Logo des ENEM

Das Exame Nacional do Ensino Médio („Nationale Sekundarschulprüfung“, [eˈzɐ̃mi nasjoˈnaw du ẽˈsinu ˈmɛdʒi.u]), kurz ENEM [eˈnẽj], ist ein brasilianischer nationaler Test, der ein nicht-verpflichtender Bestandteil des brasilianischen Schulsystems ist. Es handelt sich dabei um die größte Prüfung Brasiliens. Ursprünglich sollte das ENEM lediglich den Leistungsstand am Ende der Sekundarschule prüfen. Heute regelt es die Zulassung zu den öffentlichen und einigen privaten Hochschulen in Brasilien. Außerdem dient es als Kriterium bei der Vergabe von Stipendien.

Auch mehrere portugiesische Hochschulen verwenden das ENEM.

Geschichte

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Das ENEM wurde 1998 ins Leben gerufen[1], um den Leistungsstand der Schüler nach Abschluss der Sekundarschule zu ermitteln.[2][3] Es wurde am 20. August in 184 Städten durchgeführt, insgesamt nahmen 115.575 Personen daran teil. Die Anmeldegebühr betrug 20 R$, wurde jedoch den meisten Teilnehmern erlassen. 53 % der Teilnehmer waren jünger als 19 Jahre, nur 9 % hatten zuvor eine öffentliche Schule besucht. Das erste ENEM war an nur zwei Hochschulen gültig. Bereits im darauffolgenden Jahr erhöhte sich diese Zahl auf 93. Ab dem Jahr überwachten von den staatlichen Bildungsbehörden ernannte Beobachter das ENEM. Bereits im Jahr 2002 wurde das ENEM an 600 Orten durchgeführt. Nun nahmen 50 % aller, die die Sekundarschule abgeschlossen hatten, am Test teil.[1]

Seit 2004 erteilt das ENEM die Zulassung zur Hochschulbildung.[3] Im selben Jahr begann ProUni (Programa Universidade para Todos „Programm Universität für alle“), die im ENEM erreichte Punktzahl für die Vergabe von Voll- und Teilstipendien zu nutzen.[1] Die Voraussetzung sind mindestens 450 Punkten im ENEM sowie das Bestehen des Essays und ein Familieneinkommen zwischen 1,5 und 3 Mindestlöhnen.[3] Durch ProUni stieg die Anzahl der Teilnehmer, die ein Hochschulstudium beginnen wollten, erheblich an. Im Jahr 2006 erreichte der Anteil von Teilnehmern mit eine Familieneinkommen von bis zu zwei Mindestlöhnen mehr als die Hälfte der Teilnehmer (53,7 %).[1]Beim 10. ENEM im Jahr 2007 nahmen rund 3,5 Millionen personen in 1324 Städten teil. Über 70 % der Absolventen wollte ein Studium aufnehmen.[1]

Im Jahr 2008 kündigten INEP und MEC an, dass das ENEM das nationale Auswahlverfahren für den Zugang zur Hochschulbilund und die Zertifizierung der Sekundarbildung werden würde.[1][2]

Das Sistema de Seleção Unificada („Einheitliches Auswahlsystem“, SiSU) wurde 2009 eingeführt. Dadurch wandelte sich der Prüfungsaufbau zum heutigen. Der Test fand erstmals nicht im August oder September statt, sondern Anfang Dezember.[1]

2010 wurde der Zugang zu barrierefreien Ressourcen ermöglicht. Außerdem griff nun auch der Fies (Fundo de Financiamento ao Estudante do Ensino Superior „Fond zur Finanzierung von Hochschulstudenten“) auf die Ergebnisse zu.[1] Er bietet Finanzierung für den Zugang zu privaten Universitäten, sofern im ENEM eine Punktzahl von 450 Punkten erreicht wurde.[3] Außerdem ermöglichte der Zugang zum SiSU nun, dass die Schüler sich mit ihrer Prüfungsnote um einen Platz an der öffentlichen Universität bewerben konnten.[3]

Im Jahr 2016 wurden die Sicherheitsvorkehrungen in den Prüfungen verschäft. An allen Toiletteneingängen in den Prüfungszentren wurden Metalldetektoren eingesetzt. Die biometrische Datenerfassung während der Prüfungen begann. Außerdem wurde eine ENEM-App eingeführt.

Seit 2017 findet das ENEM an zwei aufeinanderfolgenden Sonntagen im November statt. Ein Videotest in Libras machte die Prüfung für Gehörlose und Schwerhörige zugänglicher. Außerdem wurden personalisierte Prüfungen mit Name und Registrierungsnummer des Teilnehmers und einer elektronischen Kennung für den Empfänger als Sicherheitsmerkmal eingeführt. Beinahe 7 Millionen Teilnehmer registrierten sich.

Heute wird das ENEM von öffentlichen aber auch privaten Universitäten als hauptsächliches oder einziges Instrument für die Zulassung zur Einschreibung genutzt. Private Universitäten nutzen ihn auch zur Vergabe von Studienkrediten und Studiengebührenerlassen.[4]

Aufbau und Durchführung

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Das ENEM besteht seit 2009 aus einem geschriebenen Essay und 180 Multiple-Choice-Fragen aus den vier Themenbereichen Sprache, Mathematik, Sozialwissenschaften und Naturwissenschaften (45 Fragen pro Wissensbereich[3]). Der Test läuft über einen Zeitraum von zwei Tagen.[4] Dabei werden an zwei aufeinanderfolgenden Sonntagen im November jeweils 90 Fragen gestellt: An Tag 1 erarbeiten die Prüflinge in fünfeinhalb Stunden Fragen aus dem Bereichen Sprache und Sozialwissenschaften sowie das Essay. Am zweiten Sonntag sind 5 Stunden für die Erarbeitung der Fragen aus den Themenbereichen Mathematik und Naturwissenschaften vorgesehen. Der Prüfungsort kann dabei selbst ausgewählt werden.[3]

Die Einschreibung fürs ENEM erfolgt jährlich vom 5. bis 16. Juni über das Portal des INEP. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es möglich, eine Befreiung für die Anmeldungsgebühr von 85 R$ (ca. 15 €) zu beantragen.[3] Bei der Anmeldung zum ENEM wird unter anderem der sozioökonomische Status, das Geschlecht, Alter, Ethnizität[5] und die Ausbildung der Eltern angegeben.[4]

Zur Vorbereitung aufs ENEM besuchen viele Schüler einen curso pré-vestibular, auch cursinho genannt.[6]

Bewertung

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Die durchschnittliche Punktzahl im ENEM liegt bei etwa 500 Punkten, die maximal zu erreichende Punktzahl variiert von Test zu Test[7], liegt jedoch bei ca. 1000 Punkten.[8] Im Essay können bis zu 200 Punkte erreicht werden.[7]

ENEM-Ergebnisse 2023[8]
Beste Punktzahl Schlechteste Punktzahl
Essay 200

(erreicht von 60 Prüflingen)

40

ausgenommen: 0 Punkte durch Regelbruch

Sprache 820,8 287,0
Mathematik 958,6 319,8
Sozialwissenschaften 823,0 289,9
Naturwissenschaften 868,4 314,4

Obwohl seit 2020 eine digitale Version erprobt wird, wird das ENEM nach wie vor nur in gedruckter Form durchgeführt.[3]

Die Bildung und finanziellen Mittel des Elternhauses sowie die Form der Schulbildung (öffentliche oder Privatschule) hat großen Einfluss auf die Testergebnisse.[4]ä

Weiteres

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  1. a b c d e f g h Histórico. In: gov.br. Ministério da Educação, abgerufen am 6. Juni 2024 (brasilianisches Portugiesisch).
  2. a b Cláudio de Moura Castro: Educação. 28. November 2006, abgerufen am 23. April 2024.
  3. a b c d e f g h i Como funciona o Enem: saiba tudo sobre o exame. In: descomplica. descomplica, 24. August 2023, abgerufen am 25. April 2024 (brasilianisches Portugiesisch).
  4. a b c d Eveline de Medeiros Miranda, Donald R. Baum: COVID-19 learning loss and recovery in Brazil: Assessing gaps across social groups. In: Education Policy Analysis Archives. Band 32, 16. Januar 2024, ISSN 1068-2341, doi:10.14507/epaa.32.8082 (asu.edu [abgerufen am 25. April 2024]).
  5. Es wird die ação afirmativa praktiziert.
  6. Fabio Said: Das brasilianische Bildungssystem ausführlich erklärt. In: Lingua Brasilis. Lingua Brasilis Übersetzungsbüro Fabio Said, 18. April 2024, abgerufen am 25. April 2024.
  7. a b Adriano Lesme: Como calcular a nota do Enem? In: Brasil Escola. Brasil Escola, abgerufen am 25. April 2024 (brasilianisches Portugiesisch).
  8. a b Ludimila Ferreira: Veja quais foram as maiores e menores notas do Enem 2023. In: Terra. Terra, abgerufen am 25. April 2024 (brasilianisches Portugiesisch).