Zellkern eines Fibroblasten der Maus. Durch Fluoreszenz in situ Hybridisierung wurden die Territorien der Chromosomen 2 (rot) und 9 (grün) angefärbt. DNA-Gegenfärbung in blau. Ein Klick auf das Bild öffnet eine Tafel mit weiteren Beispielen auch aus anderen Zelltypen der Maus
Oben: Zellkern eines menschlichen Fibroblasten, in dem alle 24 verschiedenen Chromosomen (1­ - 22, X und Y) per Fluoreszenz in situ Hybridisierung (FISH) mit einer unterschiedlichen Kombination von insgesamt 7 Fluorochromen angefärbt wurden. Gezeigt ist eine mittlere Ebene in einem deconvolvierten Bildstapel, der mit Weitfeld-Mikroskopie aufgenommen wurde. Unten: Falschfarben-Darstellung aller Chromosomenterritorien, die in dieser Fokusebene sichtbar sind, nach Computer-Klassifikation.

Ein Chromosomenterritorium ist der Bereich innerhalb eines Zellkerns, der von einem Chromosom eingenommen wird. Sie haben eine variable Formen die sich für ein Chromosom von Kern zu Kern unterscheidet. Chromosomenterritorien sind keine kompakten Gebilde, andere Moleküle, z.B. Proteine, können durch sie hindurch diffundieren. Die Anordnung verschiedenartiger Chromosomenterritorien innerhalb des Kerns ist im Artikel Zellkern beschrieben.

Geschichte

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Bereits in den 1880er Jahren hatte Carl Rabl erstmals vorgeschlagen, dass sich Chromosomen zwischen zwei Kernteilungen (Mitose) nicht vermischen, sondern auch im Zellkern der Interphase voneinander getrennt sind. Er schlug für den Bereich eines Chromosoms den Begriff Territorium vor. Rabls diesbezügliche Ansichten wurden von Theodor Boveri am Anfang des 20. Jahrhunderts unterstützt. Als im späteren Verlauf des 20. Jahrhunderts die Elektronenmikroskopie Einblicke in biologische Präparate von zuvor ungekannter Auflösung erlaubte, war es nicht möglich, im Zellkern Grenzen zwischen dem Chromatin einzelner Chromosomen zu beobachten. Daher setzte sich zunehmend die Ansicht durch, dass sich Chromatinfäden der verschiedenen Chromosomen innerhalb des Zellkerns stark vermischen, ähnlich wie lange Spagetti auf einem Teller. Hinweise, dass Chromosomen doch Territorien bilden, ergaben sich in den 1970er Jahren aus Experimenten, in denen Zellkerne mit UV-Lasern bestrahlt wurden[1]. Bei diesen Versuchen wurde jeweils nur ein kleiner Teil des Zellkerns lebender Zellen bestrahlt. Wären Chromosomen tatsächlich wie Spagetti im ganzen Kern verteilt gewesen, so hätten bei der Bestrahlung alle oder doch zumindest die meisten Chromosomen getroffen werden müssen. In der auf die Bestrahlung folgenden Mitose war jedoch nachweisbar, dass nur wenige Chromosomen Strahlenschäden aufwiesen, die Mehrheit aber unversehrt war. Dies sprach für eine regional begrenzte Ausbreitung der Chromosomen im Zellkern. Ein direktes Sichtbarmachen von Chromosomenterritorien gelang dann etwa zehn Jahre später mit Hilfe der Fluoreszenz in situ Hybridisierung[2], [3] (siehe auch Abbildungen).

Vorkommen

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Chromosomenterritorien wurden in den Zellkernen des Menschen und aller Säugetiere, die entsprechend untersucht wurden, gefunden. Hier kommen sie soweit bekannt in jedem Zellkern vor. Die gleiche Situation findet sich bei Hühnern. Andere Wirbeltiere wurden bisher nicht untersucht (Stand 2006). Bei Pflanzen war der Nachweis schwierig, da lange Zeit keine geeigneten Sonden zur Verfügung standen, die einen Nachweis per Fluoreszenz in situ Hybridisierung ermöglicht hätten. Auch hier ließen sich jedoch letztlich in der häufig für Versuche verwendeten Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) Chromosomenterritorien nachweisen[4]. Die weitere Verbreitung im Tier- und Pflanzenreich ist noch nicht sicher. Es ist möglich, dass es beispielsweise in Organismen mit kleinen Chromosomen, wie etwa der Hefe Saccharomyces cervisiae, auf Grund der geringen Chromosomengröße nicht zur Ausbildung von Territorien kommt und hier eine Durchmischung der Chromatinfäden stattfindet.

Quellenangaben

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  1. C. Zorn, T. Cremer, C. Cremer, J. Zimmer: Laser UV microirradiation of interphase nuclei and post-treatment with caffeine. A new approach to establish the arrangement of interphase chromosomes (1976) Hum Genet. 1976 Dec 29;35(1):83-9. [1]
  2. Schardin et al., Hum. Genet. 71:281, 1985. Specific staining of human chromosomes in Chinese hamster x man hybrid cell lines demonstrates interphase chromosome territories. [2]
  3. Manuelidis, Hum. Genet. 71:288, 1985. Individual interphase chromosome domains revealed by in situ hybridization. [3]
  4. Martin A. Lysak, Ales Pecinka, Ingo Schubert. Recent progress in chromosome painting of Arabidopsis and related species (2003) Chromosome Res. 11(3):195-204 doi:10.1023/A:1022879608152.