Die Vindhya-Supergruppe ist ein mächtiger geologischer Schichtenverband des Proterozoikums im zentralen Indien. In ihr sind einschließlich Schichtlücken über 1000 Millionen Jahre Erdgeschichte dokumentiert.

Etymologie Bearbeiten

 
Geologische Karte von 1871 der Vindhya-Supergruppe

Die Vindhya-Supergruppe, English Vindhyan Supergroup, ist nach dem Vindhyagebirge benannt. Vindhya (विन्ध्य) leitet sich von dem Sanskritwort vaindh (sperren, blockieren) ab.

Vorkommen Bearbeiten

Die Supergruppe nimmt eine Oberfläche von 105.000 Quadratkilometer ein und erstreckt sich ausgehend vom indischen Bundesstaat Bihar im Osten über Chhattisgarh, Madhya Pradesh und Uttar Pradesh nach Rajasthan im Westen.

Geologischer Hintergrund Bearbeiten

An der Wende vom Archaikum zum Proterozoikum um 2500 Millionen Jahre BP hatte sich der Aravalli-Kraton durch postorogene Granitintrusionen stabilisiert.[1] Die verdickte kontinentale Kruste des Kratons wurde anschließend durch Riftvorgänge wieder reduziert. In die so entstandenen Gräben lagerten sich zu Beginn des Proterozoikums die sedimentären Abfolgen der Bijawar-Gruppe und der Mahakoshal-Gruppe ab, die aber – im Unterschied zur Vindhya-Supergruppe – später verformt und metamorphosiert wurden.[2] Hiernach erfolgte gegen Ende des Paläoproterozoikums die Sedimentation der Vindhya-Superguppe in einem Ost-West-verlaufenden Riftsystem. Der Riftvorgang war von rechtsseitiger Scherung begleitet, die sekundäre Nordwest-Südost-orientierte Grabensysteme induzierte.[3]

Beschreibung Bearbeiten

 
Das Vindhyagebirge bei Bhimbetka

Die großteils flachliegenden, bis zu 4500 Meter mächtigen Sedimente der Vindhya-Supergruppe[4] wurden im Verlauf des Proterozoikums in einem intrakratonischen Rift-Becken abgelagert. Das Becken war in Ost-West-Richtung orientiert und nach Westen zum Meer geöffnet.[5] Die Paläoströmung verlief generell nach Nordwesten, was auf ein südwärts gelegenes kontinentales Abtragungsgebiet verweist. Das damalige Paläoklima dürfte warm und feucht gewesen sein.

Die vorwiegend marinen Sedimente wurden nicht sehr tief versenkt und sind daher auch nicht metamorph überprägt. Nur am Westrand des Beckens wurden sie leicht verfaltet und gestört. Die Sedimentation erfolgte nicht einheitlich, so zeigt die Supergruppe zwischen dem Ostrand des Beckens (im Tal des Son) und dem Westrand (im Tal des Chambal) große Mächtigkeits- und Faziesunterschiede.[6]

Lithographie Bearbeiten

Zur Ablagerung kamen überwiegend reife Sandsteine, Schiefertone, intraformationelle Konglomerate (selten), Porzellanite (hervorgegangen aus Vulkaniklastika), Kalke, Dolomite und Phosphorite.

Die Supergruppe kann in vier Gruppen unterteilt werden. Dies sind vom Hangenden zum Liegenden:

Die im Zeitraum 1800 bis 1600 Millionen Jahre BP (Statherium) gebildete Semri-Gruppe wird auch als Unteres Vindhya bezeichnet, die darüberfolgenden drei Gruppen werden zum Oberen Vindhya zusammengefasst. Die Sedimentation endete mit der Bhander-Gruppe im Neoproterozoikum zwischen 700 und 600 Millionen Jahren BP. Unteres und Oberes Vindhya werden durch eine Diskordanz voneinander getrennt.[5] Das Untere Vindhya repräsentiert ein unruhiges, von seismischen Vorgängen gezeichnetes Riftstadium, wohingegen im Oberen Vindhya wesentliche ruhigere Sedimentationsbedingungen eingekehrt waren und das Becken jetzt nur noch langsam absackte (Englisch: sag basin).

Die Vindhya-Supergruppe überlagert die Bijawar-Gruppe und das metamorphe Grundgebirge des Bundelkhand-Granit-Gneis-Komplexes diskordant. Sie wird ihrerseits von der Gondwana-Supergruppe (an ihrem Südrand), den Sedimenten der Lameta-Gruppe und den Basalten des Dekkan-Trapp überdeckt. Ihr Nordrand wird von Alluvium der Ganges-Ebene verhüllt.

Fossilgehalt Bearbeiten

Die Vindhya-Supergruppe zeichnet sich durch reichhaltige Stromatolithenfunde aus. Zugegen sind aber auch Sporen, Acritarchen, Algen, primitive Brachiopoden, vaskuläre Pflanzen und Ichnofossilien.

Die Sedimente des Unteren Vindhya sind ein spektakuläres Fenster für Biota des ausgehenden Paläoproterozoikums. Insbesondere die Phosphorite im Tirohan-Kalk mit ihrer erstaunlichen Erhaltung lieferten mehrzellige Eukaryoten (Algenfilamente), die 400 bis 600 Millionen Jahre älter sein dürften als bisher bekannte Funde.[7] Die Formation ist wie viele der karbonatischen Horizonte in der Vindhya-Supergruppe sehr reich an Stromatolithen und enthält beispielsweise die Gattungen Baikalica, Collenia,[8] Colonella, Conophyton[9] und Kussiella.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Eriksson, P. G. u. a.: The 2.7 – 2.0 Ga volcano-sedimentary record of Africa, India and Australia: evidence for global and local changes in sea level and continental freeboard. In: Precambrian Research. Band 97, 1999, S. 269–302.
  2. Mazumder, R., Bose, P. K. und Sarkar, S.: A commentary on the tectono-sedimentary record of the pre-2.0 Ga continental growth of India vis-à-vis a possible pre-Gondwana Afro-Indian supercontinent. In: Journal of African Earth Science. Band 30, 2000, S. 201–217.
  3. Bose, P. K., Banerjee, S. und Sarkar, S.: Slope-controlled seismic deformation and tectonic framework of deposition : Koldaha Shale, India. In: Tectonophysics. Band 269, 1997, S. 151–169.
  4. Ahmad, K.: Paleogeography of central India in the Vindhyan period. In: Rec. Geol. Surv. India. Band 87, 1958, S. 531–548.
  5. a b Chanda, S. K. und Bhattacharya, A.: Vindhyan sedimentation and paleogeography : post-Auden developments. Hrsg.: Valdiya, K. S. u. a., Geology of Vindhyachal. Hindustan Publishing Corporation, Delhi 1982, S. 88–101.
  6. Kumar, S., Schidlowski, M. und Joachimski, M. M.: Carbon isotope stratigraphy of the Paleo-Neoproterozoic Vindhyan Supergroup, central India : implications for basin evolution and intrabasinal correlation. In: Journal of the Palaeontological Society of India. Band 50(1), 2005, S. 68–81.
  7. Javaux, E. J.: Origins and Evolution of Eukaryotic Endomembranes and Cytoskeleton. Hrsg.: Jékely, G., The early eukaryotic fossil record. Landes Bioscience, Austin, Texas 2007, S. 1–19.
  8. Bakliwal, P. C. und Dwivedi, C. S.: A preliminary note on the occurrence of stromatolites in parts of Sawai Madhopur district, Rajasthan. In: Workshop on Stromatolites : Characteristics and Utility – Volume Abstracts. Geological Survey of India, Udaipur 1978, S. 10.
  9. Barman, G.: Importance of Conophyton in Vindhyan Stratigraphy. In: Symposium Vindhyans of Central India, Abstracts. Geological Survey of India, Bhopal, S. 41.