Reissner-Nordström-Metrik

mathematische Beschreibung nicht-rotierender Schwarzer Löcher

Die Reissner-Nordström-Metrik ist eine exakte Lösung der Einstein-Gleichungen, die eindeutig durch folgende Eigenschaften bestimmt ist:

  • asymptotisch flach
  • statisch
  • sphärisch-symmetrisch
Metriken für Schwarze Löcher
statisch rotierend
ungeladen Schwarzschild-Metrik Kerr-Metrik
geladen Reissner-Nordström-Metrik Kerr-Newman-Metrik

Sie beschreibt die Raumzeit und damit auch das Gravitationsfeld von elektrisch geladenen, nicht-rotierenden Schwarzen Löchern und ist nach ihren Entdeckern Hans Reissner und Gunnar Nordström benannt.

Linienelement Bearbeiten

Das Linienelement der Reissner-Nordström-Metrik hat die Form:

 

wobei   das gesamte Massenäquivalent und   die elektrische Ladung des Objektes sind.   ist Newtons Gravitationskonstante und   die Coulomb-Konstante. In den sogenannten natürlichen Einheiten wird   gesetzt und das Koordinatensystem aufgrund der Kugelsymmetrie ohne Einschränkung der Allgemeinheit so rotiert, dass beide Winkelkoordinaten sich über   auf einen einzigen Winkel reduzieren, so dass die Metrik auch in der Form[1]

 

geschrieben werden kann (so auch im folgenden Abschnitt). Der Einfachheit halber wird eine elektrische Punktladung im Koordinatenursprung angenommen. Magnetische Felder und Kreisströme werden vernachlässigt. Das elektromagnetische Viererpotential ist somit ein Coulomb-Potential:

  woraus sich über  

der Maxwell-Tensor   ergibt.

Da   und   mit gegensätzlichen Vorzeichen in das Linienelement einfließen (das elektrische Feld übt radial einen negativen Druck[2] aus, was zu gravitativer Abstoßung führt)[3], kann ab einer gewissen Entfernung die Anziehung (nimmt mit   ab) und ab einer bestimmten Nähe die Abstoßung (diese nimmt mit   ab) überwiegen,[4][5][6][7][8] was als die "Reissner Nordström Repulsion" bezeichnet wird.

Das gesamte Massenäquivalent des zentralen Körpers und seine irreduzible Masse stehen im Verhältnis[9][4]

 .

Die Differenz zwischen   und   ist dadurch bedingt, dass durch die Äquivalenz von Masse und Energie auch die elektrische Feldenergie in   einfließt.

Metrischer Tensor Bearbeiten

Die ko- und kontravariante Metrik lautet damit

 

Horizonte und Singularitäten Bearbeiten

Wie bei der Schwarzschild-Metrik liegt der Ereignishorizont bei demjenigen Radius, wo die Metrik singulär wird. Das bedeutet

 

Aufgrund der quadratischen Abhängigkeit vom Radius r finden sich jedoch zwei Lösungen dieser Gleichung. Daher gibt es einen äußeren Ereignishorizont bei   und den inneren, auch Cauchy-Horizont genannt, bei  .

 

Für den Fall

 

verschwindet die Wurzel in   und die beiden Horizonte fallen zu einem einzelnen zusammen. Ist hingegen

 ,

so ist die Wurzel imaginär, womit es keinen Horizont gibt. Man spricht in diesem Fall von einer nackten Singularität, die nach heutiger Auffassung allerdings nicht existieren kann ("Cosmic Censorship" Hypothese). Moderne supersymmetrische Theorien verbieten sie in der Regel für Schwarze Löcher. Elementarteilchen wie Protonen und Elektronen haben hingegen eine Ladung, die sehr viel größer als ihre Masse ist, sind jedoch auch keine Schwarzen Löcher.[10]

Für   geht die Reissner-Nordström-Metrik in die Schwarzschild-Metrik über. Ihre Singularitäten liegen dann bei   und  .

Da die Ladung Schwarzer Löcher in der Praxis sehr schnell durch elektrische Ströme, nämlich die Akkretionsflüsse, neutralisiert wird, spielen elektrisch geladene Schwarze Löcher in der Astrophysik eine untergeordnete Rolle.

Christoffelsymbole Bearbeiten

Die nichtverschwindenden Christoffelsymbole, die sich mit den Indizies

 

über

 

aus dem metrischen Tensor ergeben, sind

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Gravitative Zeitdilatation Bearbeiten

Die gravitative Komponente der Zeitdilatation ergibt sich über

 

wobei hier nicht nur die Masse des zentralen Körpers, sondern auch dessen Ladung mit einfließt. Die radiale Fluchtgeschwindigkeit eines elektrisch neutralen Teilchens steht dazu im Verhältnis

 .

Bewegungsgleichungen Bearbeiten

In dimensionslosen natürlichen Einheiten von   lauten die auf die  -Ebene ausgerichteten Bewegungsgleichungen

 

die Bewegungsgleichungen eines mit der spezifischen Ladung   geladenen Testpartikels:

 
 
 

und die gesamte Zeitdilatation

 

Die ersten Ableitungen der Koordinaten   stehen mit den kontravarianten Komponenten der lokalen 3er-Geschwindigkeit   im Verhältnis

 .

daraus folgt

 
 

Die erhaltene spezifische Gesamtenergie des Testteilchens ist dabei

 

Der spezifische Drehimpuls

 

ist ebenfalls eine Erhaltungsgröße der Bewegung.   und   bezeichnen die radialen und transversalen Komponenten des lokalen Geschwindigkeitsvektors. Die lokale Gesamtgeschwindigkeit ist somit

 .

Quantenkorrekturen der Metrik Bearbeiten

Quanteneffekte verändern den klassischen Ausdruck der Metrik, indem sie neue Terme hinzufügen. Ein Beispiel dafür ist die Theorie der Gravitation als eine effektive Feldtheorie, die von Barvinsky und Vilkovisky in den 1980er Jahren eingeführt wurde.[11][12][13][14] In der zweiten Ordnung in der Krümmung wird die klassische Einstein-Hilbert-Wirkung mit neuen, lokalen und nicht lokalen, Termen modifiziert:

 

wobei   eine Energieskala und   die Euler-Mascheroni-Konstante ist. Die genauen Werte der Koeffizienten   sind nicht bekannt, da sie von der vollständigen Theorie der Quantengravitation abhängen. Im Gegensatz dazu können die Koeffizienten   bestimmt werden.[15] Der Operator   hat die integrale Darstellung:

 

Die neuen Terme in der Wirkung führen dazu, dass sich die klassischen Lösungen der Einsteinschen Feldgleichungen verändern. Die Quantenkorrekturen der Metrik in der Ordnung   wurden von Campos Delgado bestimmt:[16]

 

wobei

 
 

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Gerald Marsh: Charge, geometry, and effective mass, S. 2–5
  2. Joint Institute for Laboratory Astrophysics, Colorado: Journey into and through a Reissner-Nordström black hole
  3. Orlando Luongo, Hernando Quevedo: Characterizing repulsive gravity with curvature eigenvalues
  4. a b Ashgar Quadir: The Reissner Nordström Repulsion
  5. Øyvind Grøn, Sigbjørn Hervik: Einstein’s General Theory of Relativity, S. 274
  6. Øyvind Grøn: Poincaré Stress and the Reissner-Nordström Repulsion
  7. Andrew Hamilton: The Reissner Nordström Geometry (Memento vom 7. Juli 2007 im Internet Archive)
  8. Célérier, Santos & Satheeshkumar: Hilbert repulsion in the Reissner-Nordström and Schwarzschild spacetimes, S. 3–7
  9. Thibault Damour: Black Holes: Energetics and Thermodynamics, S. 11 ff.
  10. Brandon Carter: Global structure of the Kerr family of gravitational fields (1968)
  11. A.O, G.A Barvinsky, Vilkovisky: The generalized Schwinger-DeWitt technique and the unique effective action in quantum gravity. In: Phys. Lett. B. 131. Jahrgang, Nr. 4–6, 1983, S. 313–318, doi:10.1016/0370-2693(83)90506-3, bibcode:1983PhLB..131..313B.
  12. A.O, G.A Barvinsky, Vilkovisky: The Generalized Schwinger-DeWitt Technique in Gauge Theories and Quantum Gravity. In: Phys. Rept. 119. Jahrgang, Nr. 1, 1985, S. 1–74, doi:10.1016/0370-1573(85)90148-6, bibcode:1985PhR...119....1B.
  13. A.O, G.A Barvinsky, Vilkovisky: Beyond the Schwinger-Dewitt Technique: Converting Loops Into Trees and In-In Currents. In: Nucl. Phys. B. 282. Jahrgang, 1987, S. 163–188, doi:10.1016/0550-3213(87)90681-X, bibcode:1987NuPhB.282..163B.
  14. A.O, G.A Barvinsky, Vilkovisky: Covariant perturbation theory. 2: Second order in the curvature. General algorithms. In: Nucl. Phys. B. 333. Jahrgang, 1990, S. 471–511, doi:10.1016/0550-3213(90)90047-H.
  15. John F. Donoghue: Nonlocal quantum effects in cosmology: Quantum memory, nonlocal FLRW equations, and singularity avoidance. In: Phys. Rev. D. 89. Jahrgang, Nr. 10, 2014, S. 10, doi:10.1103/PhysRevD.89.104062, arxiv:1402.3252, bibcode:2014PhRvD..89j4062D.
  16. Ruben Campos Delgado: Quantum gravitational corrections to the entropy of a Reissner-Nordström black hole. In: Eur. Phys. J. C. 82. Jahrgang, Nr. 3, 2022, S. 272, doi:10.1140/epjc/s10052-022-10232-0, bibcode:2022EPJC...82..272C.