Johann Schwenn

deutscher Rechtsanwalt und Strafverteidiger

Johann Schwenn (* 1947) ist ein deutscher Strafverteidiger.

Johann Schwenn (2011)

Leben Bearbeiten

Johann Schwenn ist in Hamburg-Blankenese aufgewachsen, als Sohn eines Jura-Professors und einer Amtsrichterin.[1] Er studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Lyon, Tübingen und Hamburg. 1977 ließ er sich in Hamburg als Rechtsanwalt und Strafverteidiger nieder. Er leistete zahlreichen prominenten Mandanten als Verteidiger oder Nebenklägervertreter Beistand. Zu seinen Mandanten zählten Personen der Zeitgeschichte wie Markus Wolf,[2] Marion Gräfin Dönhoff, Karl Koch[3], Peter-Jürgen Boock,[4] Wolf Biermann, Gregor Gysi, Jan Philipp Reemtsma,[5] Jan Ullrich,[6] Thomas Springstein[7] und der ehemalige VW-Betriebsratsvorsitzende Klaus Volkert.[8]

Von 2009 bis 2010 wirkte Schwenn als Verteidiger des irrtümlich wegen Vergewaltigung verurteilten Ralf Witte an der Aufklärung eines Justizirrtums mit. Witte kontaktierte per E-Mail den ebenfalls wegen mutmaßlicher Vergewaltigung angeklagten TV-Wettermoderator Jörg Kachelmann und empfahl ihm Schwenn als Verteidiger.[9] Kachelmann wechselte auf diese Empfehlung hin seinen Strafverteidiger, so dass Schwenn diesen von Ende November 2010 bis Mai 2011 vor dem Landgericht Mannheim im Kachelmann-Prozess verteidigte,[10] nachdem er bereits zuvor diesen Prozess publizistisch kommentiert hatte.[11] Er löste damit die Anwälte Reinhard Birkenstock und Klaus Schroth ab. Der Prozess gegen Kachelmann endete am 31. Mai 2011 mit einem Freispruch,[12] das Urteil ist rechtskräftig.[13]

Schwenn gilt als besonders streitbarer Verteidiger[14] und machte sich darüber hinaus durch Wiederaufnahmeverfahren einen Namen. So erreichte er unter anderem die Wiederaufnahme im Fall von Adolf S. und Bernhard M., ebenso wie von Herbert Becker und Dieter Gill.

Im Juni 2020 wurde bekannt, dass Schwenn gemeinsam mit dem Kieler Strafverteidiger Friedrich Fülscher die Verteidigung des Verdächtigen im Vermisstenfall Madeleine McCann übernommen hat.[15]

Schwenn ist mit den beiden Strafverteidigern Leon Kruse und Yves Georg in der gemeinsamen Sozietät Schwenn Kruse Georg Rechtsanwälte verbunden.

Veröffentlichungen Bearbeiten

  • Pflichtverteidigung im Vollstreckungsverfahren?. In: StV. 1981, S. 203.
  • Anmerkung zu BGH, Beschl. v. 31. März 1981 – 5 StR 717/80 (zusammen mit Gerhard Strate), In: StV. 1981, S. 223.
  • Was wird aus dem Beweisantrag?. In: StV.1981, S. 631.
  • Anmerkung zu BGH, Urt. v. 22. Februar 1983 – 5 StR 877/82 (zusammen mit Gerhard Strate), In: StV. 1983, S. 151.
  • Straferwartung – ein Haftgrund?. In: StV. 1984, S. 132.
  • Was wird aus dem Fragerecht?. In: StraFo. 2008, S. 225.
  • Die Pest unserer Tage. In: Cicero, Heft 12/2010, S. 76. Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttp%3A%2F%2Fwww.cicero.de%2Fberliner-republik%2Fkachelmann-prozess-die-pest-unserer-tage%2F41378~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  • Fehlurteile und ihre Ursachen – die Wiederaufnahme im Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs. In: StV. 2010, S. 705–711.
  • Der falsche Film. In: NJW. 2011, NJW-aktuell. Nr. 9, S. 18.
  • Fehlurteile und ihre Ursachen – ein Nachtrag. In: StV. 2012, S. 255.
  • Merkmale eines Fehlurteils. In: Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie. (Heft: Fehlurteile im Strafverfahren), November 2013, 219
  • Das soll Recht sein? Warum die deutsche Strafjustiz so viele Fehlurteile produziert. Ein Essay. In: ZEIT online vom 21. November 2015
  • Verdacht in Sexualstrafverfahren. In: Fischer/Hoven (Hrsg.), Verdacht. 2016.
  • Probation und Opferschutz. In: Festschrift für Thomas Fischer. 2018.

Literatur Bearbeiten

Leon Kruse, Yves Georg, Sabine Rückert (Hrsg.): Verteidigung. Festschrift für Johann Schwenn. Nomos, Baden-Baden 2024, ISBN 978-3-7560-1284-8.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Johann Schwenn – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Johann Schwenn verteidigte schon Jan Ullrich und Peter Graf. In: Hamburger Abendblatt. vom 1. Dezember 2010, abgerufen am 23. Mai 2012.
  2. Liebesgrüße aus Pullach. In: Der Spiegel. Nr. 13, 1993 (online).
  3. „Alle großen Anarchisten starben am 23.“ In: Der Spiegel. Nr. 24, 1989 (online).
  4. Gerhard Mauz: Ein moralisch leerer Mensch? In: Der Spiegel. Nr. 21, 1992 (online).
  5. Sechs Jahre Haft für Laskowski. Spiegel Online, 2. September 1999, abgerufen am 30. November 2010.
  6. Jan Ullrich hat gedopt, aber nicht betrogen. Die Welt, 2. September 1999, abgerufen am 14. April 2008.
  7. Schnelles Ende im Prozess gegen Thomas Springstein. In: tagesspiegel.de. 20. März 2006, abgerufen am 13. Mai 2018.
  8. Der Chef als Außenseiter im System VW. Spiegel Online, 15. Januar 2008, abgerufen am 30. November 2010.
  9. Sabine Rückert: Anklage wegen Vergewaltigung: Schlacht um Kachelmann. In: Die Zeit. 20. Dezember 2010, archiviert vom Original am 30. Juni 2013; abgerufen am 12. März 2019.
  10. Überraschender Abgang eines Anwalts In: Spiegel Online. vom 30. November 2010
  11. Kachelmann-Prozess: Die Pest unserer Tage. In: Cicero. 12/2010
  12. Vgl. David Klaubert: Freispruch. In dubio pro Kachelmann. In: FAZ.NET. vom 31. Mai 2011, abgerufen am 31. Mai 2011.
  13. Pressemitteilung im Verfahren gegen J. Kachelmann. In: landgericht-mannheim.de. 7. Oktober 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. November 2011; abgerufen am 29. November 2011.
  14. Sabine Rückert: Quälgeister der Justiz. Dossier. In: Die Zeit. Nr. 18, 2001 (eingeschränkte Vorschau auf zeit.de [abgerufen am 27. Januar 2020]).
  15. Anwälte von Tatverdächtigem legen Mandat nieder. In: Spiegel Online. 10. Juni 2020, abgerufen am 11. Juni 2020.