Paul Cameron

US-amerikanischer Psychologe

Paul Cameron (* 9. November 1939 in Pittsburgh, Pennsylvania) ist ein umstrittener US-amerikanischer Psychologe.

Paul Cameron, 2019

Leben Bearbeiten

Cameron erhielt seinen Bachelor of Arts vom Los Angeles Pacific College 1961, im folgenden Jahr seinen Master of Arts von der California State University in Los Angeles und 1966 seinen Ph. D. von der University of Colorado. Danach wurde er als Wissenschaftler an der Wayne State University (1967/68), der University of Louisville (1970–73), der Fuller Graduate School of Psychology (1976–79) und der University of Nebraska (1979/80) beschäftigt.

1983 wurde Cameron aus der American Psychological Association ausgeschlossen[1], weil er gegen den Ethik-Kodex des Verbands mit seiner Veröffentlichung der 1983 ISIS Survey verstieß, in der er behauptete, die These, dass Homosexuelle pervers und kriminell seien, sei bewiesen. 1985 und 1986 verabschiedete die American Sociological Association Resolutionen, in denen sie behauptete, Cameron habe konsequent soziologische Forschung falsch dargestellt. Nach Darstellung Camerons rührten diese Rügen von „politischen Meinungsunterschieden“.[2]

Er ist derzeit der Vorsitzende des Family Research Institute in Colorado Springs, das alle willkommen heißt, die sich „anschließen im Kampf eine Welt wiederherzustellen, wo die Ehe hochgehalten und geehrt wird, wo Kinder aufgezogen und geschützt sind, und wo Homosexualität nicht gelehrt und akzeptiert wird, sondern stattdessen entmutigt und auf jeder Stufe abgelehnt wird.“[3]

Dieses Institut wurde im Jahre 2005 vom Southern Poverty Law Center als Hassgruppe eingestuft[4][5]. Camerons Forschungen sind sehr umstritten, da er Homosexualität mit AIDS, Pädophilie und gesundheitlichen Problemen in Verbindung bringt. Während seine Forschungen viel Kritik ernten, und es von anderen Psychologen keine allgemeine Zustimmung zur These gibt, dass sie methodisch einwandfrei seien, werden sie manchmal von Gruppen als Unterstützung gegen die Gleichgeschlechtliche Ehe und gegen das Recht auf Pflegschaft und Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtlich Zusammenlebende zitiert.

Am 26. Oktober 2007 referierte Cameron in London auf einer Veranstaltung des Christian Council of Britain (CCB), einer Vorfeldorganisation der rechtsextremen British National Party (BNP), im Rahmen einer Veranstaltungsreihe des CCB zum Thema „Moral und Werte“.[6] Im Juni 2008 hielt Cameron sich in Moskau auf, wo er u. a. mit Vertretern des wegen antisemitischer Aussagen und geringen inhaltlichen Niveaus in die Kritik geratenen soziologischen Instituts der Staatlichen Universität Moskau zusammentraf und die ablehnende Haltung des Moskauer Bürgermeisters Juri Michailowitsch Luschkow zum Moscow Pride unterstützte.[7]

Kritik Bearbeiten

Die American Psychological Association hatte Cameron bereits 1983 aus ihrer Organisation ausgeschlossen[8]. 1984 distanzierte sich die Nebraska Psychological Association von den Interpretationen Paul Camerons.[9] 1996 distanzierte sich der Aufsichtsrat (Board of Directors) der Canadian Psychological Association von seinen Werken.[10]

Gerichtlicher Sachverständiger Bearbeiten

Paul Cameron sagte 1985 im Fall Baker v. Wade aus. Seine Aussage, dass „Homosexuelle mit einer proportional größeren Wahrscheinlichkeit Kinder missbrauchen als Heterosexuelle“ wurde von Buchmeyer, dem Richter des Dallas US-Bundesbezirksgerichts, in Frage gestellt. In seiner Urteilsbegründung befand er: „Dr. Paul Cameron selbst [...] hat falsche Darstellungen diesem Gericht vorgelegt“ sowie: „Es hat hier, abgesehen von Dr. Cameron, keinerlei Betrug oder falsche Darstellungen gegeben“.[11]

2005 war Paul Cameron der wichtigste Sachverständige vor dem Ausschuss des Landtags in Virginia, der sich mit der „Virginia Anti-Gay Adoption Bill“ befasste, einem gescheiterten Gesetzentwurf, welcher Kindesadoption durch Lesben und Schwule verboten hätte.[12] Er behauptete, dass Schwule, Drogenkonsumenten und Prostituierte die „Gesellschaft stören“ und eine viel kürzere Lebenserwartung haben. Er behauptete, es sei wissenschaftlich erwiesen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung von Homosexuellen 42 Jahre beträgt. Die Methode seiner 1994 veröffentlichten Studie wurde für das Verwenden von Daten einer convenience sample (bequeme Stichprobe, welche jede Person verwendet, die verfügbar ist und damit nicht repräsentativ ist) kritisiert. Die Studie hatte als Quellen Todesanzeigen in schwulen Zeitungen verwendet und sie auf die ganze Bevölkerung übertragen. Dies geschah auf dem Höhepunkt der AIDS-Epidemie, bevor es zuverlässige Medikamente gab.

Schriften Bearbeiten

  • Paul Cameron: The longevity of homosexuals: Before and after the AIDS epidemic. In: Omega 29, 1994, S. 249–272, Playfair, W. L., & Wellum

Weblinks Bearbeiten

Quellen Bearbeiten

  1. psychology.ucdavis.edu: Letter from American Psychological Association to Paul Cameron, dropping him from membership, 2. Dezember 1983
  2. Revisiting New Republic's Attack on Cameron (Memento vom 1. Dezember 2008 im Internet Archive) Revisiting New Republic's Attack on Cameron
  3. www.familyresearchinst.org, Stand: 2. November 2016
  4. splcenter.org: Active U.S. Hate Groups in 2005 / Colorado, gesehen am 11. September 2006
  5. splcenter.org (Memento vom 13. Februar 2006 im Internet Archive): Hate Groups in Colorado für das aktuelle Jahr
  6. Southern Poverty Law Center: Anti-Gay Researcher Speaks to Racist British National Party, 09/11/2007
  7. Richard Bartholomew: Paul Cameron Boasts of Moscow State University Link, auf Talk2Action, 21. Juni 2008
  8. Max Seigel: Letter to Paul Cameron. 2. Dezember 1983, archiviert vom Original am 1. Dezember 2008; abgerufen am 20. Februar 2007.
  9. Michael Kranish (31. Juli, 2005). "Beliefs drive research agenda of new think tanks". Boston Globe. Abgerufen am 31. August 2006
  10. Canadian Psychological Association: Policy Statements. Abgerufen am 20. Februar 2007.
  11. [1]: Donald F. Baker, Plaintiff v. Henry WADE, Defendant (p.536).9., 1. Juli 1985, letzte Änderung 30. April 1995
  12. advocate.com (Memento vom 30. September 2007 im Internet Archive): Antigay adoption bill rejected in Virginia, 18. Februar 2005