Karl I. (Liechtenstein)

Fürst von Liechtenstein

Karl I. von Liechtenstein (* 1569 vermutlich in Feldsberg; † 12. Februar 1627 in Prag[1]) stammte aus dem Haus Liechtenstein, das zu den ältesten Adelsfamilien Österreichs zählt und seinen Namen von der Stammburg Liechtenstein bei Mödling in Niederösterreich ableitet. Er wurde als Protestant 1592 Kämmerer des Erzherzogs Mathias von Österreich, konvertierte jedoch 1599 zum Katholizismus. Dadurch wurde in der Folge Oberstlandrichter von Mähren und Obersthofmeister von Kaiser Rudolf II., seit 1604 war er Landeshauptmann in Mähren und wurde 1608 in den Fürstenstand erhoben. Im Bruderzwist zwischen Rudolf und Matthias schlug er sich auf Seite des letzteren. Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges übernahm er als böhmischer Statthalter für Kaiser Ferdinand II. nach dem Sieg in der Schlacht am Weißen Berg eine bedeutende, aber umstrittene Rolle in der Bestrafung der aufständischen böhmischen Stände.[2]

Karl I. von Liechtenstein

Leben Bearbeiten

Er war der Sohn von Hartmann II. von Liechtenstein-Feldsberg (1544–1585) und dessen Gattin Anna Maria von Ortenburg (1547–1601), Enkeltochter des Reichsgrafen Ulrich II. von Ortenburg.[3]

Karl von Liechtenstein wurde zusammen mit Karl von Žerotín in Basel und Genf im evangelisch-lutherischen Glauben erzogen, konvertierte jedoch im Jahre 1599, wie seine beiden Brüder Maximilian und Gundaker[4], zum Katholizismus. Auf diese konfessionelle Neuorientierung hin berief ihn Kaiser Rudolf II. als Obersthofmeister an seinen Hof in Prag. An dieses Amt gekoppelt war der Vorsitz des Geheimen Rates, dem er bis 1607 angehörte.

Im Dienste Erzherzogs Mathias Bearbeiten

Im habsburgischen Bruderzwist zwischen Kaiser Rudolf II. und Erzherzog Matthias schloss Karl von Liechtenstein sich der Seite des Erzherzogs an und übernahm eine führende Rolle im Putsch des Erzherzogs gegen den Kaiser.[5] Der zum König von Ungarn gewählte Matthias erhob ihn dafür Ende 1608 in den erblichen Fürstenstand. In seiner Politik und seinem Durchsetzungsvermögen als Berater des Matthias rivalisierte er mit Melchior Khlesl, Bischof von Wien, der sich letztlich gegen Liechtenstein durchsetzte.[6]

Am 4. Januar 1614 wurde Karl mit dem oberschlesischen Herzogtum Troppau (Opava) belehnt, am 28. April stellte er den Revers für den erhaltenen Lehensbrief aus. Damit besaß er nicht nur die Fürstenwürde, sondern war auch mit Sitz und Stimme am schlesischen Fürstentag vertreten.[7]

Tätigkeit während des Ständeaufstands Bearbeiten

Während des Aufstandes der evangelisch-lutherischen Standesherren, dem Ständeaufstand in Böhmen zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges, unterstützte Fürst Karl I. und seine Brüder den Kaiser Ferdinand II. von Habsburg, was den Verlust fast des gesamten Familienbesitzes in Schlesien und Mähren zur Folge hatte.[8]

Der Ständeaufstand ereilte ihn in Brünn. Er, der als Parteigänger der Habsburger bekannt war, fürchtete, dass er zu einem Kompromiss mit den Aufständischen gezwungen werden könnte oder sie ihn ins Gefängnis werfen würden. Zur rechten Zeit gelang ihm die Flucht aus Mähren nach Wien.[9] Die mährischen Stände schritten erst nach einer gewissen Zeit zur Konfiskation seiner Güter und verwiesen ihn (in der aktuellen Lage eher symbolisch) des Landes, das er bereits verlassen hatte. Vorgeworfen wurden ihm der Weggang aus dem Land, sein Nichterscheinen vor dem aufständischen Landtag, die Weigerung, der Konföderation beizutreten und das Nichtablegen des geforderten Eids.[10]

Zusammen mit seinem Bruder Maximilian nahm Karl als kaiserlicher Bevollmächtigter an der Schlacht am Weißen Berg teil, in der die böhmischen Aufständischen entscheidend besiegt wurden.[8]

Tätigkeit als Statthalter in Böhmen Bearbeiten

Nach dem Sieg am Weißen Berg Prag bestellte Kaiser Ferdinand II. Liechtenstein zu seinem „subdelegirten commissarius“ und Stellvertreter in Prag, um die habsburgische Herrschaft im Land wiederherzustellen.[8] Vom 22. November 1620 datierte sein erstes Schreiben an den Kaiser in seinem neuen Amt als Verwalter Böhmens. Nachdem es Liechtenstein gelungen war, wenigstens die schlimmsten Ausschreitungen des kaiserlichen Heeres einzudämmen, ging er daran, das Münzwesen neu zu ordnen.[11]

Karl leitete auch die Festnahme und am 21. Juni 1621 schließlich die Exekution der Aufständischen am Altstädter Ring in Prag. Am 17. November 1622 wurde er vom Kaiser zum ordentlichen Statthalter und Vizekönig von Böhmen bestellt, ein Amt, das er bis zu seinem Tode 1627 innehatte.[8] 1623 wurde er mit dem Herzogtum Jägerndorf belehnt. Sein sozialer Aufstieg setzte sich fort.

Karl Fürst von und zu Liechtenstein erhielt als Erster seiner Familie den Orden vom Goldenen Vlies. Des Weiteren legitimierte der Kaiser zur Begleichung der Kreditschulden, welche er bei Karl von Liechtenstein hatte, dessen Annexion von sogenannten „Rebellengütern“, enteigneter Landgebieten der ehemaligen Standesherren, was den fürstlichen Landbesitz enorm erweiterte.

 
Palais Liechtenstein am Kleinseitner Ring in Prag

Karl von Liechtenstein beteiligte sich am Prager Münzkonsortium, einer für ihn und andere Gesellschafter sehr vorteilhaften finanziellen Aktion, aus der jedoch eine Münzverschlechterung und in deren Folge eine Inflation resultierte. In der Notsituation kam es zu einer Hungersnot und vielen Gewalttaten, die Zeit galt als schlimme Periode in der Geschichte Böhmens. In den Jahren von 1620 bis 1627 bewohnte der Fürst das Liechtenstein-Palais am Kleinseitner Ring in Prag, das aus fünf Häusern bestand, welche er zu einem Palais mit einheitlicher Fassade umbauen ließ.

Bei der großangelegten Verteilung der sogenannten „Rebellengüter“ an Parteigänger des Kaisers profitierte Liechtenstein als böhmische Statthalter. Noch größere Gewinne als in Böhmen machte er in Mähren: Dort schenkte ihm Kaiser Ferdinand II. 1622 für seine Treue und seine geleisteten Dienste die – großteils dem Landeshauptmann Ladislaus Velen von Žerotín konfiszierten – Herrschaften Mährisch Trübau (Moravská Třebová) und Hohenstadt (Zábřeh), das Gut Goldenstein (Koldštýn) sowie die Städte Neustadt (Uničov) und Mährisch-Schönberg (Šumperk).[12] Der Wert dieser Herrschaften wurde auf 600.000 Gulden geschätzt.[13] Nach Franz Josef von Liechtenstein kamen diese Gebiete für die Tilgung von Krediten, die Karl den Kaisern Matthias und Ferdinand gewährt hatte, in den Besitz von Liechtenstein.[14]

Zusammen mit dem Boskowitzer Erbe seiner Frau in Mährisch-Aussee (Úsov) hatte er sich mit diesen Erwerbungen ein ausgedehntes Herrschaftsgebiet in Nordmähren geschaffen.[13] Bereits 1606, also lange vor seinem Ableben, regelte Karl testamentarisch die Erbfolge im Fürstentum so, dass sein ältester Sohn der nächste Fürst werde und Karls Brüder ausbezahlt werden sollten. Sein Grab befindet sich in der Gruft des Hauses Liechtenstein im Paulanerkloster Vranov (Mähren).

 
Grab Karls I. von Liechtenstein in der Fürstengruft in Vranov

Familie Bearbeiten

1592 heiratete er Anna Maria von Boskowitz und Černahora, eine der beiden Erbtöchter von Johann von Boskowitz und Černahora, genannt Šembera (gest. 1597), Karls Schwiegervater war ohne männliche Nachkommen und das reiche Erbe dieser uradeligen mährischen Familie fiel damit an seine Töchter Anna Maria und ihre Schwester Katharina. Karls Bruder Maximilian heiratete 1597 Anna Marias Schwester Katharina. Černahora (Černá Hora) und Mährisch Aussee (Úsov) fielen infolge dieser Eheschliessungen (und der zuvor in der Familie Boskowitz erfolgten Erbteilungen) nach Überwindung mancher Schwierigkeiten an Karl, Butschowitz, Nowihrad (Novy Hrad) und Posorschitz (Pozořice) an Maximilian.[15]

Der Ehe entstammten die Kinder

  1. Heinrich (jung verstorben, nach 1612).
  2. Anna Maria (1597–1638) ⚭ Maximilian II. von Dietrichstein-Nikolsburg (1596–1655).
  3. Franziska Barbara (1604–1655) ⚭ Werner T’Serclaes von Tilly (1599–1653).
  4. Karl Eusebius (1611–1684), ⚭ Johanna Beatrix von Dietrichstein-Nikolsburg (1626–1676).

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. [1] Geburts- und Sterbeort nach NDB
  2. Herbert Haupt: Liechtenstein, Karl I. von. In: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein
  3. Genealogische Seite zu Anna Maria von Ortenburg
  4. Geschichte des Hauses Liechtenstein (Memento vom 23. Dezember 2007 im Internet Archive), abgerufen am 7. Juli 2010.
  5. Michael Haberer: Kardinal Khlesl: Der Richelieu des Kaisers. Bod, Norderstedt 2022, ISBN 978-3-7543-0315-3, S. 245, 247 f.
  6. Michael Haberer: Kardinal Khlesl: Der Richelieu des Kaisers. Bod, Norderstedt 2022, ISBN 978-3-7543-0315-3, S. 275, 333.
  7. Arthur Stögmann: Karl I. von Liechtenstein und die Politik in den böhmischen Ländern S. 71
  8. a b c d Herbert Haupt: Liechtenstein, Karl I. Fürst von und zu. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 515–517 (Digitalisat).
  9. Tomáš Knoz: Die Rolle Karls I. von Liechtenstein. S. 134
  10. Tomáš Knoz: Die Rolle Karls I. von Liechtenstein. S. 135
  11. Arthur Stögmann: Karl I. von Liechtenstein und die Politik in den böhmischen Ländern S. 75
  12. Arthur Stögmann: Karl I. von Liechtenstein und die Politik in den böhmischen Ländern (ca. 1590 bis 1627) S. 83
  13. a b Arthur Stögmann: Karl I. von Liechtenstein und die Politik in den böhmischen Ländern (ca. 1590 bis 1627) S. 84
  14. Liechtenstein, Franz Josef Fürst von und zu: Meine Familie in Mähren-Schlesien In: Mährisch-Schlesische Heimat. Vierteljahresschrift für Kultur und Wirtschaft Heft 10/2, 1965, S. 86.
  15. Arthur Stögmann: Karl I. von Liechtenstein und die Politik in den böhmischen Ländern S. 68
VorgängerAmtNachfolger
Fürst von Liechtenstein
1608–1627
Karl Eusebius von Liechtenstein
Johann Georg von Brandenburg-JägerndorfHerzog von (Troppau-)Jägerndorf
1623–1627
verschmolzen mit dem Titel des
Fürsten von Liechtenstein