Wassily Kandinskys Weg zur Abstraktion

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Wassily Kandinskys war ein russischer Künstler, der auf Grund seiner rein farblichen und nicht-figürlichen Kunstwerke als Pionier der abstrakten Malerei gesehen wird. Neben seinen praktischen Arbeiten, hielt er seinen konzeptionellen Überbau in dem Theoriewerk über das Geistige in der Kunst. Insbesondere in der Malerei von 1909 bzw. 1911 fest. Durch diese theoretischen Unterfütterung wurden Kandinskys Kunstwerke zu großer Bedeutung für Zeitgenossen, die Nachwelt und erklärten ihre Relevanz.
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1.1900-1908: Malerische Anfänge- Landschafts und Straßenbilder

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Der Kunsthistoriker Matthias Haldemann betrachtet Kandinskys frühes Werk als geprägt von einem starken Dualismus zwischen dynamischer äußerlicher Darstellung und innerer Versunkenheit, in der bereits Anfang der Abstraktion erkennbar ist.[1] Die  impressionistischen Landschaftsskizzen zeigen eine, vom Motiv unabhängige und Eigenqualität der Farben herausstellende, Struktur.[2] Trotz Inspiration durch die Arbeitsweise des Fauves, Farbe als eigenen Stilmittel zu verwenden, bleibt seine Malerei, laut Mehrheit der kunstgeschichtlichen Forschung autonom. [3]

2. 1909-1914 „Geniezeit“ in München und Murnau

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Die Abstrahierung des Bildinhalts erreicht 1909 einen Höhepunkt. Werke wie „Murnau-Garten II“[4]  zeichnen sich durch lebhafte Verbindungen von Farbe und Form aus, während Bäume, Blumen und perspektivische Gesetze nur noch angedeutet oder ganz aufgelöst werden. Ab 1909 verändert sich der Begriff des „Abstrakten“ in Kandinskys Malerei und bezieht sich, neben den zunehmend gegenstandslosen Elementen,  auch auf geistige Aspekte und die Wirkung des Bildes selbst.[5] Betrachter Kandinskys Werke müssen aktiv am Seherlebnis teilnehmen um diese zu verstehen.[6] Ein weiterer Meilenstein der Kunstszene stellt die Gründung der Künstlervereinigung Münchens (NKVM), unter der Präsidentschaft Kandinskys ,welche als Gegenpol der konservativen Kunstanschauung diente, dar.[7] Kandinsky setzt seine Abkehr von Gegenständlichem fort und malte in den folgenden Jahren Aquarelle, die seinen Übergang zu einer vergeistigten Bildsprache markieren.



2.1      das erste abstrakte Bild

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1911, noch zwei Jahre vor seinem Schlüsselwerk „Komposition VII“  malt Wassily Kandinsky sein, als das „allerseits abstrakte Bild der Welt“ betrachtetes Ölgemälde.[8] In einem Brief an den New Yorker Galeristen Jerome Neumann im Jahr 1935 beschreibt Kandinsky dieses Bild als sein erstes abstraktes Werk. Ein historisches Ereignis, da bisher noch kein anderer Maler abstrakt arbeitete . Dieses Bild trägt den Titel „Bild mit Kreis“ und zeigt überlappende und verzerrte ovale bis kreisförmige Elemente, die sich zu einer flächigen und schemenhaften Komposition vereinen.[9] Das Werk markiert einen Höhepunkt Kandinskys Entwicklung hin zur Abstraktion. Dabei ist zu Unterscheiden zwischen der historischen Entwicklung der Ungegenständlichkeit und dem abstrakten Bild selbst. Während die Abstraktion zunächst eine Abkehr von der Natur bedeutet, wurde sie später auf der Grundlage einer autonomen Bildsprache zu einem neuen Ausdruck der Erfahrungswelt.

2.2      begriffliche Problematik
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Die Begriffsvielfalt, mit der Kandinsky seine Kunst im Laufe verschiedener Schaffensperioden beschreibt, symbolisiert den transformativen Prozess und die Suche nach einem treffenden Terminus für die zunehmende Gegenstandslosigkeit seiner Bildmotive.  Der Begriff „abstrakt“ bedeutet für Kandinsky in der frühen Periode ein gedankliches Konstrukt, das den Transformationsprozess des Bildinhalts aufgreift, jedoch im Sinne eines spirituellen und geistigen Überbaus. Diese Definition steht im Gegensatz zu der heutigen Definition, die von Kandinsky als Gegenpol des „materialistischen“  betrachtet wurde.[10]  Kandinsky grenzt sich sogar davon ab seine Kunst als „abstrakt zu bezeichnen“ und nennt sie stattdessen „konkrete Kunst“. Durch seine Bezeichnung als „abstraktes Bild“ in dem 1935 verfassten Brief, passte er sich jedoch der verschobenen Bedeutung des Terminus an und inszeniert sich damit als Vorreiter und Visionär der abstrakten Kunst.









Literaturverzeichnis:

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- Brucher, Günter: Wassily Kandinsky. Wege zur Abstraktion, München u.a. 1999.

- Hahl-Koch, Jelena: Kandinsky, Stuttgart 1993.

- Haldemann, Matthias: Kandinskys Abstraktion. Die Entstehung und Transformation seines Bildkonzepts, München 2001.

- Kandinsky, Wassily: Über das Geistige in der Kunst: Insbesondere in der Malerei, mit acht Tafeln und zehn Originalholzschnitten, München 1912, 3. Auflage.

- Thürlemann, Felix: Kandinsky über Kandinsky. Der Künstler als Interpret eigener Werke, Zürich 1986.


[1] Vgl. Haldemann 2001, S. 61 – 62

[2] Haldemann 2001, S. 17.

[3] Vgl. Hahl-Koch 1993, S. 120.

[4] Siehe Abb. 1

[5] Vgl. Haldemann 2001, S. 22.

[6] Kandinsky, 1912, S. 9.

[7] Vgl. Brucher 1999, S. 204.

[8] Brucher 1999, S. 561

[9] Siehe Abb. 2

[10] Thürlemann 1986, S. 73