Adhäsive Identifikation changiert definitorisch zwischen einem seelischen Zustand[1] bzw. einer Objektbeziehung und einem Abwehrmechanismus[2]. Während eine übliche Identifikation ein Sich-Hineinversetzen in Andere meint, bleibt die adhäsive Identifikation auf rein äußere Eigenschaften beschränkt. Esther Bick[3] und Donald Meltzer[4] beschrieben bei Adhäsiver Identifikation zweidimensionale Beziehungen im Rahmen der Objektbeziehungstheorie, bei denen die Objekte keinerlei Tiefe besitzen.

Entstehung Bearbeiten

Im Rahmen ihrer Säuglingsbeobachtungen beschrieb Esther Bick, dass sich bei Scheitern von Introjektion während der sehr frühen Phase kein Gefühl für einen inneren Raum entfalten könne, was wiederum die Nutzung einer projektiven Identifikation unmöglich macht.[5] Bei einem Fehlen eines inneren Raums würden dann lediglich zweidimensional angelegte Beziehungen aufgenommen, bei denen nur äußere Eigenschaften des Objekts eine Rolle spielen. Es werde nicht in ein Objekt hinein projiziert, sondern nur am Objekt ‚geklammert‘ bzw. an ihm „geklebt“.

Adhäsive Identifikation im Alltag Bearbeiten

Im Alltag kann Adhäsive Identifizierung weitreichend erlebt werden, so z. B. wenn ein Kunstwerk oder ein Auto deshalb als „besonders gut“ eingestuft werden, weil sie jeweils teuer sind. Identifizierungen mit der Größe der eigenen Nation oder des eigenen Fußballklubs sind häufig adhäsiv identifikatorischer Natur. Hewison[6] sah adhäsive Identifikation bei Paaren als ein „Ausleihen der Eigenschaften eines Anderen“. Adhäsive Identifizierung mit äußeren Eigenschaften wurde auch als Abwehr von Denken beschrieben. Sie trete nicht zwingend in "Reinform" zum Tage und sei deshalb teilweise schwer zu erkennen.[7]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Maggie Turp: Clinging on for dear life: Adhesive identification and experience in the countertransference. In: British Journal of Psychotherapy. Band 28, Nr. 1, S. 66–80 (englisch, doi.org/10.1111/j.1752-0118.2011.01265.x).
  2. Judith L. Mitrani: Extraordinary protections: the evolution of the theory of adhesive identification. In: Judith L. Mitrani (Hrsg.): Ordinary People and Extra-ordinary Protections A Post-Kleinian Approach to the Treatment of Primitive Mental States. Routledge, London 2001, ISBN 978-0-415-24165-6, S. 41–55 (englisch).
  3. Esther Bick: Further considerations on the function of the skin in early object relations. In: British Journal of Psychotherapy. Band 2, 1986, S. 292–299.
  4. Donald Meltzer: Adhesive identification. In: Contemporary Psychoanalysis. Band 11, 1975, S. 289–310.
  5. Robert D. Hinshelwood: Adhäsive Identifizierung. In: Robert D. Hinshelwood (Hrsg.): Wörterbuch der kleinionischen Psychoanalyse. 1. Auflage. Verlag Internationale Psychoanalyse, Stuttgart 1993, ISBN 3-608-95944-0, S. 313–315.
  6. David Hewison: Projection, introjection, intrusive identification, adhesive identification. In: David E. Scharff, Jill Savege Scharff (Hrsg.): Psychoanalytic Couple Therapy. Foundations of Theory and Practice. 1. Auflage. Routledge, London 2014, ISBN 978-0-367-10203-6, S. 158–169.
  7. Ulrich Rüth, Rainer Ehrenreich: Adhesive Identification - revisited. In: Dynamische Psychiatrie. Band 57, Nr. 1. Mattes Verlag, Heidelberg März 2024, S. 60–68 (englisch, researchgate.net).