Stadt der verlorenen Seelen

Film von Rosa von Praunheim (1983)

Stadt der verlorenen Seelen ist ein avantgardistischer Musicalfilm aus dem Jahr 1983 von Rosa von Praunheim, der von Dragqueens, Travestie-Künstlern und transidenten Darstellern gespielt wird.

Film
Titel Stadt der verlorenen Seelen
Produktionsland Deutschland/USA
Originalsprache Deutsch/Englisch
Erscheinungsjahr 1983
Länge 90 Minuten
Altersfreigabe
Produktions­unternehmen HR, SFB
Stab
Regie Rosa von Praunheim
Drehbuch Rosa von Praunheim
Produktion Rosa von Praunheim,
Musik Jayne County, Angie Stardust
Kamera Stephan Köster
Schnitt Rosa von Praunheim
Besetzung

Inhalt Bearbeiten

Stadt der verlorenen Seelen ist eine primär fiktionale Erzählung über das Leben US-amerikanischer Cabaret-Darsteller und anderer Einwanderer in Berlin. Die Darsteller ringen um soziale Anerkennung und berufliche Perspektiven, dabei bringen sie autobiografische und authentische Aspekte ihrer Biografien und Lebenserfahrungen in die Handlung ein.[1]

Notizen Bearbeiten

In den Hauptrollen sind Jayne County und Angie Stardust zu sehen. Der TV- und Kinofilm wurde international ausgewertet[2][3][4] und über die LGBT-Community hinaus zum Kultfilm.[5][6]

In den 2010ern hatte der Film ein großes Revival in US-amerikanischen Arthouse-Kinos und auf internationalen queeren Filmfestivals.[7][8][9]

Auszeichnungen Bearbeiten

Rezeption Bearbeiten

Der Film wurde von der Kritik geradezu bejubelt: „Ein queerer Augenschmaus, ein Stück Zeitgeschichte, Travestie mit Punk-Attitüde, Diven ohne YouTube-Tutorials und szenige Kunst“, so Michael Rädel, Herausgeber des Männer-Lifestylemagazins.[11] Oder: „Mit trans- und geschlechtsspezifischen Charakteren und Drag-Superstars der Ära, aber auch mit einer bizarren Struktur, die zwischen Interviews, Voice-Overs, Liedern und Performance-Kunst wechselt, ist Stadt der verlorenen Seelen einer der coolsten Filme, den Sie jemals sehen werden“, schrieb Phil Ieropoulos von der Fakultät für darstellende und bildende Kunst der Buckinghamshire New University exemplarisch.[12] Auch aus einer Ankündigung des Mary and Leigh Block Museum of Art der Northwestern Universität geht hervor: „Dieses Trans-Punk-Musical von 1983 ist ein Kultklassiker [...].“[13]

„So einfach es ist, dies mit John Waters zu vergleichen, ich bin mir nicht sicher, ob einer seiner Filme so radikal inklusiv oder so betont politisch ist wie von Praunheims musikalische Transpunk-Extravaganz. Bei all der Ungeheuerlichkeit, die gezeigt wird (und es gibt eine Menge), ist das Beeindruckendste für mich, wie menschlich das ist“, unterstrich die Filmkritikerin und Regisseurin Elizabeth Purchell.[14] Vor allem im Kontext der damaligen Zeit war dieser Film erstaunlich progressiv: „Dieses aufrührerische und seiner Zeit massiv vorauseilende intersektionale Queer-Punk-Musical hat die Transgender-Politik stark beeinflusst.“ (Australisches Museum für Film, Fernsehen, Video und Kunst)[15] „Das deutsche Filmenfant terrible Rosa von Praunheim richtete seine Linse auf transsexuelle Amerikaner, die in der Berliner Clubszene der 80er Jahre Zuflucht suchten, und fing dabei einige der ehrlichsten, vorausschauendsten und progressivsten Dialoge über das Transleben ein, die jemals dem Zelluloid gewidmet waren“, so das Santa Cruz Art Center. Das Another Gaze Film Journal deutete auf etwas hin, das selbst im 21. Jahrhundert noch nicht selbstverständlich geworden ist: „[...] Praunheim gelingt es, einen Raum zu schaffen, in dem Transgender-Frauen und sexueller Pluralismus ohne Gewalt und Tadel zelebriert werden.“[16] Die im Independent-Bereich angesehene Musikseite Pitchfork wählte den Film im Jahr 2023 unter die international 30 besten queeren Musikfilme: „Jede der verrückten Musikszenen des Films ist ein unvergesslicher Anblick, aber die wahren Enthüllungen in Stadt der verlorenen Seelen liegen in den Monologen vor der Kamera und den offenen Debatten untereinander: über Trans-Leben und Geschlechterdeterminismus, Rassismus und Antisemitismus, Homophobie und Entfremdung. Absurd, chaotisch und unglaublich witzig – von Praunheims Darstellung einer queeren Wahlfamilie ist genauso chaotisch, wie es im wirklichen Leben nur sein kann.“[17]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Rosa von Praunheim: Stadt der verlorenen Seelen. Kunstverein Harburger Bahnhof, abgerufen am 2. März 2022.
  2. Stadt der verlorenen Seelen. Mubi, abgerufen am 2. März 2022.
  3. LITTLE JOE: CITY OF LOST SOULS. Tate Gallery of Modern Art, abgerufen am 5. März 2022.
  4. BERLINART: 20 FILMS. Museum of Modern Art, abgerufen am 5. März 2022.
  5. Stadt der verlorenen Seelen. filmportal.de, abgerufen am 2. März 2022.
  6. Stadt der verlorenen Seelen. Männer-Lifestylemagazin, abgerufen am 2. März 2022.
  7. Dirty Looks Goes On Tour. Pride Publishing Inc., abgerufen am 16. März 2022.
  8. City of Lost Souls. Cinema Queer, abgerufen am 15. März 2022.
  9. City of Lost Souls (1983). Mary and Leigh Block Museum of Art (Northwestern University), abgerufen am 15. März 2022.
  10. Rosa von Praunheim - Awards. Internet Movie Database, abgerufen am 27. April 2022.
  11. Stadt der verlorenen Seelen. Männer-Lifestylemagazin, 16. Dezember 2019, abgerufen am 2. März 2022.
  12. Die 50 wichtigsten Werke des experimentellen Kinos. Dr. Phil Ieropoulos (Buckinghamshire New University) – Athinorama, 28. Februar 2022, abgerufen am 2. März 2022.
  13. City of Lost Souls (1983). Mary and Leigh Block Museum of Art (Northwestern University), April 2019, abgerufen am 2. März 2022.
  14. City of Lost Souls AKA Stadt der verlorenen Seelen (1983). Wharf Chambers (Elizabeth Purchell), 4. Januar 2012, abgerufen am 22. März 2022.
  15. City of Lost Souls. Australisches Museum für Film, Fernsehen, Video und Kunst, September 2022, abgerufen am 19. September 2022.
  16. Reconceiving Trans Womanhood And Sexual Pluralism In Rosa Von Praunheim’s ‘City Of Lost Souls’. Another Gaze Film Journal, 9. April 2018, abgerufen am 22. März 2022.
  17. The 30 Best Queer Music Movies. Pitchfork Media, 6. Juni 2023, abgerufen am 6. Juni 2023.