Wiktor Leopoldowitsch Bontsch-Brujewitsch

sowjetischer Physiker und Hochschullehrer (1923-1987)

Wiktor Leopoldowitsch Bontsch-Brujewitsch (russisch Виктор Леопольдович Бонч-Бруевич; * 8. Januar 1923 in Moskau; † 9. April 1987 ebenda) war ein sowjetischer Physiker und Hochschullehrer.[1][2]

Leben Bearbeiten

Wiktor Bontsch-Brujewitsch war der Sohn von Leopold Leonidowitsch Awerbach und der Ärztin Helena Wladimirowna Bontsch-Brujewitsch (1904–1985). Nach Beendigung seiner Schulzeit begann Bontsch-Brujewitsch 1941 ein Physikstudium an der Lomonossow-Universität Moskau.

Nachdem die Wehrmacht am 22. Juni 1941 die Sowjetunion überfallen hatte, meldete Bontsch-Brujewitsch sich im Oktober 1941 freiwillig zur Armee. 1942 verwundet, wurde er von Februar 1942 bis Juni 1943 demobilisiert. Diese Zeit nützte er, um sein Physikstudium fortzusetzen. Dann kämpfte er bis 1944 weiter an der ukrainischen Front. 1944 nahm er sein Physikstudium wieder auf und schloss es 1947 als Spezialist für Theoretische Physik ab.

Nach dem Studium arbeitete Bontsch-Brujewitsch als wissenschaftlicher Assistent an der Russischen Staatlichen Agraruniversität. Von 1948 bis 1951 hatte er eine Aspirantur am Institut für Physikalische Chemie Alexander Naumowitsch Frumkin der Russischen Akademie der Wissenschaften. Er promovierte 1951 bei Fedor Fedorowitsch Wolkenstein (* 10. Dezember 1908; † 2. Februar 1985) mit einer Arbeit zum Thema Электронные состояния атомов и молекул, адсорбированных на поверхности кристалла (deutsch: Elektronische Zustände von an der Kristalloberfläche adsorbierten Atomen und Molekülen). Von 1951 bis 1955 war er Dozent am Lehrstuhl für Physik beim Moskauer Elektrotechnischen Institut für Fernmeldewesen.

1955 kehrte Bontsch-Brujewitsch als Dozent an den Lehrstuhl für Halbleiterphysik der Moskauer Universität zurück. Hier habilitierte er sich 1959 mit einer Arbeit zum Thema Исследования по многоэлектронной теории полупроводников (deutsch: Untersuchungen zur Vielteilchentheorie bei Halbleitern) und wurde 1962 zum Professor berufen.[1]

Forschungsinteressen, Herausgeberschaft, Engagement Bearbeiten

Bontsch-Brujewitschs Forschungsinteressen lagen auf den Gebieten der Halbleiterphysik. Er bemühte sich besonders um die theoretische Beschreibung der optischen Eigenschaften von Halbleitern. Dabei beschäftigte er sich unter anderem mit dem Bändermodell bei Kristallen, der Vielteilchentheorie, der Rekombinatonstheorie und der Theorie der stark dotierten Halbleiter.[1]

Bontsch-Brujewitsch war Herausgeber mehrerer wissenschaftlicher Zeitschriften, darunter:

  • Вестник Московского университета (Moskauer Universitätsbulletin)
  • Известия Вузов СССР, Физика (Hochschul-Nachrichten der UdSSR, Physik)
  • Physica status solidi (Der physikalische Zustand des Festkörpers)

Außerdem gründete Bontsch-Brujewitsch eine Bibliothek mit Übersetzungen von Büchern der besten ausländischen Wissenschaftler der Festkörperphysik.

Auszeichnungen Bearbeiten

Für seine Teilnahme am Zweiten Weltkrieg erhielt Bontsch-Brujewitsch am 6. April 1985 den Orden des Vaterländischen Krieges II. Klasse.[3] 1979 wurde ihm die Ehrendoktorwürde für Naturwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin verliehen. Für seine Untersuchungen zur Instabilität elektrischer Felder in Halbleitern erhielt er 1980 einen Lomonossow-Preis.[1]

Familie Bearbeiten

Bontsch-Brujewitsch stammte väterlicherseits von der jüdischen Familie russisch Авербах ‚Auerbach‘ ab. Mütterlicherseits stammte er aus der Familie russisch Бонч-Бруевич ‚Bontsch-Brujewitsch‘, die aus dem Großfürstentum Litauen kam.[4]

Leonid Nikolajewitsch (Leib Isaakowitsch) Awerbach
Inhaber einer Reederei an der Wolga
 
Sofia Michailowna, geborene Swerdlowa
(1882–1951)
Schwester von Jakow Michailowitsch Swerdlow
 
Wladimir Dmitrijewitsch Bontsch-Brujewitsch
(* 28. Juni 1873; † 14. Juli 1955)
persönlicher Sekretär Lenins
 
Vera Michailowna Welitschkina
(* 20. September 1868 in Moskau; † 30. September 1918 ebenda)
Schriftstellerin, Übersetzerin, Ärztin, Bolschewikin, Parteiführerin, Tochter eines Priesters
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Leopold Leonidowitsch Awerbach
(* 1903; † 14. August 1937)
sowjetischer Literaturkritiker Bruder von Ida Leonidowna Awerbach
 
 
 
 
 
Helena Wladimirowna Bontsch-Brujewitsch
(1904–1985)
Ärztin
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Wiktor Leopoldowitsch Bontsch-Brujewitsch
(1923–1987)
Physiker
 
 
 
 
 
 

Veröffentlichungen Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d Виктор Леопольдович Бонч-Бруевич (1923-1987) bei semiconductors.phys.msu.ru. Abgerufen am 16. April 2023.
  2. Bonč-Bruevič, Viktor Leopolʹdovič bei d-nb.info. Abgerufen am 22. September 2020.
  3. Юбилейная награда Виктора Бонча-Бруевича, pamyat-naroda.su (russisch)
  4. Бонч-Бруевич Владимир Дмитриевич, О внуке Б.-Б., Виктор Леопольдович Бонч-Бруевич (1923-1987) bei ldn-knigi.lib.ru. Abgerufen am 22. September 2020.