Wjatscheslaw Mosche Kantor

russischer Unternehmer und Philanthrop

Wjatscheslaw Mosche Kantor (russisch Вячеслав Моше Кантор; * 8. September 1953 in Moskau) ist ein russischer Unternehmer, Milliardär und Philanthrop. Neben der russischen Staatsbürgerschaft besitzt Kantor auch die britische und die israelische Staatsbürgerschaft.[1]

Wjatscheslaw Mosche Kantor (2009)

Leben Bearbeiten

Kantor wurde 1953 als Sohn eines Soldaten der Roten Armee und späteren Filialleiters geboren. Er studierte am Staatlichen Luftfahrtinstitut (MAI) in Moskau, nach dem Diplomabschluss 1976 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am MAI und bei der Wissenschaftlichen Produktionsvereinigung (NPO) „Spektr“. Mit einer Arbeit auf dem Gebiet der automatischen Steuerung von Raumfahrzeugen[2] promovierte er 1981 zum Kandidaten der technischen Wissenschaften. Ende der 1980er-Jahre gründete er ein Unternehmen, das mit Computern handelte.

Anfang der 1990er-Jahre bekam er den Auftrag, eine Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Mineraldüngerfabrik Asot in Nowgorod durchzuführen. Bei deren Privatisierung 1993 kaufte er selbst einen Teil der Anteile an dem Unternehmen, aus dem die agrochemische Acron-Gruppe hervorging, die er seither leitet. Von 1996 bis 2000 war er zudem Berater des Vorsitzenden des Föderationsrats, des Oberhauses der Parlamentskammern Russlands. Das Forbes Magazine listet ihn in seinem Milliardärs-Ranking an 42. Position in Russland (Stand: März 2013).[3]

Von 2005 bis 2009 war er Präsident des Russian Jewish Congress und 2007 wurde er Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses (EJC), 2008 und 2012 wurde er für dieses Amt wiedergewählt. Er betätigt sich international als Philanthrop und war eines der Gründungsmitglieder der Stiftung World Holocaust Forum (WHF) und des European Jewish Fund. Kantor gehört zu den Großspendern des Holocaust History Museum der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem.[4] An der Universität Tel Aviv richtete er ein Center for European Jewish Cultural Studies ein. Er zählt laut der israelischen Tageszeitung The Jerusalem Post (2013) zu den weltweit einflussreichsten jüdischen Persönlichkeiten.[5]

2007 wurde er außerdem zum Präsidenten des International Luxembourg Forum on Preventing Nuclear Catastrophe gewählt und gründete ein Jahr später die Nichtregierungsorganisation Europäischer Rat für Toleranz und Versöhnung (ECTR). Er ist verheiratet und hat vier Söhne und eine Tochter.[6]

Im April 2022 wurde er wegen seiner engen Verbindungen zu Wladimir Putin von der Regierung Großbritanniens sanktioniert, weil er die Mehrheitsanteile am Unternehmen Akron besitzt, einem Düngemittel-Hersteller, der «von vitaler strategischer Bedeutung für die russische Regierung ist». Der Europäische Jüdische Kongress reagierte bestürzt und rief zu einer Rücknahme der Entscheidung auf. Kantor lebe seit mehr als drei Jahrzehnten in Westeuropa und setze sich für Europas jüdische Gemeinden sowie für den Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ein. Zahlreiche Regierungen und Staatschefs hätten Kantor dafür mit höchsten Auszeichnungen geehrt. Auf Geschäftstätigkeiten des Philanthropen ging die Pressemitteilung nicht ein. Wenige Tage später gab der EJC die Demission Kantors bekannt.[7]

Kantor wurde Anfang April 2022 auf eine Sanktionsliste der EU gesetzt.[8]

Auszeichnungen Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Viatcheslav Moshe Kantor – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Sobotkas geheime Mission für einen russischen Oligarchen im Standard vom 27. Juli 2023, abgerufen am 23. Juli 2023.
  2. Vjačeslav Vladimirovič Kantor: Автоматическое высокоточное управление ориентацией многоэлементного орбитального солнечного отражателя [Avtomatičeskoe vysokotočnoe upravlenie orientaciej mnogoėlementnogo orbital'nogo solnečnogo otražatelja; Automatische, hochpräzise Ausrichtungssteuerung eines Multielement-Orbitalsonnenreflektors]. Dissertation, Moskauer Luftfahrtinstitut, 1981.
  3. Vyacheslav Kantor, Forbes Magazine, abgerufen am 16. Dezember 2013.
  4. Donors, Holocaust History Museum, abgerufen am 16. Dezember 2013.
  5. Top 50 most influential Jews 2013: Places 11-20. In: The Jerusalem Post, 14. Mai 2013.
  6. Webseite Wjatscheslaw Mosche Kantor – Biografie; abgerufen am 4. Juni 2018(russisch).
  7. Jahrzehntelanger Einsatz für jüdisches Leben in Europa. In: Katholisches Nachrichtenportal Domradio.de. 9. April 2022, abgerufen am 17. November 2023.
  8. Neue Sanktionen gegen Russland und Belarus (PDF-Dokument) (Memento des Originals vom 12. April 2022 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.vbw-bayern.de, April 2022