Paul von Rautenfeld

Schweizer Beamter, der auch als Ethnologe und Zoologe wirkte

Paul Heinrich August Berens von Rautenfeld (* 13. März 1865 in Korwenhof; † 1957 in Basel) war ein Schweizer Beamter, der auch als Ethnologe und Zoologe wirkte.

Leben Bearbeiten

Herkunft und Ausbildung Bearbeiten

Er entstammte dem Haus Adsel des deutsch-baltischen Adelsgeschlechts derer von Berens von Rautenfeld und kam im russischen Kaiserreich auf Gut Korwenhof – in der Nähe der Stadt Ape im Nordosten des heutigen Lettland – zur Welt. Sein erstes Studium in Nationalökonomie und Statistik absolvierte er an der Universität Tartu.[1] Während eines Heimaturlaubs immatrikulierte er sich 1914 mit dem Hauptfach Zoologie an der Philosophischen Fakultät II der Universität Zürich, gab dieses Studium allerdings nach zwei Semestern zunächst wieder auf.[2] Nach seiner Pensionierung wurde er 1928 am zoologisch-vergleichend anatomischen Institut der Universität Zürich mit der Dissertation Über einen Schädel von Tapirus (Megatapirus) Augustus Granger aus Yen-ching-kao, Szechuan, China in Zoologie promoviert. Anschliessend zog er nach Basel.[2]

Berufsleben und wissenschaftliches Wirken Bearbeiten

Beruflich verbrachte Rautenfeld mehr als 30 Jahre in China[3] (Kaiserreich und Republik) und stand dabei in Diensten der britisch kontrollierten, internationalen Zollverwaltung.[2][4] Als Seezolldirektor war er an Vertragshäfen in zahlreichen Provinzen tätig – beispielsweise in Shantou und Shanghai.[5] Aus Peking kommend erreichte er am 5. April 1896 Gyeongseong (das heutige Seoul), um anschliessend im koreanischen Zolldienst zu arbeiten.[6][7] Nach einiger Zeit kehrte er nach China zurück.

Nachhaltige Bekanntheit erlangte von Rautenfeld vor allem für seine ethnologischen und zoologischen Forschungen. Die Biologie interessierte ihn bereits in jungen Jahren. Er nutzte seine beruflichen Inspektionsreisen zu Lande und zu Wasser, aber auch Urlaube in Japan und anderen ost- beziehungsweise südostasiatischen und melanesischen Regionen, zur Zusammenstellung umfangreicher Sammlungen. In den 1920er Jahren bereiste er dreimal für mehrere Monate Neuguinea, vor allem den östlichen Inselteil, das heutige Papua-Neuguinea.[8] Dort dokumentierte er mehrere indigene Stämme fotografisch.

Trotz der geografischen Entfernung stand von Rautenfeld in regelmässiger Korrespondenz mit europäischen Naturwissenschaftlern. So schickte er beispielsweise 1909 drei Kragenhai-Embryos an Ernst Haeckel.[9] Darüber hinaus verband ihn ab 1914 eine lebenslange Freundschaft mit Paul Wirz, den er als Kommilitone an der Universität Zürich kennengelernt hatte.[2] Seine Fundstücke und Aufzeichnungen stellte er der Wissenschaft zur Verfügung und übergab sie unterschiedlichen Museen, beispielsweise dem Zoologischen Museum der Universität Zürich.[10][11] Das Museum der Kulturen Basel erhielt ebenfalls zahlreiche Objekte, über 1000 Fotopositive und -negative, die originalen englischsprachigen Reisetagebücher sowie die ausführlichen Reiseberichte.[8][4] Weitere Fotos sind heutzutage im Besitz des Metropolitan Museum of Art in New York City.[12] Zu von Rautenfelds 90. Geburtstag veröffentlichte sein Bekannter, der Arzt Erik Undritz, 1955 einen Artikel über ihn in der Baseler National-Zeitung.

Publikationen (Auswahl) Bearbeiten

  • Paul von Rautenfeld: Haeckel’s theses. A protest. In: The Monist. Jahrgang 16, Heft 4, Oktober 1906, Seiten 626–627.
  • Paul von Rautenfeld: Über einen Schädel von Tapirus (Megatapirus) Augustus Granger aus Yen-ching-kao, Szechuan, China. In: Acta Zoologica. Jahrgang 9, Heft 3, 1928, Seiten 425–444.
  • Paul von Rautenfeld: Wanderings in primitive New Guinea. 1942.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Matrikelinformation zu Paul von Rautenfeld auf der offiziellen Website der Universität Zürich. Abgerufen auf matrikel.uzh.ch am 26. August 2021.
  2. a b c d Andrea Elisabeth Schmidt: Paul Wirz. Ein Wanderer auf der Suche nach der „wahren Natur“. In der Reihe: „Baseler Beiträge zur Ethnologie“, Band 39. Wepf & Co. AG Verlag, Basel, 1998, ISBN 978-3-859-77230-4, Seite 30.
  3. Cornelia Schaeffer: Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie und Histologie der Brachiopodengattung Lingula. In: Acta Zoologica. Jahrgang 7, Heft 2/3, 1926, Seiten 329–402.
  4. a b List of collectors and accessions to the collection of the Museum der Kulturen, Basel. In: Sylvia Ohnemus: An ethnology of the Admiralty Islanders. The Alfred Bühler collection, Museum der Kulturen, Basel. University of Hawaiʻi Press, Honolulu, 1998, ISBN 978-0-824-82084-8, Seite 22.
  5. Carl-Schirren-Gesellschaft (Hrsg.): Jahrbuch des baltischen Deutschtums. Band 23, Lüneburg, 1976, Seite 20.
  6. The Korean Repository. Jahrgang 3, 1896, Seite 183.
  7. „Deutsche in Korea bis 1910 – Andere Nationalitäten“. Abgerufen auf kneider.info am 26. August 2021.
  8. a b Wissenschaftliche Sammlungen. In: Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung (Hrsg.): Jahresbericht 2020. Marburg, 2021, Seiten 20–31.
  9. Jenaische Zeitschrift für Medizin und Naturwissenschaft. Band 44, 1909, Seite 648.
  10. Universität Zürich. Rektoratsrede und Jahresbericht April 1926 bis Ende März 1927. Art. Institut Orell Füssli, Zürich, 1927, Seite 42.
  11. Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Band 91, 1946, Seite 328.
  12. Pacific Studies. Jahrgang 20, Ausgaben 3/4, 1997, Seite 48.