Geschichte Bearbeiten

[2]

[3]

[4]

Besondere Scheidungsgründe Bearbeiten

Ehebruch Bearbeiten

Der Ehebruch (zina) im Sinne des Art. 161 tZGB ist ein besonderer, verschuldensabhängiger und absoluter Scheidungsgrund, der als die mit freiem Willen vorgenommene geschlechtliche Vereinigung eines Ehegatten mit einer dritten Person anderen Geschlechts definiert wird.[5][6][7] Gleichgeschlechtlicher Geschlechtsverkehr sowie der sexuelle Kontakt zu Tieren stellt dementsprechend zwar keinen Ehebruch dar, es kommen dann jedoch andere Scheidungsgründe in Betracht.[7]

Dafür ist zunächst das Bestehen einer gültigen Ehe erforderlich. Während bei einer Nichtehe, wie etwa der sogenannten „Imam-Ehe“, schon keine rechtswirksame Ehe gegeben ist, die geschieden werden könnte, kommt bei einer fehlerhaften Eheschließung die Scheidung wegen Ehebetrugs durchaus in Betracht.

[8]

Der verzeihende Ehegatte hat kein Klagerecht. Die Verzeihung, ein höchstpersönliches Recht, kann dabei ausdrücklich oder konkludent erfolgt sein.

  • Meinungsstreit geschlechtliche Vereinigung
  • Prositution?
  • Verschulden
  • Beweislast
  • Fristen
  • Verzeihung
  • Zustimmung; bewusste Abweichung vom Originaltext

Als verschuldensabhängiger Scheidungsgrund setzt der Ehebruch eine vorsätzliche, also wissentliche und willentliche Verwirklichung des Tatbestandes voraus.

Die Frist zu Erhebung der Klage beträgt sechs Monate ab Kenntniserlangung des zur Klage berechtigten Ehegatten (relative Frist) oder fünf Jahre von dem Zeitpunkt an, in dem die Ehebruch begangen wurde (absolute Frist), Art. 161 Abs. 2 tZGB. Handelt es sich um wiederholte Ehebrüche, so läuft die Frist erst von dem Tag der letzten Ehebruchshandlung an.[9] Ausgeschlossen ist die Klage ferner bei einer Verzeihung, Art. 161 Abs. 3.

Lebensnachstellung, Misshandlung oder Ehrenkränkung Bearbeiten

In Art. 162 tZGB sind nach unterschiedlichen Literaturmeinungen zwei beziehungsweise drei Scheidungsgründe normiert.[10] Da der Streit letztlich unerheblich ist, wird im Folgenden von drei Scheidungsgründen ausgegangen.

Die Nachstellung nach dem Leben (hayata kast) im Sinnes des Art. 162 Abs. 1 Alternative 1 tZGB ist ein besonderer, verschuldensabhängiger und absoluter Scheidungsgrund, der ein mit Tötungsvorsatz gegen das Leben des anderen Ehegatten gerichtetes Handeln voraussetzt; bloße Drohungen genügen nicht.[11][10][12] Unerheblich ist dabei, ob der Angriff auf das Leben durch Tun oder Unterlassen erfolgt ist.

Die schwere Misshandlung (pek kötü davranış) ist ebenfalls ein besonderer, verschuldensabhängiger und absoluter Scheidungsgrund. Eine schwere Misshandlung im Sinne des Art. 162 Abs. 1 Alternative 2 tZGB ist jede vorsätzliche Handlung, die geeignet ist, die körperliche oder psychische Integrität des anderen Ehegatten in schwerer Art und Weise zu beeinträchtigen.[13]

Auch beim schwerwiegend ehrkränkenden Verhalten (ağır derecede onur kırıcı davranış) handelt es sich um einen besonderen, verschuldensabhängigen und nach herrschender Meinung einen absoluten[14] Scheidungsgrund. Unter dem Begriff der Ehre (onur), die hier unmittelbares und ausschließliches Angriffsobjekt ist,[15] ist nach herrschender Meinung die Achtung vor sich selbst („innere Ehre“) und insbesondere die Wertschätzung der Person in der Gesellschaft („äußere Ehre“) zu verstehen.

Straftat und Lebenswandel Bearbeiten

Art. 163 tZGB enthält zwei eigenständige Verschuldenstatbestände. Sowohl das Begehen einer ehrenrührigen Straftat (küçük düşürücü bir suç işleme) als auch der unehrenhafte Lebenswandel (haysiyetsiz hayat sürme) stellen besondere und relative Scheidungsgründe dar.

Ein unehrenhafter Lebenswandel ist gegeben, wenn ein über eine gewisse Zeit andauerndes Verhalten den Ehegatten in seinem Lebenskreis nach allgemeiner Anschauung in der Ehre herabmindert und in den Augen des Ehepartners verächtlich macht.[16]

Verlassen Bearbeiten

Böswilliges Verlassen ist die willentliche, widerrechtliche und andauernde Aufhebung der häuslischen Gemeinschaft durch einen Ehegatten.[17]

Geisteskrankheit Bearbeiten

Als letzten besonderen Scheidungsgrund erfasst Art. 165 tZGB die Geisteskrankheit (akıl hastalığı).

Allgemeine Scheidungsgründe Bearbeiten

Zerrüttung Bearbeiten

Nach Art. 166 Abs. 1 tZGB kann eine Ehe geschieden werden, wenn sie derart tiefgreifend zerrüttet ist, dass den Ehegatten die Ehefortführung nicht zugemutet werden kann.

Die beklagte Partei kann der Klage nach Art. 166 Abs. 2 tZGB widersprechen und die Scheidung verhindern, wenn das Verschulden der klagenden Partei überwiegt.

Für eine tiefe Zerrüttung der Ehe müssen grundlegende Meinungsverschiedenheiten bestehen. Alltägliche Streitigkeiten werden nicht als solche angesehen, vielmehr muss eine Dauerhaftigkeit der schweren Konflikte vorliegen und die Einstellung zur Ehe oder deren Verpflichtungen muss von mindestens einem der Ehepartner in Frage gestellt werden.

Neben dieser objektiven Komponente gibt es noch eine subjektive Komponente. Danach muss die Weiterführung der Ehe für mindestens einen der Ehepartner unerträglich sein. Dies anzuerkennen liegt im Ermessen des Richters.

Einvernehmliche Scheidung Bearbeiten

Faktische Trennung Bearbeiten

  • 432 Abs. 1 tZPO
  • 160 tZPO
  • 161 tZPO
  • 162 tZPO
  • 166 Abs. 4 tZPO

Anerkennung ausländischer Scheidungsurteile Bearbeiten

Rechtskräftige ausländische Scheidungsurteile entfalten für den türkischen Rechtsraum grundsätzlich nur auf Grund einer Anerkennung durch ein türkisches Gericht Wirkung. Die Anerkennung und Vollstreckung (tanıma ve tenfiz) ausländischer Gerichtsentscheidungen erfolgt nach den Art. 50 ff., 58 tIPRG[18].

Sachlich zuständig sind gemäß Art. 4 Nr. 2 tFamGG[19] die Familiengerichte (aile mahkemeleri).[20]

  • Scheidungsurteil mit Rechtskraftvermerk (kesinleşme şerhi)
  • Apostille (tasdik şerhi)
  • beglaubigte Übersetzung (onanmış tercüme)

Weblinks Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Walter Bühler, Karl Spühler: Berner Kommentar. Kommentar zum schweizerischen Privatrecht. Band II, Familienrecht. 1. Abteilung, Das Eherecht. 1. Teilband, 2. Hälfte, Die Ehescheidung, Art. 137–158 ZGB. Verlag Stämpfli & Cie AG, Bern 1980.

Einzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten

  1. Siehe hierzu Gotthard Jäschke: Die „Imam-Ehe“ in der Türkei. In: Die Welt des Islams. Bd. 4, Heft 2/3, 1955, S. 164–201.
  2. Bilge Öztan: Entwicklungen im türkischen Eherecht/Türk Aile Hukukundaki gelişmeler. In: Peter Breitschmid, Tuğrul Ansay (Hrsg.): 100 Jahre Schweizerisches ZGB 80 Jahre Türkisches ZGB. Konvergenzen und Divergenzen. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2008, S. 47–60.
  3. İlber Ortaylı: Ottoman Family Law and the State in the Nineteenth Century. In: Ankara Üniversitesi Osmanlı Tarihi Araştırma ve Uygulama Merkezi Dergisi. Nr. 1, 1990, S. 321–332.
  4. Halil Cin: İslâm ve Osmanlı Hukukunda Evlenme. Ankara Üniversitesi Basımevi, Ankara 1974.
  5. İbrahim Ercan: Richter und Parteien im Scheidungsverfahren. Eine rechtsvergleichende Studie zum deutschen, schweizerischen und türkischen Recht. Herbert Utz Verlag, München 2000, S. 14 f.
  6. Kasım Özen: Die Scheidungsgründe im türkischen Zivilgesetzbuch. Peter Lang, Frankfurt am Main 2010, S. 37 m.w.N.
  7. a b Erhan Temel: Ehescheidung nach türkischem Recht, unter besonderer Berücksichtigung der Entscheidungen des Kassationshofs. In: StAZ. 56. Jahrgang, Nr. 11, 2003, S. 328.
  8. Hans Rausch: Neues Türkisches Familienrecht. Ein Überblick. In: Forum Familienrecht. 4/2003, S. 165–170.
  9. Kasım Özen: Die Scheidungsgründe im türkischen Zivilgesetzbuch. Peter Lang, Frankfurt am Main 2010, S. 48 f.
  10. a b Vgl. Kasım Özen: Die Scheidungsgründe im türkischen Zivilgesetzbuch. Peter Lang, Frankfurt am Main 2010, S. 55 m.w.N.
  11. Vgl. Bühler, Spühler: Berner Kommentar. Art. 138, Rn. 3.
  12. Christian Rumpf: Einführung in das türkische Recht. C. H. Beck, München 2004, S. 144.
  13. Kasım Özen: Die Scheidungsgründe im türkischen Zivilgesetzbuch. Peter Lang, Frankfurt am Main 2010, S. 58.
  14. Zur Misshandlung als relativen Scheidungsgrund siehe Bilge Öztan: Aile Hukuku. Turhan Kitabevi, Ankara 2004, S. 384.
  15. Vgl. Bühler, Spühler: Berner Kommentar. Art. 138, Rn. 17.
  16. Bühler, Spühler: Berner Kommentar. Art. 139, Rn. 11.
  17. Bühler, Spühler: Berner Kommentar. Art. 140, Rn. 3.
  18. Gesetz Nr. 5718 vom 27. November 2007 über das internationale Privat- und Verfahrensrecht, RG Nr. 26728 vom 12. Dezember 2007 (online).
  19. Gesetz Nr. 4787 vom 9. Januar 2003 über die Einrichtung, die Zuständigkeit und das Verfahren der Familiengerichte, RG Nr. 24997 vom 18. Januar 2003 (online).
  20. Vgl. Kassationshof (2. Zivilsenat) vom 8. Juli 2008, E. 2008/6987, K. 2008/10100.