Frauen in Kaderpositionen

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Öffnung der Kaderlaufbahn für die Frauen

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Personalstatistik von 1971

Obwohl Frauen bereits beim Vorläufer der PTT, der schweizerischen Post, beschäftigt waren, blieb ihnen der Aufstieg in höhere Positionen lange verwehrt. Dies, weil der Posten des diplomierten Beamten, welcher Voraussetzung war für eine Anstellung in der höheren Verwaltung, erst nur den Männern vorbehalten war. Bis in die 1970er Jahre durften Frauen nur in ausführenden Funktionen am Schalter, im Postcheckdienst oder in der Verwaltung arbeiten.[1] Ein Blick auf die Personalstatistik von 1971 zeigt, wie den Frauen der Zutritt in die höhere Verwaltung zunächst verwehrt blieb: In den höchsten zwölf Besoldungsklassen, ist keine einzige Frau zu finden. Erst in Besoldungsklasse fünfzehn, bei den "Betriebsbeamten", ist die erste Frau vertreten.[2]

Zu Beginn der Siebzigerjahre änderte sich die Praxis der PTT allmählich. Ab 1971 wurden auch Frauen zur Ausbildung des Betriebssekretärs zugelassen. Sie hatten neu die Möglichkeit, diplomierte Beamtinnen zu werden.[3] Zur gleichen Zeit beschäftigte sich auch der Bundesrat mit dem Thema "Frauen in Kaderpositionen". Im Bundesratsbeschluss über die Einreihung der Ämter der Beamten (Ämterklassifikation) vom 18. Oktober 1972 hielt er unter anderem fest: "Auf weibliche Amtsträger ist die weibliche Form der Amtsbezeichnung anwendbar."[4] Das bedeutete, dass nun auch den Frauen in den Bundesbetrieben, zu welchen die PTT damals gehörte, jeder Posten, zumindest theoretisch, offen stand. 1977 nahmen die PTT die Gleichstellung von Mann und Frau in ihre unternehmenspolitischen Grundsätze und Richtlinien auf: "Bei gleicher Ausbildung, gleicher Arbeit und gleicher Verantwortung sind Mann und Frau einander gleichzustellen."[5] Bei dieser Richtlinie sind die Begriffe "gleiche Arbeit" oder "gleiche Verantwortung" allerdings nicht näher definiert. Zudem blieb das Problem bestehen, dass Frauen nur schwer die gleiche Arbeit und die gleiche Verantwortung erlangen konnten.

Entwicklung

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Trotz der Öffnung der Kaderlaufbahnen 1971 dauerte es, bis die ersten Frauen Kaderpositionen übernahmen. Die folgende Grafik zeigt, wie viele Frauen im Februar 1974 in den verschiedenen Posten der Verwaltung tätig waren[6]:

Posten Anzahl Frauen
Hochschulabsolventinnen 3
Höheres administratives Personal 75
Mittleres administratives Personal 2'350
Unteres administratives Personal 214
Technisches Personal 143
Übriges Personal 196
Lernpersonal 37
Hilfspersonal 47
Total 3065
Prozentualer Anteil des Gesamtbestandes 39,9%

Der Frauenanteil in der Verwaltung betrug zwar knapp 40 Prozent. Allerdings waren nur 2,5 Prozent der Frauen in der Verwaltung in höheren Positionen angestellt. Die überwiegende Mehrheit arbeitete in der mittleren oder unteren Administration. Auch absolvierten nur 37 Frauen eine Lehre, welche einen Aufstieg in höhere Verwaltungsposten ermöglichte. Frauen waren also auch 1974 in den höheren Besoldungsklassen weiterhin untervertreten. Die Öffnung der Kaderlaufbahn zeigte nach drei Jahren noch keine Wirkung.

Der Aufstieg der Frauen ging auch in der folgenden Zeit nur schleppend voran. Erst 1987 wurde Martha Damman die erste Frau in der Rolle als Leiterin eines Postamts. 1995 wurden mit Hanna Weiersmüller und Marylin Gillard die ersten Frauen Abteilungschefinnen in einer Kreispostdirektion.[7] Langsam aber stetig wuchs Ende der 1980er Jahre die Zahl der Frauen in Kaderpositionen. 1986 waren insgesamt 91 Frauen in höheren Lohnklassen zu finden, 1990 waren es schon 253.[8] In den höheren Etagen waren praktisch keine Frauen zu finden. Eine einzige Beamtin erreichte die 25. Lohnstufe (von insgesamt 31) und damit ein Jahresgehalt von 112 000 Franken.[9]

Die PTT beteiligte sich an dem Projekt "Taten statt Worte"[10]; ein Frauenförderungsprogramm, welches in den 1980er Jahre von Politik, Wirtschaft und Verwaltung lanciert wurde. "Taten statt Worte" ermutigte die Unternehmungen, das Angebot an Teilzeitstellen zu erhöhen, hausinterne Kinderkrippen anzubieten und gleichzeitig die Frauenförderung aktiv an die Hand zu nehmen. Erst in den 1990er Jahren fing es aber langsam an, Wirkung zu zeigen. Das Projekt war eine treibende Kraft für die Frauen bei den PTT. [11]

Widerstände

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Dass die Zahl der Frauen in Kaderpositionen nur langsam anstieg, wurde unter anderem damit erklärt, dass diese Berufslaufbahnen den Frauen bis 1971 verschlossen waren. Es brauchte Zeit, bis sich die neuen Möglichkeiten im Bewusstsein etablieren konnten.[12] Es hing aber auch mit gesellschaftlichen Vorurteilen und Widerständen zusammen. So wurde die Absenz von Frauen in Führungspositionen nicht zuletzt mit angeblich mangelndem Interesse oder Selbstvertrauen der Frauen begründet. Dabei wurde zum Beispiel auf die deutliche kürzere Verweildauer im Betrieb verwiesen. Mitte der 1970er Jahre betrug diese in den PTT bei den Frauen vier, bei den Männern vierzehn Jahre.[13] Allerdings verpasste man es dabei oft, bestehende Strukturen wie Wiedereingliederungsmöglichkeiten für Frauen zu hinterfragen.

Hinzu kam, dass gerade in prestigeträchtigen Bereichen, wie etwa der Bahnpost, Männer mit allen Mitteln ihre Domäne verteidigten.[14] Die Mitschuld der Männer an der deutlich tieferen Zahl der Kaderfrauen war auch in der PTT-Zeitschrift ein Thema. Ein Vertreter des Personalverbandes liess sich wie folgt zitieren: "Es gibt leider auch in unserer Unternehmung nach wie vor Männer, die so lange tolerant und offen gegenüber Mitarbeiterinnen sind, als sich diese einfügen und anpassen. Dieser Kategorie von Bediensteten bereitet es oft Mühe, auf beruflicher Ebene den Ansprüchen der Frauen auf Gleichberechtigung Respekt und Achtung entgegenzubringen."[15] Durch den Aufstieg der Frauen sahen gerade Väter ihre Rolle als "Ernährer der Familie" in Gefahr.[16]

  1. Heike Bazak; Walter Knobel: Gelb bewegt. Die Schweizerische Post ab 1960. Bern 2011. S. 80&82.
  2. PTT Archiv. Personalstatistik: Personal nach Stellungen. 1971. PA-63-1.
  3. PTT-Archiv. Hans-Ulrich Friedli: Die Situation der Frauen bei der PTT. Von der Gehilfin zur Chefin. In: PTT-Zeitschrift. 1991. P-15-1_1991_no1. S. 12-15. Hier S. 13.
  4. Bundesarchiv. Sammlung der eidgenössischen Gesetze. 3. November 1972. AS-1972-45. S. 2553. https://www.amtsdruckschriften.bar.admin.ch/viewOrigDoc/30001339.pdf?id=30001339
  5. PTT-Archiv. Hans-Ulrich Friedli: Die Situation der Frauen bei der PTT. Von der Gehilfin zur Chefin. In: PTT-Zeitschrift. 1991. P-15-1_1991_no1. S. 12-15. Hier S. 13.
  6. Albrecht Eggenberger: Die Frau bei den PTT-Betrieben. In: Gewerkschaftliche Rundschau: Vierteljahresschrift des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. 1975. Band 67. Heft 3-4. S. 122-128. Hier S. 125.
  7. Heike Bazak; Walter Knobel: Gelb bewegt. Die Schweizerische Post ab 1960. Bern 2011. S. 82.
  8. PTT-Archiv. Hans-Ulrich Friedli: Die Situation der Frauen bei der PTT. Von der Gehilfin zur Chefin. In: PTT-Zeitschrift. 1991. P-15-1_1991_no1. S. 12-15. Hier S. 13f.
  9. SMD Schweizer Mediendatenbank. Abgerufen am 12. Dezember 2021.
  10. Rundschau - Frauenförderung: Taten statt Worte - Play SRF. Abgerufen am 9. Dezember 2021.
  11. Die Schweizerische Post: «Frauen wurden fast wie Kinder behandelt». Abgerufen am 9. Dezember 2021.
  12. ETH-Bibliothek Zuerich: Die Frau bei den PTT-Betrieben. Abgerufen am 11. Dezember 2021.
  13. ETH-Bibliothek Zuerich: Die Frau bei den PTT-Betrieben. Abgerufen am 11. Dezember 2021.
  14. Wir, die PTT. Nous, les PTT. Abgerufen am 11. Dezember 2021.
  15. PTT-Archiv. Hans-Ulrich Friedli: Die Situation der Frauen bei der PTT. Von der Gehilfin zur Chefin. In: PTT-Zeitschrift. 1991. P-15-1_1991_no1. S. 12-15. Hier S. 15.
  16. Wir, die PTT. Nous, les PTT. Abgerufen am 11. Dezember 2021.

Einzelnachweise

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