Obermöllrich

Stadtteil von Fritzlar

Obermöllrich ist ein Stadtteil von Fritzlar in Nordhessen. Der Ort liegt ca. 3 km östlich der Kernstadt, auf einer Anhöhe oberhalb des Nordufers der Eder, zwischen der Kernstadt und dem Stadtteil Cappel sowie 2 km nördlich des Waberner Ortsteils Zennern. Im Norden grenzt die Gemarkung an den ebenfalls zu Fritzlar gehörigen Stadtteil Werkel.

Obermöllrich
Stadt Fritzlar
Koordinaten: 51° 8′ N, 9° 19′ OKoordinaten: 51° 7′ 41″ N, 9° 19′ 4″ O
Höhe: 188 m ü. NHN
Fläche: 4,94 km²[1]
Einwohner: 596 (31. Dez. 2021)[2]
Bevölkerungsdichte: 121 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 34560
Vorwahl: 05622

Geschichte Bearbeiten

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Obermöllrich erfolgte unter dem Namen Melriche im Codex Eberhardi und wird in die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts datiert.[1]

Landgraf Heinrich Raspe von Thüringen und sein Bruder Konrad, der spätere Hochmeister des Deutschen Ordens, schenkten am 1. November 1231 dem Deutschen Orden Güter zu Melderich. Vermutlich erfolgte diese Schenkung im Zusammenhang mit der Betreibung der Heiligsprechung ihrer Schwägerin Elisabeth. 1234 übergab das von Heinrich Raspe II. (1140–1148) gegründete Prämonstratenserinnenkloster Ahnaberg (in Kassel) seine Güter zu Obermöllrich ebenfalls dem Deutschen Orden in Erbpacht. Der Orden baute seinen Besitz in Obermöllrich zu einer Kommende (Komturei) aus. 1258 gründete der Orden eine Vogtei. 1305 wurde letztmals ein Komtur in Obermöllrich erwähnt, danach war es eine Kastnerei. Die Komturei wurde nach Fritzlar verlegt. Eine Goldwäsche, die der Orden an der Eder eingerichtet hatte, war nicht ertragreich genug, um sie lange zu betreiben.

Zwischen dem Orden und der benachbarten und Kurmainz gehörenden Stadt Fritzlar kam es zu häufigen Streitigkeiten hinsichtlich der Gemarkungsgrenzen, sodass man schließlich 1341 ein fünfköpfiges Schiedsgericht berief, um den Streit zu beenden.

Zu dieser Zeit besaß der Orden etwa die Hälfte des Dorfes; der Rest und das Gericht waren landgräflich-hessischer Lehensbesitz der aus der Gegend von Bottendorf bei Frankenberg (Eder) stammenden Familie von Lynne (od. Linne), die ebenfalls mit dem Orden von Zeit zu Zeit Gegensätze auszutragen hatte. 1388 einigten sich beide Seiten, eine neue Kapelle im Dorf und eine Wehranlage darum zu bauen. 1395 willigte Landgraf Hermann II. von Hessen ein, dass Gerlach von Linne sein Obermöllricher Lehen für den Rest seines Lebens an den Orden verpfändete. 1448, als die Linne einen Burgsitz auf dem Kirchhof anlegten, spitzte sich der Streit zwischen dem Orden und den Linne so weit zu, dass mehrere Familienmitglieder in den Kirchenbann getan wurden. 1484 ließ der Orden ein weiteres Mal den Bann gegen die Linne aussprechen und forderte die Bauern auf, ihren Lehnsherrn zu vertreiben. Linne war die Sache schließlich so leid, dass er nach erfolglosen Verkaufsverhandlungen mit dem Orden seinen Obermöllrichen Besitz 1492 an den Landgrafen verkaufte, der ihn 1530 an Thiemo von Wildungen zu Lehen vergab. Die Wildunger verkauften ihren Anteil des Dorfes 1590, und nach mehreren Besitzwechseln kam er dann 1793 an die Herren von Baumbach-Lenderscheid.

 
Die evangelische Dorfkirche

Im Jahre 1585 wurden im Dorf 46 Haushalte gezählt. Der Dreißigjährige Krieg hatte, wie im gesamten Hessen, katastrophale Auswirkungen: 1639 gab es noch 14 Ehepaare und zwei Witwen sowie vier Pferde und vier Kühe im Dorf.

Das im 17. Jahrhundert errichtete Deutschordenshaus, ein bedeutender Fachwerkbau, wurde 1954 abgerissen.

Die heutige Dorfkirche wurde wohl 1674 errichtet, unter Verwendung von Bauteilen der Kapelle von 1388. 1755 wurde der Kirchturm angebaut und das Schiff durch Fachwerk erhöht. 1898 wurde durch Gustav Schönermark ein neugotischer Anbau durchgeführt.

Das Dorf war bis in die Neuzeit ein wohlhabendes Bauerndorf, mit einträglicher Landwirtschaft in der fruchtbaren Ederniederung und auf den Lössböden oberhalb. Heute arbeitet der Großteil der Bevölkerung außerhalb und pendelt zur Arbeit in Fritzlar, Wabern und dem Großraum Kassel.

Zum 31. Dezember 1971 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Obermöllrich im Zuge der Gebietsreform in Hessen auf freiwilliger Basis in die Stadt Fritzlar eingemeindet.[3][4] Für Obermöllrich wurde, wie für die übrigen Stadtteile, ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet.[5]

Bevölkerung Bearbeiten

Einwohnerstruktur 2011

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Obermöllrich 609 Einwohner. Darunter waren 6 (1,0 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 90 Einwohner unter 18 Jahren, 252 zwischen 18 und 49, 129 zwischen 50 und 64 und 135 Einwohner waren älter.[6] Die Einwohner lebten in 243 Haushalten. Davon waren 60 Singlehaushalte, 66 Paare ohne Kinder und 87 Paare mit Kindern, sowie 27 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 54 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 144 Haushaltungen lebten keine Senioren.[6]

Einwohnerentwicklung

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1575/85: 46 Hausgesesse
• 1622: 40 Mannschaften, 40 Häuser
• 1639: 14 verheiratete, 2 verwitwete Hausgesesse
• 1647: 12 Personen, 12 Häuser
• 1682: 40 Hausgesesse
• 1735: 31 Mannschaften
• 1742/47: 46 Häuser bzw. Hausgesesse
• 1749: 240 Einwohner
Obermöllrich: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2020
Jahr  Einwohner
1834
  
485
1840
  
513
1846
  
512
1852
  
503
1858
  
491
1864
  
464
1871
  
412
1875
  
386
1885
  
423
1895
  
411
1905
  
432
1910
  
454
1925
  
462
1939
  
457
1946
  
670
1950
  
701
1956
  
598
1961
  
634
1967
  
690
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
609
2015
  
597
2020
  
601
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Stadt Fritzlar[7]; Zensus 2011[6]

Historische Religionszugehörigkeit

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1861: 458 evangelisch-reformierte, zwei katholische, 33 jüdische Einwohner
• 1885: 419 evangelische (= 99,05 %), 4 jüdische (= 0,85 %) Einwohner
• 1961: 575 evangelische (= 90,96 %), 54 katholische (= 8,52 %) Einwohner

Historische Erwerbstätigkeit

• 1961 Erwerbspersonen: 138 Land- und Forstwirtschaft, 147 Produzierendes Gewerbe, 20 Handel und Verkehr, 42 Dienstleistungen und Sonstiges[1]

Politik Bearbeiten

Der Ortsbeirat besteht aus sieben Mitgliedern.[5] Bei der Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 66,67 %. Dabei wurden zwei Mitglieder der SPD und fünf Mitglieder der „Bürgerliste Obermöllrich“ gewählt.[8] Der Ortsbeirat wählte Mirko Schröder zum Ortsvorsteher.[9]

Literatur Bearbeiten

  • Werner Ide: Von Adorf bis Zwesten. Ortsgeschichtliches Taschenbuch für den Kreis Fritzlar-Homberg. A. Bernecker Verlag, Melsungen, 1971, S. 262–266.
  • Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen; 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 3. Auflage. Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen, 2000, ISBN 3-86134-228-6, S. 100.
  • Heinrich Reimer: Historisches Ortslexikon für Kurhessen. Elwert, Marburg, 1926, S. 332–333.
  • A. Kalkhorst: Ober-Möllrich im Wandel der Zeiten. 1968
  • Waldemar Küther (Hrsg.): Historisches Ortslexikon Fritzlar-Homberg. Elwert, Marburg, 1980, ISBN 3-7708-0679-4, S. 210–212.
  • Literatur über Obermöllrich nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
  • Literatur über Fritzlar-Obermöllrich nach GND In: Hessische Bibliographie

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e f Obermöllrich, Schwalm-Eder-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 25. März 2022). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Domstadt Fritzlar – Zahlen Daten Fakten. Abgerufen am 21. Juli 2023.
  3. Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen in Hessen vom 14. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr. 01, S. 5, Punkt 8; Abs. 58. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,9 MB]).
  4. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 392.
  5. a b Hauptsatzung. (pdf; 129 kB) § 8. In: Webauftritt. Stadt Fritzlar, abgerufen im Juli 2023.
  6. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,0 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 32 und 86, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  7. Haushaltsplan der Stadt Fritzlar 2022. Vorbericht. S. 32, abgerufen im Juli 2023.
  8. Ortsbeiratswahl Obermöllrich. In: Votemanager. Stadt Fritzlar, abgerufen im Juli 2023.
  9. Stadtteil Obermöllrich. In: Webauftritt. Stadt Fritzlar, abgerufen im Juli 2023.

Weblinks Bearbeiten