Neunzehneck

Polygon mit 19 Seiten und 19 Ecken

Ein Neunzehneck, auch als Nonadekagon bezeichnet (englisch auch enneadecagon, enneakaidecagon),[1] ist ein Polygon mit 19 Seiten und 19 Ecken. Oft ist dabei – wie im Folgenden ausschließlich beschrieben – ein ebenes, regelmäßiges Neunzehneck gemeint bei dem alle Seiten gleich lang sind und alle Eckpunkte auf einem gemeinsamen Umkreis liegen.

Regelmäßiges Neunzehneck
Regelmäßiges Neunzehneck

Regelmäßiges Neunzehneck Bearbeiten

Das regelmäßige Neunzehneck ist nach Carl Friedrich Gauß und Pierre-Laurent Wantzel kein konstruierbares Polygon, denn seine Seitenanzahl   ist kein Produkt einer Zweierpotenz mit paarweise voneinander verschiedenen Fermatschen Primzahlen.

Größen Bearbeiten

Größen[2] eines regelmäßigen Neunzehnecks
Innenwinkel  

 

Zentriwinkel

(Mittelpunktswinkel)

 
Seitenlänge  
Umkreisradius  
Inkreisradius  
Höhe  
Flächeninhalt  

Mathematische Zusammenhänge Bearbeiten

Innenwinkel Bearbeiten

Der Innenwinkel   wird von zwei benachbarten Seiten der Länge   eingeschlossen.

 

Zentriwinkel Bearbeiten

Der Zentriwinkel oder Mittelpunktswinkel   wird von zwei benachbarten Umkreisradien der Länge   eingeschlossen.

 

Seitenlänge Bearbeiten

Die Seitenlänge   errechnet sich zu

 .

Umkreisradius Bearbeiten

Der Radius   des Umkreises ergibt sich durch Umformen der Formel für die Seitenlänge   zu

 .

Inkreisradius Bearbeiten

Der Inkreisradius   ist die Höhe eines gleichschenkligen Teildreiecks mit den beiden Schenkeln gleich dem Umkreisradius   und der Grundlinie gleich der Seitenlänge  :

 

Höhe Bearbeiten

Die Höhe   eines regelmäßigen Neunzehneckes ergibt sich aus der Summe von Inkreisradius   und Umkreisradius  :

 

Flächeninhalt Bearbeiten

Der Flächeninhalt eines Dreiecks berechnet sich allgemein zu  . Für die Berechnung des Neunzehnecks werden die Ergebnisse der Seitenlänge   und des Inkreisradius   herangezogen, worin   für die Höhe   eingesetzt wird:

 
  daraus folgt für die Fläche eines Teildreiecks
  zusammengefasst ergibt sich
  und für die Fläche des ganzen Neunzehnecks
 

Geometrische Konstruktionen Bearbeiten

Ein regelmäßiges Neunzehneck ist nicht mit Zirkel und Lineal konstruierbar. Verwendet man jedoch ein zusätzliches Hilfsmittel wie z. B. den Tomahawk zur exakten Dreiteilung (Trisektion) eines Winkels oder ein spezielles Kurvenlineal mit der Kurvenform der archimedischen Spirale bzw. der Quadratrix des Hippias für die Teilung des 90-Grad-Winkels in   gleich große Winkelweiten, ist eine exakte Lösung machbar.

Um den Tomahawk für die Bestimmung des Zentriwinkels nutzen zu können, bedarf es dafür zuerst einer evtl. komplizierten Konstruktion mindestens einer geeigneten Winkelweite, wie im Beispiel Dreizehneck von Andrew M. Gleason zu sehen ist.

Dagegen bietet sowohl die archimedische Spirale als auch die Quadratrix des Hippias einen einfachen und kurzen Weg – er führt über die Teilung einer Strecke in   gleich lange Teile und die anschließende Projektion von vier dieser Teile in die gewählte Kurve − zum Auffinden des gesuchten Zentriwinkels.

Quadratrix des Hippias als zusätzliches Hilfsmittel Bearbeiten

 
Bild 1: Regelmäßiges Neunzehneck mit vorgegebenem Umkreis als exakte Konstruktion mit der Quadratrix des Hippias als zusätzlichem Hilfsmittel

Die Konstruktion (Bild 1) ist nahezu gleich der des Elfecks.

Nach dem Zeichnen des Quadrates z. B. mit der Seitenlänge   und der Konstruktion der speziellen Kurve, der sogenannten Quadratrix des Hippias,[3] mit der Parameterdarstellung  :[4][5]

 

wird die Strecke   in neunzehn gleich lange Abschnitte mithilfe der Streckenteilung geteilt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind in der Zeichnung nur die relevanten Punkte dargestellt.

Der Zentriwinkel des Neunzehnecks ergibt sich aus   aber die Quadratrix des Hippias unterteilt nur die Winkel ab   bis   in gleich große Winkel. Daraus folgt, ein Neunzehntel der Strecke   kann nur ein Neunzehntel des Winkels   erzielen. Deshalb wird wegen der Berechnung des Zentriwinkels   aus dem Umkreis mit seinen   das Vierfache eines Neunzehntels, d. h. der Teilungspunkt   der Strecke   zur Konstruktion des Zentriwinkels   genutzt. Dieser entsteht nach der Konstruktion einer Parallelen zu   ab   bis zur Kurve der Quadratrix, dabei ergibt sich der Punkt  . Nun zieht man eine Halbgerade ab dem Winkelscheitel   durch   bis zum Umkreis.

Somit ergibt sich der Zentriwinkel   und auf dem Umkreis der zweite Eckpunkt  . Die Länge der Strecke   ist die exakte Seitenlänge   des regelmäßigen Neunzehnecks.

Näherungskonstruktion Bearbeiten

 
Bild 2: Neunzehneck, Näherungskonstruktion mit einer universellen Methode

Bild 2 zeigt ein Neunzehneck in seinem Umkreis, erstellt mit einer universellen Methode.[6][7]

Zuerst wird der Durchmesser   in   gleich lange Teile mithilfe des Strahlensatzes geteilt (in der Zeichnung nicht dargestellt) oder mittels Aneinanderreihen von   gleich langen Abständen bestimmt. Nun werden entweder die geraden oder die ungeraden Zahlen (Teilungspunkte) auf dem Durchmesser   markiert. In diesem Beispiel sind die geraden Zahlen   und   eingetragen. Die anschließende Halbierung von   erfolgt mithilfe der zwei Kreisbögen um   bzw.   mit dem Radius  . Die Kreisbögen schneiden sich in den Punkten   und   Durch deren Verbindung erhält man den Mittelpunkt   und die Mittelachse  .

Nach dem Einzeichnen des Umkreises um   durch   geht es weiter mit dem Festlegen der Eckpunkte auf dem Umkreis. Das Lineal wird an den Punkt   und an die gerade Zahl   gelegt. Danach am Lineal entlang eine kurze Linie durch die gegenüberliegende Hälfte der Umkreislinie gezogen, ergibt den Eckpunkt   des entstehenden Neunzehnecks. Diese Vorgehensweise wiederholt sich beim Bestimmen der Eckpunkte   Sie wird fortgesetzt, jetzt ausgehend vom Punkt   bis die restlichen Eckpunkte   gefunden sind. Abschließend werden die benachbarten Eckpunkte miteinander verbunden.

Das Besondere an dieser Methode ist, neun Seiten des Neunzehnecks haben paarweise die gleiche Länge, z. B. die Seiten   und  . Die Seite   hat eine von den anderen unterschiedliche Länge.

Größter, zweitkleinster und kleinster absoluter Fehler der Seitenlängen des Neunzehnecks bei einem Umkreisradius mit  :

  bei  
  bei   und  
  bei   und  

Sieht man sich die beiden betragsmäßig kleinsten absoluten Fehler der benachbarten Seiten an, folgt daraus, beide sind nahezu gleich von einer idealen Mitte   entfernt. Das bedeutet, würde man in dieser Näherungskonstruktion z. B. nur die Strecken   (hellbraun) und   (hellblau) konstruieren, anschließend das arithmetische Mittel dieser Strecken konstruktiv ermitteln, ergäbe dies eine Seitenlänge   des Neunzehnecks mit einer Abweichung von rund

 .

Oder anders gesagt, bei einem Umkreisradius   wäre die Abweichung der konstruierten ersten Seite  .

Vorkommen Bearbeiten

Erlöserkirche in Ani Bearbeiten

Erlöserkirche in Ani,
ein anderer Blick auf die Kirche

Die Kirche befindet sich im Osten des Ortes Ani, der Hauptstadt des ehemaligen Königreichs Armenien, im äußersten Osten der heutigen Türkei in der Provinz Kars an der Grenze zu Armenien.

Auf der Website VirtualANI.org ist die Architektur der Kirche so beschrieben (freie Übersetzung):[8]

„Die Architektur

Die Kirche ist ungefähr kreisförmig, wobei die untere Hälfte des Äußeren in ein 19-seitiges Polygon unterteilt ist. Die sehr große (und sehr breite) Trommel [obere Hälfte] ist unüblicherweise nicht in ein Polygon unterteilt, sondern ist ein perfekter Kreis. Sie ist von 12 schmalen Fenstern durchbrochen und innen mit einer halbkreisförmigen Kuppel versehen. Die Kirche hat nur einen einzigen Eingang, in der Südfassade, durch eine monumentale rechteckige Tür, die mit einem Architrav von pseudoantiken Schnitzereien gekrönt ist. Der Innenraum hatte acht Apsiden, wobei die Altarapsis viel größer als die anderen war. Auf beiden Seiten der Altarapsis befanden sich winzige Kapellen, die in die Wanddicke eingearbeitet waren. Diese Kapellen und die vergrößerte Apsis schwächten wahrscheinlich die Struktur in solcher Weise, dass hier ein Schaden entstand, der schließlich zum Zusammenbruch der Kirche führte.“

Regelmäßige überschlagene Neunzehnecke Bearbeiten

Ein regelmäßiges überschlagenes Neunzehneck ergibt sich, wenn beim Verbinden der neunzehn Eckpunkte jedes Mal mindestens einer übersprungen wird und die somit erzeugten Sehnen gleich lang sind. Notiert werden solche regelmäßigen Sterne mit Schläfli-Symbolen  , wobei   die Anzahl der Eckpunkte angibt und jeder  -te Punkt verbunden wird.

In der folgenden Galerie sind die acht möglichen regelmäßigen Neunzehnstrahlsterne, auch Enneadekagramme genannt, dargestellt.

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Regelmäßige Neunzehnecke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Neunzehneck – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Eric W. Weisstein: CRC Concise Encyclopedia of Mathematics. S. 914 Enneadecagon. 2003, abgerufen am 28. Januar 2018.
  2. William Templeton: The millwright & engineer’s pocket companion. S. 48 Nonadecagon. 1852, abgerufen am 28. Januar 2018.
  3. Rieke Deimer: Die Quadratrix. In: Mathematik / Algebraische Geometrie, Ausgewaehlte hoehere Kurven WS2016-17. Universität Mainz, 6. Januar 2017, abgerufen am 28. Januar 2018.
  4. Hans-Wolfgang Henn: Elementare Geometrie und Algebra. Verlag Vieweg+Teubner, 2003, S. 45–48. Seite 46 ff. Quadratrix (Auszug (Google)), abgerufen am 29. Januar 2018.
  5. Horst Hischer: Mathematik in der Schule 32 (1994) 5. Geschichte der Mathematik als didaktischer Aspekt (2). Lösung klassischer Probleme. S. 279 ff., abgerufen am 29. Januar 2018.
  6. H. August: Zeichnerische Konstruktion eines Elfecks. In: Zeichnerische Konstruktionen: Mehrecke. Abgerufen am 5. Februar 2018.
  7. Peter Eckardt: Siebeneck. In: Sterne und Polygone. Abgerufen am 5. Februar 2018.
  8. Steven Sim: THE CHURCH OF THE REDEEMER (SURP AMENAP’RKITCH). VirtualANI, archiviert vom Original am 14. November 2017; abgerufen am 13. Juli 2018. Aus dem Internet Archive