Mansen

finno-ugrisches Volk in Sibirien

Die Mansen (historische Bezeichnung „Wogulen“, Eigenbezeichnung Mansi, russisch Ма́нси, indekl.) sind ein nordöstlich des Ural ansässiges finno-ugrisches Volk. Viele der über 12.000 Personen betreiben traditionell Jagd und Fischfang. Rentierzucht ist nur noch wenig verbreitet. Die mansische Sprache gehört zu den besonders stark bedrohten Idiomen Sibiriens, einige ihrer Dialekte sind bereits erloschen.

Die Mansen leben hauptsächlich im Autonomen Kreis der Chanten und Mansen im Westen Sibiriens
Auf dem Bild sind links drei Russen, rechts zwei Mansen

Gemeinsam mit den ebenfalls ugrischsprachigen Chanten leben die Mansen im Autonomen Kreis der Chanten und Mansen in der historischen Region Jugorien, wobei ihre traditionellen Lebensweisen durch die rasante Industrialisierung dieser Gebiete bereits stark zurückgedrängt wurden. Politisch organisiert sind die Mansen gemeinsam mit anderen indigenen Völkern der Region in der Vereinigung zur Rettung der Jugra mit Sitz in Chanty-Mansijsk.

Die Mansi gehören zu den zahlenmäßig kleinen indigenen Völkern des Nordens, Sibiriens und des Fernen Ostens der Russischen Föderation, die durch die Vereinigung RAIPON vertreten werden.

Bevölkerungszahlen Bearbeiten

Mansi-Bevölkerung nach der Volkszählung von 2010[1]
Gesamt Männer Frauen
Gesamt 12269 5590 6679
Autonomer Kreis der Chanten und Mansen 10977 5027 5950
Oblast Tjumen 471 192 279
Oblast Swerdlowsk 251 127 124
Autonomer Kreis der Jamal-Nenzen 166 64 102
Republik Komi 8 4 4

Religion Bearbeiten

Der sogenannte „klassische Schamanismus“ war die ethnische Religion der Mansen. Der Ethnologe Klaus E. Müller spricht hier von „Komplexschamanismus“ und meint damit jene Formen, die durch Berührungen mit anderen Religionen und benachbarten Agrargesellschaften eine komplexe Ritualkultur entwickelt haben.[2] Bei den Mansen gab es verschiedene spirituelle Spezialisten, die für ihre Rituale Schamanentrommeln, andere Musikinstrumente oder Giftpilze verwendeten.

Obwohl die Mansen im 18. Jahrhundert formell zum Christentum bekehrt wurden, blieb der Schamanismus ihre traditionelle Religion.[3] Die Christianisierung hat bei vielen abgelegenen Völkern Sibiriens nur oberflächlich stattgefunden, so dass synkretistische Mischreligionen heute häufig sind.[4] Bei den Mansen finden sich zumindest noch vorchristliche Elemente im orthodoxen Glauben.[5]

Persönlichkeiten Bearbeiten

Ein vergleichsweise bekannter Vertreter der Mansi war der am 5. November 2011 verstorbene Schriftsteller Juwan Schestalow. Bis zur Perestroika gehörte Schestalow (ähnlich wie der deutlich bekanntere Tschuktsche Juri Rytchëu) zu den sowjettreuen Vertretern der „Nationalliteraturen“ der indigenen Völker des Nordens, die seit den 20er Jahren geschaffen worden waren, um die aufklärerische und fortschrittsbringende Wirkung der Sowjetunion zu demonstrieren. Mit dem Zusammenbruch des Kommunismus vollzog er eine scharfe Wendung hin zum Schamanismus und vertrat die These, die Mansen seien Nachkommen der antiken Sumerer, eine Überzeugung, die allerdings niemand mit ihm teilte.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. 19. РАЗМЕЩЕНИЕ НАСЕЛЕНИЯ КОРЕННЫХ МАЛОЧИСЛЕННЫХ НАРОДОВ РОССИЙСКОЙ ФЕДЕРАЦИИ. gks.ru, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. Oktober 2016; abgerufen am 5. Januar 2018 (russisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gks.ru
  2. Klaus E. Müller: Schamanismus. Heiler, Geister, Rituale. 4. Auflage, C. H. Beck, München 2010 (Originalausgabe 1997), ISBN 978-3-406-41872-3. S. 30–33, 41.
  3. Die Chanten und Mansen. (Memento vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive) Beitrag Radio Stimme Russlands vom 21. September 2010.
  4. Die kleinen Völker des hohen Nordens und fernen Ostens Rußlands. Gesellschaft für bedrohte Völker - Südtirol, Bozen 1998.
  5. Hartmut Motz: Sprachen und Völker der Erde – Linguistisch-ethnographisches Lexikon. 1. Auflage, Band 2, Projekte-Verlag Cornelius, Halle 2007, ISBN 978-3-86634-368-9. S. 227.