Netzdichte

Kennzahl für die Länge eines Verkehrsnetzes

Die Netzdichte (englisch network density) ist eine Kennzahl, welche die Länge eines Verkehrsnetzes in einem Gebiet ins Verhältnis zur Fläche setzt. Der Begriff wird auch im Personen- und Gütertransport verwendet.

Allgemeines Bearbeiten

Das betrachtete Gebiet kann eine Region oder ein Staat sein. Gemessen wird die Netzdichte bei Netzwerken, insbesondere bei Verkehrsnetzen. Die Verkehrsstatistik erfasst bei Verkehrsnetzen das Straßennetz, Schienennetz und Wasserstraßennetz, teilweise auch den Rohrleitungstransport. Die absolute Länge der Straßen, Schienen oder Wasserstraßen ist für Analysezwecke meist ungeeignet, da die längsten Verkehrswege tendenziell in Flächenstaaten vorzufinden sind.

Mit der Netzdichte des Verkehrsnetzes befasste sich 1934 bereits Carl Pirath.[1] Für ihn hängt der Verkehrsbedarf der Verkehrsteilnehmer von der Netzdichte ab. Je engmaschiger das Verkehrsnetz ist, umso mehr nimmt das Verkehrsbedürfnis zu.[2] Die Netzdichte ist eine wesentliche Kennzahl der logistischen Infrastruktur des Güterstroms hinsichtlich der Verkehrswege.[3]

Berechnung Bearbeiten

Die Netzdichte ist das Verhältnis der Streckenlänge des Verkehrsträgers (Straße, Schiene, Wasserstraße) zur Fläche des Verkehrsraums.[4] Die Kennzahl der Netzdichte   sagt aus, wie viel Kilometer (km) oder Meter (m) eines Verkehrsweges   auf einen Quadratkilometer (km²) der Staatsfläche   entfallen:

 .

Die Netzdichte wird als Maßeinheit in m/km² oder km/km² ausgedrückt. Sie macht Aussagen über die Intensität der Verkehrsinfrastruktur innerhalb der Staatsfläche.

Arten Bearbeiten

Ermittelt wird die Netzdichte bei Verkehrsnetzen für das Straßennetz, Schienennetz und Wasserstraßennetz. Der Länge der Straßen, Eisenbahnschienen und Wasserstraßen (schiffbare Binnengewässer) wird die Staatsfläche gegenübergestellt.

Straßennetz Bearbeiten

Das Straßennetz als weltweit wichtigstes Verkehrsnetz der 12 wichtigsten Staaten weist folgende Längen und Netzdichten aus:

Staat Länge Straßennetz[5]
(in km)[6]
Netzdichte
(in km/km²)
Vereinigte Staaten  Vereinigte Staaten 6.586.610 0,69
Indien  Indien 4.699.024 1,42
China Volksrepublik  Volksrepublik China 4.577.300 0,48
Brasilien  Brasilien 1.580.964 0,19
Russland  Russland 1.283.387 0,07
Japan  Japan 1.218.772 3,22
Kanada  Kanada 1.042.300 0,10
Frankreich  Frankreich 1.028.446 1,63
Australien  Australien 823.217 0,11
Sudafrika  Südafrika 747.014 0,61
Spanien  Spanien 683.175 1,35
Deutschland  Deutschland 627.000 1,75

Weltweit beträgt die Gesamtlänge des Straßennetzes, bestehend aus befestigten und unbefestigten Straßen, rund 31,7 Millionen Kilometer. Die Netzdichte sagt aus, wie viel Kilometer (km) Straße auf einen Quadratkilometer (km²) Staatsfläche entfallen. Die Straßendichte ist in hoch entwickelten Flächenstaaten (USA, Japan) relativ hoch, aber auch in einigen weniger entwickelten Flächenstaaten (Indien).

Schienennetz Bearbeiten

Europa
Staat Netzlänge (km) Fläche (km²) Netzdichte
(m/km²)
Monaco  Monaco 1,6 1,97 812,2
Vatikanstadt  Vatikanstadt 0,2 0,44 454,5
Schweiz  Schweiz 5.177 41.285 125,4
Tschechien  Tschechien 9.620 78.867 122,0
Belgien  Belgien 3.437 30.528 112,6
Deutschland  Deutschland 38.000 357.092 106,4
Ungarn  Ungarn 8.057 93.028 86,6
Slowakei  Slowakei 3.622 49.035 73,8
Osterreich  Österreich 6.123 83.871 73,0
Polen  Polen 22.314 312.685 71,4
Niederlande  Niederlande 2.809 41.548 67,8
Vereinigtes Konigreich  Vereinigtes Königreich 16.454 243.610 67,5
Italien  Italien 19.729 294.140 67,1
Frankreich  Frankreich 29.213 543.965 53,0
Europaische Union  Europäische Union 221.575 4.324.782 51,2
Asien und Australien
Staat Netzlänge (km) Fläche (km²) Netzdichte
(m/km²)
Japan  Japan 26.435 377.915 70,0
Indien  Indien 64.015 3.287.263 19,5
China Volksrepublik  Volksrepublik China 77.834 9.596.961 8,1
Usbekistan  Usbekistan 3.645 447.400 8,1
Australien  Australien 37.855 7.741.220 4,9
Amerika
Staat Netzlänge (km) Fläche (km²) Netzdichte
(m/km²)
Kuba  Kuba 8.598 110.860 77,6
Vereinigte Staaten  Vereinigte Staaten 226.427 9.826.675 23,0
Argentinien  Argentinien 31.409 2.780.400 11,3
Mexiko  Mexiko 17.516 1.964.375 8,9
Afrika
Staat Netzlänge (km) Fläche (km²) Netzdichte
(m/km²)
Sudafrika  Südafrika 20.872 1.219.090 17,1
Mosambik  Mosambik 4.787 799.380 6,0
Agypten  Ägypten 5.500 1.001.450 5,5
Namibia  Namibia 2.626 824.116 3,2
Sudan  Sudan 5.978 2.505.813 2,4

Wasserstraßennetz Bearbeiten

Staat Netzlänge (km) Fläche (km²) Netzdichte
(m/km²)
Niederlande  Niederlande 5.046 41.528 121,5
Belgien  Belgien 1.500 30.528 49,1
Deutschland  Deutschland 7.350 357.092 20,5
Frankreich  Frankreich 8.500 543.965 16,2
China Volksrepublik  Volksrepublik China 123.964 9.597.995 12,9
Osterreich  Österreich 358 83.871 4,0

In den meisten Ländern können Landfahrzeuge auf ein wesentlich engmaschigeres Straßennetz zurückgreifen als Binnenschiffe und Eisenbahnen innerhalb ihrer Netzwerke. Damit kommt dem Straßenverkehr und seiner Verkehrsinfrastruktur eine führende Rolle bei der Erschließung der Fläche zu.[7]

Netzdichte und Bevölkerungsdichte Bearbeiten

Oft korreliert die Bevölkerungsdichte positiv mit der Netzdichte, weil eine dichte Besiedlung mehr Verkehrswege erfordert als eine geringe Besiedlungsdichte. Sieht man von Stadtstaaten und Kleinstaaten ab, so hat Indien eine hohe Bevölkerungsdichte und gleichzeitig auch eine hohe Netzdichte beim Straßen- und Schienennetz. Auch Kleinstaaten mit einer hohen Bevölkerungsdichte (Niederlande, Belgien) können eine wesentlich bessere Netzdichte vorweisen.[8]

Personen- und Gütertransport Bearbeiten

Je engmaschiger ein Verkehrsnetz ist, umso mehr Transportnachfrager oder Verkehrsteilnehmer werden von ihm berührt oder bedient.[9] Im Personentransport wird die Netzdichte durch den Liniennetzplan des öffentlichen Verkehrsnetzes bestimmt. Transportwege und Reisezeiten verkürzen sich für den Fahrgast, wenn die Netzdichte ein hohes Niveau erreicht.[10] Möglichst kurze Fahrzeiten sind ein wesentliches, vom Fahrgast wahrgenommenes Qualitätsmerkmal öffentlicher Verkehrssysteme.[11] Zur Netzdichte gehören im ÖPNV auch die Anzahl der Haltestellen und die Taktung.[12]

Im Gütertransport ist bei Absatzketten, Lieferketten, Transportketten und Vertriebsketten die Netzdichte der entscheidende Faktor für die Termintreue und Zuverlässigkeit von Lieferanten und Zulieferern.[13] Je höher die Netzdichte etwa einer Lieferkette ist, umso geringer ist das Transportrisiko einer Netzstörung und eines Lieferengpasses und umso besser ist die Lieferbereitschaft. Eine optimale Netzdichte führt zur Verringerung der Transportkosten.[14]

Wirtschaftliche Aspekte Bearbeiten

Die einzelnen Verkehrsträger weisen unterschiedliche Vor- und Nachteile im Hinblick auf die Transportmerkmale im Güterverkehr auf:[15]

Transportmerkmal Straßen-
verkehr
Schienen-
verkehr
Binnen-
schifffahrt
See
schifffahrt
Luftfracht Rohrleitungs-
transport
Transportzeit 2 4 3 2 3 2
Termintreue 2 3 3 3 2 2
Transportkosten 3 3 3 3 4 2
Flexibilität 2 4 4 3 3 4
Netzdichte 2 3 4 3 3 4

Wertung:
1 = sehr gut geeignet 2 = gut geeignet 3 = neutral 4 = weniger geeignet 5 = ungeeignet
Die Auswahl des richtigen Transportmittels hängt deshalb vom Transportgut und den Zielen des Auftraggebers ab. Der Rohrleitungstransport weist zwar nach dem Straßenverkehr die meisten positiven Merkmale auf, kann aber nicht für alle Transportgüter genutzt werden.

Beim kombinierten Verkehr geht mit einer Steigerung der Netzdichte die durchschnittliche Länge von Vorlauf- und Nachlaufrachten unterproportional zurück, und es gibt weniger Beförderungsbewegungen „gegen das Frachtgut“.[16][17]

In Funknetzen wie dem Mobilfunknetz wird die Netzdichte als Netzabdeckung bezeichnet.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Carl Pirath, Die Grundlagen der Verkehrswirtschaft, 1934, S. 27 ff.
  2. Carl Pirath, Die Grundlagen der Verkehrswirtschaft, 1934, S. 28
  3. Hans-Christian Pfohl, Logistiksysteme: Betriebswirtschaftliche Grundlagen, 2018, S. 364
  4. Carl Pirath, Die Grundlagen der Verkehrswirtschaft, 1934, S. 27 f.
  5. einschließlich nicht-asphaltierte Straßen
  6. The World Factbook — Central Intelligence Agency. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Juli 2017; abgerufen am 9. Dezember 2017 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cia.gov
  7. Hans-Christian Pfohl, Logistiksysteme: Betriebswirtschaftliche Grundlagen, 2018, S. 371
  8. Hans-Christian Pfohl, Logistiksysteme: Betriebswirtschaftliche Grundlagen, 2004, S. 354
  9. Curt Risch/Friedrich Lademann (Hrsg.), Der öffentliche Personennahverkehr, 1957, S. 33
  10. Christoph Möllers, Leistungsvergleich zwischen kommunalen und privaten Personennahverkehrsbetrieben in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, S. 74
  11. Lars Schnieder, Betriebsplanung im öffentlichen Personennahverkehr: Ziele, Methoden, Konzepte, 2015, S. 24
  12. Christoph Möllers, Leistungsvergleich zwischen kommunalen und privaten Personennahverkehrsbetrieben in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, S. 76
  13. Wolf-Rüdiger Bretzke, Logistische Netzwerke, 2010, S. 134
  14. Wolf-Rüdiger Bretzke, Logistische Netzwerke, 2015, S. 372
  15. Hans-Christian Pfohl/ChristianSchäfer, Analyse des Beschaffungsverhaltens von Industrie- und Handelsunternehmen zur Aufdeckung von Zeitpuffern im Beschaffungsentscheidungsprozess, 1998, S. 84
  16. darunter versteht der Spediteur-Jargon eine nicht durch die frachtrelevante Entfernung zwischen Absender und Empfänger gedeckte Transportrichtung.
  17. Wolf-Rüdiger Bretzke/Karim Barkawi, Nachhaltige Logistik, 2012, S. 224