Benutzer:MYR67/Artikelwerkstatt Walter Hirschfeld

Walter Hirschfeld (geb. 21. Juli 1917)[1][2], SS-Untersturmführer, CIC-„Lockspitzel“.

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  • Walter Hirschfeld, geb. 1917[3]
  • Geb.: 21.07.1917[4]
  • SS-Nr.: 278.302[5]
  • früherer SS-Untersturmführer[6]
  • CIC-Agent, „Lockspitzel“. Hat Franz Six und Emil Augsburg an den CIC ausgeliefert. Ferner: Dr. Horst Mahnke und Dr. Rudolf Oebsger-Röder; SS-Sturmbannführer Kling (wahrscheinlich: Heinrich Kling, Amtschef II des Reichssicherheitshauptamtes, Brigadeführer Spaciel / Spacil Josef Spacil
  • war mit Josephine Cretius verheiratet, die in London geboren und in Wiesbaden aufgewachsen war
  • arbeitete mit dem ehemaligen SS-Hauptsturmführer Gerd (Gerhard) Schlemmer zusammen
  • betrieb mit seiner Frau die Dekorations- und Reklamewerkstatt Cretius in Heidelberg
  • undurchsichtige Rolle im Zusammenhang mit dem gewaltsamen Tod der Ärztin Marianne Six, Schwester von Franz Six

Rohstoffe und Quellen

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Walter HIRSCHFELD SS-Nr.: 278.302 Geb.: 21.07.1917 SS-Untersturmführer d.R. der Waffen-SS

Waldemar Sadaj [Scypion], Numery czlonków SS od 278 000 do 278 999, https://www.dws-xip.com/reich/biografie/numery/numer278.html


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Bereits 1949 hatte der Spiegel in einer aufsehenerregenden und detaillierten Reportage (Merkt Euch den Namen Hirschfeld!) seinen Lesern den ehemaligen SS-Untersturmführer Walter Hirschfeld vorgestellt, der seinerzeit als „Lockspitzel“ Six an den CIC verraten habe.[20]

[20] Merkt euch den Namen Hirschfeld! In: Der Spiegel. Nr. 53, 1949, S. 6 (online, https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-44439435.html). Eine ausführliche Darstellung zum Komplex Spiegel – Mahnke – Six bei Lutz Hachmeister: Der Gegnerforscher. Die Karriere des SS-Führers Franz Alfred Six. Beck, München 1998, S. 316–342 (Kapitel Zur Frühgeschichte des „Spiegel“).

de.wikipedia.org, »Franz Six«, https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Six

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Kurz vor dem Kriegsende tauchte [Emil] Augsburg im Kloster Ettal unter und wurde Privatsekretär eines im Vatikan arbeitenden katholischen Würdenträgers. Beide begaben sich in den Vatikan, wo es Augsburg mit Hilfe seines Unterstützers gelang, als Nachrichtenoffizier in die polnischen Streitkräfte unter General Wladyslaw Anders in Norditalien einzutreten. Über den CIC-Agenten Walter Hirschfeld wurde eine fingierte Nachricht an Augsburg gesandt, in der angeblich Franz Six die Unterstützung seines ehemaligen Mitarbeiters benötigte und um ein Treffen bat. Augsburg traf am vereinbarten Treffpunkt Hirschfeld, der sich als Six-Vertrauter ausgab und Augsburg und seinen Kameraden angeblich von Six unterzeichnete Aufträge gab, die Augsburg und seine Kollegen auch ausführten. Augsburg wohnte in dieser Zeit in Schorndorf. Nach mehr als einem Jahr kam Augsburg hinter den Schwindel und Hirschfeld klärte ihn darüber auf, dass er unwissentlich Aufträge für den CIC erledigt hatte.[9]

de.wikipedia.org, »Emil Augsburg«, https://de.wikipedia.org/wiki/Emil_Augsburg

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Gattin Josephine, geborene Cretius, Inhaberin der von Hirschfeld geleiteten Dekorations- und Reklamewerkstatt Cretius. die in London geborene und in Wiesbaden aufgewachsene »Baby« 

Hirschfeld: früherer SS-Untersturmführer In den Jahren 1945-1947 drehte er als Agent provocateur des amerikanischen Nachrichtendienstes noch »ganz große Dinger«, damals lieferte er mit Hauptsturmführer Gerd Schlemmer den gehobenen SS-Schatz mit den Reichs-Insignien an die Amerikaner aus. Damals brachte er den Amtschef II des Reichssicherheitshauptamtes, Brigadeführer Spaciel, mit Sekretärin und Adjutant hinter Gitter.

der Fall »Marianne Six« Dieser Fall, in den Akten der Oberstaatsanwaltschaft Heidelberg unter »Gewaltsamer Tod« verbucht, ist noch dunkler und undurchsichtiger als alle anderen Nachkriegsgeschichten, in die Walter Hirschfeld hineinspielte.

So wie Six, Mahnke, Röder ging es vielen anderen: Hirschfeld stöberte sie über Freunde und Verwandte auf und bot sich als Freund, Helfer, Mittelsmann und Beauftragter an. Dann kam die Verhaftung, manchmal führte sie Hirschfeld selbst aus, manchmal seine Auftraggeber Erfolg hatte er bei SS-Sturmbannführer Kling. Pech bei Frau Rapp in Schorndorf, die wirklich nicht wußte, ob ihr Mann noch lebte. Sie verschwieg auch beharrlich, wo sich ihr Silber befand.

Am frechsten hat er dem Augsburg mitgespielt. Kurz vor der Kapitulation war der SS-Sturmbannführer Dr. habil. Emil Augsburg, Rußland-Spezialist im Amt VI, als Privat-Sekretär eines hohen Vatikanbeamten polnischer Herkunft im Benediktiner-Kloster Ettal untergetaucht. Monsignore und Augsburg retteten sich und wichtige politische Dokumente zum Vatikan Der hohe Würdenträger blieb in Rom und konnte den perfekt polnisch und russisch parlierenden Augsburg als Nachrichtenoffizier in die in Norditalien stehende Polenarmee des General Anders lancieren.

Eines Tages erhielt Augsburg einen Brief seines alten Chefs Six: »Ich habe in Süddeutschland wichtige Aufträge. Ich benötige Sie dringend. Kommen Sie. Six.« Augsburg zog seine polnische Uniform aus, hing die Mütze mit dem Polenadler an den Nagel und kam. In Süddeutschland traf er am verabredeten Ort nicht auf Six, sondern auf Hirschfeld, der sich als Six-Beauftragter auswies und gleich von Six unterschriebene nachrichtendienstliche Aufträge mitbrachte.


Merkt euch den Namen Hirschfeld, Getrunken haben die andern, in: Der Spiegel. 29. Dezember 1949, S. 6–9, https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/44439435 https://www.spiegel.de/politik/merkt-euch-den-namen-hirschfeld-a-290cf9c2-0002-0001-0000-000044439435?context=issue

• Hauptsturmführer Gerd Schlemmer • Amtschef II des Reichssicherheitshauptamtes, Brigadeführer Spaciel • SS-Hauptsturmführer Dr. Horst Mahnke (später beim »Spiegel«) • Röder • Six

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Marianne Six et al.

Bei der Familie Six erschienen Ende 1945 amerikanische CIC-Beamte und fragten eingehend nach dem Verbleib und dem derzeitigen Aufenthalt des Polsterer-Sohnes SS-Brigadeführer Professor Dr. rer. pol. Franz Six, Gesandtem im Auswärtigen Amt, Amtschet VII (Forschung) des Reichssicherheitshauptamtes, Präsident des deutschen Auslandswissenschaftlichen Instituts und Dekan der Auslandswissenschaftlichen Fakultät der Universität Berlin.

...des 70jährigen Polstermeisters Alfred Six aus Mannheim U 3-12 zuzuschreiben, wenn er Walter Hirschfeld geradezu des Mordes an seiner 26jährigen Tochter, der kurz vor der Promotion stehenden Kinderärztin Marianne Six, bezichtigt.

Die Nachfrage blieb ergebnislos. Familie Six behauptete, von dem Sohn und Bruder mit den vielen Titeln seit der Kapitulation nie wieder etwas gehört zu haben.

Der hatte aber die letzten Tage des Zusamenbruchs gut überstanden, hatte sich in einem zerlumpten Zivilrock aus dem Raum Salzburg gegen den Strom der nach Süden flutenden Ami-Panzer nach Norden gewandt. Haussuchungen und Vernehmungen bei Eltern und Schwester Marianne blieben ergebnislos. Die Familie hatte sich geschworen, niemand ein Wort zu sagen. Da klingelte es Ende Dezember 1945 bei Mariannes Vermieterin, der Kriegerwitwe Martin. Ein breitschultriger Mann in grauem SS-Ledermantel nuschelte seinen Namen und begehrte die Kinderärztin Six unter vier Augen zu sprechen.

Dieses Gespräch dauerte etwa zwanzig Minuten. Zwischendurch kam Marianne mit roten Backen heraus und tuschelte aufgeregt: »Ein alter SS-Kamerad meines Bruders. Er will Franz helfen, vielleicht kann er ihm sogar Papiere besorgen.« 

Bald darauf sickerte es bei Mariannes Freunden durch, daß die junge Aerztin mit dem Fremden, dessen Namen niemand verstanden hatte, eine Fahrt in den Raum um Stuttgart machen wolle, »um SS-Kameraden zu helfen«.

»Um ihnen die Blutgruppen-Tätowierungen unterm Arm fortzuätzen«, erinnert sich heute noch Elektro-Ingenieur Hellweg, der damals häufiger Kaffee-Gast bei Marianne war und ihr 1945 studentenübliche Kungelgeschäfte abwickeln half. »Marianne war mehrere Tage fort. Als sie endlich wieder erschien, war sie sehr niedergeschlagen. Die zur Aetzung versammelten SS-Männer seien samt und sonders verhaftet worden und alle hätten sie tagelang gesessen. Mir war unverständlich, daß das Mädel auf so einen Mann hereinfallen konnte und mit ihm auf den Reisen über Nacht fortblieb.«

Bald hatte Marianne keine Bedenken mehr und nannte dem hilfswilligen Freund Decknamen und Aufenthaltsort des gesuchten Bruders.

Am 17. Januar 1946 rückte Hirschfeld mit einem amerikanischen Begleiter in Zivil an. »Ich befand mich gerade beim Besenbinden im Stall, als ein Herr im Ledermantel kam und mich jovial bat, mal herauszukommen, Bekannte aus Heidelberg seien da. Der Bekannte saß im Wagen und schaute mich dumm an, und als ich mich nach Herrn Hirschfeld umsah, schaute ich weniger dumm in die Mündung eines Colts ... Handschellen auf dem Rücken und ohne weitere Worte hinaus in den Wald.

»Ich erkundigte mich höflich, von welcher Abteilung sie denn kämen, amerikanischer, englischer, russischer, und ob die Sache gleich hier im Wald mit einfachem Umlegen beendet werde. Nein, es handele sich nur um eine Sicherheitsmaßnahme. Ich erhielt zu meinen Handfesseln auch noch Fußfesseln, dann wurde ich in einen Sack gesteckt, der am Hals schön abgebunden wurde und zum Abschluß sicherheitshalber noch einen Strick um den Bauch.

Hirschfeld ihren Bruder bei seinem »Onkel«, dem fast gleichaltrigen Gerhard Schlemmer, SS-Hauptsturmführer a. D. und Agent provocateur gleich Hirschfeld (siehe SPIEGEL Nr. 35/49) untergebracht habe.

Darum hatte sie auch gar keine Bedenken, dem unermüdlich Hilfreichen nun auch noch Namen und Aufenthaltsorte der beiden Referenten des SS-Gesandten preiszugeben: Dr. Horst Mahnke und Dr. Rolf Oebsger-Röder wohnten beide unweit Hannovers und besuchten häufig Frau Ellen, die noch immer nichts vom Schicksal ihres Mannes wußte.

Hirschfeld wollte weiter helfen. Marianne gab ihm einen Empfehlungsbrief an Schwägerin Ellen. Als Frau Ellen am 28. Januar 1946 in Begleitung Dr. Mahnkes nach einem Besuch bei Oebsger-Röder in ihre Wohnung, Hannover, Helmholtzstraße 8, zurückkehrte, saß dort in gelbem Kamelhaarmantel Walter Hirschfeld, präsentierte Mariannes Brief und gab sich als Verbindungsmann einer »mit Papieren, technischen und finanziellen Mitteln bestens ausgestatteten österreichischen Gruppe« zu erkennen, die Six in diesen Tagen mit besonderen politischen Missionen nach der Schweiz zu lancieren gedächte.

Six habe ihn nun beauftragt, Mahnke und Röder zunächst nach Schorndorf zu bringen, wo sie sich bei dem Leder-Onkel Schlemmer aufhalten sollten, bis auch sie via Oesterreich in die Schweiz geholt werden könnten.

Merkt euch den Namen Hirschfeld, Getrunken haben die andern, in: Der Spiegel. 29. Dezember 1949, S. 6–9, https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/44439435 https://www.spiegel.de/politik/merkt-euch-den-namen-hirschfeld-a-290cf9c2-0002-0001-0000-000044439435?context=issue

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„Merkt euch den Namen Hirschfeld“, empfahl das Nachrichtenmagazin in der Artikelüberschrift. Den umgedrehten SS- Mann Walter Hirschfeld hatte der CIC auf ehemalige leitende Mitglieder der Schutzstaffel angesetzt; Hirschfeld suchte Verwandte und Freunde der Gesuchten auf, gab sich als SS-Kurier aus und verriet den Amerikanern anschließend die Aufenthaltsorte des NS-Untergrunds. So knüpfte er auch eine enge Beziehung zur Six-Schwester Marianne, einer angehenden Kinderärztin. Ihren unfreiwilligen Verrat empfand Marianne Six als Schande, die nicht mehr gutzumachen schien – sie starb am 17.2. 1946, nachdem man sie in Heidelberg mit schweren Vergiftungserscheinungen aufgefunden hatte. Der Spiegel suggerierte, es müsse sich nicht unbedingt um Selbstmord handeln, sondern um sinistre Machenschaften des US-Geheimdienstes. Agent provocateur Hirschfeld („Blutwarze auf der Knollnase“) und Gattin Josephine („weiland als Verkäuferin in Heidelbergs Ami-Kaufhaus noch wasserstoff- blond, heute brandrot“) müßten sich jetzt allerdings, nach den „goldenen Tagen 1945-1947“, mit einem „uralten 2-Liter-Adler AW 66-4443 zufriedengeben, der gerade noch den Weg von Hirschfelds Feudalwohnung Hirschgasse 16 (3mal läuten) bis zur Bergheimer Straße 111-115“ schaffe.

Lutz Hachmeister, „Mein Führer, es ist ein Wunder!“, in: taz. die tageszeitung vom 27.12.1996, Hintergrund, S. 11–13, https://taz.de/Mein-Fuehrer-es-ist-ein-Wunder/!1421895/

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Man könnte doch Knobelbecher ... 24.08.1949, 13.00 Uhr • aus DER SPIEGEL 35/1949 https://www.spiegel.de/politik/man-koennte-doch-knobelbecher-a-6228b278-0002-0001-0000-000044438227?context=issue

Werkmeister a. D. Peter Schlemmer weiß noch immer nicht, von welcher Dienststelle die Herren eigentlich waren, die, französisch parlierend, die aparte Wohnung an Beckingens Fischerberg Nr. 2 durchsuchten. Nach Sohn Gerhard Schlemmers abgestellten Koffern und Kisten fragten sie mit besonders herzlichem Interesse.

Solche und ähnliche Beunruhigungen lassen Familie Schlemmer des Nachkriegswohlstandes nie ganz froh werden. Das ist in Beckingen nicht anders als im württembergischen Schorndorf, wo die verschiedensten Beamten und Agenten nach dem Quell des Schlemmerschen Gründervermögens graben.

Fortuna haschte den heutigen Inhaber von Konto Nr. 19 der Volksbank Schorndorf und Postscheckkonto Stuttgart 8485, als er, SS-Hauptsturmführer Gerhard Schlemmer, in den Tagen des Zusammenbruchs das Volksgrenadierbataillon 351 führte. Fortuna kam in Gestalt eines neuen Mannes, der sich Unteroffizier Aue nannte und angab, unter Schlemmers Aegide in die US-Kriegsgefangenschaft ziehen zu wollen.

Schlemmer und Aue lernten einander im Lager Fürstenfeldbruck näher kennen. Aue stellte sich sehr bald unter seinem richtigen Namen vor: »Ich bin SS-Oberführer Spacil, Amtschef II (Recht und Verwaltung) des Reichssicherheitshauptamtes«. Dann ließ Aue-Spacil seinen neuen Chef einen Blick in den geheimnisvollen Rucksack werfen, von dem er sich nie trennte: Notenbündel aller Währungen, Gesamtwert nach Schlemmers Schätzung mindestens eine Million.

Er habe den SS-Schatz, Geld, Devisen, Gold, Juwelen und die Reichsinsignien (Zepter, Krone, Reichsapfel) im Gesamtwert von etwa 26 Mill. Mark mit einem Lastzug nach Oesterreich bringen lassen, gab Spacil in Stacheldrahtpsychose preis. Nur ein zuverlässiger Förster wisse außer ihm, wo der Schatz vergraben sei. Die 25 KZ-Häftlinge, die das Loch gebuddelt haben, sind aus Geheimhaltungsgründen erschossen worden.

Er, Spacil, sei bereit, einen Teil dieses Geldes für seine und Schlemmers Freilassung zu opfern. Der Löwenanteil der vergrabenen Millionen solle der höheren SS-Führung den Aufbau neuer Existenzen ermöglichen. Sicher aber solle Schlemmer, wenn er die richtigen Verbindungen zu den richtigen Amerikanern herzustellen vermöge, ein reicher Mann werden.

Gerhard Schlemmer, Geburtsjahrgang 1917 (Beckingen-Saar), SS-Freiwilligen-Jahrgang 1936, machte einen alten Kameraden aus, den SS-Untersturmführer Walter Hirschfeld. Der hatte sich dem CIC*) als jüdischer Mischling vorgestellt; aus Tarnungsgründen und als antifaschistisches Trojanisches Pferd sei er in die Waffen-SS gegangen.

Diesen Hirschfeld zog Schlemmer ins Vertrauen, und der revanchierte sich durch Vermittlung an die CIC-Angehörigen Leutnant Claus Nake, John Alter und Nils Sproesser. Schlemmer erzählte ihnen von Spacils Schätzen. Dann entwarf er einen Brief an den »Herrn kommandierenden General der 7. amerikanischen Armee« und schrieb von seinen Verdiensten, »einen großen Teufel der Menschheit festgenagelt und seiner gerechten Strafe zugeführt zu haben«.

Da er sich schon während seiner Dienstzeit »teilweise anschauungsmäßig entblößt« habe, sei er dann zur Auffrischung seiner erschütterten Haltung zu seiner alten Panzerdivision »Totenkopf« an die Front versetzt worden.

»Es war mir klar«, schrieb Schlemmer, »daß in dem Augenblick, wo ich die noch ganz kläglich vorhandene Naziclique, zu der Spacil als Haupträdelsführer gehörte, so vernichtend angriff, mein Leben, das meiner Frau und meiner beiden Kinder in äußerster Gefahr war. Ich tat es trotzdem, weil die Gerechtigkeit es so verlangt.

»Darf ich nun Seine Exzellenz den Herrn kommandierenden General bitten, meine Familie und mich vorerst unter den besonderen Schutz der amerikanischen Besatzung zu stellen und mir durch meine Freilassung aus der Gefangenschaft die Möglichkeit zu geben, für meine Frau und meine Kinder liebevoll zu sorgen. Es ist das Einzige, aber Schönste, was mir aus vergangener alter Zeit geblieben ist. Seiner Exzellenz dem Herrn kommandierenden General gehorsamst ergebener Gerhard Schlemmer.«

  • ) CIC = Counter Intelligence Service (die amerikanische »Abwehr«).

Richtig bekam am 24. Juli 1945 Schlemmer ein Papier: »Hierdurch wird bescheinigt, daß der Inhaber dieses Schreibens, Gerhard Schlemmer, sich in Gewahrsam der CIC-Einheit 970-45 befindet, die zur Zeit ihre Mission in diesem Bereich erfüllt. Schlemmer hat die Genehmigung bis zum 31.7.1945, in der nahen Umgebung seines Hauses in Bad Tölz zu bleiben. Bis zu dieser Zeit wird ein Mitglied der CIC-Einheit 970-45 ihn aufgesucht haben. Unterschrift: Robert A. Gutierrez SA, CIC.«

In jener Zeit wurde der SS-Schatz gehoben und zu Händen des Gutierrez und eines gewissen Mister Cachun abgeliefert. Der unterschrieb dann Schlemmers endgültigen Haft-Entlassungsschein.

Am 2. November 1945 wurde Schatzgräber Schlemmer durch die Militärregierung Waiblingen als Treuhänder der Lederfabrik Christian Breuninger eingesetzt. Eugen A. Bischoff, Leiter des Amtes für Vermögenskontrolle Waiblingen, stellte Schlemmer am 10. März 1946 ein Interimszeugnis aus, das offensichtlich für ein drohendes Entnazifizierungsverfahren benötigt wurde »... In politischer Hinsicht wurde er von der Militärregierung, der CIC und Special Branch überprüft und als geeignet befunden. Er ist einer unserer besten Treuhänder.«

Schlemmers nebenamtliche Tätigkeit für den CIC erwähnte Mr Eugen A. Bischoff nicht ausdrücklich. Dafür äußerten sich Schlemmer-Hirschfeld in einer Erfolgsmeldung über ihre gemeinsame Großfahndung nach Nationalsozialisten: »Arbeitsbericht beim CIC in der Zeit vom 25.5.45 bis 3.3.46:

  • Aus Vergrabungsorten der RSHA des Amtschefs SS-Brigadeführer Spacil Gold, Brillanten, Schmuck, Dollars und englische Pfunde im vorsichtigen Werte von 26 Millionen sichergestellt und abgeliefert.
  • Den Amtschef der RSHA, SS-Brigadeführer Spacil, gefangengenommen. - Den Adjutanten des Spacil sowie seine Sekretärin durch Agentenarbeit gefunden und gefangengenommen ...

In der Zwischenzeit Vernehmung der Gefangenen und Schreiben von Raporten unter Leitung des Herrn Gutierrez.

  • Sucharbeiten als Agent nach einem SS-Hauptsturmführer Conrad*), sogenannten König des Warschauer Ghettos und Verwaltungsführer bei Obergruppenführer Fegelein. Später Auffindung im französischen Gebiet, Zurückbringung und Gefangennahme.
  • Im weiteren Verlaufe dieser Arbeit wurde durch die als Agent und durch die in meinem Verhör erhaltenen Informationen folgendes in verschiedenen Territorien sichergestellt:

1. Hitlers Anzug, welchen er am 20. April getragen haben soll.

2. Photoalben und Bilder der Eva Braun und Hitler.

3. Privatfilme der Eva Braun vom Berghof.

4. Briefwechsel zwischen der Braun und Hitler.

5. Ein kleines Tagebuch der Braun.

6. Eine große Briefmarkensammlung.

7. Schmuck und Geld in allen Währungen im vorsichtigen Schätzungswert von über einer Million Dollar.

8. Bei einer Frau Göhler (Göhler war Adjutant Fegeleins) Auffindung eines weltbekannten Böcklin-Gemäldes, welches nach Angaben der Salzburger Zeitung drei Millionen Mark wert gewesen sein soll.

9. Aus Verstecken der Fegeleins wertvolle Gobelins, Teppiche, Schmuck und

  • ) Conrad wurde kurz darauf an Polen ausgeliefert. anderes in nicht bekanntem Wert sichergestellt.

10. In der Freizeit Vernehmungen in der CIC-Dienststelle Backnang bei Stuttgart.

11. Sucharbeit und Auffindung des SS-Brigadeführers Six.

12. Auffindung der Mitarbeiter des Six, Mahnke und Röder, im englischen Gebiet.«

Während Hirschfeld sich ganz dem CIC verschrieb, gewann Schlemmer dem Leder seiner neuen Branche mehr und mehr Geschmack ab.

Daß jedoch auch Hirschfeld an Schlemmers Lederfabrik beteiligt war, geht aus einem Informationsbericht des Kriminalinspektors Faas vom Polizeipräsidium Stuttgart hervor, der am 17. Februar 1948 dem Ministerium für politische Befreiung in Stuttgart meldete: »Hirschfeld war nach dem Zusammenbruch in Schorndorf wohnhaft und Teilhaber einer dortigen Lederfabrik.«

1947 gründete Gerhard Schlemmer seine eigene Firma, genannt »Lederwarenfabrik Schorndorf G.m.b.H.« Gesellschafter Gerhard Schlemmer und Ehefrau Barbara, geborene Glomb.

Noch immer aber konnte sich der junge Fabrikant und alte SS-Führer Schlemmer nicht sicher fühlen. Im Internierungslager 76 sollte er, von den Amerikanern verhaftet, auf seine belastende Vergangenheit hin untersucht werden. Schorndorfs Spruchkammer-Kläger machte darüber eine bestürzte Aktennotiz.

Diese Bestürzung war verständlich, da Schorndorfs Spruchkammer-Vorsitzender Fetzer bereits am 25. April 1947 zu Protokoll gegeben hatte:

»Herr Gerhard Schlemmer, geb. 15.1.1916, wohnhaft Schorndorf, Konnenbergstraße 20, ist am 15.9.45 nach Schorndorf gezogen. Anfang November 1945 habe ich erfahren, daß Herr Schlemmer Angehöriger der Waffen-SS gewesen sein soll und habe daraufhin unverzüglich eine schriftliche Meldung an CIC-Hauptquartier 970/I/45 in Backnang, Kathrinenschloß, gemacht. Ich wurde daraufhin zum Hauptquartier gerufen und es wurde mir in Gegenwart der Herren CIC-Offiziere Behr, Clausen und Bernstein erklärt, daß sie diesen Fall ihren Vorgesetzten, Herrn Gutierrez und Cachun, vortragen würden.

Daraufhin wurde mir einige Tage später erklärt, daß der Fall Schlemmer besonders überprüft worden sei und gegen ihn keine Belastung mehr vorliege, und er auch nicht unter automatischen Arrest fallen würde. Ich hätte über den Fall Schlemmer vollständiges Stillschweigen zu bewahren. Zudem wurde ja in der Zwischenzeit Herr Schlemmer als Treuhänder in der Firma Christian Breuninger, Schorndorf, in Kenntnis der Sachlage eingesetzt und belassen ...«

Auch Befreiungsminister Gottlob Kamm, gleichzeitig Bürgermeister von Schorndorf und ebenso Schorndorfs Spruchkammervorsitzender Dr. Leitenberger (jetzt Polizeipräsident Stuttgart) schalteten sich ein. Darüber wurden zwei Aktennotizen bei der Spruchkammer Schorndorf bzw. der Spruchkammer des Internierungslagers 76 aufgenommen:

»Am 6.9.47 wurde mir vom geschäftsführenden Vorsitzenden Herrn Ernst Fetzer mitgeteilt, daß er eben von Herrn Minister Kamm folgende fernmündliche Mitteilung erhalten habe: Herr Minister Kamm habe keine belastenden Unterlagen noch einen Fragebogen in Sachen Gerhard Schlemmer, Schorndorf ... Der öffentliche Kläger. gez. Dr. Ei.«

Und: »Laut fernmündlicher Mitteilung des Herrn Minister Kamm vom 6.10.47 ist das Spruchkammerverfahren gegen den einstigen SS-Führer Schlemmer aus Schorndorf, derzeit Lager 76, möglichst rasch durchzuführen. Laut Anordnung des Herrn Ministers hat in diesem Verfahren als öffentlicher Kläger der Chefermittler Heinz May, als Vorsitzender Dr. Leitenberger zu fungieren. Der Vorsitzende: (gez.) Leitenberger.«

Am 10. November 1947 kam die Entnazifizierung Schlemmers. Der Betroffene, seit 1933 Mitglied der Allgemeinen SS und der NSDAP, im heimatlichen Beckingen als Schläger übel beleumundet, wurde zum »Entlasteten« erklärt. »Die Verfahrenskosten einschließlich der Unterbringung in ein Arbeitslager trägt die Staatskasse.«

Dennoch fielen gelegentlich Wermutstropfen in den Schlemmerkelch. Kripo und Finanzamt wollten wissen, woher Gerhard Schlemmer das Geld zu Wohlleben und Geschäften nähme.

Wieder konnte Schlemmer dienen: diesmal mit zwei Schuldscheinen. Auf dem einen beurkundete Ehepaar Schlemmer jun., am 1. Juli 1946 von dem heimatvertriebenen Schwiegervater Leo Glomb aus Glatz/Schlesien als bares Darlehn 90000 RM aufgenommen zu haben.

Auch dem rassisch verfolgten Heinz Ledermann aus Beckingen/Saar bescheinigte Schlemmer am 1.8.46, 650000 RM entliehen zu haben. Ledermann war bis zur Befreiung Konzentrationär.

Und doch mußte Gerhard mit Gattin Barbara ein Vierteljahr ins heimatliche Beckingen absiedeln. Schwester Friedl hütete derweilen das Schlemmer-Paradies in Schorndorfs Konnenbergstraße 20.

Doch auch an der Saar ergaben sich neue Geschäftsmöglichkeiten. Sureté-Chef Gurioz wurde die Teilhaberschaft angeboten, falls es gelänge, am Ort eine Schlemmer-Lederwarenfabrik aufzumachen. Man könnte dort die Knobelbecher und Koppelriemen für die zukünftige Europaarmee produzieren, meinte Saar-Europäer Schlemmer.

Der Spiegel Nr. 35/1949, https://www.spiegel.de/politik/man-koennte-doch-knobelbecher-a-6228b278-0002-0001-0000-000044438227?context=issue

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  1. „Merkt euch den Namen Hirschfeld. Getrunken haben die andern“, in: Der Spiegel, 29. Dezember 1949, S. 6–9, S. 6, https://www.spiegel.de/politik/merkt-euch-den-namen-hirschfeld-a-290cf9c2-0002-0001-0000-000044439435?context=issue
  2. Waldemar Sadaj [Scypion], Numery czlonków SS od 278 000 do 278 999, https://www.dws-xip.com/reich/biografie/numery/numer278.html
  3. „Merkt euch den Namen Hirschfeld. Getrunken haben die andern“, in: Der Spiegel, 29. Dezember 1949, S. 6–9, S. 6, https://www.spiegel.de/politik/merkt-euch-den-namen-hirschfeld-a-290cf9c2-0002-0001-0000-000044439435?context=issue
  4. Waldemar Sadaj [Scypion], Numery czlonków SS od 278 000 do 278 999, https://www.dws-xip.com/reich/biografie/numery/numer278.html
  5. Waldemar Sadaj [Scypion], Numery czlonków SS od 278 000 do 278 999, https://www.dws-xip.com/reich/biografie/numery/numer278.html
  6. „Merkt euch den Namen Hirschfeld. Getrunken haben die andern“, in: Der Spiegel, 29. Dezember 1949, S. 6–9, S. 6, https://www.spiegel.de/politik/merkt-euch-den-namen-hirschfeld-a-290cf9c2-0002-0001-0000-000044439435?context=issue