Analytischer Thomismus ist eine philosophische Richtung, welche den Ideenaustausch zwischen dem Denken des Thomas von Aquin (eingeschlossen der Philosophie, die sich auf ihn bezieht, genannt 'Thomismus') und der modernen Analytischen Philosophie befördert.

Der schottische Philosoph John Haldane prägte in den frühen 1990er Jahren als erster den Begriff und ist seitdem der führende Vertreter dieser Richtung. Nach Haldane, „analytical Thomism involves the bringing into mutual relationship of the styles and preoccupations of recent English-speaking philosophy and the ideas and concerns shared by St Thomas and his followers“ (beinhaltet analytischer Thomismus, die Stile und Beschäftigungen der gegenwärtigen englischsprachigen Philosophie und die Ideen und Anliegen des Hl. Thomas und seiner Nachfolger in eine wechselseitige Beziehung einzubringen, Haldane 2004, xii).

Geschichte Bearbeiten

Die moderne Wiederbelebung der Gedanken des Thomas kann auf das Werk von Thomisten wie Tommaso Maria Zigliara, Josef Kleutgen, Gaetano Sanseverino und Giovanni Maria Cornoldi in der Mitte des 19. Jahrhunderts zurückgeführt werden. Diese Bewegung erhielt einen enormen Aufschwung durch die Enzyklika Aeterni Patris Papst Leos des XIII. von 1879. In der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts führten unter anderen Edouard Hugon, Réginald Garrigou-Lagrange, Étienne Gilson und Jacques Maritain Papst Leos Aufruf für eine thomistische Wiederbelebung weiter (Paterson & Pugh, xiii-xxiii). Besonders Gilson und Maritain forschten und lehrten in ganz Europa und Nord Amerika und beeinflussten so eine ganze Generation englischsprachiger katholischer Philosophen. Einige von diesen begannen dann den Thomismus mit allgemeineren philosophischen Trends zu harmonisieren.

Zur gleichen Zeit nutzte in Polen der Krakauer Kreis Mathematische Logik um Aspekte des Thomismus auszudrücken, welcher, wie dieser Kreis urteilte, [have] "a structured body of propositions connected in meaning and subject matter, and linked by logical relations of compatibility and incompatibility, entailment, etc." (einen strukturierten Körper von Propositionen verbunden in Bedeutung und subjektivem Gehalt, welche verknüpft sind mit logischen Beziehungen, Vereinbarkeit und Unvereinbarkeit etc. [habe] Simons 2011, pp. 61–79). Vom Krakauer Kreis ist gesagt worden, er sei "the most significant expression of Catholic thought between the two World Wars" (der signifikanteste Ausdruck katholischen Denkens zwischen den beiden Weltkriegen gewesen. Kraków Philosophy, n. d.).

Zur gegenwärtigen philosophischen Rezeption des Aquinaten Bearbeiten

In der Mitte des 20. Jahrhunderts kam durch die Arbeiten von G. E. M. Anscombe, Peter Geach und Anthony Kenny thomasisches Gedankengut in Dialog mit der analytischen Tradition. Anscombe war Ludwig Wittgensteins Studentin gewesen und sein Nachfolger an der Universität Cambridge geworden und war mit Geach, selbst ein ausgebildeter Logiker und Religionsphilosoph, verheiratet. Geach war während seines Studiums in Oxford zum Katholizismus konvertiert, Anscombe während ihrer Jugend. Beide wurden in Oxford von dem Dominikaner Richard Kehoe in den Glauben eingeführt und in die Kirche aufgenommen, bevor sie einander kennen lernten. Kenny, ein ehemaliger Priester und früherer Katholik, wurde ein berühmter Philosoph an der Universität Oxford und wird von manchen noch immer als Förder des Aquinaten dargestellt. (Paterson & Pugh, xiii-xxiii), obwohl die Ablehnung einiger fundamentalen Lehren des Thomas (z. B. die göttliche Ewigkeit) Zweifel daran heftet.

Anscombe und anderen, wie Alasdair MacIntyre, Philippa Foot und John Finnis kann in hohem Maße die Wiederbelebung der "Tugendethik" in der Metaethik und des "Naturrechts" in der Rechtswissenschaft angerechnet werden. Beide Bewegungen stützen sich signifikant auf Thomas.

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Für einen ersten Überblick über den Analytischen Thomismus siehe: Introduction, in: Craig Paterson & Matthew S. Pugh (eds.) Analytical Thomism: Traditions in Dialogue (Aldershot and Burlington, Vt.: Ashgate, 2006). Introduction.
  • F.C. Copleston, Aquinas (Penguin, 1955).
  • John Haldane (ed.), "Analytical Thomism" volume of Monist 80 (4) October, 1997.
  • John Haldane, "Thomism and the Future of Catholic Philosophy", New Blackfriars 80 (938), 1999.
  • John Haldane, Faithful Reason: essays Catholic and Philosophical (London and New York: Routledge, 2004).
  • Peter Simons, "Bocheński and Balance: System and History in Analytic Philosophy", Studies in East European Thought, 55(2003) pp. 281–297, reprinted in Edgar Morscher, Otto Neumaier, and Peter Simons (2011), Ein Philosoph mit "Bodenhaftung": Zu Leben und Werk von Joseph M. Bocheński, Sankt Augustin: Academia, pp. 61–79.
  • Kraków Philosophy, n. d. @1@2Vorlage:Toter Link/segr-did2.fmag.unic.it (Seite dauerhaft nicht mehr abrufbar, festgestellt im Oktober 2016. Suche in Webarchiven) Cracow
  • Fergus Kerr, O.P., "Aquinas and Analytic Philosophy: Natural Allies?", Modern Theology 20 (1), 2004.
  • John Finnis, Aquinas: Moral, Political, and Legal Theory (Oxford, 1998).
  • Roger Pouivet, Après Wittgenstein, saint Thomas (PUF, 1997).
  • Anthony J Lisska,Aquinas's Theory of Natural Law: An Analytic Reconstruction (Oxford: New York, 1996).
  • Pérez de Laborda, Miguel, "El tomismo analítico", Philosophica: Enciclopedia filosófica on line 2007
  • Tomismo analitico (span.) Article.
  • John C. Cahalan, Causal Realism: An Essay on Philosophical Method and the Foundations of Knowledge (Routledge, 1985)
  • Giovanni Ventimiglia: To be o esse? La questione dell’essere nel tomismo analitico, Carocci, Roma 2012

Etwas abweichende Einschätzungen:

  • Alfred Freddoso, Two Roles for Catholic Philosophers
  • Brian J Shanley, OP, The Thomist Tradition (Dordrecht/Boston/London: Kluwer, 2002).
  • Entries by Stephen Theron in Haldane (ed.) (1997) and Paterson & Pugh (eds.) (2006).
  • Entries by Shanley and John Knasas in Paterson & Pugh (eds.) (2006).