Marie Geistinger

österreichische Schauspielerin und Sängerin

Marie Charlotte Cäcilie Geistinger (* 26. Juli 1836 in Graz; † 29. September 1903 in Klagenfurt) war eine österreichische Schauspielerin und Opernsängerin (Sopran). Sie galt als „Die Königin der Operette“.

Marie Geistinger als Galathée in der Operette Die schöne Galathée von Franz von Suppè
Marie Geistinger und Alexander Girardi, 1894

Leben Bearbeiten

Marie Charlotte Cäcilie Geistinger war die Tochter pensionierter russischer Hofschauspieler: Vater Nikolaus Geistinger war ehemaliger Sänger am königlichen Deutschen Theater in St. Petersburg, Mutter Charlotte Geistinger (geb. Schreinzer-Gaßmann) eine gute Tragikerin. Am 28. Juli 1836 wurde Marie Geistinger in der Diözese Seckau getauft.[1]

1844, erst acht Jahre alt, debütierte sie in verschiedenen Kinderrollen in Graz. 1850 war ihr Debüt als Bäschen in einem Possenspiel Das war ich!, im Schwaiger-Theater[Anm. 1] in München. 1852 wurde Marie Geistinger an das Theater in der Josefstadt (Wien) berufen. Sie debütierte am 16. Juni 1852 in der zugehörigen Spielstätte Arena Hernals.[1]

Einige sehr erfolgreiche Jahre in Berlin, Hamburg und Riga folgten. 1865 holte sie Friedrich Strampfer an das Theater an der Wien, das sie von 1869 bis 1875 gemeinsam mit Maximilian Steiner leitete. Marie Geistinger genoss ungewöhnliche Anerkennung als Operettensängerin. Vor allem in Operetten von Jacques Offenbach und Johann Strauss (Sohn), aber auch von Karl Millöcker und Franz von Suppè, war sie oft zu hören. Als sie als Die schöne Helena in Wien auftrat, erregte sie durch ein von der Hüfte abwärts gespaltenes Kleid die Gemüter der Stadt.[2] In einigen Uraufführungen von Strauss-Operetten, so in Indigo – Strauss’ erster Operette von 1871 – sowie Die Fledermaus (1874), sang sie in Hauptrollen (Indigo: Fantasca, Fledermaus: Rosalinde).

1877 nahm die Geistinger ein dreijähriges Engagement in Leipzig an. In diesem Jahr entstand auch die sog. Geistinger-Sonate, die ihr die englische Komponistin Ethel Smyth, die damals in Leipzig u. a. bei Heinrich von Herzogenberg studierte, aufgrund großer Verliebtheit gewidmet hatte.[3][4][5] In den Jahren 1880 bis 1884 unternahm Marie Geistinger sieben sehr erfolgreiche Tourneen durch die USA, die vor allem auf das Engagement des aus Prag stammenden Theaterunternehmers Gustav Amberg (1844–1921),[6] von 1882 bis 1888 Direktor des Thalia Theatres in New York City, zurückgingen.[7] Während ihrer dreieinhalb Jahre in Amerika spielte sie insgesamt 826 Mal in 26 Städten in 44 verschiedenen Rollen.[8]

Zurück in Europa gastierte die Künstlerin wieder ausschließlich als Soubrette in zahlreichen deutschen Städten. Mitte der 1880er Jahre trat sie unter Carl von Tartatzy am Carltheater (Wien) ihr letztes festes Engagement an, das bis 1889 währte. Wegen eines Augenleidens von der Bühne zurückgezogen, lebte sie auf ihrem Besitz Schloss Rastenfeld in Kärnten, das sie 1893 an Carl Auer verkaufte.

Nach Besserung ihres Leidens kehrte sie an die Bühne zurück, trat im März 1898 im Carltheater auf, sang in Venedig in Wien, ging nach Berlin als Sensationsnummer des Wintergartens. Da sich ihre früheren Erfolge nicht mehr wiederholen ließen, zog sie sich in ihre am Lendkanal gelegene Villa in Klagenfurt, Schiffgasse 13 (heute: Tarviser Straße 26), zurück, wo sie, nach drei Jahren, am 29. September 1903 im 68. Lebensjahr an einem Herzleiden starb.[9]

Geistinger war Anfang Mai 1877 in Brünn mit dem Schauspieler August Müller-Kormann eine – nur kurz bestehende – Ehe eingegangen.

Ehrungen Bearbeiten

 
Grab von Marie Geistinger am Wiener Zentralfriedhof
  • 1928: Benennung der Geistingergasse in Wien-Döbling (19. Wiener Gemeindebezirk).[11]
  • 2007: Enthüllung einer Gedenktafel am Theater an der Wien (Millöckergasse 1).[12]

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Marie Geistinger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Johann Schwaiger († 16. März 1869 in München im 64. Lebensjahr) und dessen Neffe Max Schwaiger († 4. Juni 1880 in München im 64. Lebensjahr) verkauften ihre für die zwei von ihnen geführten (und zu schließenden) Theater (In der Au sowie Müllerstraße) aufrechten Konzessionen im Jahre 1863 an ein Komitee zum Bau eines neuen Volkstheaters, dem Actientheater. (Siehe: Zur Tagesgeschichte. (…) Der projektierte Bau eines neuen Volkstheaters in München (…). In: Wiener Zeitung, Morgenblatt, Nr. 131/1863, 11. Juni 1863, S. 771 Mitte. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/wrz). Noch im selben Jahr jedoch löste sich das Komitee bei Rücknahme vorliegender Aktienzeichnungen auf. Johann Schwaigers Volkstheater in der Au wurde von diesem noch bis zum 15. September 1865 geleitet. Das 1865 fertiggestellte Actientheater, an dessen Leitung Johann Schwaiger Interesse bekundet hatte, wurde unter der Direktion von Friedrich Engelken (1804–1879) im Oktober 1865 eröffnet. (Siehe: Theater und Kunst. (…) Das neue Actientheater München (…). In: Fremden-Blatt, Nr. 284/1865 (XIX. Jahrgang), 14. Oktober 1865, S. 5, unten rechts. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/fdb).

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Artikel in: Fremden-Blatt der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien / Fremden-Blatt und Tags-Neuigkeiten der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien / Fremden-Blatt / Fremden-Blatt mit Vedette / Fremden-Blatt mit militärischer Beilage Die Vedette, 16. Juni 1852, S. 5 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/fdb
  2. Adolf Lorenz: Ich durfte helfen. Mein Leben und Wirken. (Von Lorenz besorgte Übers. und Bearbeitung von My Life and Work. Charles Scribner’s Sons, New York) L. Staackmann Verlag, Leipzig 1936; 2. Auflage ebenda 1937, S. 261 f.
  3. Vgl. http://www.hmt-leipzig.de/hmt/bibliothek/hmtarchiv/ethel-smyth (Stand: 12. März 2015).
  4. http://mugi.hfmt-hamburg.de/Smyth/oper6e.html (Stand: 12. März 2015).
  5. Vgl. Ethel Smyth: Impressions that remained. New York: Alfred A. Knopf, 1946, S. 151–157. Als Digitalisat.
  6. Gustav Amberg. Aus: An Orgy of Operetta. The Thalia and Amberg Theaters, 1879–1893. In: John Koegel: Music in German Immigrant Theater. New York City, 1840–1940. (englisch). University of Rochester Press, Rochester 2009, ISBN 978-1-58046-215-0, S. 115–122. – Online.
  7. Kleine Chronik. (…) Marie Geistinger. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 14044/1903, 2. Oktober 1903, S. 5 Mitte. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  8. † Marie Geistinger. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 14042/1903, 30. September 1903, S. 5 Mitte. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  9. Theater und Kunst. Marie Geistinger – gestorben. In: Neues Wiener Journal, Nr. 3566/1903 (XI. Jahrgang), 1. Oktober 1903, S. 9, Mitte oben. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwj
  10. Hedwig Abraham: Bild des Grabdenkmals. In: viennatouristguide.at, abgerufen am 13. März 2017.
  11. Geistingergasse im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  12. Mariahilf: Gedenktafel für Marie Geistinger feierlich enthüllt (Memento vom 13. März 2017 im Internet Archive). In Rathauskorrespondenz vom 21. Juni 2007.