Lupanin (auch: 2-Oxospartein) ist eine tetracyclische, organische Verbindung aus der Gruppe der Chinolizidin-Alkaloide.

Strukturformel
Strukturformel von (+)-Lupanin
Struktur von (+)-Lupanin
Allgemeines
Name Lupanin
Andere Namen
  • rel-(7R,7aS,14R,14aR)-Dodecahydro-7,14-methano-2H,11H-dipyrido[1,2-a:1′,2′-e][1,5]diazocin-11-on (IUPAC)
  • 2-Oxospartein
  • Spartein-2-on
  • Hydrorhombinin (für L-Isomer)
Summenformel C15H24N2O
Kurzbeschreibung

Weißer, kristalliner Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 550-90-3 [(+)-Form]
  • 486-88-4 [(−)-Form]
  • 4356-43-8 [Racemat]
PubChem 91471
ChemSpider 82596
Wikidata Q27103558
Eigenschaften
Molare Masse 248,37 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt
  • 40 °C [(+)-Isomer][2]
  • 98–99 °C [Racemat][2][1]
Siedepunkt
  • 185–186 °C [(+)-Isomer][3]
  • 186–188 °C [(−)-Isomer][3]
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[4]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Historisches Bearbeiten

 
Die erstmalige Beschreibung von Lupanin erfolgte nach Extraktion aus den Samen der blauen Lupine

Der Name der Verbindung leitet sich von dem Vorkommen in der Gattung Lupinus her. Als die erstmalige Beschreibung der Substanz 1885 durch Max Hagen erfolgte, nannte er die von ihm gewonnene Substanz Lupanin, damit diese von bereits bekannten Substanzen Lupinin und Lupinidin unterschieden werden konnte. Die Extraktion erfolgte mittels salzsaurem Alkohol aus den Samen der blauen Lupine und anschließender Aufarbeitung mittels Kalilauge und Petrolether, wodurch die Verbindung als ein hellgelber honigartiger Sirup mit bitterem Geschmack erhalten wurde.[5][6]

Erstmals wurde die Verbindung 1956 synthetisiert.[7] Die erste enantioselektive Totalsynthese von (+)- und (−)-Lupanin erfolgte 2018 ausgehend von 2,4,6,8‐Tetraoxobispidin, welches ausgehend von Dimethylmalonat dargestellt wurde.[8]

Vorkommen Bearbeiten

Die Verbindung kommt natürlich in Fabaceae-Gattungen wie Lupinus, Genista und Cytisus vor, oftmals stellt die Verbindung das Hauptalkaloid in den Pflanzen dar. Weiterhin kommt die Substanz in einigen Arten aus der Gattung Leontice vor. Im Allgemeinen wird die Verbindung von einer Vielzahl an Nebenalkaloiden wie Spartein, Baptifolin und Anagyrin begleitet.[2] Die weiße Lupine enthält das Lupanin racemisch, während die blaue Lupine überwiegend das (+)-Enantiomer enthält. Der Lupanin-Anteil in Lupinensamen beträgt meist zwischen 50 und 70 % der Alkaloide, eine Ausnahme bildet die gelbe Lupine.[9]

Biosynthese Bearbeiten

Die Biosynthese von Lupanin erfolgt ausgehend von Lysin mittels der Lysin-Decarboxylase zum Cadaverin. Unter Umsetzung von Pyruvat zu Alanin werden drei Äquivalente Cadaverin über eine unbekannte Zwischenstufe zum Lupanin umgesetzt.[10] Das Auftreten von Lupanin anstatt Spartein und das Auftreten von Hydroxylupanin statt Lupanin wird vermutlich über ein dominantes Gen gesteuert.[5]

Gewinnung und Darstellung Bearbeiten

Die Substanz wird üblicherweise in einer Soxhlet-Extraktion aus Lupinensamen mittels organischer Lösungsmittel wie n-Hexan oder Petrolether gewonnen. Das derartig gewonnene (±)-Lupanin kann mittels Racematspaltung in die Enantiomere aufgetrennt werden, die hierzu genutzte Umkristallisation diastereomerer Salze kann mit enantiomerenreiner 2,3-Dibenzoylweinsäure erfolgen.[1]

Alternativ kann die Substanz nach den zuvor genannten Synthesewegen dargestellt werden. Für die enantioselektive Synthese von (−)-Lupanin wird 2,4,6,8‐Tetraoxobispidin in einer Mitsunobu-Reaktion mit (1S)-1-Phenylethanol umgesetzt, gefolgt von einer zweistufigen diastereoselektiven Reduktion. Der chirale Auxiliar wird in einer Birch-Reduktion entfernt und das bicyclische Zwischenprodukt in einer mehrstufigen α,N-Anellierung zu einem neuen tricyclischen Zwischenprodukt umgesetzt. Dieses wird mit Natriumborhydrid reduziert und in einer Hosomi-Sakurai-Reaktion allyliert, wobei die Boc-Schutzgruppe entfernt wird. Nach erneuter N-Allylierung findet eine durch den Grubbs II-Katalysator katalysierte Ringschlussmetathese statt, wodurch nach Hydrierung die Zielverbindung (−)-Lupanin erhalten wird.[8]

 
Reaktionsschema für die enantioselektive Darstellung von (−)-Lupanin.svg

Eigenschaften Bearbeiten

Pharmakogolisch wurden anti-arrhythmische, hypotensive und hypoglykämische Wirkungen beschrieben.[2] Der spezifische Drehwinkel beträgt in einer knapp 3%igen Acetonlösung [α]D = ±61°[2] bzw. [α]D20 = ±81,2° für eine 1 M Ethanollösung. Das (+)-2,3-Dibenzoyl-D-tartat von (−)-Lupanin kristallisiert in der tetragonalen Raumgruppe P43 (Raumgruppen-Nr. 78)Vorlage:Raumgruppe/78 mit den Gitterkonstanten a = 10,906 Å, c = 27,233 Å und Z = 4.[1]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d Anna K. Przybył, Maciej Kubicki: Simple and highly efficient preparation and characterization of (−)-lupanine and (+)-sparteine. In: Tetrahedron. Band 67, Nr. 40, August 2011, S. 7787–7793, doi:10.1016/j.tet.2011.07.080.
  2. a b c d e f g Eintrag zu Lupanin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 3. April 2019.
  3. a b George Roger Clemo, Richard Raper, Charles Robert Sydney Tenniswood: The Lupin Alkaloids. Part III. In: Journal of the Chemical Society. Band 0, 1931, S. 429–437, doi:10.1039/JR9310000429.
  4. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  5. a b Dieter Heß: Biochemische Genetik. Eine Einführung unter besonderer Berücksichtigung höherer Pflanzen. Springer Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-85766-9, Kap. 6, S. 106–109 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 4. April 2019]).
  6. Max Hagen: Ueber das Lupanin, ein Alaloïd aus dem Samen der blauen Lupine, Lupinus angustifolius. In: Justus Liebigs Annalen der Chemie. Band 230, Nr. 3, S. 367–384, doi:10.1002/jlac.18852300308.
  7. G. R. Clemo, R. Raper, J. C. Seaton: The lupin alkaloids. Part XVI. The synthesis of externally compensated lupanine. In: Journal of the Chemical Society. Band 0, 1956, S. 3390–3394, doi:10.1039/JR9560003390.
  8. a b Dagmar Scharnagel, Jessica Goller, Nicklas Deibl, Wolfgang Milius, Matthias Breuning: The Enantioselective Total Synthesis of Bisquinolizidine Alkaloids: A Modular “Inside‐Out” Approach. In: Angewandte Chemie International Edition. Band 57, Nr. 9, Januar 2018, S. 2432–2435, doi:10.1002/anie.201712852 (Open Access).
  9. Michael Wink: Methoden zum Nachweis von Lupinen-Alkaloiden. (uni-heidelberg.de [PDF; 958 kB; abgerufen am 4. April 2019]).
  10. Gerhard Richter: Stoffwechselphysiologie der Pflanzen. Physiologie und Biochemie des Primär- und Sekundärstoffwechsels. Georg Thieme Verlag, 1998, ISBN 978-3-13-442006-7, Kap. 12, S. 517–518 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 4. April 2019]).