „Wöchentlichen Oekonomischen Intelligenz-Blatt“ (8. Stück, Dienstags den 20ten Februar 1770, S. 154) 6 fette Ochsen zum Verkauf angeboten: Öffentlicher Verkauf. Es sollen 6 Stück fette Ochsen, Montags den 26sten dieses Vormittags, in der hiesigen Herrschaftl. Brauerey, an den Meistbietenden gegen gleich baare Zahlung in edictmäßigen Sorten, dergestalt verkaufet werden, daß derjenige, welcher sie erstehen wird, Erlaubnis haben soll, die Ochsen nach und nach, jedoch wöchentlich einen, zu seinem Gebrauche abzuholen. Wer nun auf ermeldete fette Ochsen mitzubieten Lust hat, kann sich an vorbeschriebenen Tage, in dem Herrschaftl. Brauhause allhier, bey dem Braumeister Schwencke melden. Arolsen, den 12ten Februar 1770. Fürstl. Waldeck. Renth-Cammer“.

[5] Ab dem Jahr 1888 ist die Bierlieferung des Brauhauspächters Friedrich Gallenkamp an die „Bierhalle“ in einem „Conto-Buch für die Bierhalle“ dokumentiert, die damals von C. Nüsken betrieben wurde, wofür dieser monatlich 33 Mark Gehalt bekam. Dazu ausführlich im Kapitel „Die Ära Gallenkamp (1862-1892).

[6] Friedrich Römer war am 13. Januar 1784 in Schmillinghausen geboren worden und kam 1808 nach Arolsen, verwaltete von 1819 bis 1827 das Hofbrauhaus und baute 1828 das „Klubhaus“ in der Helser Allee (jetzt Rauchstraße), das nach ihm als „Römer“ benannt wurde. Er wird als Hofbraumeister, Kiefer, Gastwirt, Weinhändler und Kaufmann bezeichnet und war 1821 und von 1830 bis 1833 Bürgermeister von Arolsen und wurde beim Pachtantritt von Karl Hildebrand als Taxator benannt. Römer starb am 26. Juli 1841 in Arolsen.

[7]  Der Pächter wird im Protokoll  „Hillebrand“ genannt, unterschreibt aber selbst mit „Karl Hildebrand“.


[8] August Dreves (1797-1866) war der älteste Sohn des Domänenpächters von Büllinghausen, Friedrich Konrad Dreves (1767-1829).

[9] Helmut NICOLAI berichtet, dass die Wasserversorgung Arolsens während des ganzen 19. Jahrhunderts schlecht gewesen sei: „Der meiste Wasserbedarf wurde nach wie vor durch den Leitegraben gedeckt. Als der Bierbrauer Neumann 1839 zum Brauen daraus Wasser entnehmen wollte, wurde dies untersagt, weil der Graben zu stark beansprucht würde“ (NICOLAI 1954, S. 254). –

Bierbrauer Neumann gehörte nicht zu den Pächtern des Arolser Hofbrauhauses, sondern betrieb eine eigene Brauerei im Eckhaus Violinstraße; diese Brauerei geht zurück auf den späteren Bürgermeister Johann Jeremias Neumann (1707-1773), der hier „schon zu einer Zeit gebraut hat, als jeder Arolser Bürger zum Bierbrauen berechtigt war. Von seinen Nachkommen wurde das Brauen aber dann gewerblich bis in die neueste Zeit betrieben. […] Diese Brauerei Neumann, dann Rotterberg, endlich Wilke bestand noch bis wenige Jahre vor 1900. Zu ihr gehörte der große, in den Felsen tief hinabreichende Keller auf dem Hebberge links von der Landstraße, wo diese in den Wald einmündet (Wilkes Felsenkeller) gegenüber dem alten Felsenkeller der Hofbrauerei von Brüne (früher Gallenkamps Felsenkeller)“ (NICOLAI 1954, S. 82).  – NICOLAI berichtet auch von der Eintrübung des Wassers im Leitegraben; Im Jahre 1859 „wurde dem Geheimen Hofrat Kreusler  und dem Kreisgerichtsrat Kleinschmit, durch deren Gärten der Leitegraben floß, das Halten von Enten in ihren Gärten untersagt, weil das Wasser dadurch trübe würde und zum Reinigen von Fässern, Spülen von Wäsche, Brauen von Bier nicht mehr brauchbar sei. Kreusler weigerte sich aber, dem nachzukommen, da er immer Enten gehabt und jetzt nur noch sieben habe. Also wurde 100 Meter weiter unten mit dem Enten-Wasser weiter gebraut und das Bier von Fürst und Volk fröhlich getrunken. Erst 1876 wurde diesem Übelstand abgeholfen“ (NICOLAI 1954, S. 255).

[10] Die amüsant klingende Erzählung vom „Enten-Wasser“, das unbekümmert zum Bierbrauen verwendet wurde, hält sich bis heute und findet sich auch im „Jubiläumsbuch“, das der Magistrat der Stadt Bad Arolsen herausgegeben hat: „300 Jahre Arolsen. 1719-2019. Jubiläumsbuch“. Bad Arolsen 2019, S. 32: „Das Volk und der Fürst tranken ´fröhlich´ das ´Enten-Wasser´“.

[11] Das „Conto-Buch für die Bier-Halle“ befindet sich im Familienarchiv der Familie Brüne, der ich für die Möglichkeit der Einsichtnahme und die Erlaubnis danke, Teile daraus faksimiliert verwenden zu dürfen.

[12] Heinrich Brüne war verheitatet mit Amalie Brethauer (1862-1945) aus Melsungen, deren Vater Geschäftsführer der Ziegelei Rumpf in Volkmarsen war. Das Ehepaar Brüne hatte 6 Kinder, 5 Töchter und einen Sohn, der nach seinem Vater das Hofbrauhaus weiter führte.

[13] Beim Gärprozess vermehrt sich die zugesetzte Hefe etwa auf das Vierfache und bildet an der Oberfläche eine sogenannte Kräusendecke, in der sich die Harze und Bitterstoffe aus dem Hopfen sammeln, die mit dem Schaumlöffel abgenommen wird, damit das Bier nicht zu bitter schmeckt. Die „durchgefallene“ und später durchgesiebte Hefe kann für weitere Gärprozesse verwendet werden.

[14] Hans Seyppel (1885-1945) war ein Schwiegersohn von Heinrich Brüne; er war mit dessen ältester Tochter Else verheiratet und hat neben dem bekannten Aquarell aus dem Jahre 1913, das den legendären Bierkutscher Drübert mit seinem Gespann vor dem verschneiten und mit leeren Fässern umrahmten Brauhaus zeigt und das bis heute in der Werbung des Arolser Hofbrauhauses zur Geltung kommt, im Jahre 1918 noch ein weiteres Aquarell gemalt: „Aus einer alten Brauerei“, das den Blick ins Hofbrauhaus festhält (Abb. 30a).


[15]  Heinrich Brüne  junior war seit 1933 verheiratet mit Margarete Esser (1906-1990) (Abb. 31) aus Velbert, mit der er einen Sohn, Heinrich-Otto Brüne, geboren 1935, hatte (Abb. 32).

[16] Heinrich-Otto Brüne ist verheiratet mit Ruth Bergmann (geb. 1937) aus Thamsbrück, mit der er 5 Kinder hat, 4 Söhne und eine Tochter.