Als Kanzellettner werden Lettner bezeichnet, die in erster Linie als Predigtstätte dienen.

Kanzellettner von 1526 im Grossmünster in Zürich
Kanzellettner in St. Peter in Zürich

Geschichte Bearbeiten

Der Lettner diente im katholischen Kirchenbau des Mittelalters der Abschrankung zwischen dem Laienschiff und dem Chorraum, welcher der Priesterschaft, bzw. im Kloster den Ordensbrüdern und -schwestern vorbehalten war. Dabei konnten die Lettner durchaus auch als Predigtstätte dienen, wie der spätromanische Lettner der Klosterkirche Wechselburg zeigt, dem sogar eine Kanzel vorgelagert ist.

Kanzellettner haben dagegen eine diametral andere Funktion: Sie entstanden im Zuge der Reformation in protestantischen Kirchen, insbesondere reformierter Konfession. Der Chorraum als vom Laienschiff entrückter Raum der Priesterschaft zur Zelebration der Heiligen Messe wurde von den Reformatoren als überflüssig erachtet. Da die Wortpredigt in der reformierten Liturgie im Zentrum stand, sollte die Kanzel als Predigtort entsprechend im Mittelpunkt positioniert sein. Dazu kommt die Gewichtung des Allgemeinen Priestertums, das auf der theologisch-konzeptuellen Ebene die Distanz zwischen Pfarrer und Laienvolk verringerte. Solche liturgischen und theologischen Erwägungen führten zur Installation von Kanzellettnern vor dem Chorbogen reformierter Kirchenbauten, die aus dem Mittelalter stammten. Als frühestes Beispiel kann der 1526 erbaute Kanzellettner in Huldrych Zwinglis Pfarrkirche, dem Zürcher Grossmünster gelten. Im 19. Jahrhundert wurden die Kanzellettner zum Teil wieder entfernt.

Nachreformatorische Kirchenbauten mit Chor und Kanzellettnern sind ausgesprochen selten. Ein Beispiel ist die vom bedeutendsten reformierten Architekturtheoretiker Leonhard Christoph Sturm ausgestaltete Schelfkirche in Schwerin.

Beispiele (Auswahl) Bearbeiten

Ähnliche Formen Bearbeiten

Sehr verbreitet waren hölzerne Abschrankungen des Kirchenraums mit vorgelagerten Kanzeln im reformierten Kirchenbau des Barocks in den Niederlanden.

Bei den Kirchenbauten des Wiesbadener Programms befindet sich die Kanzel an einer Kanzelwand, die den Kirchenraum von dahinter liegenden Gemeinderäumen abtrennt.

Literatur Bearbeiten

  • Georg Germann: Der protestantische Kirchenbau in der Schweiz, Zürich 1963, S. 148–150.
  • Heinrich Schneider: Entdeckungsreise. Reformierter Sakralbau in der Schweiz, Zürich 2000.
  • Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich. Neue Ausgabe Band 3, 1: Die Stadt Zürich, Altstadt rechts der Limmat, Sakralbauten, Bern 2007, S. 146–147.
  • Beat Frei: Wetzikon. Eine Geschichte, Wetzikon 2001, S. 93.