Kompakter Operator

Art von Operator

Kompakte Operatoren zwischen zwei Banachräumen sind in der Funktionalanalysis, einem der Teilgebiete der Mathematik, spezielle Operatoren, die ihren Ursprung in der Theorie der Integralgleichungen haben. Man spricht auch von kompakten Abbildungen anstatt von kompakten Operatoren und unterscheidet lineare von nichtlinearen Operatoren.

Theorie linearer kompakter Operatoren Bearbeiten

Definition Bearbeiten

Eine lineare Abbildung   von einem Banachraum   in einen Banachraum   heißt kompakter Operator, wenn eine der folgenden äquivalenten Eigenschaften erfüllt ist:

  • Der Operator   bildet jede beschränkte Teilmenge von   auf eine relativ kompakte Teilmenge von   ab.
  • Das Bild der offenen (oder der abgeschlossenen) Einheitskugel in   ist relativ kompakt in  .
  • Jede beschränkte Folge   in   besitzt eine Teilfolge  , sodass   konvergiert.

Die Menge der linearen, kompakten Operatoren   wird hier mit   bezeichnet.

Stetigkeit Bearbeiten

Weil das Bild der Einheitskugel relativ kompakt und somit beschränkt ist, folgt, dass jeder lineare kompakte Operator automatisch ein beschränkter Operator und somit stetig ist.

Beispiele Bearbeiten

  • Ein stetiger linearer Operator von endlichem Rang, das heißt ein Operator mit endlichdimensionalem Bild, ist kompakt.
  • Hilbert-Schmidt-Operatoren und Spurklasse-Operatoren sind immer kompakt.
  • Die Identität auf einem Banachraum ist genau dann kompakt, wenn der Banachraum endlichdimensional ist. Dies folgt aus der Tatsache, dass die Einheitskugel genau dann relativkompakt ist, wenn der Banachraum endlichdimensional ist. Vergleiche dazu Kompaktheitssatz von Riesz.

Eigenschaften Bearbeiten

  • Ist   vollständig, so ist auch   ein Banachraum. Das heißt, für kompakte Operatoren   und einen Skalar   sind die Operatoren   und   kompakt. Außerdem konvergiert jede Cauchy-Folge   bezüglich der Operatornorm gegen einen linearen kompakten Operator  .
  • Der lineare Operator   ist genau dann kompakt, wenn zu jeder beschränkten Folge   in   eine Teilfolge von   existiert, die in   konvergiert. Kompakte Operatoren bilden also beschränkte Folgen auf Folgen mit konvergenten Teilfolgen ab. Ist   unendlichdimensional, gibt es beschränkte Folgen, die keine konvergenten Teilfolgen besitzen. Somit können kompakte Operatoren Konvergenzeigenschaften „verbessern“.
  • Seien  ,  ,   und   normierte Räume,   ein kompakter Operator,   und   beschränkte Operatoren. Dann ist auch   kompakt.
  • Insbesondere ist die Menge aller kompakten Operatoren eines Hilbertraumes   ein selbstadjungiertes abgeschlossenes Ideal in der C*-Algebra aller beschränkten linearen Operatoren auf  .

Satz von Schauder Bearbeiten

Der folgende Satz ist nach Juliusz Schauder benannt. Seien   und   Banachräume. Dann ist ein linearer Operator   genau dann kompakt, wenn der adjungierte Operator   kompakt ist.[1]

Approximationseigenschaft Bearbeiten

Ist   ein linearer Operator zwischen den Banachräumen   und   und existiert eine Folge stetiger linearer Operatoren mit endlichdimensionalem Bild, die gegen   konvergiert, so ist   kompakt. Die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht, sondern nur dann, wenn   die sogenannte Approximationseigenschaft besitzt. Viele der häufig benutzten Banachräume haben allerdings diese Approximationseigenschaft, so zum Beispiel  ,   oder   mit  , sowie alle Hilberträume.

Spektraltheorie kompakter Operatoren auf Banachräumen Bearbeiten

Sei   ein Banachraum und   ein kompakter Operator. Mit   wird das Spektrum des Operators   bezeichnet. Ist der Raum   zusätzlich unendlichdimensional, so gilt   und die eventuell leere Menge   hat höchstens abzählbar viele Elemente. Insbesondere ist   der einzig mögliche Häufungspunkt von  .

Jedes   ist ein Eigenwert von   und der zugehörige Eigenraum   ist endlichdimensional. Außerdem existiert eine topologisch direkte Zerlegung   mit   und  , wobei   endlichdimensional ist und   umfasst, sowie   ein Isomorphismus von   auf   ist. Diese Zerlegung heißt Riesz-Zerlegung und ist nach dem Mathematiker Frigyes Riesz benannt, der große Teile der Spektraltheorie (kompakter) Operatoren erforscht hat.

Spektralzerlegung normaler kompakter Operatoren auf Hilberträumen Bearbeiten

Ist   ein kompakter normaler Operator auf einem Hilbertraum  , dann existiert für den Operator eine Spektralzerlegung. Das heißt, es existiert ein Orthonormalsystem   sowie eine Nullfolge   in  , so dass

 

für alle   gilt. Die   sind für alle   die Eigenwerte von   und   ist ein Eigenvektor zu  .

Falls zusätzlich   selbstadjungiert ist, das heißt  , dann sind alle Eigenwerte reell. Falls   zusätzlich positiv ist, das heißt   für alle  , dann sind alle Eigenwerte positiv reell.

Spektralzerlegung allgemeiner kompakter Operatoren auf Hilberträumen Bearbeiten

Ist allgemeiner   ein kompakter Operator auf den Hilberträumen   und  , dann kann man das obige Resultat auf die beiden Operatoren   und   anwenden (dabei ist für einen Operator   der Betrag   ein positiver (und daher selbstadjungierter) Operator, für den   ist; dieser Operator existiert stets und er ist eindeutig).

Man erhält dann Orthonormalsysteme   von   und   von   sowie eine Nullfolge   in  , so dass

 

  und

 

für alle   gilt.

Ähnlich wie oben sind dann   die Eigenwerte von   und  ,   die Eigenvektoren von   und   die Eigenvektoren von  .

Anwendung Bearbeiten

Sei   kompakt mit echt positivem Lebesgue-Maß und   stetig auf  . Dann ist der durch

 

definierte Fredholmsche Integraloperator ein linearer kompakter Operator. Diese Aussage lässt sich mit Hilfe des Satzes von Arzelà-Ascoli beweisen.[2]

Viele Sätze zur Lösbarkeit von Integralgleichungen, wie die Fredholmsche Alternative, setzen einen kompakten Operator voraus.

Schmidt-Darstellung und die Schatten-Klasse Bearbeiten

Seien   und   Hilberträume und   ein kompakter Operator. Dann existieren abzählbare Orthonormalsysteme   von   und   von   sowie Zahlen   mit  , so dass

 

für alle   gilt. Diese Darstellung des kompakten Operators nennt man Schmidt-Darstellung und die Zahlen   sind im Gegensatz zu den Orthonormalsystemen eindeutig bestimmt und heißen singuläre Zahlen. Gilt   für  , so sagt man, dass   in der p-ten Schatten-Klasse liegt. Ist  , so heißen die Operatoren nuklear, und ist  , so handelt es sich um einen Hilbert-Schmidt-Operator. Auf der Menge der Hilbert-Schmidt-Operatoren kann im Gegensatz zu den anderen Schatten-Klassen auf natürliche Weise eine Hilbertraumstruktur definiert werden.

Vollstetige Operatoren Bearbeiten

Seien   und   Banachräume,   ein Operator. Dann heißt   vollstetig, falls für jede in   schwach konvergente Folge   die Bildfolge   in   normkonvergent ist. Kompakte Operatoren sind vollstetig. Ist   reflexiv, so ist auch jeder vollstetige Operator kompakt.[3]

Nichtlineare kompakte Operatoren Bearbeiten

Definition Bearbeiten

Seien   und   normierte Räume,   ein Operator. Dann heißt   kompakt, falls   stetig ist und das Bild jeder beschränkten Menge   in   eine relativkompakte Teilmenge von   ist. Die Menge der kompakten Operatoren wird hier mit   bezeichnet.

Man beachte, dass hier die Stetigkeit nicht wie im linearen Fall automatisch folgt, sondern explizit gefordert werden muss.

Approximation durch Operatoren mit endlichdimensionalem Bild Bearbeiten

Seien   und   normierte Räume und   eine beschränkte abgeschlossene Teilmenge. Mit   wird der Raum der kompakten Operatoren  , deren Bild   in einem endlichdimensionalen Untervektorraum von   enthalten ist, bezeichnet. Sei   ein kompakter Operator, dann existiert zu jedem   ein kompakter Operator  , so dass

 

gilt. Das heißt, der Raum   liegt bezüglich der Supremumsnorm   dicht im Raum   der kompakten Operatoren. Ist   ein Banachraum, so gilt auch die Umkehrung. Das heißt, eine Folge von Operatoren aus  , die bezüglich der Supremumsnorm konvergiert, hat als Grenzwert einen kompakten Operator. Also ist insbesondere der Raum   der kompakten Operatoren mit beschränktem   vollständig.[4]

Man beachte, dass eine Approximation dieser Art immer möglich ist und nicht wie im oben geschilderten linearen Fall voraussetzt, dass der beteiligte Banachraum die Approximationseigenschaft hat.

Fixpunkttheorie Bearbeiten

Viele nichtlineare Differential- und Integralgleichungen kann man kurz als Gleichung   schreiben, wobei   ein kompakter Operator ist. Für solche nichtlinearen Probleme existiert keine umfassende Lösungstheorie. Eine Möglichkeit, um die Gleichung auf Lösungen zu untersuchen, ist die Fixpunkttheorie. In diesem Zusammenhang sind zum Beispiel der Fixpunktsatz von Schauder oder die Leray-Schauder-Alternative zentrale Hilfsmittel, die die Existenz von Fixpunkten garantieren. Außerdem lässt sich zeigen, dass falls   abgeschlossen und beschränkt ist, die Menge der Fixpunkte eines kompakten Operators kompakt ist.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Dies ist – neben anderen wie etwa dem Satz von Schauder-Mazur – einer von zahlreichen Sätzen, die Juliusz Schauder zuzurechnen sind.
  2. Dirk Werner: Funktionalanalysis, Springer-Verlag, Berlin, 2005, ISBN 3-540-21381-3, S. 70
  3. John B. Conway: A Course in Functional Analysis. 2. Auflage. Springer, ISBN 0-387-97245-5, VI, §3
  4. Klaus Deimling: Nonlinear Functional Analysis. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1985, ISBN 3-540-13928-1, Seite 55.