Wenn es sich um ein umstrittenes Thema handelt, so kann der objektivste und hilfreichste Beitrag für eine Enzyklopädie nach meinem Verständnis nur darin bestehen, dass Pro und Contra mit ausreichender Ausführlichkeit und Fairness nebeneinander gestellt werden.

Falls der Artikel jedoch den noch zu klärenden Fragen mit persönlichen Interpretationen oder vorgeblichen Wissenschaftspositionen vorzugreifen versucht, dann sollte sich der Leser nach meinem Verständnis auf die möglichen Zweifel besinnen, mögliche versteckte Interessen überdenken und nach zusätzlichen Möglichkeiten zur Klärung der Faktenlage suchen.

Wünschenswert wäre für mich auch, wenn sich bei den Artikelschreibern in der beschriebenen Weise mehr Ausgwogenheit durchsetzen würde.

Insbesondere bei den Wikipedia-Artikeln über Alternativmedizin fallen mir immer die Hinweise auf angebliche Plausibilitätsmängel, auf angebliche Theoriedefizite und angebliche Widerlegungsresultate auf, ohne dass dabei der kritische Abstand zu den möglichen Fehlern in solchen angeblichen Widerlegungsstudien gewahrt ist.

Wie viele Studien werden gar nicht erst zugelassen oder gar nicht erst zur Kenntnis genommen, weil die Professoren oder die Peer-Review-Gutachter den zu prüfenden Phänomenen schon von vornherein "Unmöglichkeit" attestieren, statt erst einmal eine korrekte Faktenerhebung zuzulassen und dann das Theoretische nachzuarbeiten? Und wieviele Studien kommen schlichtweg deshalb zu falschen Ergebnissen, weil sie von unabsichtlich oder absichtlich falschen Fragestellungen ausgehen oder zusätzliche undiskutierte Faktoren verfälschend einwirken lassen?

Wie schon in meinem Diskussionsbeitrag zum Kinesiologie-Artikel dargelegt, habe ich mich aus privaten gesundheitlichen Interessen schon des öfteren mit Überprüfungsmöglichkeiten zum Muskeltest beschäftigt. Dabei ergab sich auch das folgende aufschlußreiche Erlebnis:

Ein Bekannter hatte sich einen kleinen Sender gekauft, mit dem es möglich sein sollte, eine angeblich gesundheitsfördernde elektromagnetische Frequenz oder Frequenzmischung zur Erhöhung des Wohlbefindens durch seine Wohnung zu strahlen. Obwohl ich der Sache sehr skeptisch gegenüberstand, interessierte mich doch die Möglichkeit, ob man auch etwas mit dem Muskeltest darüber herausfinden könnte.

Mit dem Bekannten wurde nun vereinbart, dass er seinen Sender in gewissen Abständen in willkürlicher Reihenfolge ein- oder ausschaltete, also nicht immer ein-aus, sonder ganz nach Zufallsprinzip auch mehrfach hintereinander ein oder aus.

Ich ging mit meiner Frau ins übernächste Zimmer, wo wir auch nichts mehr vom Geschehen am Sender hören konnten, und dort testeten wir in den vereinbarten Abständen an meinem Oberarmmuskel die Frage: Ist der Sender jetzt eingeschaltet?

Nach einer Weile verglichen wir die Testantworten mit der tatsächlichen Ein-Aus-Schaltliste, und zu meiner heftigen Enttäuschung zeigte sich dabei keine Korrelation. Das Ergebnis sah ganz so aus, als würde der Muskeltest hier nicht mehr bringen können als eben Zufallstreffer, und damit hätte ich die Sache dann auch als erledigt und "widerlegt" abtun können.

Inzwischen kam mir aber noch die Idee, ob vielleicht die Formulierung der Frage eine Rolle spielte, mit der wir den Muskeltest verbunden hatten. Deshalb wiederholten wir den ganzen langen verblindeten Testdurchlauf wie beschrieben noch einmal, aber diesmal einfach nur mit den Fragen: Fühle ich mich jetzt besser? bzw. Fühle ich mich jetzt schlechter?

Beim erneuten Vergleich der Testantworten mit der Schaltliste kam uns dann doch noch ein erstauntes Schmunzeln ins Gesicht: Nahezu jedesmal, wenn der Sender eingeschaltet war, hatte der Muskeltest gleichzeitig angezeigt: "Ich fühle mich jetzt schlechter!"

Die tatsächliche Qualität des Senders kann uns hierbei egal sein. Aber was zeigt sich mit der eindeutig feststellbaren Korrelation zwischen Elektrostrahlung und Muskeltestantwort? Zunächst einmal, dass der Muskeltest ganz offensichtlich an eine Wahrnehmungsfähigkeit gekoppelt sein muss, die ausserhalb der bisher wissenschaftlich akzeptierten Sinnesorgane liegt. Als nächstes zeigt es, dass dabei auch eine Wahrnehmungsfähigkeit für elektromagnetische Felder vorliegen muss. Und schließlich wurde mit dem ganzen Versuchsablauf aber auch deutlich, dass korrekte Beweise nur mit den richtigen Fragestellungen zu führen sind, während sich durch inkompetente Fragestellungen und unzureichende Versuchsanordnungen auch beliebige "Widerlegungsstudien" produzieren lassen.

Nun finde ich also auf den aktuellen Wikipedia-Seiten solche Sätze wie: "Ein Nachweis der diagnostischen Validität und Wirksamkeit der Kinesiologie gelang bisher nicht und gilt als unwahrscheinlich." Oder auch: "Die Elektrosensibilität von Menschen ist nicht allgemein anerkannt (siehe Studienlage ...), und wird von manchen Skeptikern daher eher in den Bereich der Hypochondrie eingeordnet."

Sollte man sich da jetzt einfach nur auf die angebliche "Studienlage" verlassen, oder dem Pro und Contra ausführlicher nachgehen und auch die eigenen Erfahrungsmöglichkeiten einbeziehen?