Terran 1

US-amerikanisches Trägerraketenprojekt
Terran 1
Typ leichte Trägerrakete
Land Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Betreiber Relativity Space
Hersteller Relativity Space
Startpreis 12 Mio. US-Dollar (geplant)
Status ausgemustert
Aufbau
Höhe 35,2 m
Durchmesser 2,3 m
Stufen
1. Stufe  
Höhe 24,3 m
Triebwerk 9× Aeon 1
Treibstoff Methan / Flüssigsauerstoff
Maximalschub je 113 kN (geplant)
2. Stufe  
Höhe 8,1 m
Triebwerk 1× AeonVac
Treibstoff Methan / Flüssigsauerstoff
Maximalschub 133 kN (geplant)
Starts
Erststart 23. März 2023
Starts 1
Fehlschläge 1
Startplatz SLC-16, Cape Canaveral SFS
Nutzlastkapazität
Kapazität LEO ca. 1200 kg (geplant)
Kapazität SSO 900 kg (geplant)

Die Terran 1 war eine zweistufige Trägerrakete des US-amerikanischen Herstellers Relativity Space. Zu einem Preis von 12 Millionen US-Dollar pro Flug sollte sie Nutzlasten bis zu einer Masse von etwa 1,2 Tonnen in eine erdnahe Umlaufbahn befördern können.[1] Ein erster Testflug fand mit zweieinhalb Jahren Verspätung am 23. März 2023 statt, erreichte aber wegen einer Fehlfunktion des Zweitstufentriebwerks keine Erdumlaufbahn. Danach stellte Relativity das Projekt zugunsten der wesentlich größeren Terran-R-Rakete ein.[2]

Geschichte Bearbeiten

Die Entwicklung der Terran 1 begann mit der Gründung von Relativity Space im Jahr 2015. 2017 trat das Unternehmen erstmals an die Öffentlichkeit.[3] Im März 2018 vermeldete es einen lukrativen Vertragsabschluss mit der NASA, der für mindestens 20 Jahre die kostengünstige Nutzung einer Triebwerkstestanlage am John C. Stennis Space Center in Mississippi ermöglicht.[4] Bis zu diesem Zeitpunkt sollen bereits 85 Testläufe von Prototypen des 3D-gedruckten Raketenmotors stattgefunden haben.[3] Am Stennis Space Center soll auch die Raketenfertigung angesiedelt werden.[5]

Anfang 2019 gab Relativity Space bekannt, dass für die Terran 1 eine Startanlage am Cape Canaveral Launch Complex 16 gebaut werden sollte.[6] Im April 2019 vermeldete das Unternehmen seine ersten Kunden: Mehrere Starts seien für eine von Telesat geplante Satellitenkonstellation reserviert worden;[7] zudem habe ein thailändisches Start-Up-Unternehmen einen Start im Jahr 2022 beauftragt.[8] Weitere Aufträge folgten.[9][1][10]

Nach mehreren kleineren Finanzierungsrunden konnte Relativity im Herbst 2020 500 Millionen US-Dollar an neuen Investorengeldern einwerben, eine Rekordsumme für ein Raketenbau-Start-up-Unternehmen.[11]

Relativity wollte mit der Terran 1 insbesondere im Markt für Satellitenkonstellationen und militärische Anwendungen Fuß fassen.[1][12] 2019 gab das das Unternehmen an, es wolle sich vorrangig auf die sich in Entwicklung befindliche, wesentlich größere und wiederverwendbare Terran R konzentrieren.[13][14]

 

Ein erster Testflug fand mit zweieinhalb Jahren Verspätung[9] im März 2023 statt, erreichte aber wegen einer Fehlfunktion des Zweitstufentriebwerks keine Erdumlaufbahn.[15] Nach dem Fehlschlag wurde das Projekt eingestellt.

Herstellverfahren Bearbeiten

Im Gegensatz zu allen bisher eingesetzten Trägerraketen wurde die Terran 1 – einschließlich ihrer Motoren – im selektiven Laserschmelzverfahren (Metall-„3D-Druck“) gefertigt. Etwa 85 %[16] der Bauteile sollten „gedruckt“ werden.[3] Außerdem wurde ein hoher Automatisierungsgrad beim Zusammenbau angestrebt. Auf diese Weise sollten eine besonders schnelle und kostengünstige Fertigung und kurze Entwicklungszyklen erreicht werden. Durch den 3D-Druck wurden 100-mal weniger Einzelteile benötigt, was eine Herstellung ausschließlich im Inland ermöglichte und die Terran 1 besonders attraktiv für das US-Militär machte.[3][12]

Relativity Space betreibt einen selbst konstruierten, nach eigenen Angaben weltgrößten Metall-3D-Drucker namens Stargate[12] sowie mehrere weitere Groß-3D-Drucker.[17] Die verwendeten Legierungen sollen ebenfalls selbst entwickelt und besonders stabil sein.[18]

Aufbau und technische Daten Bearbeiten

Die Terran 1 war als zweistufige Rakete ausgelegt. Ihre Motorenkonfiguration entsprach der einer SpaceX Falcon 9 oder RocketLab Electron: Die Erststufe wurde von neun identischen Atmosphärentriebwerken mit der Bezeichnung Aeon 1 angetrieben, von denen jedes einen Maximalschub von rund 113 kN entwickeln sollte. In der Zweitstufe kam eine Vakuumversion des Aeon 1 mit einem geplanten Höchstschub von 133 kN zum Einsatz. Als Treibstoff wurde Methan verwendet und als Oxidator Flüssigsauerstoff. Die geplante Transportkapazität gab der Hersteller mit 1250 kg in einen 185 Kilometer hohen Orbit an. Bei einem 500 km hohen sonnensynchronen Orbit (SSO) wurden bis zu 900 kg Nutzlast angestrebt, bei einem 1200-km-SSO 700 kg.[19]

Starts Bearbeiten

Als Startplatz diente der Space Launch Complex 16 der Cape Canaveral Space Force Station in Florida. Zusätzlich war eine Startrampe an der US-Westküste in Planung.[20]

Erfolgte Starts Bearbeiten

Datum (UTC) Startplatz Zweck Orbit Anmerkungen
23. März 2023
03:25
CC SLC-16 Testflug ohne Nutzlast;
Missionsbezeichnung: Good Luck, Have Fun[21]
LEO Fehlschlag[15]

Ehemals geplante Starts Bearbeiten

Durch Verzögerungen bei der Entwicklung der Rakete waren diese Startplanungen bereits vor Einstellung des Projekts veraltet. Ein Umbuchen der Missionen auf die Terran R war im Gespräch.

Datum (UTC) Startplatz Kunde / Nutzlast Art der Nutzlast Orbit
3. Quartal 2021[15] ? Vereinigte Staaten  Spaceflight mehrere Satelliten (Rideshare) LEO
2021[22] ? Vereinigte Staaten  Momentus Raumschlepper und Satelliten
2022[8] ? Thailand  mu Space ? LEO
2022[23] ? Vereinigte Staaten  ELaNa/VCLS-2
Weitere Nutzlasten?
CubeSats
Kleinsatelliten
SSO
2022[24] CC/VSFB Vereinigte Staaten  Trisept mehrere Satelliten (Rideshare) LEO
2023[10] ? Vereinigte Staaten  Lockheed Martin Weltraumbetankungstest LEO
2023[25] ? Vereinigte Staaten  STP militärische
Technologieerprobungssatelliten
2023–2030[1][26] VSFB Vereinigte Staaten  Iridium NEXT Kommunikationssatellit LEO
?[7] ? Kanada  Telesat Kommunikationssatelliten
(mehrere Starts)
LEO

Spaceflight Industries und Momentus hatten Optionen auf weitere Terran-1-Starts erworben.[9][22]

Ähnliche Neuentwicklungen Bearbeiten

Der US-Hersteller Firefly Aerospace entwickelte zur selben Zeit die Firefly Alpha, die mit bis zu 1000 kg LEO-Nutzlast eine ähnliche Transportkapazität aufweist. Ein weiterer US-Konkurrent ist ABL Space Systems mit der Rakete RS1. Sie soll 1350 kg transportieren können. Ähnliche Leistungsdaten weisen auch die bayerischen Raketenprojekte Spectrum und RFA One auf.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d Relativity books up to six launches for Iridium, reveals plans for Vandenberg pad. Spaceflight Now, 24. Juni 2020.
  2. TechCrunch: So long, Terran 1: Relativity Space makes hard pivot to an even larger Terran R, 12. April 2023 (englisch)
  3. a b c d Eric Berger: Relativity Space reveals its ambitions with big NASA deal. In: Ars Technica. 21. März 2018, abgerufen am 8. Dezember 2018.
  4. Michael Sheetz: A start-up that manufactures rockets with giant 3-D printers just scored $35 million in funding. CNBC, 27. März 2018, abgerufen am 8. Dezember 2018.
  5. Jeff Foust: Relativity to build rocket factory at Stennis. In: Spacenews. 11. Juni 2019, abgerufen am 12. Juni 2019.
  6. Jeff Foust: Relativity to build launch site at Cape Canaveral. In: Spacenews. 17. Januar 2019, abgerufen am 17. Januar 2019.
  7. a b Rocket Startup Relativity Space Announces First Major Launch Client. In: Fortune. 5. April 2019, abgerufen am 5. April 2019.
  8. a b Doug Messier: Relativity’s 3D Printed Terran 1 Rocket to Launch mu Space’s Low Earth Orbit Satellite. In: Parabolic Arc. 23. April 2019, abgerufen am 23. April 2019.
  9. a b c Jeff Foust: Spaceflight signs contract with Relativity for launches. In: Spacenews. 5. Juni 2019, abgerufen am 5. Juni 2019.
  10. a b Lockheed Martin teams with Relativity Space for NASA Tipping Point mission. Relativity-Pressemeldung vom 19. Oktober 2020.
  11. Relativity Space raises $500 million. Spacenews, 23. November 2020.
  12. a b c Sandra Erwin: Rocket startup sees big future in military launch. In: Spacenews. 1. Juli 2018, abgerufen am 8. Dezember 2018.
  13. Thomas Burghardt: Relativity Space reveals fully reusable medium lift launch vehicle Terran R. Nasaspaceflight.com, 8. Juni 2021.
  14. Twitter-Thread von Relativity-CEO Tim Ellis, 7. März 2023.
  15. a b c Stephen Clark: Relativity’s 3D-printed Terran 1 rocket reaches space, but falls short of orbit. Spaceflight Now, 22.–23. März 2023.
  16. Zu 85 Prozent 3D-gedruckte Rakete fliegt halb erfolgreich. In: Golem.de: IT-News für Profis. 23. März 2023, abgerufen am 24. März 2023.
  17. Michael Sheetz: Rocket start-up Relativity quadruples resources in a year, adds former SpaceX leaders. In: CNBC. 17. Februar 2019, abgerufen am 6. April 2019.
  18. Stargate. In: relativityspace.com. Abgerufen am 8. Dezember 2018.
  19. Terran 1. Relativity Space, archiviert vom Original am 8. Januar 2023; abgerufen am 3. März 2020.
  20. Alan Boyle: Relativity joins Blue Origin to provide launches for Telesat’s broadband satellites. In: Geekwire. 5. April 2019, abgerufen am 6. April 2019.
  21. Stephen Clark: Launch day timeline for Relativity Space’s Terran 1 rocket. In: Spaceflight Now. Abgerufen am 8. März 2023 (englisch).
  22. a b Relativity Space Signs Launch Services Agreement for Multiple Launches with Momentus on Terran 1, World’s First 3D Printed Rocket. In: businesswire.com. Momentus, 11. September 2019, abgerufen am 11. September 2019.
  23. Three companies win NASA small launch contracts. Spacenews, 12. Dezember 2020.
  24. TriSept purchases Relativity launch for rideshare mission. Spacenews, 10. Dezember 2020.
  25. Relativity Space wins U.S. military contract for 2023 launch. Spacenews, 15. März 2021.
  26. Twitter-Nachricht von Caleb Henry, 26. Juli 2022.