Samai oder Semai (arabisch سماعي, DMG samāʿī) ist in der arabischen und türkischen traditionellen professionellen Musik ein mehrwertiger Begriff, der eine Vokal- oder Instrumentalform der musikalischen Komposition sowie charakteristische orientalische Rhythmen bezeichnet.

Der Ursprung des Wortes Samai kommt von der arabischen Wurzel „s–m–ʿ“, was „zuhören“ bedeutet.[1][2]

Samai in arabischer Musik Bearbeiten

Semai ist neben dem Bashraf und der Longa eine beliebte ottomanische Instrumentalform, die später in die arabische Musik als Samai eingeführt wurde. In arabischer Musik ist Samai eine Form der musikalischen Komposition, die auf dem akustischen Rhythmus 10/8 (Samai Thaqil genannt) basiert. Das Samai besteht aus vier Sätzen (Khana, Plural Khanat), denen jeweils der Refrain (Taslim) folgt. Der Taslim und die ersten drei Sätze haben normalerweise eine Rhythmusstruktur von 10/8, während der vierte Satz typischerweise in einem 3/4- oder 6/4-Rhythmus komponiert, der Samai Darij (zentralasiatischer/persischer Rhythmus) genannt wird. Einige zeitgenössische Komponisten wenden im 4. Satz einen 5/8-, 7/8- oder 9/8-Takt an[1][3].

Neben den Semai und Bashraf ist die Longa eine beliebte ottomanische Instrumentalform, die später in die arabische Musik eingeführt wurde und oft am Ende einer Muwaschschah aufgeführt wird. So wie Semai und Bashraf, basiert auch Longa auf einen Refrain, der Taslim (arabisch تسليم, DMG taslim) heißt, und auf einer Anzahl unterschiedlicher Verse, die Khana (im Türkischen lautet die Bezeichnung „hane“ = Haus) genannt werden[3].

Der traditionelle musikalische Aufbau dieses Genres basiert auf einer rhythmischen Partitur, vor deren Hintergrund sich auch eine Vokalmelodie entwickelte. Im 9. Jahrhundert verlagerte Ziryab, ein Musiker und Universalgelehrter aus al-Andalus, in seinen Gesangswerken den Schwerpunkt auf den Sänger, dem jetzt die Hauptrolle zugewiesen wurde, und die Percussion-Instrumente erfüllten die Funktion der rhythmischen Begleitung der Hauptmelodie.[4]

Semai in osmanisch-türkischer Musik Bearbeiten

In osmanisch-türkischer Musik ist Semai ein Vokalstück, das im 6/8-Takt komponiert wurde. Diese Form und Metrik (usul auf Türkisch) wird oft mit saz semai verwechselt. Das Saz semai (auch auf Türkisch als saz sema'i, saz sema-i, saz sema i, saz semaī, saz semâ'î, sazsemai, saz semaisi oder sazsemaisi geschrieben) ist eine Instrumentalform in der osmanischen klassischen Musik, die aus drei bis vier Abschnitten im 10/8-Takt besteht. Das Saz Semai verwendet typischerweise die Usul (rhythmische Struktur), die Aksak Semai genannt wird. Ein Saz Semai besteht typischerweise aus 4 Sätzen, genannt Hane (auf Deutsch „Haus“), jedem Satz folgt ein Teslim (Refrain). Semai ist eine der wichtigsten Formen in der osmanisch-türkischen Sufi-Musik[1].

Literatur Bearbeiten

  • E. V. Belyaeva: Tvorchestvo kompozitorov Sirii – osnovnye puti razvitiya (vtoraya polovina XX – nachalo XXI veka) [The composers of Syria: the main development path (second half of XX – beginning of XXI century)]. Als Manuskript, Kazan 2018 (russisch, gnesin-academy.ru [PDF] PhD dissertation, Art history).
  • Johnny Farraj, Sami Abu Shumays: Inside Arabic Music – Arabische Maqam-Performance und Theorie im 20. Jahrhundert. Oxford University Press, Oxford 2019, ISBN 978-0-19-065835-9 (englisch).
  • Walter Feldman: Music of the Ottoman Court: Makam, Composition and the Early Ottoman Instrumental Repertoire. Berlin 1996 (englisch).
  • Anders Hammarlund, Tord Olsson, Elisabeth Ozdalga: Sufism, Music and Society in Turkey and the Middle East. Hrsg.: Swedish Research Institute in Istanbul. London 2001, ISBN 0-7007-1148-1 (englisch).
  • Karl Signell: Makam: Modal Practice In Turkish Art Music. Da Capo Press, New York 1986 (englisch).
  • Silverstein Shayna: Transforming Space – The Production of contemporary syrian art music. In: Thomas Burkhalter, Kay Dickinson and Benjamin J. Harbert (Hrsg.): The Arab Avant-Garde: Music, Politics, Modernity. Wesleyan University Press, Middleton 2013, ISBN 978-0-8195-7386-5 (englisch).

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c The Oud and Other Articles. In: www.amukhtar.com. Abgerufen am 26. Februar 2023 (englisch).
  2. Танцуй вместе с нами! – Основные Арабские ритмы [Tanz mit uns! - Grundlegende arabische Rhythmen]. Abgerufen am 26. Februar 2023 (russisch).
  3. a b Kompositorische ottomanische Instrumentalformen. In: maqamworld.com. The Arab Fund for Arts and Culture, abgerufen am 10. September 2023.
  4. E. V. Belyaeva: Tvorchestvo kompozitorov Sirii – osnovnye puti razvitiya (vtoraya polovina XX – nachalo XXI veka) [The composers of Syria: the main development path (second half of XX – beginning of XXI century)]. PhD dissertation (Art history). Als Manuskript, Kazan 2018, S. 34 (russisch, gnesin-academy.ru [PDF]).