St. Blasius (Plochingen)

die evangelische Hauptkirche in Plochingen und ein Wahrzeichen der Stadt

Die Stadtkirche St. Blasius ist die Hauptkirche der evangelischen Kirchengemeinde (Pfarramt 1) in Plochingen und ein wichtiges Wahrzeichen dieser Stadt.

Die Stadtkirche St. Blasius

Vorgängerbauten Bearbeiten

Bereits zur Zeit der alemannischen Besiedlung Plochingens wurde die Fläche des heutigen Kirchbergs als Kultstätte und Bestattungsort genutzt. Damit ist die Errichtung der ersten Kirche Plochingens im Rahmen der Christianisierung typisch für diese Zeit und Gegend, in der die Missionare die neuen Sakralbauten auf den Anhöhen bauten, auf denen sich bereits religiöse Stätten befunden hatten. Dies erleichterte der Bevölkerung unter Umständen die Umstellung und stellte zugleich den Triumph des Christentums über die heidnischen Vorstellungen dar. Das erste christliche Gotteshaus in Plochingen wurde wohl um 620 von fränkischen Missionaren, vielleicht von Mönchen des Klosters Lorsch errichtet. Es handelte sich um ein dem hl. Michael geweihtes Holzgebäude innerhalb des Kirchhofs. Diese Kirche wurde zusammen mit dem danebenliegenden Herrenhof im Zusammenhang der Auseinandersetzungen zwischen König Heinrich IV. und Rudolf von Schwaben im Jahr 1078 niedergebrannt. Unter dem Ortsherr Ulrich von Stubersheim-Ravenstein entstand um 1100 eine neue, steinerne, romanische Kirche, welche dem Namenspatron des Ritters, dem hl. Ulrich von Augsburg geweiht wurde. Von diesem Bau zeugen noch heute einige Gegenstände (s.Umgebung, Einrichtung). Bei Grabungsarbeiten zum Heizungsbau unter der Sakristei wurden zudem 1933 einige Fundamente entdeckt, eines davon stammt von der Ulrichskirche. Diese fiel 1449/50 den Flammen eines Krieges zum Opfer, bevor ihr ungefähr 30 Jahre später die heutige Kirche folgte.

Baugeschichte Bearbeiten

Die Kirche wurde im 15. Jahrhundert als Wehrkirche auf einem alten Kultplatz errichtet.

Laut zwei Inschriften über Portalen der Kirche wurde das Kirchenschiff mit dem Chorraum im Jahre 1481, der Turm 1488 fertiggestellt, das heißt, die Bauarbeiten wurden vermutlich 1488 abgeschlossen, wobei der genauere Verlauf und die Dauer der Errichtung unbekannt bleibt.

1961/62 fanden größere Renovierungen statt, die das Bild der Kirche bis heute prägen (s Inneres). Der Turm wurde zuletzt 1983, der Chor 1984 saniert.

Äußeres Bearbeiten

Die Stadtkirche St. Blasius ist ein einschiffiger Saalbau mit einem 32 m hohen Westturm und einem östlichen Chorraum mit Sakristei. Mehrere Portale ermöglichen den Zugang zu Kirche, der frühere Hauptzugang erfolgte durch das Westportal, dessen Türe von 1962 stammt, und die Vorhalle im Untergeschoss des Turms. Über diesem Portal befindet sich eine Nische, in der bis zur Reformation ein Bildnis des hl. Michael befand. Darüber erkennt man einen zugemauerten ehemaligen Zugang zum Turm. Dieser war mit dem 1801 abgerissenen Mesnertürmlein über einen Steg verbunden. Dieses war auf der gegenüberliegenden Mauer errichtet worden und diente zeitweise dem Mesner oder Totengräber als Wohnung, der über den Steg schnell den Kirchturm und damit die Glocken erreichen konnte. An der Südseite der Kirche sind einige alte Grabsteine angebracht, zum Beispiel von früheren Pfarrern der Kirche. Der Turmhahn wurde 1932 angefertigt und aufgesetzt.

Inneres/Einrichtung Bearbeiten

Das innere Erscheinungsbild der Kirche wurde vielfach verändert, zuletzt vor allem bei Renovierungen 1960–1962. Doch schon davor gab es vielfach Veränderungen, die hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit chronologisch aufgeführt sind:

  • Ende 15. Jahrhundert: Die „Männer- oder Bauernempore“ wird im Westen der Kirche eingebaut und im Laufe der folgenden Jahrhunderte mehrfach umgebaut.
  • Um 1520: Der steinerne Renaissance-Kanzelstock wird gefertigt und aufgestellt
  • 1610: Die „Herrenempore“ (heutige Nordempore) wird von dem Zimmermann Hans Peltin an der Südwand des Kirchenschiffs erbaut. Die mittlere Säule ist von ihm selbst beschnitzt.
  • 17. Jahrhundert: Im Chor der Kirche wird auf einer Empore eine Orgel aufgestellt.
  • 1701: Die Orgel wird verkauft, eine neue vom Orgelbauer Hartmann aus Nürtingen aufgestellt.
  • 1745: Der Esslinger Maler Jakob Ihle füllt die Emporenbrüstungen im Schiff mit Darstellungen von Szenen aus der Bibel.
  • 1775: Die Sakristei erhält einen direkten Zugang vom Friedhof her.
  • 1838: Die Hartmann-Orgel wird durch eine neue Orgel der Firma Walcker in Ludwigsburg ersetzt.
  • 1883: Die Kanzel wird mit einem Schalldeckel und Schmuckaufbau ausgestattet.
  • 1880: Der Chor erhält einen direkten Zugang vom Friedhof her.
  • 1923: Bei Renovierungsarbeiten wird im Boden der „Bauernempore“ ein spätgotischer Kruzifix (ca. 1450–1480) gefunden, neu bemalt und an der Nordwand des Schiffs aufgehängt.
  • 1933: Erneuerung der Sakristei; Bau eines Heizungskellers und Fund mehrerer Fundamente (s. Vorgängerbauten)
  • 1935: Umbauten/Renovierung:
Die Orgelempore in Chor samt der Orgel wird abgebrochen. Die Firma Walcker aus Ludwigsburg erstellt eine neue Orgel unter Einbeziehung großer Teile von der alten Orgel.
  • 1960–1962: Großer Umbau und Renovierung:
Einbau der neuen Decke des Kirchenschiffs; die „Herrenempore“ wird von der Süd- zur Nordwand verlegt; die Kanzel wird von der Nord- zur Südseite des Chorbogens verlegt, der Taufstein stattdessen links vom Altar aufgestellt; Entfernen des Kanzelaufbaus, einzelne Teile davon werden auf beiden Seiten vom Chorbogen aufgehängt.

Renovierung des spätgotischen Netzgewölbes im Chor; Freilegung der dortigen Deckenmalereien aus derselben Zeit. Einbau der farbigen Glasfenster vom Stuttgarter Kunstglaser Saile

  • 1983–1985: Die Firma Köberle erstellt die neue Orgel, wobei große Teile aus den beiden vorhergegangenen Walcker-Orgeln übernommen werden.

Glocken Bearbeiten

Alle heutigen Glocken der Kirche stammen aus dem 20. Jahrhundert. Alle älteren wurden zu Kriegszwecken eingeschmolzen, zuerst im Dreißigjährigen Krieg, später im Ersten Weltkrieg.

Das heutige Geläut besteht aus fünf Glocken:

  1. Taufglocke (h′, 350 kg, 1921)
  2. Totenglocke (a′, 470 kg, 1951)
  3. Betglocke (fis′, 791 kg, 1951)
  4. Dominika (Erlöserglocke) (e′, 1092 kg, 1962)
  5. Gloriosa (cis′, 1870 kg, 1962)

Literatur Bearbeiten

  • Joachim Hahn/Manfred Reiner: Evangelische Kirchen in Plochingen, Herba Verlag, Plochingen 1993, Aus der Kirchengeschichte; Die St.-Blasius-Kirche (S. 4–15)
  • Manfred Reiner/Klaus Steinhilber: Miteinander durch die Jahrhunderte, Schneider Verlag Hohengehren, 2008, „Die Gemeinden der Region um Plochingen“: „Plochingen“ (S. 73–76)

Weblinks Bearbeiten

Commons: Stadtkirche St. Blasius – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 48° 42′ 29,1″ N, 9° 25′ 13,2″ O