Stadt der Diebe

Buch von David Benioff

Stadt der Diebe (Originaltitel: City of Thieves) ist der zweite Roman des US-amerikanischen Drehbuchautors und Schriftstellers David Benioff. Er erschien 2008, wurde in 27 Sprachen übersetzt und ist ein internationaler Bestseller.

Inhalt Bearbeiten

Der Roman spielt im Januar 1942, während des Zweiten Weltkriegs in Leningrad, das seit Monaten von der deutschen Wehrmacht eingekesselt ist und belagert wird. Der Roman ist aus der Sicht des jungen Lew geschrieben, der zusammen mit Gleichaltrigen als Brandwache in ihrem Wohnhaus dient. Durch die Belagerung herrschen Hunger und Mangel an allem in der Millionenstadt, und als sie einen toten deutschen Piloten an seinem Fallschirm vom Himmel fallen sehen, vergessen sie die verhängte Ausgangssperre und plündern den Leichnam aus. Lew steckt dabei den Dolch des Soldaten ein und sie lassen seinen Flachmann mit Schnaps herumgehen. Dadurch unachtsam, werden sie von einer Patrouille sowjetischer Soldaten entdeckt, die den Befehl hat, Plünderer und alle, die gegen die Ausgangssperre verstoßen, zu verhaften. Während die anderen knapp entkommen können, wird Lew erwischt und ins Gefängnis gebracht. Wie zu dieser Zeit und im Belagerungszustand üblich, droht ihm standrechtlich die Todesstrafe. In der Zelle lernt er den zwei Jahre älteren Kolja kennen, der keine Angst vor der sicher geglaubten Exekution zu haben scheint und ihm ein Stück Wurst schenkt. Kolja stellt sich als gebildeter und literaturliebender junger Mann heraus, der an einem Roman arbeitet. Als man sie am nächsten Morgen aus der Zelle holt, werden sie nicht wie erwartet erschossen, sondern dem militärischen Stadtkommandanten vorgeführt. Dieser will seine gut genährte Tochter – in der ausgehungerten Stadt – in Kürze verheiraten und braucht für die Hochzeitstorte noch dringend 12 Eier. Sollten die beiden innerhalb einer Woche das Dutzend Eier besorgen können, werden sie begnadigt und erhalten obendrein noch je eine Lebensmittelkarte für Offiziere, die ihnen in der ausgehungerten Stadt sehr viel bessere Überlebenschancen sichert.

Zusammen durchwandern sie die Stadt und dabei erfährt Lew, dass Kolja seit mehr als einer Woche schon nicht mehr "scheißen" konnte, und außerdem wegen eines Puffbesuchs die Rückkehr zu seiner Einheit verpasst hat und somit eigentlich als Deserteur exekutiert werden soll. Gleichzeitig erzählt Lew Kolja, dass er ein passabler Schachspieler sei. Kolja entlockt Lew auch, dass er der Sohn eines Dichters ist, der wegen seiner Schriften verhaftet wurde und seitdem verschwunden ist. Auf der Suche nach den Eiern besuchen sie Schwarzmärkte in der Hoffnung, dort Bauern aus umliegenden Kolchosen zu finden, die Eier anbieten. Dabei werden sie beinahe Opfer eines Kannibalen, der sie mit der Aussicht auf Eier in eine Wohnung lockt, um sie dort "schlachten" zu können. Nur mit Glück können sie entkommen. Ein Gerücht bringt sie zu einem anderen Haus, auf dessen Dach ein alter Mann Hühner halten soll. Auch dort haben sie keinen Erfolg: der alte Mann ist schon lange tot und der Junge, der ihm geholfen hat, auf die Hühner aufzupassen, ist nur noch Stunden vom Hungertod entfernt. Zwar können sie das letzte Tier mitnehmen, allerdings ist es ein Hahn. Bei Freunden von Kolja verbringen sie die erste Nacht und verspeisen den Vogel. Kolja erweist sich als Frauenheld, der Lew nach und nach auch Tipps und Ratschläge in Sachen Frauen gibt.

Am nächsten Tag verlassen sie Leningrad und wollen sich durch die Frontlinien zu Kolchosen durchschlagen, die außerhalb der Stadt liegen. Zuvor erhalten sie von einem Offizier noch etwas Brot. Bei der Wanderung wird immer deutlicher, dass der Krieg nicht gut für die Sowjetunion verläuft und dass auf beiden Seiten ohne jede Gnade gekämpft wird. Kolja erzählt Lew von Kameraden und Offizieren, um ihn abzulenken und aufzubauen, da Lew sehr erschöpft ist und sie sich außerdem verirrt haben. Nachdem es längst dunkel ist, kommen sie zu einer Hütte, die offensichtlich bewohnt ist. Dort sind lediglich vier junge Mädchen, die von den Deutschen als Prostituierte gehalten werden, deren Dienste sie mit Nahrung und Schutz vergelten. Auch hier finden Lew und Kolja keine Eier. Sie erfahren hingegen, dass die Deutschen jede Nacht zu viert oder fünft in die Hütte kommen. Kolja plant, die Deutschen zu erschießen, weiß aber, dass es sehr unwahrscheinlich ist, das zu überleben. Als die Deutschen dann an der Hütte eintreffen, werden sie von Partisanen aus dem Hinterhalt angegriffen und erschossen. Die Gruppe, zu der auch das Mädchen Vika gehört, ist auf der Suche nach Sturmbannführer Abendroth, der in der Umgebung die sogenannten „Einsatzgruppen“ der deutschen Invasoren befehligt. Lew und Kolja schließen sich den Partisanen an und verbringen die nächste Nacht in deren Versteck. Wieder wird das Grauen des Krieges deutlich, als Lew von Vika erfährt, dass die Deutschen für jeden von Partisanen getöteten deutschen Soldaten 30 russische Zivilisten exekutieren. Vika erweist sich als zähe, junge Frau, die beim Kämpfen mühelos mit ihrer Umgebung verschmilzt, und stellt sich außerdem als die Scharfschützin heraus, die die Deutschen vor der Hütte aus knapp 400 Metern Distanz mit ihrem erbeuteten deutschen Scharfschützengewehr erwischt hat. Die zweite Nacht vergeht und Lews Gedanken wandern immer wieder zu Vika.

Der Unterschlupf der Partisanen wird am nächsten Tag von den deutschen Truppen entdeckt und lediglich Lew, Kolja, Vika und ein weiterer Partisan können entkommen. Sie stoßen auf eine Kolonne deutscher Soldaten, die mehrere Gefangene mit sich führt. Vika hofft, dass die Kolonne sie zu Abendroth führt, und so schmuggeln sie sich unter die Gefangenen. Zwar müssen sie dafür ihre Gewehre zurücklassen, doch haben sie immer noch Lews Dolch des toten deutschen Piloten, und Koljas Pistole, die sie bei einem toten russischen Soldaten am zweiten Tag fanden. Ein Mitgefangener jedoch erkennt Vikas letzten Kameraden als Partisanen und verrät ihn an die Deutschen, die ihn sofort erschießen. Am Zielort werden die Gefangenen nach Lesekundigen und -unkundigen getrennt – Vika haucht Lew leise zu, er solle so tun, als ob er nicht lesen könne. Lew und auch Kolja folgen ihrem Rat. Kurz darauf werden alle Lesekundigen erschossen.

Als der vierte Morgen anbricht, liegt der Mann, der Vikas Kameraden verraten hat, mit aufgeschlitzter Kehle in der Baracke, in der die Gefangenen über Nacht eingesperrt waren. Kolja hört heraus, dass Abendroth in der Nähe ist, und lässt die Deutschen wissen, dass Lew ein hochtalentiertes Schachgenie sei, das jeden schlagen könne. Ihr Plan ist, dass Lew Abendroth beim Schachspiel mit dem Dolch, den er im Stiefel verborgen trägt, erstechen soll, wenn er beim Schachspiel als einziger nah genug an ihn herankommt. Abendroth beißt an und lässt die drei zu sich rufen. Kolja schlägt ihm eine Schachpartie gegen Lew um Vikas, Lews und Koljas Freiheit sowie um ein Dutzend Eier vor. Lediglich die Eier gewährt Abendroth und die Partie beginnt. Lew siegt. Als Abendroth ihm überrascht, aber fast bewundernd, die Hand reichen will, zieht Lew den Dolch und greift Abendroth an. Vika und Kolja attackieren die Wachen, doch Lew ist nicht kräftig genug, um Abendroth zu töten. Er scheint zu unterliegen, kann Abendroth aber mit viel Glück doch noch erstechen. Er büßt dabei einen Finger ein. Kolja und Lew fliehen mit dem Dutzend Eiern aus Abendroths Büro. Vika entkommt auch und holt sie kurz darauf ein, will aber nicht mit nach Leningrad kommen und verkündet, sich einer anderen Partisanengruppe in der Nähe anzuschließen. Sie fragt Lew noch nach seinem vollen Namen und sagt, dass sie ihn nach dem Krieg finden wird.

Kolja und Lew begeben sich wieder nach Leningrad, das anhand der Flak-Scheinwerfer gut auszumachen ist. Übermütig und nach alldem überglücklich, am Leben zu sein und überdies noch das Dutzend Eier zu haben, gerät Kolja derart in Hochstimmung, dass sie einem sowjetischen Posten am Belagerungsring zu nahe kommen und aufgrund ihrer erbeuteten Waffen für Deutsche gehalten werden. Kolja trägt eine Schusswunde am Gesäß davon und stirbt auf der Fahrt ins Lazarett.

Als Lew dem Oberst die Eier übergibt, erfährt er, dass dieser bereits drei Dutzend Eier hat, und Kolja somit völlig umsonst gestorben ist. Der Oberst hält immerhin sein Wort und lässt ihn frei, sogar mit beiden versprochenen Lebensmittelkarten.

Lew dient später als Schreiber in der sowjetischen Armee und überlebt den Krieg. Jahre nach Kriegsende steht eine hübsche, rotlockige Frau vor seiner Wohnungstür. Es ist natürlich Vika, die ihn wie versprochen gefunden hat.

Kritiken Bearbeiten

Der Roman wurde von Kritikern überwiegend positiv, teils begeistert rezensiert. Der Schreibstils Benioffs wurde allgemein als fesselnd beschrieben.[1]

Literatur Bearbeiten

  • Brigitte Zypries: Der stille Völkermord – David Benioffs fesselnder Roman über die Blockade Leningrads, in: F.A.S. Nr. 24, 18. Juni 2017, S. 42.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Inhalts- und Rezensionszusammenfassung auf perlentaucher.de, abgerufen am 30. Juni 2014.