Tamou ist eine Landgemeinde im Departement Say in Niger.

Landgemeinde Tamou
Landgemeinde Tamou (Niger)
Landgemeinde Tamou (Niger)
Landgemeinde Tamou
Koordinaten 12° 45′ N, 2° 11′ OKoordinaten: 12° 45′ N, 2° 11′ O
Basisdaten
Staat Niger
Region Tillabéri
Departement Say
Einwohner 89.782 (2012)

Geographie Bearbeiten

 
Tamou-Wildreservat (2018)
 
Elefanten im Nationalpark W in Tamou (2006)
 
Dorf La Tapoa in Tamou (2006)

Tamou befindet sich in der nördlichen Sudanregion.[1] Bei den Siedlungen im Gemeindegebiet handelt es sich um 112 Dörfer und 121 Weiler.[2] Der Hauptort der Landgemeinde ist das Dorf Tamou.[3]

Tamou grenzt im Südwesten an den Nachbarstaat Burkina Faso. Die Nachbargemeinden in Niger sind Say im Norden, Kirtachi im Osten und Ouro Guélédjo im Westen. Tamou liegt am Fluss Niger. Das Gemeindegebiet queren die Niger-Nebenflüsse Diamangou, Mékrou und Tapoa. Weite Teile der Gemeinde nehmen der Nationalpark W und das Tamou-Wildreservat ein.

Geschichte Bearbeiten

Der deutsche Afrikaforscher Heinrich Barth besuchte 1854 die Gegend, deren Einwohner eine große Anzahl an Pferden besaßen und die er darum als außergewöhnlich wohlhabend beschrieb. Barth erwähnte namentlich Ouro Mobido („Hof des gelehrten Adligen“), heute ein Dorf im Gemeindegebiet von Tamou, als Wohnsitz eines reichen Gutsbesitzers.[4] Das Dorf Tamou wurde von einer Gruppe Fulbe aus dem späteren Burkina Faso gegründet, die zuvor nomadische Viehzüchter gewesen waren. Der Ortsname leitet sich vom Gourmanchéma-Wort Tam ab, das „steiniger Fluss“ bedeutet. Der erste Ortsvorsteher von Tamou hieß Poutcha.[5]

Die französische Kolonialverwaltung richtete Anfang des 20. Jahrhunderts einen Kanton in Tamou ein, dessen Territorium sukzessive um aufgelöste Kantone vergrößert wurde: Ouérésouldou und Nanifono sowie zuletzt 1932 Tiélla Foulbé und Djongoré.[6] Der von 1974 bis 1987 amtierende Staatschef Seyni Kountché ernannte einen aus Djongoré stammenden Mann aus der Familie Diallo zum Kantonschef von Tamou. Das Amt war zuvor von einem Angehörigen der Familie Djoffo wahrgenommen worden. Dies führte zu gewaltsamen Konflikten zwischen beiden Familien, bei denen 1992 staatliche Sicherheitskräfte einschreiten mussten, um die Ordnung wieder herzustellen. Der Kantonschef übersiedelte daraufhin in die Hauptstadt Niamey.[5]

Im Jahr 2002 ging im Zuge einer landesweiten Verwaltungsreform aus dem Kanton Tamou die Landgemeinde Tamou hervor. Infolge des 2012 beginnenden Konflikts in Nordmali kam es auch im Westen Nigers besonders ab 2019 zu einer Verschlechterung der Sicherheitslage. Nach einem dschihadistischen Angriff auf eine Wildhüter-Station beim Hauptort am 12. März 2020 wurden 15 Wildhüter vermisst.[7]

Bevölkerung Bearbeiten

Bei der Volkszählung 2012 hatte die Landgemeinde 89.782 Einwohner, die in 10.324 Haushalten lebten.[2] Bei der Volkszählung 2001 betrug die Einwohnerzahl 52.917 in 5499 Haushalten.[8]

Im Hauptort lebten bei der Volkszählung 2012 1827 Einwohner in 267 Haushalten[2] und bei der Volkszählung 2001 997 Einwohner in 104 Haushalten.[8]

Tamou befindet sich in einem von der Volksgruppe der Gourmantché besiedelten Gebiet,[9] wobei die Gourmantché in der gesamten Region Tillabéri nur 2 % der Gesamtbevölkerung stellen.[10] Außerdem leben Fulbe in der Gemeinde.[11]

Politik Bearbeiten

Der Gemeinderat (conseil municipal) hat 22 gewählte Mitglieder. Mit den Kommunalwahlen 2020 sind die Sitze im Gemeinderat wie folgt verteilt: 8 PNDS-Tarayya, 5 MNSD-Nassara, 3 MODEN-FA Lumana Africa, 3 PJP-Génération Doubara, 2 MPN-Kiishin Kassa und 1 MCC-Arziki.[12]

Jeweils ein traditioneller Ortsvorsteher (chef traditionnel) steht an der Spitze von 49 Dörfern in der Gemeinde.[2]

Wirtschaft und Infrastruktur Bearbeiten

 
Nationalstraße 27 in Tamou (2018)

Die Bevölkerung von Tamou lebt vor allem vom Ackerbau, der Viehzucht, der Fischerei, der Goldgewinnung und dem Handel.[5] Die Gemeinde liegt in einer Zone, in der Regenfeldbau betrieben wird,[13] und ist von mit Gewalt verbundenen Landnutzungskonflikten betroffen.[14] Die Niederschlagsmessstation im Hauptort wurde 1981 in Betrieb genommen.[15]

Der Donnerstagsmarkt im Hauptort weist, verglichen mit anderen Wochenmärkten in der Gemeinde, eine mittlere Größe auf. Hier arbeiten auch Schmiede, und Fahrradreparateure bieten ihre Dienste an. Bedeutender sind die großen Wochenmärkte in den Dörfern Alambaré (Allambaré), Bokki und Guémé, die auch Händler aus der Hauptstadt Niamey anziehen. Am Samstagsmarkt in Alambaré werden Lebensmittel, gefärbte Schurze aus Burkina Faso sowie Silber- und Weißblech-Stücke gehandelt, die Fulbe-Frauen zum Schminken verwenden. Der Wochenmarkt in Guémé beginnt immer dienstags in der Nacht und endet am darauffolgenden Tag. Zu den Handelsgütern zählen Soda aus Boboye, Matten aus den Fulbe-Dörfern um Kirtachi und Tillabéri, schmucklose Kalebassen, von Frauen aus Kirtachi hergestelltes Öl und aus unbearbeitetem Leder bestehende Matten, die für tatara genannte Einzäunungen verwendet werden. Verkauft werden außerdem von der lokalen Bevölkerung am Fluss angebaute Süßkartoffeln, Tomaten und Zwiebeln. Auch am Mittwochsmarkt in Bokki werden verschiedene Lebensmittel angeboten. Die verkauften Erdnüsse werden lokal zu Erdnussöl weiterverarbeitet. Aus der Umgebung von Bokki kommen Handwerker wie Schmiede und Töpfer zum Markt. Kleinere Wochenmärkte in der Landgemeinde Tamou befinden sich in den Grenzdörfern Boulel und Dantiandou (nicht zu verwechseln mit der weiter nördlich gelegenen Landgemeinde Dantiandou). Beide finden montags statt.[16] Das staatliche Versorgungszentrum für landwirtschaftliche Betriebsmittel und Materialien (CAIMA) unterhält Verkaufsstellen im Hauptort und im Dorf Allambaré.[17]

Gesundheitszentren des Typs Centre de Santé Intégré (CSI) sind im Hauptort sowie in den Siedlungen Allambaré, Bokki und Dantchandou vorhanden.[18] Der CEG Tamou ist eine allgemein bildende Schule der Sekundarstufe des Typs Collège d’Enseignement Général (CEG).[19] Beim Centre de Formation aux Métiers de Tamou (CFM Tamou) handelt es sich um ein Berufsausbildungszentrum.[20]

Beim Dorf La Tapoa im Gemeindegebiet von Tamou befindet sich ein ziviler Flugplatz mit unbefestigter Start- und Landebahn, der Flugplatz La Tapoa (ICAO-Code: DRRP).[21] Die Nationalstraße 27 verbindet Tamou mit der Departementshauptstadt Say. Die 1975 errichtete Tapoa-Talsperre staut den Fluss Tapoa auf.[22]

Persönlichkeiten Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Michel Benoit: Peuplement, violence endémique et rémanence de l’espace sauvage en Afrique de l’Ouest. In: Espace, populations, sociétés. Les populations de l’Afrique subsaharienne. Nr. 1, 1999, S. 29–51, doi:10.3406/espos.1999.1868.
  • Abdoua Elhadji Dagobi: Les pouvoirs locaux et le rôle des femmes à Tamou (= Etudes et Travaux du LASDEL. Nr. 35). LASDEL, Niamey/Parakou Februar 2005 (lasdel.net [PDF]).
  • Abdoua Elhadji Dagobi: Les pouvoirs locaux dans la commune de Tamou (2) (= Etudes et Travaux du LASDEL. Nr. 50). LASDEL, Niamey/Parakou Januar 2007 (lasdel.net [PDF]).
  • Abdoua Elhadji Dagobi: Les pouvoirs locaux et le rôle des femmes à Tamou (3) (= Etudes et Travaux du LASDEL. Nr. 74). LASDEL, Niamey/Parakou Juni 2009 (lasdel.net [PDF]).
  • Hadiza Moussa: Les pouvoirs locaux dans la commune de Tamou (4) (= Etudes et Travaux du LASDEL. Nr. 82). LASDEL, Niamey/Parakou November 2009 (lasdel.net [PDF]).
  • Benoît Huraut: Histoire du peuplement, pratiques pastorales et dynamique du paysage en périphérie du Parc National du "W" du Niger, au Niger: Canton de Tamou, département de Dosso (Niger). Mémoire maîtrise. Université de Grenoble 1, Grenoble 2000.
  • Harouna Mounkaila: Migrations de colonisation agricole et dynamique du peuplement dans les communes rurales de Say et de Tamou (Ouest du Niger). In: Lawali Dambo (Hrsg.): Vivre dans les milieux fragiles: Alpes et Sahel. Hommage au Professeur Jorg Winistorfer (= Travaux et recherches de l’Institut de Géographie. Nr. 31). Université de Lausanne, Lausanne 2005, S. 149–164.
  • Halilou Salifou: Perceptions et stratégies d’adaptation des éleveurs transhumants aux changements climatiques (commune rurale de Tamou). Faculté d’Agronomie, Université Abdou Moumouni de Niamey, Niamey 2012.
  • Abdoul Moumouni Sithou Rani: Population rurale et changement climatique : perceptions paysannes et adaptation dans les remous villageois de Bokki et de Tamou, commune rurale de Tamou, département de Say, région de Tillabéri. Mémoire de Maîtrise. Département de Géographie, Université Abdou Moumouni de Niamey, Niamey 2012.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Tamou – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Ibrahim Oumarou Sadou, Souleymane Amadou: Monographie de la région de Tillabéri. (PDF) Institut National de la Statistique, République du Niger, Oktober 2016, S. 19, archiviert vom Original am 28. Dezember 2021; abgerufen am 17. Januar 2022 (französisch, Figure 2: Carte de zonage agro-écologique de la région de Tillabéri).
  2. a b c d Répertoire National des Localités (ReNaLoc). (RAR) Institut National de la Statistique, République du Niger, Juli 2014, S. 495–500, archiviert vom Original am 24. September 2015; abgerufen am 27. März 2022 (französisch).
  3. Loi n° 2002-014 du 11 JUIN 2002 portant création des communes et fixant le nom de leurs chefs-lieux. République du Niger, 11. Juni 2002.
  4. Heinrich Barth: Reisen und Entdeckungen in Nord- und Central-Afrika. Fünfter Band. Justus Perthes, Gotha 1858, S. 290.
  5. a b c Etude Niger. Médiation agropastorale au Sahel. Vers la mise en place de 7 réseaux de médiateurs communautaires à travers 13 communes frontalières. (PDF) Centre pour le dialogue humanitaire (HD), Februar 2020, S. 29, abgerufen am 1. Mai 2022 (französisch).
  6. Edmond Séré de Rivières: Histoire du Niger. Berger-Levrault, Paris 1965, S. 241.
  7. Niger : Situation sécuritaire dans les régions de Tillabéri et de Diffa de janvier 2019 à mai 2020. (PDF) OFPRA, 18. Mai 2020, S. 26, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 6. August 2021 (französisch).@1@2Vorlage:Toter Link/www.ofpra.gouv.fr (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  8. a b Répertoire National des Communes (RENACOM). (RAR) Institut National de la Statistique, République du Niger, archiviert vom Original am 2. Februar 2012; abgerufen am 27. März 2022 (französisch).
  9. Jean-Paul Labourdette, Dominique Auzias: Niger 2009. Nouvelle édition de l’Université, Paris 2009, ISBN 2-7469-1640-1, S. 117.
  10. Répartition de la population résidente de nationalité nigérienne selon l'ethnie et la région au 1er juin 2001. Institut National de la Statistique, République du Niger, 7. Dezember 2009, archiviert vom Original am 11. Februar 2012; abgerufen am 21. Mai 2022 (französisch).
  11. Yveline Poncet: Cartes ethno-démographiques du Niger au 1/1 000 000. Notice des cartes (= Etudes nigériennes. Nr. 32). Centre Nigérien de Recherches en Sciences Humaines, Niamey 1973, Annex: République du Niger: Carte ethno-démographique au 1:1 000 000 (odsef.fss.ulaval.ca [PDF; abgerufen am 31. Januar 2021]).
  12. Résultats élections – Communales. Commission Électorale Nationale Indépendante, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Januar 2021; abgerufen am 2. Januar 2021 (französisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ceniniger.org
  13. Comprendre l’économie des ménages ruraux au Niger. (PDF) Save the Children UK, 2009, S. 8, abgerufen am 2. September 2020 (französisch).
  14. Aghali Aboulkader: Le « bien » sécurité dans trois communes (Guidan Roumdji, Balleyara et Say). Des logiques de l’Etat aux logiques locales, ou la diversité d’acteurs. (PDF; 966 kB) LASDEL, Februar 2013, S. 11, archiviert vom Original am 2. Mai 2014; abgerufen am 25. Dezember 2021 (französisch).
  15. Evaluation Hydrologique de l’Afrique Sub-Saharienne. Pays de l’Afrique de l'Ouest. Rapport de Pays: Niger. Mott MacDonald International / BCEOM / SOGREAH / ORSTOM, Cambridge / Montpellier / Grenoble August 1992, Annexe E: Liste des postes pluviométriques, S. 10 (horizon.documentation.ird.fr [PDF; abgerufen am 19. März 2022]).
  16. Dissirama Sabine Attama, Rita Dorigo, Toyé Amina Kiepin: Programme de Formation Modulaire en faveur de l’Artisanat Rural: Rapport de la mission d’identification dans les zones de Say et du Parc W du 17/03/2014 au 23/03/1994. RESEDA, Niamey April 1994, S. 2–3, 5–7 (web.archive.org [MS WORD; abgerufen am 8. Januar 2022]).
  17. CAIMA. In: Béret Vert. Bulletin de Liaison et d’Information des Forces Armées Nigériennes. Nr. 17, Mai 2013, S. 28.
  18. Niger DSS. In: Systeme Nationale d’Information Sanitaire (SNIS). Ministère de la Santé Publique, République du Niger, abgerufen am 10. November 2020 (französisch).
  19. Niger – Recensement Scolaire 2008–2009, Enquête statistique. Dictionnaire des données. Institut National de la Statistique, République du Niger, 28. November 2013, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 10. November 2020 (französisch).@1@2Vorlage:Toter Link/anado.ins.ne (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  20. Annuaire statistique. Année scolaire 2020–2021. Edition 2022. (PDF) Direction des Statistiques et de la Digitalisation, Ministère de l’Enseignement Technique et de la Formation Professionnelle, République du Niger, 18. Oktober 2022, S. 7 und 96, abgerufen am 18. Mai 2023 (französisch).
  21. Airports in Niger. In: Aircraft Charter World. Archiviert vom Original am 28. Dezember 2019; abgerufen am 31. Januar 2021 (englisch).
  22. Inventaire des petits barrages du Niger. Wirtschaftskommission für Afrika (UNECA), Dezember 1996, S. 5–6 (repository.uneca.org [PDF; abgerufen am 23. September 2018]).