Neureichenau

Gemeinde im niederbayerischen Landkreis Freyung-Grafenau

Neureichenau (bis 1951 Schimmelbach) ist eine Gemeinde im niederbayerischen Landkreis Freyung-Grafenau und ein staatlich anerkannter Erholungsort.

Wappen Deutschlandkarte
Neureichenau
Deutschlandkarte, Position der Gemeinde Neureichenau hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 48° 45′ N, 13° 45′ OKoordinaten: 48° 45′ N, 13° 45′ O
Bundesland: Bayern
Regierungsbezirk: Niederbayern
Landkreis: Freyung-Grafenau
Höhe: 669 m ü. NHN
Fläche: 46,37 km2
Einwohner: 4436 (31. Dez. 2022)[1]
Bevölkerungsdichte: 96 Einwohner je km2
Postleitzahl: 94089
Vorwahl: 08583
Kfz-Kennzeichen: FRG, GRA, WOS
Gemeindeschlüssel: 09 2 72 136
Gemeindegliederung: 27 Gemeindeteile
Adresse der
Gemeindeverwaltung:
Dreisesselstraße 8
94089 Neureichenau
Website: neureichenau.de
Erste Bürgermeisterin: Kristina Urmann[2] (CSU)
Lage der Gemeinde Neureichenau im Landkreis Freyung-Grafenau
KarteLandkreis RegenLandkreis DeggendorfLandkreis PassauSchöfwegWaldhäuserwaldSchönbrunner WaldSchlichtenberger WaldSankt OswaldPleckensteiner WaldPhilippsreuter WaldMauther ForstSpiegelauGraineter WaldAnnathaler WaldZentingWaldkirchenThurmansbangSpiegelauSchönberg (Niederbayern)NeuschönauSankt Oswald-RiedlhütteSaldenburgRöhrnbachRingelaiPhilippsreutPerlesreutNeureichenauMauthJandelsbrunnInnernzellHohenau (Niederbayern)HinterschmidingGrainetGrafenau (Niederbayern)FürsteneckFreyungEppenschlagSchöfwegLeopoldsreuter WaldFrauenberger und Duschlberger WaldHaidmühleÖsterreichTschechien
Karte
Neureichenau

Geographie Bearbeiten

Geographische Lage Bearbeiten

Die Gemeinde liegt in der Region Donau-Wald im Dreiländereck Deutschland – Österreich – Tschechien bzw. Bayern – Böhmen – Mühlviertel am Fuß des Dreisesselberges im Unteren Bayerischen Wald. Neureichenau befindet sich 15 km östlich von Waldkirchen, 20 km südöstlich von Freyung, 26 km von der Grenze zu Tschechien (bei Philippsreut) und 7 km von der Grenze zu Österreich entfernt.

Nachbargemeinden Bearbeiten

Gemeindegliederung Bearbeiten

Es gibt 27 Gemeindeteile (in Klammern ist der Siedlungstyp angegeben):[3][4]

Geschichte Bearbeiten

Bis zur Gemeindegründung Bearbeiten

Um 1600 leitete eine wandernde Glashütte in der „Reichenau“ die Siedlungstätigkeit ein. Neureichenau (früher Unterreichenau) gehörte zu dem Teil des alten Hochstifts Passau, der durch Fürstbischof Leopold Ernst Graf von Firmian 1765 von der oberösterreichischen Herrschaft Rannariedl mit den sieben künischen Dörfern erwarb. Im Jahr 1806 kam das heutige Gemeindegebiet, nachdem es zuvor von 1803 bis 1806 zum Großherzogtum Salzburg gehört hatte, zu Bayern. Neureichenau gehörte von 1808 bis 1818 zum Steuerdistrikt Schimmelbach.

Gemeinde Schimmelbach, ab 1951 Neureichenau Bearbeiten

Die 1818 durch das zweite bayerische Gemeindeedikt gebildete Gemeinde Schimmelbach umfasste die Orte

  • Neureichenau
  • Fischergrün
  • Gern
  • Langbruck
  • Pleckenstein
  • Riedelsbach
  • Schimmelbach
  • Spillerhäuser

Sie gehörte erst zum Landgericht Wolfstein, bis mit Verordnung vom 25. Februar 1862 das Landgericht Waldkirchen errichtet wurde. Beide Landgerichtsbezirke gehörten in der Folge zum Bezirksamt Wolfstein. Am 1. Januar 1939 im Deutschen Reich die einheitliche Bezeichnung Landkreis eingeführt. So wurde aus dem Bezirksamt der Landkreis Wolfstein. Am 27. April 1951 wurde die Gemeinde Schimmelbach amtlich in Neureichenau umbenannt.[5]

Eingemeindungen Bearbeiten

Am 1. Januar 1971 gab die Gemeinde Gsenget ihre Selbständigkeit auf und entschloss sich zur Eingliederung in die Gemeinde Neureichenau. Am 1. April 1971 kam auch Klafferstraß freiwillig hinzu.[5] Am 1. Januar 1978 wurden die Gemeinden Altreichenau und Lackenhäuser eingemeindet.[6]

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

Zwischen 1988 und 2018 wuchs die Gemeinde von 4168 auf 4463 um 295 Einwohner bzw. um 7,1 %.

Politik Bearbeiten

Gemeinderat Bearbeiten

Partei/Liste 2020[7] 2014[8]
% Sitze % Sitze
UWG 22,39 3 36,31 6
CWU/Freie Wähler 17,70 3 32,15 5
CSU 43,14 7 31,54 5
Aktive Bürgergemeinschaft (ABG) 5,76 1
Freie Fortschrittliche Unabhängige Wähler (FFUW) 4,08 1
Junge Liste (JL) 6,93 1

Bürgermeisterin Bearbeiten

Ehrenamtliche Erste Bürgermeisterin ist seit 1. Mai 2020 Kristina Urmann (CSU).[2] Sie wurde am 15. März 2020 im ersten Wahlgang mit 54,3 % gewählt und ist Nachfolgerin von Walter Bermann (CWU/FW), der bei der Kommunalwahl 2014 mit 52,4 % der gültigen Stimmen gewählt wurde.

Wappen Bearbeiten

Neureichenau Die Wappenbeschreibung lautet: „Durch eine goldene Wellenleiste geteilt von Rot und Grün; oben ein silbernes Buch, aus dem drei goldene Siegel hängen; unten ein silberner Dreiberg, darauf eine blaue Kugel.“

Die goldene Wellenleiste und der Dreiberg bringen die geographische Lage der Gemeinde an der großen Michl und am Dreisessel im unteren Bayerischen Wald zum Ausdruck. Das Siegelbuch im oberen Feld stammt aus dem Wappen von Fürstbischof Leopold Ernst Graf von Firmian, der Neureichenau 1765 für das Hochstift Passau erworben hat. Die Kugel im Schildfuß ist eine sog. Paternosterkugel und verweist als Erzeugnis der Glasmacherei auf die örtliche Bedeutung dieses Wirtschaftszweigs.

 
Altreichenau

Altreichenau

Die Wappenbeschreibung lautet: „Geteilt in Silber und Rot; vorne auf einem aus drei grünen Quadern gebildeter Steinsockel ein roter Falke, hinten ein weiß/silbernes Kelchglas.“

Gegründet durch die Grafen von Salburg zeigt den Falken, die Landesherrschaft von Österreich (ab 1506) und die Fürstbischöfe von Passau (seit 1765) werden durch die Farben rot und silber dargestellt. Der Pokal erinnert an die Glasherstellung in Altreichenau. Die drei Steinquader sollen auch auf den Dreisesselberg verweisen, ein Wahrzeichen der Region.

 
Lackenhäuser

Lackenhäuser

Die Wappenbeschreibung lautet: Auf grünem Grund ein goldener Dreiberg, darüber in weiß/silber einen gemauerten Obelisken, rechts und links ein weiß/silberner Fichtenzweig.

Die Hügel und die Fichtenzweige verweisen auf die geografische Lage des Ortes (Ostbayern/Bayerischer Wald). Der Obelisk steht für das Adalbert-Stifter-Denkmal, das in der Gemarkung Lackenhäuser steht und an den Dichter erinnert.

ILE Abteiland Bearbeiten

Die Gemeinde ist Mitglied der im April 2011 von 11 Kommunen gegründeten Arbeitsgemeinschaft „Integrierte Ländliche Entwicklung Abteiland“ (ILE Abteiland), deren Motto es ist, den Natur-, Kultur- und Wirtschaftsraum Abteiland als lebenswerte Heimat zu erhalten und zu gestalten.[9]

Religion Bearbeiten

Das Gebiet der Gemeinde Neureichenau umfasst die katholischen Pfarreien Neu- und Altreichenau (heute im Pfarrverband Neureichenau) im Dekanat Freyung-Grafenau des Bistums Passau und die evangelisch-lutherische Pfarrei Freyung im Evangelisch-Lutherischen Dekanat Passau der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Bis 1951 zählten die Protestanten in Neureichenau zur evangelisch-lutherischen Pfarrei Passau.

 
Katholische Pfarrkirche St. Leonhard

Seit der Gegenreformation ist Neureichenau römisch-katholisch geprägt. Das Gemeindegebiet gehörte bis 1767 zur katholischen Pfarrei Waldkirchen, dann bis 1840 zum katholischen Pfarrvikariat Wollaberg. Die Kirche St. Leonhard in Neureichenau wurde zwischen 1834 und 1838 errichtet. 1840 wurde aus Teilen der Pfarreien Breitenberg, Grainet und Wollaberg die Expositur Neureichenau errichtet, die der Pfarrei Breitenberg angegliedert war. 1899 wurde die Expositur Neureichenau zur Pfarrei erhoben. 1933 wurde dann aus Teilen dieser Pfarrei die Expositur Altreichenau errichtet, die 1941 zur Pfarrei Altreichenau erhoben wurde. Die Pfarrkirche St. Sigismund in Altreichenau wurde 1932 erbaut und 1948/1949 erweitert.

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Museen Bearbeiten

  • Museum „Adalbert Stifter und der Wald“[10], Lackenhäuser 146, 94089 Neureichenau

Baudenkmäler und Bodendenkmäler Bearbeiten

  • Pfarrkirche St. Leonhard in Neureichenau
  • Katholische Pfarrkirche St. Sigismund in Altreichenau
  • Rosenberger Gut mit Adalbert-Stifter-Museum

Tourismus Bearbeiten

Neureichenau ist Endpunkt der 150 km langen Bayerwaldloipe.

Neureichenau ist an den Iron Curtain Trail, den längsten offiziellen Radfernweg Europas, angeschlossen, welcher entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs verläuft.[11]

Wirtschaft und Infrastruktur Bearbeiten

Verkehr Bearbeiten

Auf dem Gemeindegebiet existierten in Neureichenau und Altreichenau zwei Bahnhöfe, die die an der Strecke von Passau nach Budweis (Österreich-Ungarn) lagen. Von Passau fuhr die Königlich Bayerische Staatseisenbahn über Waldkirchen nach Haidmühle (Bahnstrecke Passau–Freyung und Bahnstrecke Waldkirchen–Haidmühle); ab Haidmühle ging es weiter mit den kaiserlich-königlichen österreichischen Staatseisenbahnen über Neuthal und Wallern in Richtung Budweis (Bahnstrecke Číčenice–Haidmühle). 1945 endete der grenzüberschreitende Verkehr. Bis 1963 fuhren noch Personenzüge nach Waldkirchen; der Güterverkehr wurde schließlich 1975 oberhalb Jandelsbrunn stillgelegt. Die Strecke wurde abgebaut und in einen Radweg umgewandelt.

Persönlichkeiten Bearbeiten

  • Eduard Weigl (1869–1960), Priester, Päpstlicher Hausprälat, Ordinarius für Pastoraltheologie, Homiletik und Liturgik an der Ludwig-Maximilians-Universität, 1909–1946 Direktor des Erzbischöflichen Priesterseminars Georgianum in München.
  • Paul Graf Yorck von Wartenburg (1902–2002), verlebte den 34-jährigen Ruhestand in Neureichenau

Weblinks Bearbeiten

Commons: Neureichenau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Genesis Online-Datenbank des Bayerischen Landesamtes für Statistik Tabelle 12411-003r Fortschreibung des Bevölkerungsstandes: Gemeinden, Stichtag (Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
  2. a b Bürgermeister/Oberbürgermeister in kreisangehörigen Gemeinden (Stand: 01.05.2020). (xlsx) Bayerisches Landesamt für Statistik, abgerufen am 12. Juni 2020.
  3. Gemeinde Neureichenau in der Ortsdatenbank der Bayerischen Landesbibliothek Online. Bayerische Staatsbibliothek, abgerufen am 5. Januar 2018.
  4. Gemeinde Neureichenau, Liste der amtlichen Gemeindeteile/Ortsteile im BayernPortal des Bayerischen Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 24. Dezember 2021.
  5. a b Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-09669-7, S. 596.
  6. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 628.
  7. Wahl des Gemeinderats - Kommunalwahlen 2020 in der Gemeinde Neureichenau - Gesamtergebnis. Abgerufen am 11. Dezember 2020.
  8. Kommunalwahlen in Bayern am 16. März 2014 Endgültige Ergebnisse. Bayerisches Landesamt für Statistik, 2015, S. 188, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. September 2020; abgerufen am 12. November 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.statistik.bayern.de
  9. Die Entstehung von ILE Abteiland, abgerufen am 14. November 2022.
  10. "Stifter und der Wald" - Museum im Rosenberger Gut. In: Neureichenau. Abgerufen am 8. April 2020.
  11. Iron Curtain Trail - Am ehemaligen Eisernen Vorhang quer durch Europa. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. April 2017; abgerufen am 19. April 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ironcurtaintrail.eu