Klassifikation nach ICD-10
Q80.8 Sonstige Ichthyosis congenita
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Das Netherton-Syndrom, richtiger Comèl-Netherton-Syndrom, ist eine seltene angeborene Hautkrankheit (Genodermatose) mit den Hauptmerkmalen einer Erythrodermie, Überempfindlichkeitsreaktion und Bambushaaren (Trichorrhexis invaginata).[1][2]

Synonyme sind: Bambushaar-Syndrom; lateinisch Erythroderma ichthyosiforme congenitum; Ichthyosis linearis circumfexa Rille-Comèl.

Die Bezeichnung bezieht sich auf den Erstautor der Erstbeschreibung aus dem Jahre 1949 durch den italienischen Dermatologen Marcell Comèl[3][4] und im Jahre 1958 durch den US-amerikanischen Dermatologen Earl Weldon Netherton (* 1893, † 1967).[5][6]

Verbreitung Bearbeiten

Die Häufigkeit wird mit 1 – 9 zu 1.000.000 angegeben, bislang sind weniger als 200 Patienten beschrieben worden. Die Vererbung erfolgt autosomal-rezessiv.[7]

Ursache Bearbeiten

Der Erkrankung liegen Mutationen im SPINK5-Gen im Chromosom 5 am Genort q32 zugrunde, welches für LEKTI, ein Serinproteasen-Inhibitor kodiert. Es kommt u. a. zu einer gestörten T-Zellenbildung und einem stark erhöhten Immunglobulin-E-Spiegel.[2][8]

Klinische Erscheinungen Bearbeiten

Klinische Kriterien sind:[1] Beginn bei oder kurz nach Geburt

Als Komplikationen können hyponatriämische Dehydratation, rezidivierende Infektionskrankheiten, Diarrhoe, ein Malabsorptionssyndrom und Superinfektionen mit Septikämie auftreten.

Diagnose Bearbeiten

Zur Diagnosesicherung kommt ein immunhistochemischer Nachweis des LEKTI-Mangel, besser der Nachweis der SPINK5-Mutationen infrage.

Differentialdiagnose Bearbeiten

Abzugrenzen sind das Peeling-Skin-Syndrom, andere kindliche Formen der Erythrodermie wie die Nichtbullöse kongenitale ichthyosiforme Erythrodermie, Erythrodermie bei Psoriasis, Atopisches Ekzem, Lamelläre Ichthyose, Immundefekt-Syndrome, Seborrhoische Dermatitis und Akrodermatitis enteropathica.[2][7]

Therapie Bearbeiten

Zur symptomatischen Behandlung wird die äußerliche Anwendung von Harnstoff, Milchsäure sowie Ammoniumlaktat und Tacrolimus empfohlen.[2]

Verlauf Bearbeiten

Die lebenslang bleibenden Haut- und Haarveränderungen schwächen sich im Verlauf ab, die Gedeihstörung geht zurück.[7]

Literatur Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Bernfried Leiber (Begründer): Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Hrsg.: G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7., völlig neu bearb. Auflage. Band 2: Symptome. Urban & Schwarzenberg, München u. a. 1990, ISBN 3-541-01727-9.
  2. a b c d Netherton-Syndrom Altmeyers Enzyklopädie
  3. Altmeyers Enzyklopaedie Comèl
  4. M. Comel: Ichthyosis linearis circumflexa. In: Dermatologica. Band 98, Nr. 3, 1949, S. 133–136, PMID 18152084.
  5. Altmeyers Enzyklopädie Netherton
  6. E. W. Netherton: A unique case of trichorrhexis nodosa; bamboo hairs. In: Archives of Dermatology. Band 78, Nr. 4, Oktober 1958, S. 483–487, PMID 13582191.
  7. a b c Netherton-Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  8. Netherton syndrome. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)