Zhora Opoku (* 1976 in Altdöbern, ehem. DDR) ist eine deutsch-ghanaische Künstlerin. Sie lebt und arbeitet in Accra, Ghana und wird vertreten durch die Mariane Ibrahim Galerie Chicago/Paris.[1] Für einen Großteil ihrer Arbeiten greift sie auf das Medium der Fotografie zurück, die sie mittels verschiedener Druckverfahren auf verschiedene Naturstoffe bringt. Thematisch setzen sich ihre Werkserien mit der Konstruktion von Identitäten unter sozio-politischen, geschichtlichen und kulturellen Einflüssen auseinander aus einer afrodiasporischen Perspektive. Identität erscheint dabei als fluides Konstrukt, das sich unter variierenden Einflüssen einem stetigen Wandel unterzieht.[2]

„Through my personal background, I am constantly referencing how identity can be transformed according to the place of our origin or upbringing and that we have to accept ourselves as global citizens“[3]

Zuletzt war sie Artist-in-residence in dem von Kehinde Wiley gegründeten Artist space „Black Rock Senegal“ in Dakar.

Leben und Ausbildung

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Zhora Opoku begann ihre künstlerische Ausbildung im Feld der Mode und Fotografie. Sie absolvierte zunächst einen Master in Mode-, Kostüm- und Textildesign an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg (2003) und arbeite danach für den Künstler und Modedesigner Henrik Vibskov. 2007 wurde sie dann vom Victoria and Albert Museum entdeckt und wurde im Rahmen der Ausstellung „Black Style“ (2007) dort ausgestellt.[4] Im Jahr 2009 kehrte sie der Modewelt endgültig den Rücken, um sich vollends auf die Bildende Kunst zu konzentrieren.[5]

Als Tochter einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters entschloss sie, sich tiefer mit der eigenen afrikanischen Identität auseinanderzusetzen und zog 2011 nach Accra, die Heimat ihres Vaters. Im Zuge ihrer Erfahrungen in Ghana und den mit ihrer Arbeit verbunden Recherchen zur traditionellen ghanaischen Textilindustrie, beschäftigte sie sich intensiver mit den Rahmenbedingungen von kulturellen Gedächtnissen und der Herausbildung von Identitäten. Resultierend daraus verortet Opoku ihre Werke, ausgehend von der eigenen Familienbiographie und unter einer afrodiasporischen Perspektive, immer in einem größeren sozialpolitischen Rahmen.[5] [6] Ihre Arbeiten wurden international, in den verschiedenen Ausstellungshäusern gezeigt: Nubuke Foundation, Kunsthaus Hamburg, Guggheim Museum Bilbao, Royals Museum of Ontario, Cleveland Museum of Art u.a..[2]

Künstlerisches Werk

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Neben der Fotografie als Ausgangspunkt ihres künstlerischen Prozesses greift Opoku auf verschiedenste Medien für ihre Arbeiten zurück. So nutzt sie Installationen, Videos, Performance und Skulptur für die Inszenierung ihrer Arbeiten. Dabei verhandeln sie u.a. die kulturelle Bedeutung von Mode für eine Gesellschaft, den Umgang von Gesellschaften mit Textilien und wie dies, die Herausbildung von Identitäten beeinflusst oder diese überlagert. Hierfür inszeniert sie Materialien und Traditionen neu, um zu zeigen, welche sozialpolitischen Einflüsse Kleidung und Mode auf die Geschichte und Kultur Afrikas hat.[7]

Die Exploration des Textilien begann mit ihrer „Handwash Only Series“ (2008). Hierfür fotografierte sie Wäscheleinen in Dakar, wobei sie dabei vor allem von ihren formal-ästhetischen Qualitäten fasziniert war. In ihrer Arbeit „Who is wearing my t-shirt?“ (2010) wird, durch die Reinszenierung von in Deutschland erworbener Secon-Hand Kleidung in neuen Designs und deren fotografischer Inszenierung in Rahmen von Aktionen in Deutschland und Lagos, auf die sozialpolitischen Implikationen dieser Handelsmaschinerie aufmerksam gemacht. Dabei zeigt sich, wie der Einführung eines westlichen Kleidungsstils importiert wird, der den Bestand und die Entwicklung der inländischen Kleidungsindustrie überlagert und zerstört. Was wiederum einen negativen Einfluss auf eine westafrikanische Identität hat, die sich im besonderen über Mode und den mit ihr verbundenen kulturellen Codes vermittelt. Ähnliches thematisiert auch die Arbeit „The Billboard Project’s“ (2014-2015).[8] Ein weiterer thematischer Pfeiler in ihren Werkserien setzt sich mit dem Leben und den Möglichkeiten von Frauen auseinander. So ihre Arbeit „WoMen ON BIKES“ (2011), bei der sie eine utopische Version von Frauen in Afrika entwickelt, die durch die Nutzung von Fahrrädern ermächtigt werden, in ihrer Flexibilität und Freiheit.[5] In „The Harmattan Tales“ (2018) porträtiert sie muslimische Frauen aus verschiedenen afrikanischen Ländern und ihre Glaubenspraxis, wobei im Fokus das Tragen des Schleiers steht und die Ästhetik muslimischer Kleidung. Des Weiteren verweist sie auf die verschiedenen Stadien des Enthüllens, die innerhalb ihrer Community existieren, wodurch sie zweifelsfrei sichtbar werden.[9]

Warum Textilien eine übergeordnete Rolle in Opokus Arbeiten einnehmen, wird im Besonderen durch die Arbeit „UNRAVELED THREADS“ (2017) deutlich. Hier setzt sich die Künstlerin mit ihrer ghanaischen Familiengeschichte auseinander. Hierfür fertigt sie Collagen von auf Stoffstücken, im Siebdruckverfahren gedruckten Familienfotografien an und inszeniert dabei, die Geschichte ihres Vaters, ein Asante-König (Nana Opoku Gyabaah II, Chidomhene of Asato/Akan) der Volta-Region, aus ihrer eigenen Perspektive neu. Hierbei taucht sie in die Kultur der Ashanti ein und zeigt die enorme Bedeutung des Kente-Stoffs, der innerhalb von Familien weiter vererbt wird und ein Bedeutungsträger darstellt, der der Erinnerung von Dynastie- und Familiengeschichte dient. Indem sie die bedruckten Stoffe collagenartig arrangiert, symbolisiert sie das Zusammengreifen von Gegenwart und Vergangenheit, welche durch die Kombination von Fotografie und Material sichtbar wird.[10]

Ein Großteil ihrer Werke zeigt die Praxis des Collagierens, eine Technik, die Opoku aus ihrer Arbeit in der Modeindustrie mitbringt. Dabei schätzt sie den experimentellen Aspekt der Collage. Es existieren dabei keine festen Regeln, alles kann miteinander arrangiert werden, die verschiedensten Medien und Materialien. Des Weiteren experimentiert sie mit verschiedenen Druckverfahren und Untergrundmaterialien. Die dabei entstehenden Effekte, die durch scheinbare Fehler beim Drucken der Motive entstehen, werden dann ein Teil des Werkprozesses und fließen in die endgültige Komposition einer Arbeit mit ein.[10][7] Diese Stilmittel machen ihre genuine künstlerische Formensprache aus und finden sich auch in ihren aktuellen Arbeiten wieder. In „The Myths of Eternal Life“ (2020/21) beschäftigt sich Opoku mit dem Tod, dem menschlichen Geist, dem Umgang mit der eigenen Sterblichkeit und einem möglichen Leben danach. Diese thematische Neuausrichtung ergab sich angesichts der Bewältigung, der eigenen Brustkrebsdiagnose, mit der sie 2019 konfrontiert wurde.[11] [12] Eine Auswahl dieser Werkserie war bei der „Eclipse“ Athen Biennale 2021 zusehen und in der Online Gruppenausstellung „The Last Museum“ im KW Institute for Contemporary Art in Berlin.

Werke (Auswahl)

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• Who is wearing my SHIRT? (seit 2010)

• WoMen ON BIKES (2011)

• Handwash Only (2011-2012)

• Billboard Project (2014-2015)

• Body Mask‘s (2014-2015)

• Unraveled Threads (2017)

• The Myths of Eternal Life (2020/21)

Einzelausstellungen[13]

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2019 Prismes sector, Paris Photo, Mariane Ibrahim Gallery, Paris, France

2018 Art Dubai, Mariane Ibrahim Gallery, Dubai, United Arab Emirates

Harmattan Tales, Mariane Ibrahim Gallery, Seattle, WA

2017 Unraveled Threads, The Armory Show, Mariane Ibrahim Gallery, New York, NY

2016 Draped Histories, Kruger Gallery, Chicago, IL

Sassa, Gallery1957, Accra, Ghana

2014 The Billboard Project, Public art exhibition, Accra, Ghana

2013 Post No Bill, Jamestown Community Theater Centre, Accra, Ghana

Stipendien und Residenzen[13]

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2022 New Roots Foundation/ La Nueva Fábrica, Antigua, Guatemala Triangle Art Association, Artist Residency, Brooklyn, NY

2020 Black Rock, Artist Residency, Dakar, Senegal

2018 ART Dubai Residence, Tashkeel Studios, Dubai, United Arab Emirates 2016 Sacatar Artist

Residency, Salvador da Bahia, Brazil

2015 Research Residency, Iwalewa Haus, Bayreuth, Germany

2014 Artist Residency, Jan van Eyck Institute, Maastricht, Netherlands

2013 Visiting grant for Salon Urbain de Douala, Cameroon

Art show funding, Accra, Alliance Française + Goethe-Institut, Ghana

2012 Artist residency, Art OMI, Ghent, NY

2008 Prêt-à-partager, Aktion Afrika, German Cultural Fund Couture Commune, Artist residency, Künstlerhaus, Stuttgart, Germany


Ihre Werke sind in folgenden Sammlungen vertreten:

Tate Modern, CCS Bard College Hessel Museum of Art, Los Angeles County Museum of Art, The Cleveland, Clinic Collection, The Royal Museum of Ontario, The Faurschou Foundation, Samuel P. Harn Museum of Art, University of Florida.

Einzelnachweise

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  1. https://marianeibrahim.com
  2. a b https://www.zohraopoku.com/about abgerufen am 29. Oktober 2021
  3. Zitat der Künstlerin in: Sharvari Alape: Inside Artist Zohra Opoku’s Ethereal Studio In Senegal, 08.06.2020, https://www.harpersbazaararabia.com/culture/art/we-step-inside-artist-zohra-opokus-ethereal-studio abgerufen am 29. Oktober 2021
  4. http://www.artbaseafrica.org/artist/zohra-opoku, abgerufen am 29. Oktober 2021
  5. a b c Sharvari Alape: Inside Artist Zohra Opoku’s Ethereal Studio In Senegal, 08.06.2020, https://www.harpersbazaararabia.com/culture/art/we-step-inside-artist-zohra-opokus-ethereal-studio abgerufen am 29. Oktober 2021
  6. https://www.callies.berlin/de/residents/22-zohra-opoku
  7. a b nataal gallery talks: interview conducted by Azu Nwagbogu and Maria Pia Bernardoni of the African Artists ’ Foundation and Art Base Africa, https://nataal.com/zohra-opoku abgerufen am 29. Oktober
  8. Christina Waechter: Who is wearing my T-shirt? 15.07.2010, https://www.jetzt.de/redaktionsblog/who-is-wearing-my-t-shirt-507381 abgerufen am 29. Oktober 2021
  9. „After the prayer, before the prayer |2018“ https://www.zohraopoku.com/videowork, abgerufen am 29. Oktober 2021
  10. a b Ashley Elis: Unraveled Threads | 2017, https://www.zohraopoku.com/unraveled-threads abergufen am 29. Oktober 2021
  11. Enuma Okoro: In the Art of Tonia Nneji and Zohra Opoku, Poignant Narratives of Healing, 13.11.2020; https://www.vogue.com/article/tonia-nneji-and-zohra-opoku-narratives-of-healing; abgerufen am 29. Oktober 2021
  12. THE MYTHS OF ETERNAL LIFE | 2020-21 -, https://www.zohraopoku.com/myths-of-eternal-life, abgerufen am 29. Oktober 2021
  13. a b https://static1.squarespace.com/static/5ebdade7783126540bff7b5d/t/60c646a499b3c572ebb78d2c/1623606948956/ZohraOpoku_CV_May2021.pdf, abgerufen am 29. Oktober 2021

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