Ziegenproblem Bearbeiten

 
Auf der Suche nach einem Auto wählt der Kandidat Tor 1. Der Showmaster öffnet Tor 3, hinter dem sich eine Ziege verbirgt und schlägt dem Kandidaten vor, das Tor zu wechseln. Ist es vorteilhaft für den Kandidaten, das Tor 2 zu wählen?

Das Ziegenproblem, Drei-Türen-Problem, Monty-Hall-Problem oder Monty-Hall-Dilemma (nach Monty Hall, dem Moderator der US-amerikanischen Spielshow Let's make a deal, in Deutschland Geh aufs Ganze!) ist eine Aufgabe aus der Wahrscheinlichkeitstheorie. Es wird oft als Beispiel dafür herangezogen, dass der menschliche Verstand zu Trugschlüssen neigt, wenn es um das Schätzen von Wahrscheinlichkeiten geht.

Das Problem wurde 1990 in seiner bekannten Form in einem Leserbrief von Craig F. Whitaker aus Columbia, Maryland an Marilyn vos Savant's „Ask Marilyn“-Kolumne im Parade Magazine formuliert.

Nehmen Sie an, Sie wären in einer Spielshow und hätten die Wahl zwischen drei Toren. Hinter einem der Tore ist ein Auto, hinter den anderen sind Ziegen. Sie wählen ein Tor, sagen wir, Tor Nummer 1, und der Showmaster, der weiß, was hinter den Toren ist, öffnet ein anderes Tor, sagen wir, Nummer 3, hinter dem eine Ziege steht. Er fragt Sie nun: 'Möchten Sie das Tor Nummer Zwei?' Ist es von Vorteil, die Wahl des Tores zu ändern?[1]

Die intuitive Lösung Bearbeiten

Wenn man die Fragestellung im Leserbrief unvoreingenommenen Personen vorlegt, bekommt man häufig die Antwort:

„Die Gewinnchancen für die Tore 1 und 2 sind gleich. Denn ich weiß ja nichts über die Motivation des Showmasters, das Tor 3 mit einer Ziege dahinter zu öffnen und einen Wechsel anzubieten.“

Die Intuition beim Verständnis des Leserbriefs geht also davon aus, dass es sich bei der Problemstellung um die Beschreibung einer einmaligen Spielsituation handelt. Außerdem zeugt die Antwort von einer gewissen Vertrautheit mit bekannten Spielshows wie Wer wird Millionär oder Let's Make a Deal, in denen der Showmaster (Moderator) eine aktive und unberechenbare Rolle spielt. Im Gegensatz zu den Lösungsvarianten, in denen der Moderator auf einen an fixe Verhaltensregeln gebundenen "Handlanger" reduziert wird, darf realistischerweise angenommen werden, dass er völlig frei in seinen Entscheidungen ist (Monty Hall:"Ich bin der Hausherr!"). Diese Freiheit kann anhand einiger Beispiele illustriert werden, wobei vor jedem Spiel Auto und Ziegen hinter den drei Toren zufällig neu verteilt wurden:

Spiel 1
Kandidat Alfred wählt Tor 1, der Moderator öffnet das Tor 1 mit einer Ziege dahinter; Alfred verliert.
Spiel 2
Kandidat Bertram wählt Tor 1, der Moderator öffnet mit den Worten "Das wär´s gewesen!" Tor 3 mit dem Auto dahinter; Bertram verliert.
Spiel 3
Kandidatin Conny wählt Tor 1, der Moderator öffnet kein Tor sondern bietet der Kandidatin 1000,- Euro dafür, dass sie auf das Öffnen des Tors verzichtet; Conny nimmt das Geld und gewinnt 1000,- Euro.
Spiel 4
Kandidatin Doris wählt Tor 1, der Moderator öffnet Tor 3 mit einer Ziege dahinter und bietet daraufhin Doris an, ihre Wahl zu überdenken …

Angesichts dieser Fülle an Verhaltensmöglichkeiten des Moderators sollte Doris mit der Chance, ihre erste Wahl zu überdenken, sorgsam umgehen. Weil im Leserbrief keine Spielregeln genannt werden und somit davon ausgegangen werden darf, dass auch Doris keine Kenntnis von bestimmten Verhaltensregeln des Moderators hat, kann sich jene nur so entscheiden, als ob es keine Regeln gäbe. Sie hat keine bessere Möglichkeit, als sich nach dem Wurf einer fairen Münze zu entscheiden. Ihre Gewinnwahrscheinlichkeit ist somit 1/2. [2] Es ist also nicht von Vorteil, die Wahl zu ändern.

Variante nach Marilyn vos Savant Bearbeiten

Durch die Antwort von Marilyn vos Savant auf den Leserbrief erzielte das Problem international auch außerhalb der Fachwelt hohe Aufmerksamkeit und führte zu heftigen Kontroversen. Ihre Antwort lautete:

Ja, Sie sollten wechseln. Das zuerst gewählte Tor hat die Gewinnchance von 1/3, aber das zweite Tor hat eine Gewinnchance von 2/3. Hier ist ein guter Weg, sich das Geschehen vorzustellen. Nehmen Sie an, es gäbe 1 Million Tore und Sie wählen Tor Nummer 1. Dann öffnet der Moderator, der weiß, was hinter den Toren ist, und der das eine Tor mit dem Preis immer vermeidet, alle Tore bis auf Tor Nummer 777777. Sie würden doch sofort zu diesem Tor wechseln, oder nicht?[3]

Marilyn vos Savant berücksichtigt dabei nicht eine bestimmte Motivation des Moderators; es ist laut Leserbrief keineswegs ausgeschlossen, dass der Moderator nur deswegen ein Ziegentor öffnet, um den Kandidaten von seiner ersten erfolgreichen Wahl abzulenken. Stattdessen fasst Frau Savant den Leserbrief offensichtlich so auf, dass die Spielshow immer wieder nach demselben Muster abläuft:

Der jeweilige Kandidat wählt ein Tor, der Moderator öffnet daraufhin ein anderes Tor mit einer Ziege dahinter und lässt danach dem Kandidaten noch einmal die Wahl zwischen den beiden noch geschlossenen Toren. Der Kandidat erhält das Auto, wenn es sich hinter dem von ihm zuletzt gewählten Tor befindet.

Ihre Lesart bezieht sich nicht auf die in der Fragestellung konkret benannten Tore und lässt damit möglicherweise vorhandene Präferenzen des Moderators bzgl. einzelner Tore außer acht. Somit erhält sie als Lösung die durchschnittliche Gewinnwahrscheinlichkeit aller möglichen Kombinationen von Toren, die von den jeweiligen Kandidaten gewählt werden und vom Moderator daraufhin geöffnet werden können. Aufgrund dieser verallgemeinerten Auffassung und unter Berücksichtigung der von Frau Savant vorgeschlagenen Wechselstrategie lässt sich eine alternative Sicht des Ablaufs der Spielshow formulieren:

Der jeweilige Kandidat darf zwei freigewählte Tore bestimmen, die der Moderator öffnen muss, und jener erhält das Auto, falls es sich hinter einem dieser beiden Tore befindet.

Um es an einem Beispiel klar zu machen: Ein Kandidat möchte Tor 2 und Tor 3 öffnen lassen. Er wählt also Tor 1, das verschlossen bleibt und wechselt dann zu Tor 2, wenn der Moderator Tor 3 geöffnet hat oder umgekehrt. Der Kandidat hat damit offensichtlich eine durchschnittliche Gewinnchance von p=2/3. Demnach wäre es für einen Kandidaten, der mehrmals an dieser Spielshow teilnehmen dürfte, von Vorteil, die Wahl des Tors immer zu ändern.

Kontroversen Bearbeiten

Es sind vor allem die beiden folgenden Hauptargumente, die zu Zweifeln an Frau Savants Lösung führen. Während das erste Argument nicht stichhaltig ist und auf falsch angewendeter Wahrscheinlichkeitstheorie basiert, verdeutlicht das zweite Argument, dass das Originalproblem eine Vielzahl von Lösungen zulässt:

  • Unter der Voraussetzung, dass der Showmaster den im nächsten Abschnitt ausgeführten Spielregeln folge, sei ein Wechsel des Tores nicht schlecht. Die Gewinnchance für das zweite Tor sei aber niemals 2/3 sondern generell nur 1/2, weil nach dem Öffnen eines Tores mit einer Ziege dahinter nur noch zwei geschlossene Tore zur Auswahl ständen. Die Chancen seien deshalb auf beide Tore immer gleichverteilt.
  • Die Fragestellung im Leserbrief enthält keinerlei Hinweise darauf, dass der Showmaster einer bestimmten Verhaltensregel folgt. Solch eine Regel ließe sich nur unter der Annahme ableiten, dass das Spiel mehrmals unter den gleichen Bedingungen wiederholt würde: Sie wählen ein beliebiges Tor, der Showmaster öffnet ein anderes Tor, hinter dem eine Ziege steht, und Sie dürfen die Wahl ihres Tores ändern. Von solch einer Wiederholung des Spiels ist aber im Leserbrief keine Rede. Also basiert Frau Savants Lösung auf zusätzlichen Annahmen, die sich in dieser Form nicht zwingend aus dem Leserbrief ergeben.[4]

Das erste Argument wird in der Variante nach Krauss und Wang widerlegt, das zweite wird anhand der intuitiven Lösung und mehrerer Spielvarianten ausgeführt.

Variante nach Krauss und Wang Bearbeiten

Weil die im Leserbrief von Whitaker formulierte Aufgabe mehrere Lösungen zulässt, haben Krauss und Wang eine Neuformulierung des Ziegenproblems vorgeschlagen, die bestimmte Zusatzinformationen bereitstellt, die zur gleichen Lösung wie der von Marilyn vos Savant führen, allerdings jetzt unter Berücksichtigung der konkreten Spielsituation:

Angenommen Sie befinden sich in einer Spielshow und haben die Wahl zwischen drei Toren. Hinter einem Tor ist ein Auto, hinter den anderen sind Ziegen. Das Auto und die Ziegen sind vor der Show zufällig hinter die Tore verteilt worden. Die Regeln der Spielshow sind folgende: Nachdem Sie ein Tor gewählt haben bleibt dieses zunächst geschlossen. Der Showmaster Monty Hall, der weiß, was sich hinter den Toren befindet, muss nun eines der beiden verbleibenden Tore öffnen, und hinter dem von ihm geöffneten Tor muss sich eine Ziege befinden. Wenn hinter beiden verbleibenden Toren jeweils eine Ziege steht, öffnet er eines der beiden Tore zufällig. Nachdem Monty Hall ein Tor mit einer Ziege geöffnet hat fragt er Sie, ob Sie bei Ihrer ersten Wahl bleiben oder zum letzten verbleibenden Tor wechseln möchten. Nehmen Sie an Sie wählen Tor 1 und der Showmaster öffnet Tor 3 mit einer Ziege. Er fragt Sie dann: „Möchten Sie zu Tor 2 wechseln?“ Ist es zu Ihrem Vorteil, Ihre Wahl zu ändern?[5]

Es ist lediglich zu ergänzen, dass der Kandidat zu Beginn des Spiels keine Information über die Position des Autos hat.

Spielregeln Bearbeiten

Bei einer Spielshow kann der Kandidat ein Auto gewinnen. Dem Spiel liegen die folgenden Regeln zugrunde.

  1. Ein Auto und zwei Ziegen werden zufällig auf drei Tore verteilt.
  2. Zu Beginn des Spiels sind alle Tore verschlossen, sodass Auto und Ziegen nicht sichtbar sind.
  3. Der Kandidat, dem die Position des Autos völlig unbekannt ist, wählt ein Tor aus, das aber vorerst verschlossen bleibt.
  4. Fall A: Hat der Kandidat das Tor mit dem Auto gewählt, dann öffnet der Moderator zufällig ausgewählt mit der gleichen Wahrscheinlichkeit eins der beiden anderen Tore, hinter dem sich immer eine Ziege befindet und stellt damit sicher, dass seine Torwahl keinerlei zusätzlichen Hinweis zum aktuellen Standort des Autos liefern kann.[6]
  5. Fall B: Hat der Kandidat ein Tor mit einer Ziege gewählt, dann muss der Moderator dasjenige der beiden anderen Tore öffnen, hinter dem die zweite Ziege steht.
  6. Der Moderator bietet dem Kandidaten an, seine Entscheidung zu überdenken und das andere ungeöffnete Tor zu wählen.
  7. Das vom Kandidaten letztlich gewählte Tor wird geöffnet, und er erhält das Auto, falls es sich hinter diesem Tor befindet.

Diese Regeln sind dem Kandidaten bekannt. Wie soll er sich im vorletzten Schritt entscheiden, wenn er zunächst Tor 1 gewählt und der Moderator daraufhin Tor 3 mit einer Ziege dahinter geöffnet hat?

Einfache Erklärung Bearbeiten

Das Auto ist mit Wahrscheinlichkeit 1/3 hinter dem vom Kandidaten zunächst gewählten Tor 1. Wegen der Symmetrie im Regelwerk, insbesondere wegen der Spielregeln 4 und 5, wird diese Wahrscheinlichkeit durch das Öffnen eines Ziegentors nicht beeinflusst. Deshalb ist nach dem Öffnen des Tors 3 das Auto mit 2/3-Wahrscheinlichkeit hinter Tor 2, und ein Wechsel führt mit der Wahrscheinlichkeit 2/3 zum Erfolg.

Tabellarische Lösung Bearbeiten

Für die Erklärung wird angenommen, dass der Kandidat zu Anfang Tor 1 gewählt hat und sich anschließend umentscheidet. Für die Situationen, in denen der Kandidat die Tore 2 oder 3 gewählt hat und der Moderator dementsprechend andere Tore öffnet, gilt eine analoge Erklärung. Es müssen sechs Fälle betrachtet werden, um die Gleichwahrscheinlichkeit des Öffnens der Tore 2 und 3 durch den Moderator gemäß Regel 4 modellieren zu können. Das entspricht einem Zufallsexperiment, bei dem die beiden Ziegen voneinander unterschieden werden können, und jede Verteilung von Auto und Ziegen hinter den drei Toren gleichwahrscheinlich ist (Laplace-Experiment).

Kandidat wählt Tor 1 und wechselt, sobald der Moderator ein anderes Tor öffnet
Moderator möchte Tor 2 öffnen Moderator möchte Tor 3 öffnen
1     Auto hinter Tor 1
Der Moderator öffnet Tor 2 mit einer Ziege (Regel 4). Bei einem Wechsel verliert der Kandidat.
4     Auto hinter Tor 1
Der Moderator öffnet Tor 3 mit einer Ziege (Regel 4). Bei einem Wechsel verliert der Kandidat.
2     Auto hinter Tor 2
Identisch zu Fall 5, da der Moderator Tor 2 nicht öffnen kann.
5     Auto hinter Tor 2
Der Moderator öffnet Tor 3 mit einer Ziege (Regel 5). Bei einem Wechsel gewinnt der Kandidat.
3     Auto hinter Tor 3
Der Moderator öffnet Tor 2 mit einer Ziege (Regel 5). Bei einem Wechsel gewinnt der Kandidat.
6     Auto hinter Tor 3
Identisch zu Fall 3, da der Moderator Tor 3 nicht öffnen kann.

Zur Auswertung der Tabelle müssen nun die Fälle betrachtet werden, in denen der Moderator das Tor 3 öffnet. Das sind die Fälle 2, 4 und 5. Man sieht, dass in zwei von drei dieser Fälle der Kandidat durch Wechseln gewinnt. Unter den Bedingungen, dass der Kandidat zunächst Tor 1 gewählt hat und der Moderator Tor 3 mit einer Ziege dahinter öffnet, befindet sich das Auto also in 2/3 der Fälle hinter Tor 2. Außerdem kann aus der Tabelle leicht abgelesen werden, dass wenn der Moderator anstelle von Tor 3 das Tor 2 öffnet, der Kandidat durch Wechseln ebenfalls in zwei von drei Fällen das Auto gewinnt. Der Kandidat sollte also seine Wahl zugunsten von Tor 2 ändern.

Formelle mathematische Lösung Bearbeiten

Es sind die Ereignisse definiert:

 : Der Gewinn ist hinter Tor i (i = 1, 2, 3)
 : Der Moderator hat das Tor j geöffnet (j = 1, 2, 3)

Es liegt folgende Situation vor: Der Kandidat hat Tor 1 gewählt, und der Moderator hat daraufhin das Tor 3 geöffnet. Lohnt es sich für den Kandidaten zu wechseln? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Auto hinter Tor 2 ist? Gesucht ist also die bedingte Wahrscheinlichkeit  , dass das Auto hinter Tor 2 ist, wenn bekannt ist, dass es nicht hinter Tor 3 ist. Man kann diese Wahrscheinlichkeit mit dem Bayesschen Theorem ermitteln.

Auf Grund der Aufgabenstellung (Regeln 1, 4 und 5) gelten folgende Voraussetzungen:

 

Die Anwendung des Satzes von Bayes ergibt dann Folgendes:

 

Der Kandidat sollte also wechseln, um seine Gewinnchancen von anfangs 1/3 auf nun 2/3 zu verdoppeln.

Andere Spielvarianten Bearbeiten

Aus dem Leserbrief geht nicht hervor, dass sich der Moderator an bestimmte Verhaltensregeln hält. Selbst wenn er gemäß solcher Regeln handeln würde, wäre nicht gewährleistet, dass der Kandidat diese Regeln auch kennt. Darüber hinaus gibt die Aufgabe keine Auskunft darüber, ob sich der Kandidat in einer einmaligen Spielsituation befindet oder ob das Spiel schon häufiger stattgefunden hat. Im zweiten Fall wäre es denkbar, dass der Kandidat Verhaltensweisen des Moderators verallgemeinern und daraus bestimmte Regeln ableiten konnte. Wegen dieser Unklarheiten in der Fragestellung existieren verschiedene Interpretationsvarianten, von denen einige im Folgenden vorgestellt werden. Dabei wird immer Bezug genommen auf die im Leserbrief beschriebene konkrete Spielsituation. Außerdem wird vorausgesetzt, dass der Kandidat die Verhaltensregeln des Moderators kennt. Die Entscheidung des Kandidaten ist dann in bestimmten Spielsituationen trivial zu treffen. Kennt er diese Regeln nicht, müsste er sich so entscheiden, als ob der Moderator sich an keine Regel halten würde.

Keine Regel Bearbeiten

In diesem Fall bleibt dem Kandidaten nichts weiter übrig, als seine Wahl zufällig oder nach einem Münzwurf zu treffen. Seine Gewinnwahrscheinlichkeit ist demgemäß p=1/2. (Indifferenzprinzip)

Der nette Moderator Bearbeiten

Der Moderator macht das Angebot zum Wechseln nur, wenn Tor 1 nicht die Gewinnwahl ist. Da der Kandidat weiß, warum ihm ein Wechsel angeboten wird, wählt er natürlich jetzt Tor 2 und gewinnt sicher.[7]

Der böse Moderator Bearbeiten

Der Moderator macht das Angebot zum Wechseln nur, wenn Tor 1 die Gewinnwahl ist. Da der Kandidat weiß, warum ihm ein Wechsel angeboten wird, bleibt er natürlich bei Tor 1 und gewinnt sicher.[8]

Der faule Moderator Bearbeiten

Der Moderator, der nicht gerne große Wege zurücklegt, öffnet am liebsten Tor 3, weil er dort in der Nähe seinen Standort als Showmaster hat. Wenn also hinter dem vom Kandidaten gewählten Tor 1 das Auto stünde, dann würde er mit Sicherheit Tor 3 öffnen, auf keinen Fall aber Tor 2.[9]

Tabellarische Lösung Bearbeiten

Für die folgende Erklärung wird angenommen, dass der Kandidat zu Anfang Tor 1 gewählt hat. Für die Situationen, in denen der Kandidat die Tore 2 bzw. 3 gewählt hat und der Moderator dementsprechend andere Tore öffnet, gilt eine analoge Erklärung. Obwohl es hier ausreichen würde, die drei ersten Spielsituationen zu betrachten, werden sechs Fälle unterschieden, um die Problemstellung vergleichbar mit der obigen tabellarischen Lösung in der Variante nach Krauss und Wang modellieren zu können. Jede Spielsituation wird also zweimal betrachtet. Das entspricht einem Zufallsexperiment bei dem die beiden Ziegen voneinander unterschieden werden können, und jede Verteilung von Auto und Ziegen hinter den drei Toren gleichwahrscheinlich ist (Laplace-Experiment).

Kandidat wählt Tor 1 und wechselt, sobald der Moderator ein anderes Tor öffnet
Moderator möchte Tor 3 öffnen Moderator möchte Tor 3 öffnen
1     Auto hinter Tor 1
Der Moderator öffnet Tor 3 mit einer Ziege. Bei einem Wechsel verliert der Kandidat.
4     Auto hinter Tor 1
Identisch zu Fall 1. Der Moderator hätte ja die Möglichkeit, Tor 2 zu öffnen, vermeidet dies jedoch.
2     Auto hinter Tor 2
Der Moderator öffnet Tor 3 mit einer Ziege. Bei einem Wechsel gewinnt der Kandidat
5     Auto hinter Tor 2
Identisch zu Fall 2. Der Moderator muss Tor 3 öffnen
3     Auto hinter Tor 3
Der Moderator muss Tor 2 mit einer Ziege öffnen. Bei einem Wechsel gewinnt der Kandidat.
6     Auto hinter Tor 3
Identisch zu Fall 3. Der Moderator muss Tor 2 zu öffnen

Zur Auswertung der Tabelle müssen nun die Fälle betrachtet werden, in denen der Moderator das Tor 3 öffnet. Das sind die Fälle 1, 2, 4 und 5. Man sieht, dass nur in zwei von vier dieser Fälle der Kandidat durch Wechseln gewinnt. Seine Gewinnwahrscheinlichkeit ist demnach hier nur p = 1/2. Es kann ebenso leicht aus der Tabelle abgelesen werden, dass, wenn der Moderator Tor 2 öffnet, der Kandidat sicher gewinnt, wenn er zu Tor 3 wechselt.

Formelle mathematische Lösung Bearbeiten

Es liegt folgende Situation vor: Der Kandidat hat Tor 1 gewählt, und der Moderator hat daraufhin das Tor 3 geöffnet. Es gelten dann folgende mathematische Beziehungen unter Berücksichtigung der oben definierten Ereignismengen:

 

Die Anwendung des Satzes von Bayes ergibt dann für die bedingte Wahrscheinlichkeit, dass sich das Auto hinter Tor 2 befindet:

 

Für die bedingte Wahrscheinlichkeit, dass sich das Auto tatsächlich hinter Tor 1 befindet, gilt aber ebenfalls

 

Der Gewinn hinter Tor 2 ist genauso wahrscheinlich wie der Gewinn hinter Tor 1. Der Kandidat kann also ebenso gut bei Tor 1 bleiben wie zu Tor 2 wechseln. Seine Gewinnchance ist 1/2.

Der nicht eingeschränkte Moderator Bearbeiten

Der Moderator, der alle Tore einschließlich des vom Kandidaten zuvor gewählten Tores 1 mit der gleichen Wahrscheinlichkeit öffnet, öffnet zufällig Tor 3. Dann gelten folgende mathematische Beziehungen unter Berücksichtigung der oben definierten Ereignismengen:

 

Die Anwendung des Satzes von Bayes ergibt dann für die bedingte Wahrscheinlichkeit dass sich das Auto hinter Tor 2 befindet:

 

Der Gewinn hinter Tor 2 ist genauso wahrscheinlich wie der Gewinn hinter Tor 1. Der Kandidat kann also ebenso gut bei Tor 1 bleiben wie zu Tor 2 wechseln. Seine Gewinnchance ist 1/2.[10]

Der zufallsbestimmte Moderator Bearbeiten

Wenn der Moderator die Möglichkeit hat, aus zwei Toren mit jeweils einer Ziege dahinter ein Tor auszusuchen (der Kandidat hat also das Tor mit dem Auto dahinter ausgewählt), dann öffnet er das Tor mit der höchstmöglichen Nummer mit der Wahrscheinlichkeit q und das Tor mit der niedrigeren Nummer mit der Wahrscheinlichkeit q* = 1 - q. Dann gelten folgende mathematische Beziehungen unter Berücksichtigung der oben definierten Ereignismengen:

 

Die Anwendung des Satzes von Bayes ergibt dann für die bedingte Wahrscheinlichkeit dass sich das Auto hinter Tor 2 befindet:

 

Diese Berechnung beschreibt den allgemeinen Fall, aus dem sich die Lösungen nach Krauss und Wang (q = 1/2) und "Der faule Moderator" (q = 1) als Spezialfälle ableiten lassen.[11]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Gero von Randow: Das Ziegenproblem – Denken in Wahrscheinlichkeiten. Rowohlt, Reinbek 1992, ISBN 3-499-19337-X, Neuauflage: Rowohlt, Reinbek 2004, ISBN 3-499-61905-9.
  • Olle Häggström: Streifzüge durch die Wahrscheinlichkeitstheorie. Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-23050-5.
  • Henk Tijms: Understanding Probability, Chance Rules in Everyday Life. University Press, Cambridge 2004, ISBN 0-521-83329-9.
  • Gerd Gigerenzer: Das Einmaleins der Skepsis – Über den richtigen Umgang mit Zahlen und Risiken. Berlin-Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-8270-0079-3.
  • Hans-Otto Georgii: Stochastik, Einführung in Wahrscheinlichkeitstheorie und Stochastik. de Gruyter, 2004, ISBN 3-11-018282-3, S. 54f.
  • Norbert Henze: Stochastik für Einsteiger. Vieweg, 1997, ISBN 3-528-06894-9, S. 51-52, 105-107.
  • Charles M. Grinstead, J. Laurie Snell: Grinstead and Snell’s Introduction to Probability. 4. Juli 2006 (englisch, dartmouth.edu [PDF; abgerufen am 2. April 2008] Online version of Introduction to Probability, 2nd edition, American Mathematical Society, Copyright (C) 2003 Charles M. Grinstead and J. Laurie Snell).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Ziegenproblem – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Ziegenproblem – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Craig F. Whitaker: Ask Marilyn. In: Parade Magazine. 9. September 1990, S. 16.
  2. Marc C. Steinbach: Von Autos, Ziegen und Streithähnen. Kapitel 4.2
  3. Game-Show-Problem – gesammelte Leserbriefe und Antworten innerhalb des Webauftritts von Marilyn vos Savant
  4. Peter R. Mueser, Donald Granberg: The Monty Hall Dilemma Revisited: Understanding the Interaction of Problem Definition and Decision Making. In: University of Missouri Working Paper. 1999-06.
  5. Stefan Krauss, X. T. Wang: The Psychology of the Monty Hall Problem: Discovering Psychological Mechanisms for Solving a Tenacious Brain Teaser. In: Journal of Experimental Psychology: General. 132 (1)2003.
  6. Jeffrey S. Rosenthal: Monty Hall, Monty Fall, Monty Crawl. In: Math Horizons. September 2008, S. 5-7.
  7. Donald Granberg: To Switch or Not to Switch. In: Marilyn Savant: The Power of Logical Thinking. St. Martin's Press, 1996, ISBN 0-312-13985-3.
  8. John Tierney: Behind Monty Hall's Doors: Puzzle, Debate and Answer? In: The New York Times. 21. Juli 1991.
  9. Jeffrey S. Rosenthal: Monty Hall, Monty Fall, Monty Crawl. In: Math Horizons. September 2008, S. 5-7.
  10. Peter R. Mueser, Donald Granberg: The Monty Hall Dilemma Revisited: Understanding the Interaction of Problem Definition and Decision Making. In: University of Missouri Working Paper. 1999-06.
  11. J. P. Morgan, N. R. Chaganty, R. C. Dahiya, M. J. Doviak: Let's make a deal: The player's dilemma. In: American Statistician. 45(1991), S. 284-287.