Angehöriger des rechtskundigen Dienstes bei den Sicherheitsbehörden

Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, welche nicht nur juristisch tätig sind, sondern darüber hinaus auch Exekutivdienst versehen

Ein Angehöriger des rechtskundigen Dienstes bei den Sicherheitsbehörden (Polizeijurist) in Österreich ist ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, das nicht nur juristisch tätig ist, sondern darüber hinaus auch Exekutivdienst versieht. Er ist in einer Doppelfunktion tätig: Einerseits vertritt er die Behörde, andererseits ist er als Exekutivorgan auch zur Anwendung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt.

Amtstitel Bearbeiten

Darüber hinaus gibt es noch die folgenden Verwendungsbezeichnungen:

Die Angehörigen des rechtskundigen Dienstes sind erkennbar an ihren unverwechselbaren Distinktionen. Abhängig von ihrer konkreten Aufgabe versehen sie ihren Dienst in Polizeiuniform oder Zivil.

Bekannte Angehörige des rechtskundigen Dienstes bei den Sicherheitsbehörden Bearbeiten

Einsatzgebiet innerhalb der Sicherheitsbehörden Bearbeiten

Das Themenfeld, in welchem Angehörige des rechtskundigen Dienstes eingesetzt werden, ist breit und könnte unterschiedlicher kaum sein. So werden diese etwa in Polizeikommissariaten, Referaten, Büros und Abteilungen der Landespolizeidirektionen (LPD), im Innenministerium (BM.I) sowie in den, diesem organisatorisch zugehörigen, Ämtern (Bundeskriminalamt, Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, Direktion Spezialeinheiten) bzw. in sonstigen ministeriellen Organisationseinheiten eingesetzt (z. B. als Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit oder als Generalsekretär). Zu den Aufgaben der Angehörigen des rechtskundigen Dienstes gehören jedoch nicht nur rein juristische Tätigkeiten. Das Spektrum umfasst je nach Einsatzgebiet operative wie auch strategische Themenfelder. Die Tätigkeit in den Zentralstellen ist sehr spezialisiert, wohingegen in den traditionell operativ ausgerichteten Polizeikommissariaten ein allgemeineres, dafür breiteres Wissen erforderlich ist.

Aufgabengebiet in den Polizeikommissariaten Bearbeiten

Polizeikommissariate wurden zur Wahrnehmung der Aufgaben als Sicherheitsbehörde 1. Instanz eingerichtet. In den Polizeikommissariaten sind neben Verwaltungsbediensteten unter anderem auch Angehörige des rechtskundigen Dienstes beschäftigt. Diese sind ebenso wie die Angehörigen des Wachkörpers Bundespolizei Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und versehen wie diese Exekutivdienst. Die Angehörigen des rechtskundigen Dienstes sind in einer Doppelfunktion tätig. Sie üben einerseits die Funktion approbationsbefugter Vertreter des Behördenleiters mit entsprechenden Behördenbefugnissen aus und sind andererseits auch zur Anwendung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt inkl. zur Ausübung der Organbefugnisse ermächtigt.

Angehörige des rechtskundigen Dienstes bei der Landespolizeidirektion Wien Bearbeiten

Die neun Landespolizeidirektionen können mittels interner Geschäftsordnung die Zuständigkeiten ihrer einzelnen Organisationseinheiten regeln. Bei der mit Abstand größten, der Landespolizeidirektion Wien, wurde dies wie folgt normiert: Den Polizeikommissariaten sind zur Erfüllung ihrer Aufgabe als Sicherheitsbehörde I. Instanz Stadtpolizeikommanden zur Dienstverrichtung zugewiesen. Der Leiter eines Polizeikommissariats, ein Angehöriger des rechtskundigen Dienstes, führt die Bezeichnung „Stadthauptmann“, der Leiter eines Stadtpolizeikommandos, ein leitender Beamter des Wachkörpers Bundespolizei, die Bezeichnung „Stadtpolizeikommandant“. Der Stadtpolizeikommandant ist dem Stadthauptmann für die sachgerechte Besorgung der ihm zugewiesenen Aufgaben unmittelbar verantwortlich. Den Angehörigen des rechtskundigen Dienstes kommt im Umfang ihrer sachlichen Zuständigkeit Weisungsbefugnis gegenüber jenen Angehörigen des Wachkörpers Bundespolizei zu, die in diesem Bereich Vollzugsaufgaben erledigen.

Juristischer Journaldienst in den Polizeikommissariaten Bearbeiten

Bei den Polizeikommissariaten ist für unaufschiebbare Aufgaben ein Journaldienst mit einem Angehörigen des rechtskundigen Dienstes eingerichtet. Dieser unterstützt die Polizeibeamten der Bezirke mit seiner Rechtsexpertise und erteilt auch entsprechende Behördenaufträge.[1] Überdies werden von ihm Strafverhandlungen mit Verwaltungshäftlingen durchgeführt sowie Amtshandlungen wegen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt (§ 269 StGB) bzw. tätlichen Angriffes (§ 270 StGB) geführt. Im Falle von Leichenfunden wird unter bestimmten Voraussetzungen eine „Kriminalpolizeiliche Kommission“ zusammengestellt. Diese dient in erster Linie der Feststellung von Anhaltspunkten über das Vorliegen von Fremdverschulden bzw. Fremdeinwirkung. Sie soll der Staatsanwaltschaft eine Entscheidungsgrundlage für die Anordnung der Obduktion oder Freigabe der Leiche bieten. Solch eine Kommissionierung ist jedenfalls bei Verdacht auf Fremdverschulden (Mord, Körperverletzung mit tödlichem Ausgang), Selbstmord, tödlichen Unfällen sowie Todesfällen, bei welchen ein Zusammenhang mit Medikamenten bzw. Suchtgift anzunehmen ist, durchzuführen. Überdies ist eine solche auch bei Todesfällen von Kindern, Säuglingen sowie beim Fund von Föten und Skelettteilen zwingend vorgesehen. Die Kommission wird vom Journaldienst versehenden Angehörigen des rechtskundigen Dienstes geleitet und besteht zusätzlich aus einem Polizeiarzt und einem Kriminalbeamten. Außerhalb der Amtsstunden übernimmt der Zentraljournaldienst die Aufgaben der Journaldienste der Polizeikommissariate.[2] Dadurch ist eine 24/7 Abdeckung gewährleistet. Neben diesen Tätigkeiten führen Angehörige des rechtskundigen Dienstes auch Schnellrichtereinsätze durch. Solche dienen mitunter dazu, die Verkehrssicherheit zu heben und durch die unmittelbare dienstliche Wahrnehmung eine Beschleunigung der Verwaltungsstrafverfahren zu erzielen.[3] Angehörige des rechtskundigen Dienstes werden auch als behördlicher Aufsichtsdienst verwendet, dabei leiten diese bei Großveranstaltungen nach dem Wiener Veranstaltungsgesetz (z. B. Theater, Staatsoper, Zirkusse, Konzerte etc.) den Überwachungsdienst bzw. üben bei Sportgroßveranstaltungen (z. B. Fußballspiele) oder Demonstrationen die behördliche Einsatzleitung aus.[4]

Literatur Bearbeiten

  • Öffentliche Sicherheit, Polizist und Jurist, 7–8/2023 S. 28–29.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Die Wiener Polizei. Magazin der Landespolizeidirektion Wien. April–Juni 2023 (polizei.gv.at [PDF]).
  2. Polizist und Jurist. Bundesministerium Inneres, Juli 2023, abgerufen am 16. April 2024.
  3. Polizeikommissariat Wien-Ottakring. Bundesministerium Inneres, März 2023, abgerufen am 16. April 2024.
  4. Eine Stadt in der Stadt. (PDF; 655 kB) Polizeikommissariat Wien-Donaustadt. In: ÖFFENTLICHE SICHERHEIT 11–12/22. Bundesministerium Inneres, S. 30–32, abgerufen am 16. April 2024.