Polykontexturalität in der systemtheoretischen Ausarbeitung ist nicht Multiperspektivität, sondern die Beobachtung von Multiperspektivität und das Wissen um diese.[1] Die damit einhergehende Einsicht, dass auch immer andere Beobachtungen möglich sind, konfrontiert den Beobachter zweiter Ordnung damit, dass es sich auch bei seiner Beobachtung nur um eine mögliche unter anderen handelt, dass also auch sie kontingent ist und dass auch sie letztendlich einen blinden Fleck hat, der für ihn selbst unbeobachtbar bleibt. Erst mit dieser Reflexion setzt ein konsequent polykontexturales Gesellschaftsverständnis ein.[2]

  1. Niklas Luhmann: Die Gesellschaft der Gesellschaft. Band 2. Frankfurt a.M.:. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1997, S. 891 f., S.1141.
  2. Georg Kneer: Reflexive Beobachtung zweiter Ordnung. Zur Modernisierung gesellschaftlicher Selbstbeschreibungen. In: Hans-Joachim Giegel, UweSchimank (Hrsg.): Beobachter der Moderne. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M., S. 301–332.