Die optimale Bestellmenge bezeichnet in der Beschaffungslogistik und Materialwirtschaft jene Bestellmenge, bei der die Summe aus den Bestellkosten und Lagerhaltungskosten für einen vorgegebenen Servicegrad im Planungszeitraum ein Minimum erreicht. Ein gegebener Jahresbedarf kann gedeckt werden durch viele Bestellungen kleiner Mengen; dies führt einerseits zu hohen Bestellkosten, andererseits zu einem geringen durchschnittlichen Lagerbestand und somit niedrigen Lagerkosten. Bei wenigen Bestellungen großer Mengen verhält es sich genau umgekehrt. Somit besteht ein Zielkonflikt zwischen niedrigen Bestellkosten und niedrigen Lagerhaltungskosten. Die optimale Bestellmenge stellt den kostengünstigsten Kompromiss zwischen diesen beiden Zielen dar.[1]

Bestellkosten Bearbeiten

Die Bestellkosten enthalten die gesamten Abwicklungskosten einer Bestellung, von der Bestellvorbereitung über den Bestellabschluss bis zur Bestellabwicklung. Oft sind die Bestellkosten pro Einheit abhängig von der Bestellmenge, beispielsweise aufgrund von Rabatten bei Abnahme größerer Mengen.

 

Lagerhaltungskosten Bearbeiten

Die Lagerhaltungskosten umfassen die Kosten für das Personal, die Lagerräume und das gebundene Kapital, inklusive Kosten für Wertminderung durch Schwund, Veralterung etc., sowie die Versicherung von Vorräten und Räumen.

 

Statische Bestellmengenrechnung (Klassische Bestellmengenformel) Bearbeiten

Statische Bestellmengen bedeuten, dass eine „optimale“ Bestellmenge bestimmt wird, welche dann immer in diesem Volumen bestellt wird. Es handelt sich um die frühesten Überlegungen, das Bestellmengengrößenproblem zu lösen.

Kostenverlauf grafisch darstellen Bearbeiten

 
optimale Bestellmenge = Minimum der Gesamtkostenkurve (rot). Zwischen Bestellkosten (blau) und Lagerkosten (grau) besteht ein Trade-off.

Die optimale Bestellmenge lässt sich unter idealisierten Modellannahmen mithilfe der nach Kurt Andler benannten, aber von Ford W. Harris (1913) erstveröffentlichten Andlersche Formel berechnen:[2]

 

mit den Parametern

  optimale Bestellmenge in Stück für die jeweilige Bestellung
  Jahresbedarf in Stück
  Bestellkosten pro Bestellung
  Lagerhaltungskostensatz
  Einstandspreis pro Mengeneinheit

Bemerkungen:

  • Unter Beschaffungskosten versteht man die Summe aus fixen Beschaffungskosten (Bestellkosten) und variablen Beschaffungskosten (Bezugskosten).
  • Der Lagerhaltungskostensatz ist grundsätzlich ein Prozentsatz (z. B. 20 %). Bei der Andlerschen Berechnungsformel gibt man jedoch den Prozentfuß, also die Zahl vor dem Prozentzeichen, ein (z. B. 20).

Beispiel Bearbeiten

Ein Unternehmen hat für einen Lagerartikel einen jährlichen Bedarf von 5.000 Stück. Folgende weitere Daten sind bekannt:

  • Bestellkosten pro Bestellung = 120,00 EUR
  • Lagerhaltungskostensatz = 20 %
  • Einstandspreis pro Stück = 100,00 EUR

Setzt man diese Parameter in die Andlersche Formel ein, so erhält man die optimale Bestellmenge als

 

Da Stücke nur im Ganzen erhältlich sind, muss noch gerundet werden. Die optimale Bestellmenge beträgt somit 245 Stück.

Dynamische Losgrößen Bearbeiten

Verfahren der dynamischen Losgrößenermittlung werden verwendet, wenn der zukünftige Bedarf nicht konstant ist, sondern Schwankungen unterliegt. Das Optimum wird bei diesen Verfahren nicht analytisch, sondern durch eine schrittweise Näherung errechnet, was in der Praxis meistens ausreicht.

Mängel des Modells Bearbeiten

Das Modell der Optimalen Bestellmenge ist ein theoretischer Ansatz und bildet nicht die Realität ab. Für die Bedürfnisse in der Praxis ist dieses Modell somit zu knapp gehalten. Damit das Modell in der Theorie funktioniert, gelten die folgenden Prämissen:

  • Der Bedarf je Periode ist bekannt und bleibt im Zeitablauf gleich groß.
  • Die Lagerabgangsgeschwindigkeit ist konstant.
  • Die Auffüllzeit für das Lager ist null, somit ist die Auffüllgeschwindigkeit unendlich hoch.
  • Es sind keine Fehlmengen vorhanden.
  • Es wird ein Lager mit unbegrenzter Kapazität betrachtet.
  • Der Lagerkostensatz ist der Höhe nach bekannt und bleibt konstant.
  • Bestellvorgänge verursachen lediglich bestellfixe Kosten.
  • Der Einstandspreis der Güter ist konstant.
  • Die Qualität der Güter konstant.

Des Weiteren sind in der Realität innerhalb einer Planungsperiode nur ganzzahlige Lösungen möglich. Vernachlässigt wird unter anderem auch möglicher Schwund und Verfall von Gütern. Mengenrabatte und Teillieferungen sowie Bildung von Sicherheitsbeständen sind im Modell auch nicht berücksichtigt.

Ausschließbare Güter Bearbeiten

Ein weiteres Problem ist, dass einige Güter nicht nach den Methoden der optimalen Bestellmenge beschafft werden können, u. a. Z-Güter, deren Verbrauch sich nicht vorhersagen lässt, wie z. B. Streusalz, oder Güter mit Haltbarkeitsdatum (Milchprodukte etc.).

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Horst Hartmann: Materialwirtschaft. Dt. Betriebswirte-Verlag, Gernsbach 2002, ISBN 3-88640-094-8.
  • Oskar Grün: Industrielle Materialwirtschaft. In: Marcell Schweitzer (Hrsg.): Industriebetriebslehre. 2. Auflage. München 1994, ISBN 3-8006-1755-2, S. 447–568.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Hans Arnolds, Franz Heege, Werner Tussing: Materialwirtschaft und Einkauf. 10. Auflage. Gabler Verlag, Wiesbaden 1998, ISBN 978-3-409-35160-7, S. 65.
  2. Winfried Krieger: Gabler Wirtschaftslexikon. Springer Gabler Verlag (Herausgeber), abgerufen am 9. September 2016.