Patriarchatsregister von Konstantinopel

zentrale juristische Quelle zur Geschichte und Kirchenkultur der spätbyzantinischen Schaffenszeit

Das Patriarchatsregister von Konstantinopel ist eine zentrale juristische Quelle zur Geschichte und Kirchenkultur der spätbyzantinischen Zeit. Geführt wurde das Register von der Kanzlei des Patriarchats von Konstantinopel. Überliefert sind darin Originalurkunden und Ausfertigungen (Abschriften) von Regelungen zu wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kirchlichen Fragestellungen. Das Register enthält über 800 Dokumente. Diese wurden zwischen 1315 und 1402 vom oder für das Patriarchat verfasst. In der Österreichischen Nationalbibliothek werden sie als Cod. Vind. hist. gr. 47 und 48 verwahrt.

Für die byzantinische Forschung und die Diplomatik hat sie besondere Bedeutung neben den Athosurkunden[1] und der Hexabiblos.[2] Ogier Ghislain de Busbecq, in diplomatischen Diensten bei Süleyman I., brachte zwei erhaltene Bände Mitte des 16. Jahrhunderts nach Wien, wo sie nach interdisziplinärer Zusammenarbeit von Franz von Miklosich und Joseph Müller 1860/1862 in zwei Bänden der „Acta et diplomata Graeca medii aevi“ herausgegeben wurden.[3] Die erste kritische Ausgabe organisierte Herbert Hunger.

In einer fragmentarisch erhalten gebliebenen – und von Hunger erstmals edierten – Textfassung des Codex Vindobonensis Hist. gr. 48 führt dieser Gerichtsentscheidungen des Patriarchen auf, durchweg betreffend privatrechtliche Materien. So geht es in den einzelnen Fällen etwa um die Bestätigung einer Emphyteuse (ähnlich einer Erbpacht), eine vergleichsweise Pfandauslösung mittels des Patriarchen, die vergleichsweise Einräumung einer Ratenzahlungsvereinbarung, die Stellung einer Bürgschaft zur Abwendung einer Kirchenhaft, die vergleichsweise Bestätigung einer Berechtigung zum Immobilienverkauf, eine zum Zeitpunkt der Niederschrift unerweisliche Mitgiftstreitigkeit und die Bestätigung eines Kaufvertrages aus Fürsorgegründen.[4]

Literatur Bearbeiten

Textausgaben

  • Franz von Miklosich, Joseph Müller: Acta et diplomata Graeca Medii Aevi, sacra et profana et edita. 6 Bände, Wien 1860–1890. Reprint: Spanos Ed., Athen 1996 (veraltet).
  • Herbert Hunger, Otto Kresten: Das Register des Patriarchates von Konstantinopel I (= Corpus Fontium Historiae Byzantinae. Band 19/1). Wien 1981. Separat Indices von Carolina Cupane, Wien 1981.
  • Herbert Hunger, Otto Kresten, Ewald Kislinger, Carolina Cupane (Hrsg.): Das Register des Patriarchates von Konstantinopel II (= Corpus Fontium Historiae Byzantinae. Band 19/2). Wien 1995.
  • Johannes Koder, Otto Kresten, Martin Hinterberger: Das Register des Patriarchates von Konstantinopel III (= Corpus Fontium Historiae Byzantinae. Band 19/3). Wien 2001.

Sekundärliteratur

  • Herbert Hunger (Hrsg.): Studien zum Patriarchatsregister von Konstantinopel I (= Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse. Band 383). Wien 1981.
  • Herbert Hunger, Otto Kresten (Hrsg.): Studien zum Patriarchatsregister von Konstantinopel II (= Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse. Band 647). Wien 1997.
  • Christian Gastgeber, Ekaterini Mitsiou, Johannes Preiser-Kapeller (Hrsg.): The Register of the Patriarchate of Constantinople. An Essential Source for the History and Church of Late Byzantium (= Veröffentlichungen zur Byzanzforschung. Band 32). Wien 2013.

Weblinks Bearbeiten

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Andreas E. Müller: Die Urkunden vom Berg Athos
  2. Dieter Simon: Die Epochen der byzantinischen Rechtsgeschichte. In: Ius Commune, hrsg. von Dieter Simon, Band 15. Vittorio Klostermann, Frankfurt a. M. 1988. S. 73–106, hier S. 95.
  3. Franz von Miklosich, Joseph Müller: Acta et diplomata Graeca Medii Aevi, sacra et profana et edita. 6 Bände, Wien 1860–1890.
  4. Herbert Hunger: Zu den restlichen Inedita des Konstantinopler Patriarchatsregister im Cod. Vindob. Hist. Gr. 48. In: Revue des études byzantines. Band 24, 1966, S. 58–68 (Digitalisat).