Rafael ben Jekutiel Süsskind Kohen

Rabbiner

Rafael ben Jekutiel Süsskind Kohen, auch Rafael ben Jekutiel Süsskind Cohen, Raphael Cohen (geboren am 4. November 1722 in Druja an der Düna, Großfürstentum Litauen; gestorben am 11. November 1803 in Altona/Elbe, Herzogtum Holstein) war ein Rabbiner.

Rafael ben Jekutiel Süsskind Kohen

Leben und Wirken Bearbeiten

Rafael ben Jekutiel Süsskind Kohen war der Sohn des livländischen Landesrabbiners Jekutiel-Süßkind Cohen und der Bunia. Im Jahre 1734 ging er zur Jeschiwa des Lion Asser (Aryeh Löb ben Asher) genannt Ša’agath ’Aryeh in Minsk. 1736 kam er zurück in seine Heimatstadt. Dort arbeitete er als Geschäftsmann und Privatgelehrter. In dieser Zeit heiratete er seine Frau Tamar (gestorben 1808).

Im Jahre 1742 übernahm er die Leitung der Jeschiwa in Minsk. In den Folgejahren wurde er zum Rabbiner mehrerer jüdischer Gemeinden erwählt: Neben dem Rabinnat in Rakov 1744 war er von 1747 bis 1757 Rabbiner in Wilkomir. Ab 1745[1] oder 1757[2] war er Oberrabbiner in Minsk sowie in Pinsk und Smolewitschi.[1] Ab 1771[1] oder 1772 war er Rabbiner in Posen.[2] 1771 besuchte er Berlin und veröffentlichte dort die Schrift Torat Yetukiel. Die dortige Gemeinde bot ihm eine Stelle als Rabbiner an, die Kohen jedoch aus unbekannten Gründen nicht annahm.[2]

1776 ging er nach Hamburg, wo er Oberrabbiner der sogenannten Dreigemeinde, bestehend aus den Städten Hamburg, Altona und Wandsbek und Schleswig-Holstein wurde. Kohen folgte hier auf Jonathan Eybeschütz.[3]

Kohen, der der deutschen Sprache nicht mächtig war, war überregional hoch angesehen und versuchte, eine Assimilierung der jüdischen Gemeinde an die zeitgenössische Kultur zu verhindern. Er ahnte, dass die von Moses Mendelssohn publizierte Übersetzung der Bibel eine Reform des Judentums unterstützen könnte, und versuchte daher, die Verbreitung der Schrift zu unterbinden. Es gelang ihm jedoch nicht, die religiösen Gesetze im Alltagsleben der jüdischen Gemeinde vorrangig zu etablieren. Grund hierfür war vermutlich die dänische Regierung, die die Anwendung religiöser Gesetze einschränkte.[1][3]

1799 trat Kohen von allen Ämtern zurück. Er plante, nach Jerusalem auszuwandern, was jedoch wegen der in Napoleonischen Kriege nicht gelang.[1]

Kohen war verheiratet mit Tamar (gestorben 1808), nach einigen Quellen bereits als Kind[4], nach anderen Quellen heirateten sie mit 18 Jahren.[5] Die Grabsteine der Eheleute befinden sich auf dem Jüdischen Friedhof Königstraße in Altona.[6][7]

Ihre Tochter heiratete den Öttinger Landesrabbiner.

Publikationen Bearbeiten

  • Photomechanische Nachdrucke seiner Werke als Gesamtausgabe: Brooklyn 1966-1970:
    • Band I: Marpe ’Lāšōn (Altona 1790) und die Homilien, 1966.
    • Band II: Responsen, 1969.
    • Band III: Responsen, 1970.

Literatur Bearbeiten

  • Hamburger Correspondent. Nr. 114, Hamburg, 17. Juli 1779.
  • A. F. Cranz: Ueber den Mißbrauch der geistlichen Macht oder der weltlichen Herrschaft in Glaubenssachen duch Beyspiele aus dem jetzigen Jahrhundert ins Licht gesetzt. Berlin 1781, S. 29.
  • Samuel Holdheim: Über die Autonomie der Rabbinen und das Princip der jüdischen Ehe. Ein Beitrag über einige das Judenthum betreffende Zeitfragen. Kürschner, Schwerin 1843 (Digitalisat) S. 4.
  • Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judenthums. 14, Dresden, Breslau, Berlin 1851-1939, S. 261.
  • Heinrich Graetz: Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Bd. XI, Leipzig 1869; 3. Auflage bearb. von Marcus Brann, Leipzig o. J. [1893], S. 41, 138, 155 ff., 391, 557 f.
  • R. Raphael Cohn. Ein Lebensbild aus dem vorigen Jahrhundert von C. In: Jüdische Presse. Organ für die religiösen Interessen des Judenthums. Berlin 1872, No. 34, S. 276 (Digitalisat bei Compact Memory), No. 37, S. 298 ff. (Digitalisat), No. 38, 306 f. (Digitalisat), No. 40, S. 323 f. (Digitalisat), N. 43, 347 f. (Digitalisat).
  • Elieser Leiser Landshuth: Tōledōth ’anšē ha-Šem ūfe ‘ūlathām ba‘adath Berlīn, 1671-1871. Berlin 1884, S. 81, 87.
  • Chaim Nathan Dembitzer: Kelīllath Yōfī. Tōledōth hā-rabbānīm ’ašär šimmešūb eketär hā-rabanūth be‘īr Levōv. Band II, Krakau 1893, S. 78b.
  • Benzion Eisenstadt: Rabbānē Mīnsq wahachāmēha. Wilna 1899, S. 17.
  • Max Grunwald: Hamburgs deutsche Juden bis zur Auflösung der Dreigemeinde. Hamburg 1904, S. 84 f.
  • Salomon Wininger: Große Jüdische National-Biographie. Bd. III, Druckerei Orient, Czernowitz 1928, S. 486.
  • Encyclopaedia Judaica. Das Judentum in Geschichte und Gegenwart. Zehn Bände, Eschkol, Berlin 1929-1934, S. 173 f. (deutsch).
  • Encyclopaedia Judaica. 16 Bände, Verlag Keter, Jerusalem 1972, Band X, S. 1139 (englisch).
  • Peter Freimark: Die Entwicklung des Rabbinats nach dem Tode von Jonathan Eibenschütz (1764) bis zur Auflösung der Dreigemeinde AHU (1812). In: Peter Freimark und Arno Herzig (Hrsg.): Die Hamburger Juden in der Emanzipationsphase 1780-1870. Hamburg 1989, S. 12.
  • Eintrag COHEN, Raphael. In: Michael Brocke und Julius Carlebach (Herausgeber), bearbeitet von Carsten Wilke: Biographisches Handbuch der Rabbiner. Teil 1: Die Rabbiner der Emanzipationszeit in den deutschen, böhmischen und großpolnischen Ländern 1781–1871. K·G·Saur, München 2004, S. 234 ff.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e Andreas Brämer: Kohen, Rafael ben Jekutiel Süsskind. In: Franklin Kopitzsch, Dirk Brietzke (Hrsg.): Hamburgische Biografie. Band 3. Wallstein, Göttingen 2006, ISBN 3-8353-0081-4, S. 208.
  2. a b c Bernhard Friedberg: Raphael ben Jekuthiel Süsskind Ha-Kohen Eintrag in der Jewish Encyclopedia 1906 (englisch). Abgerufen am 6. Oktober 2015.
  3. a b Andreas Brämer: Kohen (auch: Cohen), Rafael ben Jekutiel Süsskind auf: dasjuedischehamburg.de. Abgerufen am 6. Oktober 2015
  4. Gemäß Tamars Grabstein währte die Ehe 68 Jahre, also seit 1735
  5. Nach Eduard Duckesz.
  6. Max Grunwald: Hamburgs deutsche Juden bis zur Auflösung der Dreigemeinde. Hamburg 1904, S. 239 f.
  7. Michael Studemund-Halévy und Gaby Zürn: Zerstört die Erinnerung nicht. Der jüdische Friedhof Königstrasse in Hamburg. Hamburg 2002, S. 152 Photo.