Auf einer total geordneten Menge kann man in natürlicher Weise eine Topologie einführen, die mit der Ordnung verträglich ist. Diese Topologie wird Ordnungstopologie genannt. Einige Begriffe aus Topologie und Metrik wie diskret, dicht und vollständig lassen sich so auf Ordnungen übertragen.

Definition Bearbeiten

Gegeben sei eine total geordnete Menge  [1] Das heißt, es gelten die zwei Gesetze:

  •  
(Transitivität)
  • entweder   oder   oder  
(Trichotomie)

für alle  

Um Fallunterscheidungen an den Intervallrändern zu vermeiden, wird zunächst die Menge   in die Menge

 [2]

eingebettet und danach werden mittels zweier Grenzen   die Intervalle

 

gebildet.[3] Sie sind allesamt Teilmengen von   und definieren als Basis die Ordnungstopologie in der folgenden Weise:

Die offenen Mengen der Ordnungstopologie sind die beliebigen, auch unendlichen Vereinigungsmengen von solchen Intervallen.

Andere, gleichwertige Formulierungen:

  • Die Ordnungstopologie auf   ist die gröbste Topologie, in der die (offenen) Intervalle im Sinn der Topologie offen sind.
  • Die (offenen) Intervalle bilden eine Basis der Ordnungstopologie.

Wichtig ist die Eigenschaft »streng« der Ordnungsrelation   also   ohne Gleichheit. Dies macht die Intervalle (in der Sprechweise der rationalen oder reellen Zahlen) zu offenen Intervallen – im Gegensatz zu den abgeschlossenen Intervallen, die mit

 

notiert werden und die Komplementärmengen von offenen Mengen sind. Bspw. ist

 .

Wenn   weder Minimum noch Maximum besitzt, fällt   mit dem topologischen Abschluss von   in   zusammen.

Eine Ordnungstopologie erfüllt das Trennungsaxiom T2, ist also hausdorffsch.

Anwendungen Bearbeiten

Durch die Ordnungstopologie kann man einige Eigenschaften von Ordnungen topologisch beschreiben,   ist hier immer eine streng totalgeordnete Menge:

  • Eine nichtleere, abgeschlossene, beschränkte Teilmenge   von   enthält ihr Infimum und ihr Supremum, sofern sie in   existieren.
    Letzteres ist genau dann stets der Fall, wenn die Ordnung vollständig ist.

  • Die Ordnung   heißt diskret, wenn es ihre Ordnungstopologie ist. Ohne topologische Begriffe lässt sich eine diskrete Ordnung so charakterisieren:
  1. Jedes Element hat einen eindeutigen Vorgänger, es sei denn, es ist Minimum von  .
  2. Jedes Element hat einen eindeutigen Nachfolger, es sei denn, es ist Maximum von  .
Anschaulich sind die Elemente durch die diskrete Ordnung wie an Perlenschnüren aufgereiht, beachte aber das 6. Beispiel unten.

  • Eine Teilmenge   von   liegt dicht in   im Sinne der Ordnungstheorie, wenn zwischen zwei Elementen   aus   stets ein Element   aus   mit   liegt. Ist   in sich dicht im Sinne der Ordnungstheorie, so liegt   genau dann dicht in   im Sinne der Ordnungstheorie, wenn   dicht in   bezüglich der Ordnungstopologie ist.
  • Eine diskret geordnete Menge ist (außer im Trivialfall einer einelementigen Menge) niemals dicht (in sich) geordnet und umgekehrt.
  • Jede in sich dichte, strenge Totalordnung   lässt sich mit der Methode der Dedekindschen Schnitte in eine ordnungsvollständige Ordnung   einbetten. Im Artikel Dedekindscher Schnitt wird dies am Beispiel der rationalen Zahlen ausgeführt. Diese Konstruktion funktioniert auch in Ordnungen, deren Ordnungstopologie sich nicht metrisieren lässt.

Beispiele Bearbeiten

Die im Folgenden genannten Eigenschaften beziehen sich immer auf die in den Mengen übliche, natürliche Ordnung:

  1. Die natürlichen Zahlen sind diskret geordnet. Jede natürliche Zahl hat einen Nachfolger.
  2. Die ganzen Zahlen sind diskret geordnet. Jede ganze Zahl hat einen Vorgänger und einen Nachfolger.
    Die Ordnungstopologie ist die diskrete.
  3. Bei den reellen Zahlen mit ihrer gewöhnlichen Anordnung   stimmt die Ordnungstopologie mit der gewohnten Topologie (der reellen Zahlen als metrischer Raum) überein.
    Die reellen Zahlen sind ordnungsvollständig.
  4. Die rationalen Zahlen sind nicht ordnungsvollständig, aber dicht (in sich) geordnet.
  5. Die rationalen Zahlen bilden eine dichte Teilmenge der Menge der reellen Zahlen.
  6. Die Menge der Stammbrüche   ist diskret geordnet. Anschaulich besteht die Ordnung aus zwei Perlenschnüren: Die Ordnung der negativen Stammbrüche entspricht der Ordnung der natürlichen Zahlen, die Ordnung der positiven Stammbrüche deren Umkehrung;   ist also ordnungsisomorph zum lexikographisch geordneten     Von einer der Perlenschnüre lässt sich die andere jedoch nicht durch fortgesetzte Vorgänger- oder Nachfolgerbildung erreichen.
  7. Fügt man zu   aus dem vorigen Beispiel die Zahl 0 hinzu, dann ist die Ordnung nicht mehr diskret, denn 0 hat weder einen Vorgänger noch einen Nachfolger. Sie ist aber auch nicht dicht.
     
    Die Ordinalzahl  .
  8. Die Ordinalzahl   ist nicht diskret geordnet: Das Limeselement   hat keinen Vorgänger, jede seiner Umgebungen enthält unendlich viele natürliche Zahlen. (Als Ordinalzahl wird die Menge der natürlichen Zahlen üblicherweise mit   bezeichnet.)
  9. Die Ordnungstypen von   und   sind gleich. Letztere Topologie ist außerdem die von   induzierte Teilraumtopologie, daher entspricht die analytische Konvergenz   in   der topologischen Konvergenz von   in  . Jede abzählbare Ordinalzahl kann ordnungserhaltend in   eingebettet werden. Ein weiteres Beispiel dieser Art ist  , das denselben Ordnungstyp wie   in   hat.

Andere Topologien, die mit der Ordnung zusammenhängen Bearbeiten

Auf einer streng totalgeordneten Menge können auch die Halbgeraden

  mit   (Typ A)
oder
  mit   (Typ B)

als Basis je einer Topologie, der Topologie der nach unten beschränkten (Typ A) bzw. der nach oben beschränkten Mengen (Typ B), zugrunde gelegt werden. Die beiden Topologien sind – für Mengen   die mehr als einen Punkt enthalten – voneinander verschieden und die Ordnungstopologie ist ihre kleinste gemeinsame Verfeinerung.

Der Konvergenzbegriff in diesen Topologien ist sehr einfach: Eine Folge konvergiert in einer Topologie des Typs A oder B nur dann, wenn sie am entsprechenden Extremum stationär wird.

Einzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten

  1. Falls die Ordnungsrelation als eine schwache   gegeben sein sollte, erzeugt man daraus eine strenge (oder starke) Totalordnung   durch die Setzung
     
  2. Wie üblich soll gelten:
     
    und
      für alle  .
  3. Genau dieselben Intervalle kann man auch ohne Bezugnahme auf die unendlichen Elemente   definieren:
                            (beschränktes Intervall)
        (Intervall ohne rechte Schranke in  )
        (Intervall ohne linke Schranke in  )
        (der ganze Raum)

    Die unbeschränkten Intervalle werden übrigens nur dann in der Basis benötigt, wenn   auf der entsprechenden Seite ein Extremum hat; der ganze Raum sogar nur dann, wenn   aus einem einzelnen Element besteht.
    Gibt es aber bspw. kein Minimum, dann kann das links unbeschränkte Intervall

     

    als Vereinigung von Basismengen gebildet werden.

Literatur Bearbeiten

Siehe auch Bearbeiten