PRECOBS

Software zur Kriminalitätsprognose

PRECOBS (Pre Crime Observation System, seltener auch: precobs oder Precobs) ist eine Software zur Kriminalitätsprognose. Die Prognosesoftware wird vom Oberhausener Institut für musterbasierte Prognosetechnik (IfmPt) entwickelt und weltweit vermarktet.[1]

Zielsetzung Bearbeiten

Mit PRECOBS werden durch die Verwendung von Deliktsdaten aus der jüngsten Vergangenheit für eine Polizeibehörden Prognosen für einen definierten „Bezirk“ erstellt und für operative Maßnahmen (Festnahme am Tatort) und zur Kriminalprävention genutzt. Durch sog. Predictive Policing (vorausschauende Polizeiarbeit) sollen so für bestimmte Delikte (z. B. Einbrüche, Kfz-Delikte, Raub, Brandstiftungen) Vorhersagen getroffen werden können. Dazu werden polizeiliche Daten wie Täterprofile, Deliktschwerpunkte, örtliche Gegebenheiten und empirische Erkenntnisse aus den Deliktfeldern ausgewertet.[2][3] Es ist Ziel, zeitliche und räumliche Deliktkonzentrationen (near repeats) zu prognostizieren. Unter einem near repeat wird hierbei in einem eingegrenzten geografischen Raum das Auftreten von zwei Delikten aus einem Deliktfeld binnen 72 Stunden verstanden.[4]

Verwendung Bearbeiten

PRECOBS wird bereits an sieben in- und ausländischen Polizeibehörden im Bereich der Kriminalgeographie verwendet, so seit 2013 in Zürich und Aargau.[5] Bayern war 2014 das erste deutsche Bundesland, das diese Software einsetzte. PRECOBS wurde unter anderem in München und Nürnberg verwendet.[6][7] Ab Oktober 2015 bis April 2016 testete die Polizei in Stuttgart und Karlsruhe das Programm für eine erste Pilotphase, um der seit Jahren steigenden Zahl von Einbrüchen zu begegnen.[8][9] Dem folgte ab August 2017 ein weiterer einjähriger Test mit einer weiterentwickelten Version der Prognosesoftware.[10]

Die Kantonspolizei Solothurn in der Schweiz verzichtete nach einer Prüfung des Systems im Jahr 2017 auf einen weiteren Einsatz. Als Gründe wurden relativ hohe Kosten und kein klar ausgewiesener Nutzen angegeben.[11] Seit Oktober 2021 wird die Software in Bayern dauerhaft nicht mehr genutzt, da dieser, so das Bayerische Landeskriminalamt, die Datengrundlage gefehlt habe, als während der COVID-19-Pandemie deutlich weniger Einbrüche gemeldet worden seien.[12]

Das Freiburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht hat den Einsatz Software in einer ausführlichen Studie[13] untersucht.[14]

Kritik Bearbeiten

Kritiker befürchten unter anderem, dass die bislang anonymisierte Datenerhebung später durch personenbezogene Daten ergänzt werden könnten.[15] Auch sei aufgrund einer hohen Dunkelziffer unklar, wie viel Kriminalität mit derartiger Software bekämpft werden könne. Da nur mit polizeilich registrierten Delikten und Mustern gesucht werde, bestehe die Gefahr, dass die Software den Blick auf bestimmte Orte verenge.[16]

Weblinks Bearbeiten

Siehe auch Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Predictive Policing made in Germany. In: ifmpt.de. Abgerufen am 14. Januar 2016.
  2. Till-R. Stoldt: Polizei startet Verbrecherjagd mit Prognose-Software. In: welt.de. 19. Oktober 2014, abgerufen am 14. Januar 2016.
  3. Frank Christiansen: Mit "Precops" weiß die Polizei, wo demnächst eingebrochen wird. In: augsburger-allgemeine.de. 8. Januar 2015, abgerufen am 14. Januar 2016.
  4. Near Repeat Prediction. In: ifmpt.de. Archiviert vom Original am 30. April 2015; abgerufen am 1. Mai 2015.
  5. Achtung, bei Ihnen droht ein Einbruch. In: tagesanzeiger.ch. 4. September 2015, abgerufen am 14. Januar 2016.
  6. Jannis Brühl, Florian Fuchs: Polizei-Software zur Vorhersage von Verbrechen - Gesucht: Einbrecher der Zukunft. In: sueddeutsche.de. 12. September 2014, abgerufen am 30. März 2016.
  7. Cathérine Simon: "Precob": Polizei will Einbrüche per Software vorhersagen. In: dpa.de. 8. November 2014, abgerufen am 14. Januar 2016.
  8. Christine Bilger: Neue Software für die Polizei in Stuttgart Der digitale Freund und Helfer. In: stuttgarter-zeitung.de. 16. September 2015, abgerufen am 14. Januar 2016.
  9. Precobs sagt Einbruchsorte voraus. In: derwesten.de. 5. September 2015, abgerufen am 14. Januar 2016.
  10. Rainer Wehaus und Nils Mayer: Software soll Einbrecher stoppen. In: stuttgarter-nachrichten.de. 30. Juli 2017, abgerufen am 30. März 2018.
  11. Sven Altermatt: Kein klarer Nutzen: Solothurner Polizei verzichtet auf Einbruchssoftware. In: solothurnerzeitung.ch. 12. Dezember 2017, abgerufen am 30. März 2018.
  12. Aus für Software gegen Einbrecher: Folgeprojekt möglich. In: mittelbayerische.de. 27. Oktober 2021, abgerufen am 29. Oktober 2021.
  13. Predictive Policing: Evaluation des baden-württembergischen Pilotprojekts P4. In: mpicc.de. Abgerufen am 30. März 2018.
  14. Sarah Heuberger: Predictive Policing: Software ist keine Wunderwaffe gegen Einbrüche. In: wired.de. 12. Oktober 2017, abgerufen am 30. März 2018.
  15. Jörg Thoma: PRECOBS: Berlin will mit Software Einbrüche vorhersagen. In: golem.de. 2. Dezember 2014, abgerufen am 14. Januar 2016.
  16. Kai Biermann: Noch hat niemand bewiesen, dass Data Mining der Polizei hilft. In: zeit.de. 29. März 2015, abgerufen am 14. Januar 2016.