Süddeutsches Kartell (KSCV)

formale Gemeinschaft drei bayerischer und drei österreichischer Corps im Kösener-Senioren-Convents-Verband

Das Süddeutsche Kartell (SK) ist eine formale Gemeinschaft dreier bayerischer und dreier österreichischer Corps im Kösener Senioren-Convents-Verband. Es bildet neben den Kösener Kreisen einen Zusammenschluss wesensverwandter Corps zur gemeinsamen Interessensvertretung.[1]

Es ist nicht zu verwechseln mit dem burschenschaftlichen Süddeutschen Kartell.

Karte
Lage der Corps im Süddeutschen Kartell und des assoziierten Corps Borussia Berlin

Geschichte Bearbeiten

Gründung Bearbeiten

Die Gründung des Süddeutschen Kartells wird vor allem Karl Berchtold (1869–1942) zugeschrieben, der den beiden Corps Makaria München und Schacht Leoben angehörte.

Als Vorläufer wurde mit der Gründung des Bayerischen Kartells am 9. Dezember 1919 der Grundstein für die Entstehung des Süddeutschen Kartells gelegt. Die drei bayerischen Corps Franconia Würzburg, Bavaria Erlangen und Makaria München nahmen schnell Fühlung mit den ältesten Corps der österreichischen Universitätsstädte Innsbruck (Athesia), Graz (Joannea) und Leoben (Schacht) auf.

Makaria erneuerte ein bestehendes Freundschaftsverhältnis mit Athesia am 6. Mai 1920. Am selben Tag schloss auch Bavaria mit Athesia ein solches Verhältnis ab. Am 3. Juli 1920 folgten der Verhältnisvertrag des bayerischen Dreibundes mit Joannea und Schacht sowie die Aufnahme freundschaftlicher Beziehungen von Schacht und Joannea zu Athesia. Am 9. Dezember 1920 wurden die ersten Verhältnisse in ein Kartell umgewandelt. Der erste Kartelltag fand am 2. und 3. April 1921 in Salzburg statt. Als offizielles Gründungsdatum des Süddeutschen Kartells gilt der 12. Mai 1924.[2]

Entwicklung Bearbeiten

Die Zeit des Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg stellten für den KSCV eine Zäsur dar. Dennoch konnten sich ab 1948 alle Corps des Süddeutschen Kartells rekonstituieren, sodass das Kartell bis heute in seiner ursprünglichen Form fortbesteht.

Zwischen dem Corps Borussia Berlin und den meisten Mitgliedern des Süddeutschen Kartells bestehen ebenfalls Kartellverträge (Makaria, Franconia, Bavaria, Schacht), sodass die kreisfreien Berliner Preußen häufig in einem Kontext mit dem Süddeutschen Kartell genannt werden.

Zwischen Borussia und Athesia besteht zudem seit 2023 ein Freundschaftsverhältnis.

Im Jahr 2024 begeht das Süddeutsche Kartell in Leoben einen Festakt anlässlich seines 100 jährigen Bestehens.

Prinzipien Bearbeiten

Wie alle Kösener Corps stehen die Bünder im Süddeutschen Kartell zu Pflichtmensur und Couleur. Das Süddeutsche Kartell versteht sich selbst als im Gegensatz zu der von den Kösener Kreisen vertretenen Machtpolitik in und um den KSCV stehend. Die Begründer sowohl des Bayerischen, wie auch des späteren Süddeutschen Kartells lehnten von vornherein jede Kreispolitik ab. Die Freundschaft wird als Fundament des Zusammenschlusses definiert. Kartellpolitik solle anstelle von Corpspolitik treten. „Das Süddeutsche Kartell [...] bezweckt die wirksame Vertretung der gemeinsamen Interessen und die gegenseitige Unterstützung nach innen und außen unter voller Wahrung der Eigenart der einzelnen Corps nach Geschichte und Heimat“, heißt es im ersten Artikel des Grundgesetzes des Süddeutschen Kartells.

Zur inneren Festigung des Kartells finden seit 1927 jährliche Kartellskiwochen in Tirol statt.[3]

Corps des Süddeutschen Kartells Bearbeiten

 
Angegliedertes Corps Borussia Berlin[4]

Bekannte Mitglieder der Corps des Süddeutschen Kartells Bearbeiten

  • Adalbert Buchberger (1888–1962), Ingenieur und Abgeordneter
  • Albert Oberhofer (1925–2016), erster Ordinarius für Wirtschafts- und Betriebswissenschaften
  • Alfons Stauder (1878–1937), deutscher Mediziner und Ärzteschaftsfunktionär
  • Alois Wölfler (1882–1971), Parlamentarier (ÖVP)
  • Arnold Awerzger (1907–1976), Bergingenieur
  • Arnold Schober (1886–1959), Archäologe
  • Axel Zeitler, Professor für Microstructure Engineering an der University of Cambridge
  • Carl-Heinz Birnbacher (1910–1991), Ritterkreuzträger, Konteradmiral und stv. Flottenchef der Bundesmarine
  • Christof Sommitsch (* 1966), Universitätsprofessor für Werkstoffkunde und Schweißtechnik an der Technischen Universität Graz
  • Dietrich Riebensahm (1931–2013), MdB (FDP)
  • Dirk Pollert (* 1968), Hauptgeschäftsführer Hessenmetall
  • Eduard Friedel (1871–1949), Ministerialbeamter im bayerischen Eisenbahnwesen
  • Egon Hofmann (1884–1972), österreichischer Maler, Dichter, Bergsteiger und Industrieller
  • Erich Czech (1890–1966), Journalist
  • Ernst Biesalski (1881–1963), Chemiker, Hochschullehrer in Berlin
  • Ernst Bolbrinker (1898–1962), Bergingenieur, Ritterkreuzträger im Deutschen Afrikakorps
  • Ernst Emmert (1900–1945), Ritterkreuzträger, Präsident des OLG Nürnberg
  • Ernst-Eckhard Koch (1943–1988), Physiker
  • Erwin Plöckinger (1914–1994), Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Böhler-Werke (VEW), Universitätsprofessor an der Montanistischen Hochschule in Leoben, 1982–1985 Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
  • Felix Busson (1874–1953), Bergingenieur, Generalsekretär der Alpinen Montangesellschaft, Verfasser des Buches „Der ritterliche Ehrenschutz“
  • Franz Czedik-Eysenberg (1898–1960), Ordinarius für Wärmetechnik
  • Franz Mayr (1890–1952), Polizeipräsident in München, Regierungspräsident in Oberbayern
  • Franz Niedner (1905–1974), Chirurg und Hochschullehrer in Ulm
  • Friedrich Hofmann (1904–1965), Generaldekan der Bundeswehr
  • Friedrich Listhuber (1920–1985), Ritterkreuzträger
  • Friedrich Magerl (1931–2020), Chirurg
  • Friedrich Stahler (1908–1978), Verwaltungsjurist und Studentenhistoriker
  • Fritz Ecarius (1886–1966), Oberbürgermeister von Ludwigshafen am Rhein
  • Fritz Hartmann (1900–1946), Chirurg, Hochschullehrer in Berlin
  • Georg Neithardt (1871–1941), Richter am Bayerischen Volksgericht
  • Gerhard Schmatz (1929–2005), Notar, Extrem-Bergsteiger
  • Gustav Gotthilf Winkel (1857–1937), Verwaltungsjurist und Heraldiker
  • Hanns Albin Rauter (1895–1949), SS-Obergruppenführer
  • Hanns Dietrich Schumann (1911–2001), Chirurg und Urologe
  • Hans Flierl (1885–1974), Oberbürgermeister und Ehrenbürger der Stadt Erlangen
  • Hans Kohn (1866–1935), deutscher Mediziner
  • Hans Krajewski (1910–1987), Architekt
  • Hans Malzacher (1896–1974), Industrieller, a.o. Professor, Generaldirektor, Aufsichtsrat
  • Hans Müller (1881–1933), Rechtsanwalt, Manager der medizinisch-technischen Industrie
  • Hans Rainer Maurer (1937–2014), Hochschullehrer für Pharmazeutische Chemie in Berlin
  • Hans von Weigert (1861–1944), Ministerialbeamter im Bayerischen Eisenbahnwesen
  • Hans-Joachim Schulz-Merkel (1913–2000), Sanitätsoffizier und Ritterkreuzträger
  • Harald Hofmann (1932–2023) Bundesgeschäftsführer der FDP, deutscher Botschafter in Dänemark, Venezuela, Norwegen und Schweden
  • Heinrich von Frauendorfer (1855–1921), Verkehrsminister in Bayern, Staatssekretär im Reichsverkehrsministerium
  • Herbert Koch (1882–1968), Hochschullehrer
  • Hermann Haack (1876–1967), mecklenburgischer Staatsminister der Finanzen und des Unterrichts
  • Horst Büchler (1907–2000), Mitglied des Niedersächsischen Landtags
  • Horst Frhr. v. Engerth (1914–2003), Braumeister, Hochschullehrer, Präsident der Bundeswehr-Hochschule München
  • Horst Müller (* 1942), Bürgermeister von Olpe
  • Hubert Biedermann (* 1953), Ingenieur, Professor für Wirtschafts- und Betriebswissenschaften an der Montanuniversität Leoben. Vizerektor der Montanuniversität Leoben (2003 bis 2011), Präsident der Österreichische technisch-wissenschaftliche Vereinigung für Instandhaltung und Anlagenwirtschaft (seit 1989)
  • Hugo Gasteiger (1899–1978), Ophthalmologe
  • Jakob Fellin (1869–1951), Bibliothekar
  • Joachim Jacob (1939–2024), Verwaltungsjurist, Datenschutzexperte
  • Joachim Schröder (1891–1976), Paläontologe und Geologe, Direktor der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie
  • Josef Filbig (1891–1963), Oberbürgermeister der Stadt Amberg
  • Josef Kapfhammer (1888–1968), Ernährungsphysiologe in Freiburg
  • Josef Oberegger (1896–1969), Generaldirektor und später Aufsichtsrat der Österreichischen Alpinen Montangesellschaft
  • Jürgen Wolfbauer (* 1941), Universitätsprofessor für Unternehmensführung und Industriebetriebslehre
  • Karl Heinrich Tinti (1919–2013), Herr und Landmann in Tirol, Schriftsteller, Journalist, Schauspieler, Hüttendirektor
  • Karl Thäter (Zoologe) (1886–1946), erster Direktor des Tiergarten Nürnberg
  • Konrad Bingold (1886–1955), Mediziner, Hochschullehrer in München
  • Kurt Kummer (1894–1966), Ministerialdirektor im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft
  • Leonhard Holzberger (1900–1987), Oberbürgermeister und Ehrenbürger von Marktredwitz
  • Lothar Birckenbach (1876–1962), Chemiker, Hochschullehrer und Rektor der Bergakademie Clausthal
  • Ludwig Kielleuthner (1876–1972), Urologe und Hochschullehrer in München
  • Ludwig Pißel (1885–1934), Steuerrechtler
  • Ludwig Schönecker (1905–1988), Oberbürgermeister von Ansbach
  • Martin Forstner (* 1940), Orientalist in Mainz
  • Max de Crinis (1889–1945), Psychiater
  • Max Zeitler (1898–1949), Landrat in Mecklenburg, Oberbürgermeister von Erfurt
  • Otfried Schwarz (1912–1999), Richter am Bundesfinanzhof
  • Otto Eckart (1936–2016), Lebensmittelunternehmer, Stifter
  • Otto Rohlederer (1908–1971), Orthopädie-Ordinarius in Kiel
  • Otto-Karl Sperling (1917–1996), Orthopädie-Ordinarius in Berlin
  • Paul Adolf Bamberg (1876–1946), Industrieller, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Askania-Werke AG
  • Paul Heigl (1887–1945), Bibliothekar
  • Paul Lüdicke (1866–1931), Rechtsanwalt und Abgeordneter in Spandau
  • Peter Friedrich Matzen (1909–1986), Sanitätsoffizier, Orthopädie-Ordinarius in Leipzig
  • Peter Oppelt (* 1966), Gynäkologe in Linz
  • Peter Orlowski (1911–1993), Landrat in Jarotschin
  • Philipp Grimm (1860–1930), Rechtsanwalt, Notar und Manager
  • Philipp Zeitler (1901–1984), Offizier, Oberbürgermeister von Weißenfels
  • Richard Bayer (1907–1989), Gynäkologe und Studentenhistoriker
  • Richard Bratusch (1861–1949), Justizminister, Präsident des OLG Graz
  • Richard Seefelder (1875–1949), Augenarzt
  • Richard Walzel (1895–1977), Ordinarius für Eisenhüttenkunde
  • Robert Aumüller (1878–1953), Industrieller, Vorsitzender der Wirtschaftsgruppe Zuckerindustrie
  • Robert Paschke (1905–1985), Arzt und Studentenhistoriker
  • Roland Mitsche (1903–1978), Metallkundler
  • Siegfried Hess (* 1940), Theoretischer Physiker
  • Walter Pauly (1871–1959), Landrat in Ostpreußen
  • Walter Sommer (1905–1989), Oberbürgermeister von Kaiserslautern
  • Walter Voß (1885–1972), Bürgermeister der Stadt Marburg
  • Walter Zednicek (* 1929), Universitätsprofessor für Gesteinshüttenkunde
  • Walther E. Petrascheck (1906–1991), Ordinarius für Geologie
  • Walther Schönfeld (1888–1977), Dermatologe und Verenologe
  • Werner Premauer (1912–1996), Präsident der IHK München und Oberbayern, Aufsichtsratsvorsitzender der Bayerischen Vereinsbank
  • Wolfgang Marchart (1945–2008), Bezirkshauptmann in Klagenfurt
  • Wolfgang Winkler (1924–2005), Regierungspräsident von Oberfranken

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Michael Doeberl: Das akademische Deutschland, Band 2: Die deutschen Hochschulen und ihre akademischen Bürger, Berlin 1931, S. 957.
  • Paulgerhard Gladen: Die Kösener und Weinheimer Corps: Ihre Darstellung in Einzelchroniken. 1. Auflage. WJK-Verlag, Hilden 2007, ISBN 978-3-933892-24-9, S. 101–102.
  • Henning Wachter: Die Kreis- und Verhältnispolitik des Corps Franconia zu Würzburg im KSCV am Beispiel des Süddeutschen Kartells (1873–1924). Einst und Jetzt, Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung, Bd. 59 (2014), S. 475–571.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Süddeutsches-Kartell.net - Süddeutsches Kartell. Abgerufen am 23. Februar 2024.
  2. Corps Makaria München - Kartell. Abgerufen am 26. Februar 2024.
  3. Corps Makaria München - Geschichte. Abgerufen am 23. Februar 2024.
  4. Matthias Stickler: Einst und Jetzt. Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung e.V. In: Biuletyn Polskiej Misji Historycznej. Band 8, Nr. 0, 25. Oktober 2013, ISSN 2083-7755, S. 507, doi:10.12775/bpmh.2013.016.