Eine isotrope Funktion ist in der Kontinuumsmechanik eine von einem oder mehreren Skalaren, geometrischen Vektoren oder Tensoren abhängige Funktion, deren Wert bei einer Drehung ihrer Argumente genauso transformiert wird wie ihre Argumente. Tensoren zweiter Stufe werden hier als lineare Abbildungen von geometrischen Vektoren auf geometrische Vektoren benutzt, die im Allgemeinen dabei gedreht und gestreckt werden, siehe die Abbildung rechts. Die Tensoren bestehen aus Dyaden von zwei geometrischen Vektoren und werden gedreht, indem beide Vektoren in der Dyade in gleicher Weise gedreht werden. Eine isotrope Funktion folgt dieser Drehung ihrer Argumente.

Lineare Abbildung eines Vektors durch einen Tensor .

Isotrope Funktionen spielen eine wichtige Rolle in der Definition von Eigenschaften isotroper Materialien, z. B. in der Hyperelastizität.

Definition Bearbeiten

Gegeben sei der dreidimensionale euklidische Vektorraum  , der Vektorraum   der linearen tensoriellen Abbildungen dieses Raumes auf sich und die Spezielle orthogonale Gruppe

 

der eigentlich orthogonalen Tensoren, die reine Drehungen ohne Spiegelungen verkörpern. Dann gelten bei einer Drehung die Transformationsgleichungen

Größe Transformierte Größe
Skalar    
Vektor    
Tensor    

Skalare Funktion Bearbeiten

Eine skalare Funktion reell-, vektor- oder tensorwertiger Argumente ist isotrop, wenn für jeden orthogonalen Tensor aus der speziellen orthogonalen Gruppe gilt:

 

Tensorwertige Funktion oder Tensorfunktion Bearbeiten

Eine Tensorfunktion von Tensoren ist isotrop, wenn für jeden orthogonalen Tensor aus der speziellen orthogonalen Gruppe gilt:

 

Beispiele Bearbeiten

Skalare Funktionen Bearbeiten

Alle Hauptinvarianten und anderen Invarianten der Tensoren sind per definitionem isotrope Funktionen ihres Tensors, beispielsweise:

 .

Tensorfunktionen Bearbeiten

Die Ableitungen[1] der Invarianten nach ihrem Tensor sind isotrope Tensorfunktionen, beispielsweise:

 

Ein Polynom einer tensorwertigen Variable mit konstanten reellen Koeffizienten

 

ist eine isotrope Tensorfunktion, denn

 

Isotrope Tensorfunktionen eines symmetrischen Argumentes Bearbeiten

Die Spannungs-, Verzerrungs- und Strecktensoren spielen in der Formulierung von Materialmodellen in der Kontinuumsmechanik eine hervorragende Rolle und sind symmetrisch. Wenn nun die Argumente einer isotropen Tensorfunktion symmetrisch sind, dann hat diese Funktion besondere und wichtige Eigenschaften.

Eigensystem Bearbeiten

Die Eigenvektoren einer isotropen Tensorfunktion eines symmetrischen Tensors stimmen mit denen des Tensors überein. Wenn also

 

gilt, dann ist

 ,

d. h. die Eigenvektoren stimmen überein, nicht so aber – im Allgemeinen – die Eigenwerte. Dies ist einer der Ausgangspunkte für den folgenden Darstellungssatz.

Darstellungssatz Bearbeiten

Jede isotrope Tensorfunktion eines symmetrischen Argumentes lässt sich in der Form

 

wiedergeben. Darin sind   skalare Funktionen der Hauptinvarianten   des Tensors. Nach dem Satz von Cayley-Hamilton kann gleichbedeutend

 

mit anderen skalaren Funktionen   der Hauptinvarianten geschrieben werden.

Kommutativität Bearbeiten

Im Tensorprodukt einer isotropen Tensorfunktion eines symmetrischen Tensors mit ihrem Argument kann die Reihenfolge der Faktoren vertauscht werden:

 ,

was eine direkte Folge des obigen Darstellungssatzes ist.

Fußnoten Bearbeiten

  1. Die Fréchet-Ableitung einer skalaren Funktion   nach einem Tensor   ist der Tensor   für den – sofern er existiert – gilt:
     
    Darin ist   und ":" das Frobenius-Skalarprodukt. Dann wird auch
     
    geschrieben.

Literatur Bearbeiten