Plasmaschneiden ist ein thermischer Schneidprozess, der den Wärmeinhalt eines Plasmas zur örtlichen Materialverflüssigung und die hohe kinetische Energie des Plasmagasvolumenstromes zum Ausblasen des verflüssigten Werkstoffs nutzt.[1] Daher ist es besonders gut zum Trennen unterschiedlichster Werkstoffe, vor allem aber von Metallen geeignet.

Abbildung 1: Plasmaschneidanlage im Einsatz

Ursprung Bearbeiten

Das Plasmaschneiden wurde ursprünglich entwickelt, um nicht brennschneidgeeignete metallische Werkstoffe wie hochlegierten Stahl, Aluminium und Kupfer schneiden zu können. Das Verfahren setzte sich jedoch aufgrund seiner hohen Schneidgeschwindigkeiten auch in den Einsatzgebieten durch, die bis dahin dem Autogenbrennschneiden vorbehalten waren.

Bis heute entwickelten sich verschiedene Verfahrensvarianten. Neben metallischen Werkstoffen können nun auch nichtleitende Materialien geschnitten werden.[2] Das Plasmaschneiden ist in der Industrie eines der wichtigsten Trennverfahren, da es einen flexiblen Einsatz im 2D- als auch 3D-Schneiden ermöglicht. Es wird eingesetzt, um Kantenformen für den nachgelagerten Schweißprozess vorzubereiten (Nahtvorbereitung). Durch das Schneiden mit angewinkeltem Plasmabrenner lassen sich V-, Y- oder auch K-Nahtformen herstellen.

Funktionsweise Bearbeiten

Grundsätzlich wird beim Plasmaschneiden zunächst ein energiearmer Lichtbogen (Pilot- oder Hilfslichtbogen) mittels Hochspannung zwischen Katode und Düse gezündet. Die Aufgabe dieses Lichtbogens ist, die Gasstrecke zwischen Katode (Elektrode) und Werkstück (Anode) teilweise zu ionisieren – ein elektrisch leitfähiges Gas entsteht (Plasma). Nachdem der Pilotlichtbogen das Werkstück berührt, erfolgt der Übergang des Stromes auf das Werkstück und eine automatische Leistungserhöhung. Es entsteht der Hauptlichtbogen als eigentlicher Schneidlichtbogen.

Das Plasmaschneiden lässt sich in die zwei Verfahrensprinzipien unterteilen:

  • Beim Plasmaschneiden mit ‘‘übertragenem Lichtbogen‘‘ brennt der Lichtbogen zwischen der Katode (nicht abschmelzende Elektrode) und dem Werkstück (Anode). Dieses Prinzip wird auch als ‘‘direktes Plasmaschneiden‘‘ bezeichnet.
  • Beim Plasmaschneiden mit ‘‘nicht übertragenem Lichtbogen‘‘ brennt der Lichtbogen zwischen der Katode (nicht abschmelzende Elektrode) und der Düse (Anode) bzw. einer Hilfs-/Opferanode (z. B. abschmelzender Draht). Dieses Prinzip entspricht dem ‘‘indirekten Plasmaschneiden‘‘.

Vorwiegend wird das direkte Plasmaschneiden eingesetzt. Das Plasmamarkieren und das Plasmafugen ergänzen die Anwendungsmöglichkeiten dieses Verfahrensprinzips.

Verfahrensprinzip: Direktes Plasmaschneiden Bearbeiten

 
Abbildung 2: Prinzip des direkten Plasmaschneidens

Beim direkten Plasmaschneiden (Abbildung 2[3]) erfolgt eine automatische Leistungserhöhung durch die Plasmastromquelle, sobald der Pilotlichtbogen das Werkstück berührt und Strom fließt. Der Hauptlichtbogen brennt von der Katode durch eine gas- oder wassergekühlte Düse, wo er stark eingeschnürt wird, zum Werkstück. Durch die Einschnürung des ca. 30.000 °C heißen Lichtbogens werden sowohl die Energiedichte als auch die hohe Austrittsgeschwindigkeit des Plasmastrahls erzeugt. Es können materialabhängig Werkstückdicken von 0,5 mm bis 160 mm geschnitten werden.

Damit es bei Längenänderungen des Plasmalichtbogens nur geringe oder keine Schneidstromänderungen gibt, werden zum Plasmaschneiden steil fallende Kennlinien bzw. Konstant-Stromcharakteristiken genutzt.

Verfahrensvarianten Bearbeiten

Beim direkten Plasmaschneiden gibt es verschiedene Verfahrensvarianten. Sie unterscheiden sich durch die Schneidgeschwindigkeit, die schneidbare Materialdicke und die erreichbare Schnittqualität. Wesentlichen Einfluss nehmen die Stromstärke, die Stromdichte des Plasmalichtbogens und der zu schneidende Werkstoff.

  • Konventionelles Plasmaschneiden: Dies ist die einfachste oder auch die „Urform“ des Plasmaschneidens. Der Plasmalichtbogen wird lediglich durch den Innendurchmesser der Plasmadüse gebündelt. Durch die Lichtbogenform entsteht eine charakteristische V-förmige Schnittfuge. Heute wird diese Variante vor allem für das manuelle und mechanisierte Schneiden, Fugen und Abtragen genutzt. Da einfache Plasmatechnik genutzt wird, sind die Qualitätsanforderungen an die Schnittfläche nicht sehr hoch.
  • Plasmaschneiden mit Sekundärmedium: Mittels Sekundärmedium kann um den Plasmalichtbogen herum eine definierte Atmosphäre geschaffen und der Lichtbogen zusätzlich eingeschnürt werden. Dadurch wird der Plasmastrahl nicht nur schmaler und energiereicher, sondern die ursprüngliche V-Form der Schnittfuge wird erheblich reduziert. Außerdem verbessert sich die Schnittqualität und die Schneidgeschwindigkeit kann erhöht werden. Die Schnittkanten weisen nur eine geringe Winkelabweichung auf. Als Sekundärmedien werden Gas oder Wasser (in Form von Sprühnebel) genutzt.
  • Plasmaschneiden mit Wasserinjektion: Die Einschnürung des Plasmalichtbogens erfolgt bei dieser Verfahrensvariante neben der Düse zusätzlich durch kreisringförmig, meist tangential zugeführtes Wasser (Wassermantel). Es wird entlang der Düse nach vorn geführt und kühlt diese, bevor es injiziert wird. Dabei wird ein Teil des Injektionswassers gasförmig aufgespalten, das restliche Wasser wird flüssig frei. Diese Variante wird vorzugsweise beim Schneiden unter der Wasseroberfläche angewendet und wurde entwickelt, um die beim Plasmaschneiden vorhandene Umweltbelastung durch Lärm, UV-Strahlung, Stäube und Schneidrauche zu reduzieren. Vorteilhaft wirkt sich hierbei der kühlende Effekt des Wassers gegen eine Verformung des Werkstücks aus. Außerdem wird die Oxidation an den Schnittflächen reduziert. Nachteil dieses Verfahrens ist, dass sehr unterschiedliche Winkelabweichungen der beiden Schnittflanken entstehen und nur eine Schnittfläche die Qualitätsanforderungen erfüllt.
  • Plasmaschneiden mit erhöhter Einschnürwirkung: Die erhöhte Einschnürung und die damit verbundene Konzentration der Stromdichte werden bei dieser Verfahrensvariante durch hochentwickelte Düsensysteme erreicht. Spezielle Düsen und Gasführungssysteme erzeugen Rotationen im Gas (Plasma- und Sekundärgas), welche den Plasmastrahl beeinflussen können. Auch mehrstufige Düsen, die teilweise Gas abführen, kommen zum Einsatz. Vorteil ist, dass sich im Bereich von 0,5 mm bis 50 mm Materialdicke nahezu rechtwinklige Schnitte mit erhöhter Formteilgenauigkeit herstellen lassen.


Plasmaschneiden unter Wasserabdeckung Bearbeiten

 
Abbildung 3: Unterwasser-Plasmaschneiden
 
Abbildung 4: Unterwasser-Plasmaschnitt (links) und Trockenplasmaschnitt (rechts)

Neben dem Trockenschneiden sind die einzelnen Verfahrensvarianten teilweise auch geeignet, um auf oder sogar unter Wasser zu schneiden. Beim Unterwasser-Plasmaschneiden sorgt das Sekundärmedium neben der Einschnürung für eine Abschirmung des Plasmastrahles vom umgebenden Wasserbad. Zusätzlich werden Lärm-, Strahlungs- und Staubbelastungen sowie Materialverzug verringert. Eine Rauchabsaugung in Brennernähe ist dennoch nötig, denn Wasser ist nur begrenzt in der Lage Gase aufzunehmen. Feste Stoffe werden im Wasser zurückgehalten und sinken auf den Boden des Wasserbeckens. Des Weiteren wird die Intensität der sichtbaren und der UV-Strahlung vermindert.

Wird die gleiche Materialstärke betrachtet, bedingt dieser Prozess physikalisch durch die abkühlende Wirkung des Wassers einen höheren Energieeinsatz als beim Trocken-Plasmaschneiden. Auch im Schnittergebnis ist diese schnelle Abkühlung sichtbar: die Schnittflächen sind wesentlich riefiger/rauher als beim Trockenschnitt.

Vorteilhaft sind der geringe Wärmeverzug der Bauteile, die Ausbildung einer schmalen Wärmeeinflusszone und nahezu oxidfreie Schnittflächen, da das Werkstück von der Atmosphäre abgeschirmt ist.








Markieren, Körnen und Kerben mit Plasma Bearbeiten

 
Abbildung 5: Vergleich Markieren, Kerben, Körnen (v.o.n.u.); Kennzeichnung auf dem Blech, nach dem Schleifen, nach dem Lackieren (v.l.n.r.)

Viele Plasmaschneidanlagen verfügen über eine Markierfunktion. Linienbreite und Einbrandtiefe dieser Kennzeichnung können variieren, denn sie ist abhängig vom Markierstrom, der Markiergeschwindigkeit und dem Gas. Sollen Kennzeichnungen des Materiales nach der Oberflächenbehandlung (Schleifen, Lackieren) nicht mehr zu sehen sein, werden die Markierungen durch leichte Anlauffarben realisiert, die nicht zu erfühlen sind.

Bei Körnungen (bspw. für spätere Bohrungen) bleibt der Plasmastrahl für einige Zeit auf einer Stelle über dem Material stehen. Die Kennzeichnung ist nicht mehr nur oberflächlich, sondern spürbar tiefer. Ähnlich funktioniert auch das Kerben, nur dass in diesem Fall Material abgetragen wird (größere Einbrandtiefe). Kerben sind vorteilhaft, wenn sie auch nach der Oberflächenbehandlung noch als Orientierungs- oder Markierungspunkte zu sehen sein sollen.






Plasmafugen Bearbeiten

 
Abbildung 6: Plasmafugen in Anwendung
 
Abbildung 7: Ergebnis beim Plasmafugen

Mit Plasma lassen sich Bleche nicht nur oberflächlich markieren, sondern auch tiefer abtragen. Beim Plasmafugen wird der Brenner leicht geneigt, stechend (das heißt in Bewegungsrichtung) geführt, sodass die Schmelze vor dem Lichtbogen hergetrieben und weg geblasen wird.

Mit diesem Verfahren können (fehlerhafte) Schweißnähte ausgefugt oder auch Materialfehler wie Lunker, Risse und Einschlüsse entfernt werden. Vorteilhaft ist, dass der Prozess vom Bediener gut beobachtbar und im Gegensatz zum Fugen mit Kohleelektrode geräusch- und rauchärmer ist. Weiterhin besteht keine Gefahr einer Aufkohlung der Werkstückkanten. Anschließend kann die ausgefugte Stelle sofort neu verschweißt oder anderweitig weiter bearbeitet werden.




Verfahrensprinzip: Indirektes Plasmaschneiden Bearbeiten

 
Abbildung 8: HotWire-Plasmaschneiden
 
Abbildung 9: HotWire-Plasmaschneiden beim Schneiden von Gitterrosten
 
Abbildung 10: HotWire-Anwendungsbeispiele - Schneiden von: Platten, Stein, Rohrbündeln, Drahtglas, Gitterrosten (v.l.n.r.)

Anders als beim direkten Plasmaschneiden brennt der Lichtbogen beim indirekten Plasmaschneiden nicht zwischen Katode und Werkstück, sondern zwischen der Katode und der Düse bzw. einer Hilfs-/Opferanode. Da der Prozess somit unabhängig vom Werkstück arbeitet, können auch elektrisch nicht leitende Materialien geschnitten werden.[4]

Verfahrensvarianten Bearbeiten

Die einzelnen Verfahrensvarianten unterscheiden sich durch ihre jeweilige Anode:

  • Düse als Anode: Der Lichtbogen brennt bei dieser Variante zwischen der Katode (Elektrode) und der Düse des Plasmabrenners. Als Plasmagase kommen vor allem nicht oxidierende Gase wie z. B. Argon-Wasserstoff-Gemische zum Einsatz. Vorwiegend werden elektrisch nicht leitende Materialien, wie z. B. glasfaserverstärkte Kunststoffe und Textilien geschnitten.
  • Hilfsanode: Als Anode wird ein Draht verwendet. Im einfachsten Falle ist dies ein Schweißdraht. Dieser wird dem Schneidprozess ähnlich wie beim Schweißen kontinuierlich zugeführt und schmilzt während des Schneidvorganges ab. Der große Vorteil des Verfahrens liegt darin, dass die Plasmabrenner mit den gleichen hohen elektrischen Leistungen betrieben werden können, wie beim direkten Plasmaschneiden. Es können sowohl Materialkombinationen als auch unterbrochene Werkstücke ohne Neustart des Bogens geschnitten werden. Mithilfe des Drahtes lässt sich der Plasmabogen so formen, dass z. B. Gitterroste mit guter Qualität zugeschnitten werden können. Ein möglicher Nachteil bei diesem Verfahren sind die zusätzlichen Tropfen/Spritzer, die durch die abschmelzende Hilfselektrode entstehen können und sich in Form von (zusätzlicher) Schlacke im Schneidtisch ablagern.




Alternative Schneidverfahren Bearbeiten

Abhängig davon welches Material geschnitten, welche Werkstückdicke bearbeitet und Qualitätsanforderungen erreicht werden müssen, können alternative Trennverfahren wie das Autogen(brenn)schneiden, das Laserschneiden und auch das Wasserstrahlschneiden zum Einsatz kommen. Auch wirtschaftliche Aspekte fließen in die Auswahl des Trennverfahrens ein.

Einsatzgebiete Bearbeiten

Das Plasmaschneidverfahren wird in folgenden Industriezweigen eingesetzt:

  • Stahl- und Metallbau (z. B. Lohnzuschneider)
  • Maschinenbau
  • Anlagenbau (z. B. Windkraftanlagen)
  • Schiffbau
  • Automobilindustrie
  • Nutzfahrzeugbau,
  • Behälter- und Apparatebau
  • Rohrleitungsbau
  • Offshore-Bauwerke
  • Brückenbau
  • Kranbau
  • Kraftwerks- und Chemieanlagenbau

Ferner wird das Plasmaschneiden genutzt zum:

  • Befreien von Personen bei Autounfällen (Feuerwehrausrüstung)
  • Rückbau von Kernkraftwerken

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • DIN 2310-6: Thermisches Schneiden – Einteilung, Prozesse. Beuth-Verlag 2003, S. 11 – 14
  • DIN EN ISO 9013:2003-07: Thermisches Schneiden – Einteilung thermischer Schnitte – Geometrische Produktspezifikation und Qualität. Beuth-Verlag 2003

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. DVS Merkblatt 2107: ‘‘Plasmaschneiden metallischer Werkstoffe.‘‘ DVS Media GmbH 2010, S. 1 - 5 (Ausgabe Januar 2010)
  2. Gesellschaft für Schweißtechnik International mbH (Hrsg.): ‘‘Schneiden und andere Nahtvorbereitungsverfahren II.‘‘ (=Schulungsunterlagen Schweißfachingenieurlehrgang. Hauptgebiet 1: Schweißprozesse und -ausrüstung), DVS-Verlag. Halle, 2014.
  3. Gesellschaft für Schweißtechnik International mbH (Hrsg.): ‘‘Schneiden und andere Nahtvorbereitungsverfahren II.‘‘ (=Schulungsunterlagen Schweißfachingenieurlehrgang. Hauptgebiet 1: Schweißprozesse und -ausrüstung), DVS-Verlag. Halle, 2014.
  4. Krink, V.; Rückert, R.; Kremer, G.; Madeja, K.: Das Hot-Wire Plasmaschneiden - ein vielseitiges Verfahren mit indirektem Lichtbogen zum Schneiden nichtleitender und problematischer Werkstoffe und Werkstoffkombinationen. Große Schweißtechnische Tagung 2008, DVS-Berichte Band 250, DVS Media GmbH 2008, S. 28 - 33