1980er Jahre

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  • „Auf die[se] Berliner Linie hatte sich der Regierende Bürgermeister Hans-Joachim Vogel festgelegt, weil er einsah, daß die Hausbesetzung Folge einer verfehlten Wohnungspolitik war: ‚Eine Politik, die Menschen erstickte und gesellschaftliche Strukturen zermürbte‘. Diese neue Berliner Linie wollte die CDU-Regierung unter Richard von Weizsäcker fortführen. Zugleich aber versprach sie dem braven Bürger, daß man rechtsfreie Räume nicht mehr dulden werde. Eine Doppelstrategie also, denn natürlich befindet sich jedes besetzte Haus in rechtsfreiem Zustand, solange nicht zwischen Besetzern und Besitzern eine vertragliche Übereinkunft ausgehandelt worden ist. Heute bewegen sich die Aktionen des Senats nach dem Motto: einen Schritt vor (den darf der liberale Bausenator Ulrich Rastemborski, CDU, tun, indem er sich unermüdlich mit Besetzern, Besitzern und diversen Zwischenträgern zusammensetzt) – zwei Schritte zurück (die erzwingt der CDU-Rechtsaußen, Innensenator Heinrich Lummer, wenn er mit Brachialgewalt auch solche besetzten Häuser räumen läßt, bei denen ein Vertragsabschluß zwischen Besetzern und Eigentümern gerade bevorsteht)“. (336 f.).

Heinrich Lummer

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  • Polizeistatistik nach Lummer: „Die Gesamtzahl der von Hausbesetzern begangenen Straftaten betrug folglich 9322. Der Innensenator spezifiziert auch genau, um welche Vergehen und Verbrechen es sich im einzelnen handelt. Aber er beachtet nicht den Grundsatz, daß als Straftäter eigentlich erst gilt, wer von einem Gericht rechtskräftig verurteilt worden ist. […] Die Berliner Presse interessiert sich für die Aufschlüsselung der Statistik nicht. Sie meldet nur: ‚9322 Straftaten‘.“

„Die ersten zaghaften Kontakte zwischen Besetzern und Besitzern gingen stets dann zuschanden, wenn Innensenator Lummer wieder räumen ließ – oft gleich mehrere Häuser auf einen Streich. Anfangs geschah das nur auf Wunsch der Hauseigentümer. Schon da zerschlug sich die Hoffnung der Besetzer auf eine ‚friedliche Gesamtlösung für alle Häuser‘. Bald gingen Lummer und die Berliner Justiz dazu über, auch ohne ausdrücklichen Antrag der Besitzer räumen zu lassen – ja sogar gegen deren erklärten Willen. Während sich bausenator Rastemborski am Verhandlungstisch für Verträge abmüht und nach wie vor ein Drittel seiner Arbeitszeit diesem Problem widmet, erklärt Lummer einzelne Häuser zu ‚kriminellen Fluchtburgen‘, die er – Verhandlungen hin, möglicher Vertrag her – leider räumen lassen müsse. Das Wechselspiel der beiden wirkt wie abgekartet: Zuckerbrot und dann doch nur die Peitsche. Als Bürgermeister Richard von Weizsäcker im März {1983] die FDP in die Regierung holte, wurde alles noch schlimmer. Denn der ‚liberale‘ Justizsenator Hermann Oxfort will sich als harter law-and-order-Mann profilieren. Gemeinsam mit Lummer degradiert er Rastemborski vollends zum Feigenblatt des Senats.“ (339).

> Villa Alexa (Aufschlüsselung der 'Straftaten')

  • „Es dürfte in den problembeladenen Hochhaus-Trabantenstädten unseres Landes viele ähnliche kriminelle Fluchtburgen geben. Polizeilich geräumt wurde noch keine.“ (340).[1]
  1. Klaus Pokatzky: Berlin: Das soziale Experiment Hausbesetzung hat kaum noch eine Chance zu überleben, Die Zeit, 12. August 1983. In: Stattbau informiert 2, 1984, S.yx.