Die Schlacht an der Worskla war eine der größten und blutigsten Auseinandersetzungen in der mittelalterlichen Geschichte Osteuropas. Sie wurde am 12. August 1399 zwischen der Goldenen Horde unter Emir Edigü und Timur Kutlugh und den Truppen des Großfürsten Vytautas aus dem Großfürstentum Litauen an der namengebenden Worskla, einem Nebenfluss des Dnepr in der heutigen Ukraine, ausgetragen.

Schlacht an der Worskla: Miniatur des 16. Jahrhunderts in der Chronik von Iwan dem Schrecklichen

Politische Situation Bearbeiten

In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts rivalisierten der Großfürst Vytautas und Dmitri Donskoi von Moskau um die fruchtbaren südlichen Länder, die früher zum Machtbereich der Goldenen Horde gehörten. Als die Macht der Tataren im Schwinden war, besiegte Dmitri Donskoi die Horde 1380 auf dem Schnepfenfeld. Einige Jahre später wurde er in Moskau von Khan Toktamisch belagert.

Beginn der Schlacht Bearbeiten

Toktamisch wurde nach Konflikten innerhalb der Horde von Khan Timur Kutlugh und Emir Edigu entthront, die von Tamerlan unterstützt wurden. Als Toktamisch daraufhin Vytautas um Hilfe bat, stellte dieser bereitwillig eine Armee aus Litauern, Belarussen, Russen, Mongolen, Polen und Deutschrittern zusammen. Diese Armee traf an der Worskla, einem Nebenfluss des Dnepr, auf die zahlenmäßig überlegenen Tataren.[1]

Verlauf Bearbeiten

Obgleich die litauische Armee sehr gut ausgerüstet war (unter anderem mit Kanonen), konnte sie einem Angriff in ihrem Rücken durch Reserveeinheiten Edigus nicht widerstehen. Vytautas konnte gerade noch entkommen, mindestens 18 Gediminiden wurden getötet, dazu zahlreiche Ritter des Kontingentes des Deutschen Ordens.[1] „Und das Christenblut floß wie Wasser bis an die Wälle Kiews“, schrieb ein Chronist.

Die siegreichen Tataren belagerten Kiew. Inzwischen war allerdings Timur Kutlugh an den Wunden, die er in der Schlacht davongetragen hatte, gestorben, und Toktamisch wurde von einem seiner eigenen Leute ermordet.

Bedeutung Bearbeiten

Vytautas’ Niederlage an der Worskla beendete die litauischen Expansionsbestrebungen nach Südruthenien. Sein Staat verlor zudem den Zugang zum Schwarzen Meer. Die Litauer konzentrierten sich nun auf den Kampf um nördlichere Fürstentümer wie Smolensk.

Die an Vytautas’ Seite kämpfenden Tataren siedelten sich in Polen-Litauen an und wurden zum Kern des Islam in Polen, Litauen und Belarus.

Es ist außerdem davon auszugehen, dass durch die Niederlage bei der Schlacht an der Worskla eine eigenständige litauische, belarussische und ukrainische Identität erhalten geblieben ist. Bei einem Sieg wäre Vytautas zum Herrn über ganz Osteuropa geworden und Moskau wäre von Litauen einverleibt worden. Doch die gebürtigen Litauer hätten in solch einem Szenario nicht einmal 5 % der Gesamtbevölkerung eines vereinten ruthenischen und litauischen Staates ausgemacht, so dass es wahrscheinlich scheint, dass sich die Litauer in diesem Gebilde aufgelöst hätten, so wie einst die skandinavischen Waräger nach der Eroberung der ruthenisch-russischen Gebiete. Tatsächlich ist aber das Gegenteil eingetreten, da sich Litauen durch diese Niederlage näher an Polen wenden musste, mit dem es über König Władysław Jagiełło in einer Personalunion verbunden war. Ein Ergebnis dieser Einflüsse, so der polnische Historiker Stanisław Kot, war die Tatsache, dass man bereits nach 100 Jahren Grenzpfosten der westeuropäischen Kultur am Dnepr und der Düna aufstellen konnte, da die Ideen und Werte, nach denen Paris und Rom lebten, bereits die östlichen Grenzen von Belarus erreicht hatten. „Abendländische kulturelle Impulse konnten nur dort wirksam werden, wo die Rus geteilt war und vom polnisch-litauischen Staat organisiert wurde, womit über Jahrhunderte hinweg eine kulturelle Synthese gelang, die schließlich in jenen Ländern ihre Entwicklung fand, die wir heute Belarus und Ukraine nennen,“ bemerkt der Experte für polnische und russische Geschichte, Andrzej Nowak.[2]

Weblinks Bearbeiten

Commons: Schlacht an der Worskla – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur Bearbeiten

  • Robert Frost: The Making of the Polish-Lithuanian Union. 1385–1569. Oxford 2015 (englisch).
  • Oskar Halecki: Dzieje unii jagiellońskiej. Krakau 1919 (polnisch).
  • Andrzej Nowak: Die Geschichte Polens. Band 3. Das Königreich des siegreichen Adlers. 1340-1468. Hrsg.: Leszek Sosnowski. Polska Fundacja Humanistyczna, Krakau 2023, ISBN 978-83-7553-380-4.
  • Andrzej Nowak: Polen und Russland. Eine Nachbarschaft der Freiheit und des Despotismus 10.–21. Jhd. Polska Fundacja Humanistyczna, Krakau 2023, ISBN 978-83-7553-376-7.

Fußnoten Bearbeiten

  1. a b Gotthold Rhode: Geschichte Polens. Ein Überblick. 3., verbesserte Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1980, ISBN 3-534-00763-8, S. 123.
  2. Andrzej Nowak: Polen und Russland. Eine Nachbarschaft der Freiheit und des Despotismus 10.–21. Jhd. Polska Fundacja Humanistyczna, Krakau 2023, ISBN 978-83-7553-376-7, S. 59–65.